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Deutsche Altertumskunde

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1. Nordeuropäische Urzeit. § 1. Erdgeschichtliches. § 2. Landschaftsbilder. 27<br />

Die Epoche der an die letzte Eiszeit sich anschheßenden Landsenkung<br />

ist durch eine Eismeerfauna der Ostsee und durch eine arktische Flora<br />

an ihren Küsten charakterisiert (sog. Yoldiaperiode). Während der folgenden<br />

Landhebung trat die Ostsee außer Verbindung mit dem salzzuführenden<br />

Weltmeer, weil eine zusammenhängende Landbrücke Schleswig-Holstein —<br />

Dänemark — Südschweden sich gebildet hatte; die Ostsee wurde in ein<br />

geschlossenes Seebecken mit Süßwasserfauna verwandelt, in welcher eine<br />

kleine Schnecke namens Ancylus fluviatilis vorherrscht. Weit später haben<br />

sich die Küsten wieder gesenkt und die Ostsee erhielt einen brackischen<br />

Charakter. Mit dem Salzwasserstrom wanderte die Nordseemuschel Litorina<br />

litorea ein. Sie ist bei der letzten, noch gegenwärtig andauerndem Landhebung<br />

durch die Abnahme des Salzgehalts (nach dem südwestlichen Teil<br />

der Ostsee) verdrängt worden. Die heutigen Verhältnisse sind durch das<br />

Auftreten der Mya arenaria gekennzeichnet, i)<br />

In der Ancyluszeit war Dänemark landfest mit Norddeutschland und<br />

Südschweden. In der Litorinazeit wurde die Küstenlinie durch das eindringende<br />

Salzmeer zurückgeschoben; Dänemark kam größtenteils unter<br />

Wasser zu liegen; weiter nach Süden hin scheint sich die Senkung in der<br />

Linie Schleswig— Holland fortgesetzt zu haben. 2) Denn auch die Küsten-<br />

linie der Nordsee verlief damals anders als in der Gegenwart. Tiefgründige<br />

Moore und submarine Waldungen, die sich bis nach Jütlands Küsten hinauf-<br />

ziehen, sind hiefür die geeignetsten Zeugen. 3)<br />

Allmählich ist das Festland aus den Wassern mit breiterem Rücken<br />

aufgetaucht und in der Litorinazeit hat sich der Mensch bereits an der<br />

Ostseeküste angesiedelt.<br />

§ 2. Landschaftsbilder. Im Binnenland sind die anschaulichsten<br />

Repräsentanten der Eiszeit jene steinalten, einsamen oder geselligen Wanderer,<br />

die erratischen Blöcke. Sie sind im Gletschereis vom hohen Norden<br />

Skandinaviens bis an den Harz und den Thüringerwald transportiert worden,*)<br />

haben also gerade das Gelände bestrichen, in dem späterhin die Germanen<br />

sich einwohnen sollten. Ehrwürdige Posten der Erdgeschichte, ruhen diese<br />

„Kiesel" (oder „Kieslinge")^) von der naiven Dichtung des Volkes umsponnen<br />

im norddeutschen Tiefland. ß) Die Erinnerung verknüpft sie mit<br />

den die Urformen unserer Landschaft aufbauenden Riesen. Gleich den<br />

diese Urlandschaft bewohnenden Zwergen sind jene Findlinge älter als<br />

unser deutscher Wald und gewährten den Landesbewohnern das nützlichste<br />

und unentbehrlichste Baumaterial für ihre Häuser und für ihre Gräber.<br />

') Wahnschaffe s S. 372 ff.; vgl. Geo- |<br />

graph. Zeitschr. ! 16, 195 ff.<br />

1 Aarb0ger 19C6, 61 ff. |<br />

47. 79 ff.<br />

ä) Aarbeger 1903, 281 ff. Hoops S. 33.<br />

*) Kirchhoff, Länderkunde 1,25. Wahnschaffe^<br />

S. 140 ff.<br />

3,656;<br />

kis)<br />

allgemeine<br />

großer Feldstein DWB.); kies (mhd.<br />

ist von Haus aus wahrscheinlich eine<br />

Bezeichnung für „Gestein' (im<br />

Gegensatz zu „Erz").<br />

^) Urgerm. '^'kisil- : kesul- > ags. cisil, die Metapher:<br />

: Für<br />

In ;<br />

ceosel, ahd. chisil; ahd. chisilinc, mhd. kiselinc,<br />

mnd. keselink (= „ein vom großen<br />

Kiesel herrührendes Stück", Grimm, Gramm, i<br />

6) Vgl. z. B. Brandenburgia 11, 402. Arch.<br />

d.Brandenburgia 12, 230 ff. Lenau (Der ewige<br />

Jude) gebrauchte für die erratischen Blöcke<br />

ernste Wanderer ließ die Urwelt liegen<br />

diesem Tal versteinert ihre Träume.

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