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Deutsche Altertumskunde

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438 II. Historischer Zeitraum. A. Westgermanen und Ostgermanen.<br />

Schäften in zwei Spitzen. In Friedenszeiten verwaltete den Stamm als einen<br />

Verband von Geschlechtern der aus dem vornehmsten Geschlecht erwählte<br />

und als dessen Haupt angesehene König;i) in Kriegszeiten trat mit Befehlsgewalt<br />

als Führer an die Spitze der sippenmäßig organisierten Mannschaft<br />

ein durch militärische Talente ausgezeichneter Herzog (S. 434). Der<br />

Königsname deckt die Wurzel der Königswürde auf; der König ist ur-<br />

sprünglich Sippenhaupt und bleibt als solcher mit der Aufgabe betraut,<br />

das Leben des in Geschlechtern genealogisch sich verzweigenden Volkes<br />

in ersprießlichem Gang zu erhalten. ») Für kriegerische Unternehmungen,<br />

bei denen immer nur ein aufgebotener Teil des Volkes, die Wehrmänner,<br />

in Aktion traten, wurde der Heerführer ohne Rücksicht auf den Rang seiner<br />

Sippe in der Landsgemeinde erwählt.<br />

Der Gegensatz zwischen dem erblichen, mit angeborenen Kräften und<br />

Vorrechten ausgestatteten Adelsfürsten und dem wegen seiner Tüchtigkeit<br />

auch als Vertrauensmann gewählten, aber mit Kommandogewalt ausgestatteten<br />

Heerführer beherrscht die älteste Geschichte der Germanen und ist auch bei<br />

andern europäischen Kulturvölkern wie bei Naturvölkern wiederzufinden. 3)<br />

Die Präsidialmacht des Königs erstreckte sich auf das Volk als die Gesamtheit<br />

der Geschlechter (kuning), gewann aber zufrühst bei den Nord- und<br />

Ostgermanen maßgebenderen Einfluß und erreichte schließlich die führende<br />

Stellung einer persönlichen Regierungsgewalt.*) Unter der Leitung des<br />

Herzogs stand bei den Germanen nur die waffenfähige und durch Waffenrecht<br />

legitimierte Mannschaft.^) Sie zerfiel in zwei Stände:'') Gemein-<br />

freie waren niederen und Adelige waren höheren Ranges.'^) Diese Gliederung<br />

des waffenfähigen und darum politisch maßgebenden „Volkes" kam in<br />

der Tracht (S. 425) und in der Verschiedenheit der Besitzverhältnisse zu gegen-<br />

ständlichem Ausdruck; 8) ihr Wesen wird aber durch diese Merkmale nicht<br />

») Er ist Beamter desVolks (Wilamowitz-<br />

NiESE, Staat und Gesellschaft der Griechen<br />

und Römer S. 54) und heißt als solcher auch<br />

princeps ciuitatis (oben S. 434 vgl. S. 430).<br />

») Kauffmann, Balder S. 215 ff.<br />

») Schurtz, Altersltlassen S. 322 ff.; vgl.<br />

got. piudinassus (ßaodr.ia) : drauhtinassiis<br />

[OTpaifin),<br />

*) S. 401 got. piuda :<br />

; piudans {pitidanon,<br />

piudinassus, piudan^ardi), anord. pjöpann;<br />

ags. blöden, and. thiodan ; dazu Germ. c. 43.<br />

44. Vgl. auch Loebell, Gregor von Tours<br />

S. 514 ff. Seeck, Gesch. d. Untergangs d.<br />

antiken Welt 1», 536 f. — Neuartig ist das<br />

.römische* Königtum der Kolonialgermanen<br />

(S, 332. 334 f. 385 vgl. S. 356).<br />

*) anord. dröttenn, ags. dryhien, and.<br />

drohtin, ahd. truhtin : anord. drött, ags. dryht,<br />

afries. drecht, and. druht, ahd. truht; got.<br />

drauhtinon {ntnuttvi'oOni), draithtinassus<br />

{oiQntrin), ffüdrauHts (ntnnttditii^) : drtugan<br />

(oTQfttti'fo/hti). — Als im Mittelalter ein<br />

großer Teil der alten bevorrechteten Bevölkerung<br />

Deutschlands das Recht. Waffen /u<br />

tragen, verlor, ist daraus unser .Bauern'stand<br />

hervorgegangen.<br />

*) Brunni-k 1*. 133 (f.: ,dic Ständcglic-<br />

derung der Rigspula ist genau die des Tacitus"<br />

S. 135; vgl. K. Lehmann in der Festschrift<br />

für v. Arnsberg, Marburg 1904. Heus-<br />

LER, Herrigs Archiv 116, 270 ff. Schon in<br />

ihrer leiblichen Erscheinung sind die<br />

Stände verschieden (Kauffmann, Balder<br />

S. 175. 212).<br />

') Entscheidend ist Dio 72, 2: ovo rtöv<br />

n.Q

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