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Deutsche Altertumskunde

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3, Germania. B. Kulturverhältnisse. § 75. Dorf-, Hundertschaft, Landsgemeinde. 4,31<br />

Symbols der Blutsverwandtschaft bedienen: symbolisch wurde ein Bruderschaftsverhältnis<br />

durch Blutvermischung begründet (zwei Männer wecken<br />

ihr Blut und lassen es zusammenfließen), es folgte ein Ritus der Wiedergeburt,<br />

der die Abstammung von einer gemeinsamen Mutter vergegenständ-<br />

lichen sollte (sie gehen miteinander unter die Erde, unter einen Rasenstreifen);<br />

dazu kommt schließlich der feierliche Eidschwur, daß jeder den<br />

andern rächen wolle wie seinen eigenen Bruder. i)<br />

Den engeren und weiteren Verbänden der Sippe (Kluft und Geschlecht)<br />

sind die engeren und weiteren politischen Ordnungen neben- oder über-<br />

geordnet. Wir unterscheiden die Dorfschaft, die Hundertschaft und die<br />

Landsgemeinde.<br />

Im Dorf ist es der Beruf, der die Bewohner unter selbstgewählten Vor-<br />

stehern 2) vereinigt. Nach ihren verwandtschaftlichen Beziehungen betrachtet,<br />

zerfallen sie in der Regel in mehrere Kluften. 3) Nicht die Kluft, sondern<br />

die Gemeinde war also die Dorfschaft.*) Sie behielt sich in früheren<br />

Zeiten den Wirtschaftsplan des Dorfes vor und überließ den Kluften nur<br />

diejenigen Angelegenheiten, die nicht die Allgemeinheit betrafen. Zu ihr<br />

gehörten alle selbständigen Haushaltungsvorstände, die in einem Dorf beisammen<br />

wohnten (auch „Bauern" bedeutet „Nachbarn"), und diese Ge-<br />

samtheit stellte sich in den Versammlungen dar, die regelmäßig in bestimmten<br />

Fristen auf einem in Gemeindeeigentum stehenden Platz der Allmende<br />

(z.B. einem Anger oder einem Grabhügel) unter Leitung des von der Dorf-<br />

schaft aus den Reihen der Genossen gewählten prlnceps, d.h. Aldermanns,^)<br />

stattfanden. Hier wird recht eigentlich das Dorf als Gemeinde in seiner<br />

Einheit sichtbar, wenn die Hausväter im Ring auf der Malstatt (Marktplatz)<br />

des Dorfes beisammenstehen.*') Friede schützt die Versammlung und den<br />

Versammlungsort.^) Zu ihren wichtigsten Obliegenheiten gehört die Wahl<br />

des Vorstehers und der andern Genossenschaftsbeamten, ») außer der Fest-<br />

stellung des Wirtschaftsplans die Aufsicht über den Wirtschaftsbetrieb mit<br />

'<br />

;<br />

;<br />

») Schurtz, Altersklassen S. 126 ff. (Linde, Buche) gekennzeichnet.<br />

Pappenheim, Altdän. Schutzgilden S. 21ff.<br />

|<br />

'') Gierke, Genossenschaftsrecht 1, 62.<br />

Zeitschr. f. d. Phil. 24, 157 {sverjast i brce- 2,233; daher heißen die Genossen „Freunde'<br />

pralag). Fataburen 1908, 220 ff. Brunner<br />

l*, 132. — Die Blutvermischung konnte auch<br />

{got. frijonds, anord. frcende, ags. freond.<br />

afries. and. ahd. friund), vgl. z. B. Otfrid 1,9.3.<br />

durch Trinken des Bluts erzielt werden wie<br />

*) magistratus ac principes Caesar 6, 22<br />

bei den Bundesbrüderschaften der Studenten der prmccps hieß vielleicht auch schon heim-<br />

(RoCHHOLZ, Naturmylhen S. 265). burgo; für magistratus erscheint ahd. art-<br />

'-)<br />

3)<br />

magistratus ac principes Caesar 6, 22.<br />

Gab es nur eine einzige Kluft, so<br />

purgi (Ahd. Gl. 1,207,12), d. h. Aufsichtsbeamte,<br />

welche für die geregelte Acker-<br />

|<br />

j<br />

fielen Dorf und Geschlecht, Kluft und Gemeinde<br />

zusammen (Swart a.a.O. S. 86).<br />

*) uniuersi Germ. c. 26.<br />

^) ags. ealdorman (engl, alderman), mnd. I<br />

alder-, olderman, mhd.alterman {Vorsteher);<br />

dieser Ausdruck bedeutet so viel als lat. senior.<br />

^) Der alte Name für die Malstatt, das<br />

forum eines deutschen Dorfes, ist wohlerhahen<br />

geblieben: forum : ahd. zieh (Ahd.<br />

Gl. 2, 501, 36), mnd. nnd. ti{g), ags. ti^ (engl<br />

bestellung zu sorgen haben; raginburgi<br />

überwachen den Rechtsgang. In den alt-<br />

Verben sorgen (für etwas)<br />

| germanischen<br />

und<br />

borgen (acht auf etwas haben : bergen<br />

schützen) kommen die Grundwörter noch<br />

gut heraus. Man nennt die Dorfschaftsversammlung<br />

gewöhnlich ,Märkerding" und<br />

die DorfSchaftsbeamten „Markvorsteher" (C.<br />

V. Schwerin, Gierkes Untersuchungen 90,<br />

74. 75). Jedoch ist zu betonen, daß der<br />

I<br />

\<br />

tie Anger, Weide) : anord. teigr (norweg. teig, Dorfverband zwar seinen „ Vorsteher urid seine<br />

schwed. teg, dän, teie Wiesenstück Falk- Repräsentanten" hatte, daß es aber für das<br />

Torp, Etymol. Wb. S. 1251 f.). Seine Lage Dorfgebiet kein öffentliches Gericht (S.432)<br />

ist in der Regel durch einen Markbaum (Baumstark, Tacitus 1, 498).<br />

gab<br />

;

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