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Deutsche Altertumskunde

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430 II. Historischer Zeitraum. A. Westgermanen und Ostgermanen.<br />

Blutsverwandtschaft beruhte. Denn das Geschlecht, die Sippe, ist von Haus<br />

aus nicht ein territorial abgegrenzter Verband, sondern persönlichen Charakters<br />

wie die Kameradschaft und die Landsmannschaft und als solche zunächst unter<br />

einem Geschlechtshaupt als anerkanntem Leiter geeinigt. ^) Auch die weitere<br />

Gliederung dieses Familien Verbands 2) geht von der Verwandtschaft aus.<br />

Man faßte die gleichaltrigen Generationen ins Auge und versinnlichte gern<br />

die Verwandtschaft durch das Bild des menschlichen Körpers, indem man<br />

nach Gliedern oder Knien 3) rechnete. In unsern Rechtsordnungen begegnet<br />

ferner eine Teilung der Verwandtschaft nach vier Reihen der Nachkommenschaft:<br />

es sind dann die durch die vier Großeltern (Großvater und<br />

Großmutter je väterlicher- und mütteriicherseits) vermittelten Verwandtschaftsgruppen<br />

gemeint, die noch einmal (in Achtel) zerlegt werden konnten, wenn<br />

man nicht von den vier Großeltern einer Generation, sondern von ihren<br />

acht Urgroßeltern ausging.^) Wie weit die Rechte und Pflichten der Geschlechtsgenossen<br />

von dem agnatischen Verband auf den kognatischen (von<br />

der Vatersippe auf die Muttersippe) ausgedehnt worden waren, ist im einzelnen<br />

nicht nachweisbar. Daß aber unter dem Einfluß der zwischen Angehörigen<br />

verschiedener Geschlechter geschlossenen Ehen eine Zusammen-<br />

fassung der Verwandtschaft überhaupt erfolgte, kann nicht angezweifelt<br />

werden. 5) Der alte Ausdruck megs für Blutsverwandte ist bereits in die Bedeutung<br />

des durch Heiratsverwandtschaft verschwägerten umgeschlagen oder<br />

wird wenigstens für agnatische und für kognatische Verhältnisse gebraucht.*')<br />

Darum darf damit gerechnet werden, daß öffentlichrechtHche Funktionen<br />

des Geschlechts auf die Verwandtschaft (Freundschaft) überhaupt ausgedehnt<br />

worden sind.')<br />

Eine sehr wichtige Erweiterung der natürlichen Verwandtschaft ist außer<br />

der Ehe die künstliche Verbrüderung (Eidbruderschaft). Es ist ein freiwilliger<br />

Akt, der auf der Sympathie zwischen zwei (oder mehreren) Männern beruht<br />

und mit den persönlichen Interessen der Beteiligten gegeben ist. Um<br />

vor der Gemeinde anerkannt zu werden, mußte die Verbrüderung sich des<br />

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•) Von got. kuni, anord. kyn, ags. cynn,<br />

zU\t%. ken, and. cunni, ahd. cfiunni stammt<br />

got. samakuns {ovyyevi)i), anord. samkynja<br />

l:gotaljakunja aü.oytvt'i^), ferner die lange<br />

Reihe ags. Komposita mit cyne- und schliefilieh<br />

der eigentliche Verbandsterminus<br />

anord. koniingr : ags. cyning, and. kuning,<br />

dhd. chuninc (.Haupt des Geschlechts').<br />

») gradus Germ. c. 20.<br />

deel (dazu V. Künssberg, Acht [Weimar 1910]<br />

S. 60f.); ob anord. ö?/^^ (Geschlecht), cettinge<br />

(Verwandter) von acht abgeleitet ist, muß<br />

aber dahingestellt bleiben.<br />

^) sororutn filiis idetn apud auunculum<br />

qui ad patrem honor; quidam sanctiorem<br />

artioremque fiunc nexiirn sanguinis arbi-<br />

*) 2u got.Ä/iod!$, ahd.c/i/id/(gencalogia) |<br />

trantiir Qcxm. c. 20; Brunner P, 128. Seebohm,<br />

Tribal custom S. 68.<br />

«) Vg\.S.'i%7\ ^oi. nidgs{yniißQ

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