Deutsche Altertumskunde

426 II. Historischer Zeitraum. A. Westgermanen und Ostgermanen.
Belgierinnen für ihre Unterkleidung lieber weißes, mit Rot besetztes Linnenzeug
anlegten und durch ein weißleinenes, lang vom Scheitel herabwallendes
Schleiertuch sich aufputzten, i)
Den Jungfrauen kam solches offenbar nicht zu; sie durften vielmehr
gleich den Burschen^) den Hals weit offen lassen und mit bloßen Armen (und
Füßen)3) außerhalb des Hauses sich zeigen — was für Mann und Frau nur bei
der täglichen Arbeit im Innern des Hauses vorkommt*) — , während die unterste
Altersklasse, die unmündigen Kinder, häufig ganz nackt umhersprangen. &)
Örtliche und ethnische Besonderheiten der Volkstracht sind vorauszusetzen.
Genaueres wissen wir aber nur von den Chatten, deren junge
Krieger gern mit einem neumodischen eisernen Ring stolzierten, 6) und von
ihrem weithin ausgebreiteten Muttervolk, den Sweben, deren freigeborene,
erwachsene Männer nicht als Alltags-, sondern als Kriegstracht ihr Haar
oberhalb des rechten Ohrs zu einem starken, lockenförmigen Haarknoten
auffrisierten (S.422f.);^) die Vornehmen gestalteten dieses auffallende Tracht-
stück durch aufgesteckte Zieraten (wie Haarnadeln)») noch eindrucksvoller.
Bei den übrigen Germanen durften sich sonst nur die ledigen Burschen
solche Eitelkeiten erlauben, während sie dem unfreien Volk gänzlich ver-
boten waren. ^)
') Germ. c. 17. Feines, weißes Leinen ist
uns zuerst für die Weiber der Chimbern bezeugt
(Strabo 7, 2, 3); vgl. o. S.311. Morini,
immo uero Galliae uniiiersae uela texunt.
iam quidem et transrhenani hostes. nee
pulchriorem aliam uestem eorum feminae
nouere Plinius 19,8.
) nudi iuuenes Germ. c. 24, vgl. c. 6;
Caesar 4, 1.6, 21. Mela3, 3. Tacitus, Histor.
2, 22 (ohne Mantel), corpora nudantes intecta
Amm. Marceil. 15, 4, 11 (ohne Schutzwaffen),
vgl.dieVoli