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Deutsche Altertumskunde

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3. Germania. B. Kulturverhältnisse. § 74. Der heimische Menschenschlag. 423<br />

Kopf (Taf. 28, 1—2) nahesteht, i) Die deutsche Frau wird am edelsten<br />

durch die sog. Thusnelda von Florenz (S. 355) und durch eine Mainzer<br />

Reliefplatte vertreten. 2) Würdig schließen sich an diese Bildwerke die durch<br />

Ebenmaß und Selbstbeherrschung vor allen andern Barbaren ausgezeichneten<br />

deutschen Porträts der Marcussäule (Taf. 28, 3), 3) die in einer Szene<br />

der Trajanssäule ihre Gegenstücke finden.*)<br />

Der Germanenkopf hat im allgemeinen den Schädel lang und hoch,<br />

namentlich auch vorn über der Stirn, darunter die Nase gerade oder wenig<br />

gekrümmt; das reiche Haar^) ist schlicht gescheitelt oder zum Schopf aufgeknotet,^)<br />

der Bart, wo er vorkommt,^) fast immer lang und voll, im<br />

Gegensatz zur Sarmatentracht auch die Wangen bedeckend, s) Dem lebhaft<br />

gestikulierenden Wesen ihrer ausländischen Nachbarn gegenüber gebärden<br />

sich die hochgewachsenen, mit Lanze, Schwert und Schild bewehrten<br />

deutschen Männer und ihre Frauen mit gefaßter Ruhe, wodurch die edle<br />

Bildung der Gesichter noch gesteigert wird.'-*) Die Weiber tragen verhüllt<br />

oder unverhüllt ihr loses Haar, bis auf die Erde reichendes Gewand und<br />

langärmeliges Hemd; die Kinder, Knaben wie Mädchen, äußern lebhaft ihre<br />

Anhänglichkeit an die Eltern. i")<br />

Was den Italienern in Deutschland auffiel, war das eigenartige Nationalgepräge<br />

dieses Menschenschlags. Die Germanen mögen schon damals<br />

— mißtrauisch gegen jedermann, der nicht ihres Stammes war — durch<br />

die Exklusivität ihres auf die Landsleute sich beschränkenden Verkehrs den<br />

Eindruck der Eigenbrödelei gemacht haben. Tacitus wenigstens gebraucht<br />

hiefür die Wendung, die eigentlichen Germanen des Binnenlandes möchte<br />

Schambinde (?), die eng anliegenden Hosen<br />

sind an den Knöcheln umgekrempelt, Schuhe<br />

nicht erkennbar. — Die Statuette Nr. 913<br />

derselben Sammlung scheint nicht die eines<br />

Germanen, sondern eines Parthers zu sein.<br />

') Musee du Cinquantanaire Nr. A1145.<br />

Mainzer Zeitschr. IV Taf. 1,1. Schumacher<br />

S. 6. 13. Furtwängler, Coli. Somzee Nr. 48<br />

(hellenistische Zeit, 20 Zentimeter hoch):<br />

dünner Bart auf der Oberlippe, am Hinterkopf<br />

fällt loses Haar über den Nacken herab; über<br />

der rechten Schläfe ist es geknotet, ein<br />

Strang kommt von links, der andere von<br />

rechts (obere Stirnpartie).<br />

2) AhV. 5, 82. Schumachers. 66 f. 33 ff.<br />

») ed. Petersen, Szene Vlll. XLIII. LIX<br />

bis LXIV. LXXVII. LXXXVIII. Schumacher<br />

S. 7. 39 ff. ; vgl. S. 69 f. ; ferner S. 19 f. 22. 22 f.<br />

48 ff. 65. 73. 74 ff.<br />

*) ed. CiCHORius Taf. LXXIII Szene 263<br />

(drei besonders stattliche hohe Gestalten<br />

bärtiger Barbaren), vgl. Textband 2, 137. 175 ff.<br />

3, 144. 148. 150. SCHUMACHER S. 37 ff. Furtwängler,<br />

Intermezzi S. 71 f. Germanen sind<br />

auch erkennbar auf der berühmten großen<br />

Kamee (Triumph des Germanicus) im Pariser<br />

Cabinet des Medailles (Schumacher S. 15f.).<br />

^) Ihrer blonden Haarmähnen wegen<br />

{flaua caesaries Juvenal 13, 165) nannte<br />

Caracalla die Germanen „Löwen" (v. Doma-<br />

SZEWSKI, Gesch. d. röm. Kaiser 2, 267). Bezeichnend<br />

ist das Distichon des Martial<br />

(Epigr. XIV, 176) auf eine Gesichtsurne als<br />

Maske eines rothaarigen Batawers; Persona<br />

Germana<br />

:<br />

sum figuli lusus. russi persona Bataui<br />

quae tu derides, haec timet ora puer.<br />

S. 426.<br />

«) Trajanssäule Textband 2, 137; vgl.<br />

') Die Langobarden fielen durch ihre<br />

langen Barte auf (S. 4 1 1 ), die Sachsen scheinen<br />

keinen Bartwuchs geduldet zu haben {prolixior<br />

barba contra morem antiquum Widukind2,36,vgl.S.425);<br />

sorgfältige Bartpflege<br />

herrschte bei den Chatten Germ. c. 31.<br />

8) Marcussäule S. 47. 48 f. 49. 60.<br />

9) Marcussäule S. 48. 60 f. 83; „unter<br />

allen an der Säule dargestellten Germanen<br />

sind die der Szene LXl ausgezeichnet, sie<br />

sind mit sichtlicher Vorliebe behandelt; es<br />

gibt keine schöneren Männer an der Säule,<br />

weder unter Barbaren noch unter Römern<br />

als diese mit dem mächtigen Kopf, an dem<br />

vornehmlich die Länge des Gesichts, gesteigert,<br />

aber nicht allein hervorgebracht<br />

durch den langen Vollbart, bezeichnend ist"<br />

S. 73 f. ( = Taf. 28, 3).<br />

10) Marcussäule S. 59. 61 f.; gefangene<br />

Weiber und Kinder auf Ochsenkarren S. 81 f.;<br />

vgl. die Keltenszene S. 75 f.

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