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Deutsche Altertumskunde

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Literatur. 21<br />

bleibsei aus den verschiedenen Kulturepochen, durch die eine Nation ihren<br />

Durchgang genommen hat. Doch verhalten sich die Bevölkerungsschichten<br />

verschieden; am wenigsten ist dem alten Wesen die Arbeiterbevölkerung<br />

und der sog. gebildete Mittelstand zugetan; am zähesten hängt an den alten<br />

Lebensformen der Junker und der Bauer; der Adel und der Bauernstand<br />

ragen als ein Stück Altertum in die moderne Welt herein. Immerhin ist<br />

der Adel der Mode zugetan; verhältnismäßig geschichtslos ist das Bauern-<br />

volk. Aus der Beobachtung der Sprache, der Sagen i) und Märchen, der<br />

Sitten und Gebräuche unserer deutschen Bauern lernen- wir einen Stammbaum<br />

unserer modernen Ideenwelt aufzurichten. Denn das Bauernvolk be-<br />

findet sich noch in einem primitiveren Entwicklungsstadium als das Stadt-<br />

volk. Die bäuerlichen Zustände studieren, heißt <strong>Altertumskunde</strong> als Volkskunde<br />

treiben, denn die Sitte des Bauern ist ein lebendiges Archiv der<br />

Vorzeit. 2) Grundlegend ist die geschichtliche Erfahrung, daß, was in den<br />

sog. „höheren" Ständen mit fortschreitender Zivilisation veraltete, in die<br />

„unteren" Schichten herabgesickert ist und sich hier erhalten hat. So gibt<br />

es denn in unserem Volksleben, namentlich auch unter den Kindern (S. 1 f.),<br />

eine Menge von unverstandenen Gewohnheiten, die über viele Generationen<br />

sich fortpflanzten. Solche Gewohnheiten können nicht aus der jeweiligen<br />

Gegenwart,<br />

werden. 3)<br />

sie müssen aus der Vergangenheit verstanden und gedeutet<br />

Hat das Studium der deutschen Volkssprache (Mundarten, Dialekte) die<br />

historische deutsche Grammatik total umgestaltet, so ist zu hoffen, daß, wenn<br />

einmal das deutsche Volksleben in seiner Totalität durchforscht, der <strong>Altertumskunde</strong><br />

ganz frisches Blut zuströmen werde. Schon heute erschauen wir das<br />

geschichtliche Leben der Nation aus dem Zentrum der Volkskunde in einem<br />

neuen Licht: die Nationalökonomie gewann durch W. H.Riehl einen neuen<br />

Boden aus der Erkenntnis, daß erst die Volkskunde die Naturgeschichte der<br />

Gesellschaft enthülle, weil die Gesetze aller Wirtschaft mit den Gesetzen<br />

der historischen Volksentwicklung Hand in Hand gehen;*) auf Grund der<br />

Volkskunde versucht jetzt namentlich Bücher, die Methoden der Nationalökonomie<br />

und damit zugleich die <strong>Altertumskunde</strong> zu bereichern. &) Auch<br />

die Rechtsgeschichte beginnt in der Erforschung der Sitten unseres Volkes<br />

sich zu erneuen^) und die Religionsgeschichte hat sich bereits unter Einwirkung<br />

der volkstümlichen Überlieferungen ganz neu konstituiert)<br />

*) Als außerordentlich wertvoll für die j<br />

Prähistorie haben sich die Fingerzeige erwiesen,<br />

die die an Grabhügeln oder an untergegangenen<br />

Bauwerken (z. B. des römischen<br />

Limes) haftenden Volkssagen geben (vgl. z.B.<br />

unserer<br />

heutigen deutschen Sprache, Leipzig<br />

1903. Ders., Recht und Sprache, Berlin 1898.<br />

*) Naturgeschichte des Volkes, Leipzig<br />

1853—69 (vgl. Preuß. Jahrb. 92, 1 ff.); Volkskunde<br />

als Wissenschaft, 1858.<br />

Ohlenschlager,<br />

München 1885).<br />

Sage und Forschung, ^) Eine Hauptleistung der Volkskunde<br />

bezw. Völkerkunde ist sein Buch: Arbeit<br />

2) Vgl. RiEHL, Die bürgerliche Gesell- und Rhythmus, 4. Aufl., Leipzig 1909.<br />

schaft S. 41 ff.<br />

«) H. Brunner, Das rechtliche Fortleben<br />

^) H. USENER, Vorträge und Aufsätze, des Toten bei den Germanen. <strong>Deutsche</strong><br />

Leipzig 1907; vgl. R. Hildebrand, Wie die<br />

Sprache altes Leben fortführt. Ders., Metrisches<br />

aus dem Kinderliede, Gesammelte Vorträge<br />

und Aufsätze S. 186 ff. F. Polle, Wie<br />

Monatsschrift 1907 (April), 18 ff.: „Der Aberglaube<br />

hat mitunter geradezu ein verblüffendes<br />

Gedächtnis."<br />

Wilhelm Mannhardt (1831—80),<br />

Wald- und Feldkulte, Berlin 1876—77; Mytho-<br />

denkt das Volk über die Sprache? Leipzig 1898.<br />

L. Günther, <strong>Deutsche</strong> Rechtsaltertümer in logische Forschungen, Straßburg 1884.

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