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Deutsche Altertumskunde

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2. Die Römer in Deutschland. § 58. Römische Verwaltung und der Limes. 371<br />

quer durch die noch unwegsamen agri decumates wurde die neue Bahn-<br />

Hnie gezogen, i) die Mainz mit Augsburg verband. Sie zweigte von Mainz<br />

ab und wandte sich über Großgerau nach Gernsheim—Ladenburg und<br />

Neuenheim (Heidelberg). Von hier war eine Verbindung mit Straßburg über<br />

Karlsruhe, Baden-Baden, Rastatt und Kehl hergestellt und andererseits die<br />

Route Mainz—Heidelberg über Stettfeld und Cannstatt (bei Stuttgart) nach<br />

Köngen— Urspring (auf der Alb)—Heidenheim bis an die Donau bei Faimingen<br />

fortgesetzt. 2) Außerdem wurde die Heerstraße Windisch—Rottweil<br />

(S. 370) bis nach Köngen verlängert und dem Neckar entlang mit Kastellen<br />

besetzt. 3) 24 Kilometer nördlich von Rottweil kam auf hohe Warte das<br />

Kastell Sulz^) zu stehen und über diesen strategischen Punkt hinaus sind<br />

die Römer in Sülchen bei Rottenburg {Sumelocennä),'") in Köngen {vicus<br />

GrinarioY) und in Cannstatt^) heimisch geworden.<br />

Von Köngen—Cannstatt mußte der Übergang aus dem Neckargebiet über<br />

die Schwäbische Alb in das Donaugebiet abgesteckt werden und es kam ein<br />

Kohortenkastell („auf der Herberg") an den Lonetopf bei „Urspring" — die<br />

einzige Quelle weit und breit — zu liegen {Ad Lunam),^) ein anderes ins<br />

^) Darum ist ihre yj^Qc- • • • v^^ghfuTuvr]<br />

(S. 369) oder ein saltus translimitanus (CIL.<br />

XIII, 2 Nr. 6482) bezeugt.<br />

2) Wie liier der Donauübergang so war<br />

bei Cannstatt der Übergang über den Neckar<br />

und bei Gernsheim der Rheinübergang durch<br />

Militärposten gesichert (ORL. VI Nr. 66 c).<br />

ä) Ber. über die Fortschritte 1906/07 S. 16.<br />

*) Nach den Münzfunden (Tiberius— Hadrian)<br />

heißt der Kastellplatz im Volksmund<br />

»auf der Guldenhalde", an ihn knüpft sich auch<br />

die Sage von einer untergegangenen Stadt ; die<br />

Straße nach RoUweil heißt „Hochsträß". Als<br />

das Kastell aufgegeben wurde, blieb die bürgerliche<br />

Ansiedlung bestehen (ORL. V Nr. 61a).<br />

•'•) CIL. XIII, 2, 214 ff. Zu dem keltischen<br />

Ortsnamen Sumelocenna (> Sülchen [bei Rottenburg]<br />

urspr. Bischofssitz!) vgl. Nemetocenna,<br />

Senocenna u. a. R. Knorr (Die verzierten<br />

terra-sigillata-Gefäße von Rottenburg-<br />

Sumelocenna. Stuttgart 1910) datiert die Anfänge<br />

römischen Lebens kurz vor und nach<br />

dem Jahr 75. Die Inschriften liefern gallische<br />

Namen und nennen Helvetii (Nr. 6369.<br />

6372). Es befand sich hier ein Truppenquartier<br />

(Nr. 6361) und außerdem derSitz der Domänenverwaltung<br />

{ordo saltus Nr. 6365). Später ist<br />

der uicus — im 2. 3. Jahrh. eine große Stadt —<br />

Vorort einer ciuitas (Nr. 6384 ciues Sumelocennenses<br />

Nr. 6669), deren Gebiet {ager Sumelocennensis)<br />

sich nach Osten bis zur Alb,<br />

nach Westen bis zum Schwarzwald hingezogen<br />

haben mag (CIL. XIII, 2, 220 ff.). Die wehrfähige<br />

Mannschaft der Bevölkerung war als iuuentus<br />

ciuitatis organisiert (Nr. 6358), der Handel<br />

durch negotiatores (Nr. 6366) vertreten. Die<br />

Zahl der hier gefundenen antiken Münzen beträgt<br />

gegen 900, die Stadt besaß ein großes<br />

Theater.Heiligtümer und Bäder; Inschriften und<br />

Werkstücke sind zum Vorschein gekommen.<br />

Die confanenses Armisses (Nr. 6378) führen<br />

ihren Namen wahrscheinlich nach dem Flusse<br />

Erms (bei Metzingen) und jedenfalls gehörte<br />

auch noch Köngen {uicus Grinario) zu dieser<br />

ciuitas.<br />

*) Die bürgerliche Niederlassung reichte<br />

nahe an das Kastell heran und war von Straßen<br />

durchzogen — eine hieß platea Sumelocennensis<br />

— , die von den Kastelltoren ausgingen,<br />

von denen eine nach dem Voxoxi Sumelocenna<br />

führte (Meilenstein vom Jahr 129 erhalten). Das<br />

Kastell liegt 500 m vom Neckar »auf der Burg",<br />

ist 150 >: 160 m groß und für eine starke Kohorte<br />

bestimmt (v. Domaszewski, Anlage der<br />

Limeskastelle S. 18 f.). Im Innern ist Fahnenheiligtum<br />

(mit Herkulesstatue) und Badeanstalt<br />

und an der Mauer sind Holzbaracken konstatiert<br />

; vor den Toren liegen die Gräber und die<br />

canabae (Marketenderhäuschen) dicht nebeneinander.<br />

Um 150 n. Chr. scheint das Kastell<br />

aufgegeben und danach von der Bürgerschaft<br />

überbaut worden zu sein (ORL. V Nr. 60).<br />

') Das Kastell war 450 m vom Neckar<br />

entfernt (»Alte Burg") und beherbergte bis<br />

etwa zum Jahr 150 ein Reiterregiment {ala).<br />

Vor den Kastelltoren breitete sich auf dem Altenburger<br />

Feld eine bürgerliche Niederlassung<br />

aus, die später das Kastell überwucherte und<br />

die Mineralquellen und -bäder ausnutzte. Der<br />

Ort wurde ein wichtiger Straßenknotenpunkt<br />

(„Steinerne Straße") und darum kaiserliche<br />

Gendarmeriestation ibenejiciarii), vgl. ORL. V<br />

Nr. 59 (hier ist S. 8 ff. über die römischen<br />

Straßenzüge gehandelt, die bis in die Gegenwart<br />

als Poststraßen gedienthaben). Röm.germ.<br />

Korrespondenzbl. 1908, 60 (flavisches Erd-<br />

kastell). 1909, 77.<br />

8) Das Kastell ist um die Mitte des 2. Jahrh.<br />

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