Deutsche Altertumskunde

2. Die Römer in Deutschland. § 57. Der Freiheitskampf der Batawer. 363
hat sie übel zugerichtet. Sie boten ein trauriges Schauspiel, als sie aus
dem italienischen Feldzug heimkehrten.') Sie mußten nach Deutschland
entlassen werden, weil sie sich mit der ihnen von Köln her verfeindeten
14. Legion nicht vertragen konnten (S. 362). Noch in Turin hatte man sie
miteinander einquartiert. Bei einem kleinen Handel hatte sich, wie es noch
heute in Italien zu geschehen pflegt, ein Batawer von einem Turiner Handwerker
übervorteilt geglaubt und den Betrüger verfolgt; der flüchtete sich
zu einem Soldaten der 14. Legion, es gab einen Straßenauflauf und Mord
und Totschlag zwischen den Batawern und Legionaren. 2) Vitellius beorderte
vorerst die batawischen Kohorten in seine Nähe, sah sich aber bald genötigt,
der andauernden Händel wegen sie nach Deutschland abrücken
zu lassen. 3)
Als sie in Mainz einrückten, erregten sie sofort den Verdacht des
Legaten Hordeonius Flaccus.-*) Denn Ciuilis machte jetzt, nachdem Vitellius
ermordet und Vespasian anerkannt worden war, zu Anfang des Jahres 70
seine Rechnung mit dem neuen römischen Machthaber. s) Vespasian hatte er
bisher seinen Freund genannt und im Einverständnis mit Vespasians Anhängern
aus politischen Gründen das Scheinmanöver eines Aufruhrs in-
szeniert.«) Er behielt das Kommando über eine römische Kohorte,^) hatte
sich aber schon in die niederrheinische Heimat begeben und im Namen des
Feindes Vitellius unter den härtesten Bedingungen eine militärische Aushebung
veranstalten lassen») — wer sich widersetzte, widersetzte sich dem
Feinde Vespasians.
So fein war der Plan des Ciuilis gesponnen, daß er nur den Wider-
stand gegen die Verordnung des Vitellius auf Rom abzulenken brauchte
und gewonnenes Spiel hatte.
Nachdem der Cananefate Brinno erfolgreich gewesen war (S. 361), stellte
Ciuilis seine Batawer und Cananefaten, Friesen und Chauchen**) in Keilform
am Rhein zur offenen Feldschlacht. Kaum hatte der Kampf begonnen, als
die unter römischem Kommando fechtenden Belgier und Germanen die Partei
des Ciuilis nahmen, auch eine tungrische Kohorte zu ihm überging, die
deutsche Besatzung der Rheinflotte meuterte und die wertvollen Schiffe
den Rebellen auslieferte. 'o)
Mit einem Schlag war Holland für die Römer verloren gegangen.
Der Sieg trug dem Ciuilis Unterstützung aus Germanien und Gallien
ein. Anfang September setzte Hordeonius Flaccus den Legaten Munius
Lupercus mit zwei Legionen in Marsch, aber von den Auxilien desertierte
die batawische Reiterschwadron; ihr Kommandeur, Claudius Labeo, ein
gefährlicher Mensch, der mit Ciuilis verfeindet war, wurde nach Friesland
in Gewahrsam gebracht. Auch die batawischen Kohorten — diu germanicis
') Histor. 2, 99. *) Histor. 2, 97.
2) Histor. 2, 66. |
ä) 1 Histor. 2, 69. Kaum in Mainz an- «)
gelangt, wurden sie noch einmal nach Italien
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zitiert, aber von Sendboten des Ciuilis ereilt
und zum Anschluß an ihre aufständischen
Landsleute bewogen (Bang, Germanen im
römischen Dienst S. 34 f.).
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') Histor. 4, 54.
Histor. 5, 26.
') Vgl. hierzu Bang S. 35 f. (eine bata-
Ersatzkohorte?),
Histor. 4, 14.
Histor. 4, 79.
i«) Histor. 4, 16.