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Deutsche Altertumskunde

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322 II. Historischer Zeitraum. A. Westgermanen und Ostgermanen.<br />

den Dezember hinein fühlbar machen konnte ;i) den durchschnittlichen Erfahrungen<br />

entsprach aber ein kurzer Sommer und ein langer, windiger, neb-<br />

liger und nasser, im Binnenlande recht kalter Winter, der die Bewohner oft<br />

auch noch um den Frühling brachte. 2) Es ist wohl zu begreifen, wie im<br />

Süden die Meinung sich verbreiten konnte, s) in Deutschland zähle man nur<br />

drei Jahreszeiten^) und habe keine besondere Bezeichnung für den Herbst,<br />

dessen Obst- und Weinsegen den Germanen noch gänzlich versagt war.^)<br />

Das deutsche Landschaftsbild war sonst für den Südländer nicht ohne<br />

Reize,^) aber die Fremdlinge sprachen lieber von dem, was ihnen mißfiel.<br />

Die prachtvolle Brandung der Nordsee umsäumte der weiße Dünenund<br />

der grüne Marschengürtel, dahinter erhob sich die waldbestandene<br />

Geest,') von deren Kanten die Hochflut zuweilen mit Baumriesen besetzte<br />

Fetzen losriß, die als schwimmendes Land in den Flußmündungen der<br />

Schiffahrt gefährlich wurden;*) weiter landeinwärts dehnten sich die stillen<br />

und unheimlichen, aber durch ihr Farbenspiel reizenden Flächen von Heide<br />

und Moor. 9) Das niederdeutsche Flachland erschien als planities umida<br />

(Aue) im Ganzen wie in einzelnen Teilen. 10) Die weihevolle Schönheit<br />

seiner Laubwälder wurde zwar empfunden, i') aber von dem nüchternen<br />

Römer lieber wie das finstere Moor als widerliches Verkehrshindernis ge-<br />

scholten. 1«)<br />

Außerhalb der natürlichen Lichtungen waldfreien Bodens {campt) hatten<br />

Rodungen, die mit den durch Moor- und Walddistrikte geführten Militär-<br />

') Vell. Paterculus 2, 105. Florus 4, 12.<br />

hiems ipsa temperiem ueris imitata est<br />

Mamertini panegyr. Maxim, c. 12 cfr. c. 7.<br />

siccitas Tacitus, Ann. 1, 56. Hist. 4, 26.<br />

*) Tacitus, Ann. 2, 5. Germ. c. 22 vgl.<br />

Plinius, nat. hist. 18, 49. Seneca, de prouid.<br />

c. 4 (perpetua Germanos hiems. triste caelum<br />

pretnit). saeua hiems Mt\a3,3. frigus Plinius,<br />

nat. hist. 16, 2. Tacitus, Germ. c. 4.<br />

*) Hostmann, Über altgermanische Landwirtschaft<br />

S. 1 ff. Curschmann, Hungersnöte<br />

im Mittelalter. Ein Beitrag zur deutschen<br />

Wirtschaftsgeschichte. Leipzig 1900.<br />

*) .Lenz" {mhd.ienze, ahd.langiz, lenzo,<br />

lengizin, lenzin, mnd. lenten, ags. lencten vgl.<br />

%oi. sinteins : ht. nundinae) drückt die Jahreszelt<br />

aus, in der die Tage wieder länger werden<br />

.Sommer" (mhd. sitmer, ahd. and. sumar,<br />

acs, sitmor, anord. sumar) ist vielleicht ein<br />

idg.Wort für .trockene Jahreszeit", vgl.S. 51.<br />

.Winter* (got. wintrus, anord. vetr, ags.<br />

Winter, and. ahd. wintar) bezeichnet vielleicht<br />

von Haus aus im Gegensatz dazu die .nasse<br />

Jahreszeit"; vgl. Beitr. 15. 522.<br />

») Germ. c. 26, vgl. J, Ghimm, Gesch. d.<br />

deutschen Sprache S. 74. MOi.i.i-niioi-f, DA.<br />

4, 379. Paktscm, Mitteleuropa S. 139. Das<br />

Wort .Herbst" bezeichnet in der Tat nicht<br />

eine Jahreszeit .Spntjahr* — , sondern die<br />

.Zeit der Hrnic* und ist wohl erst in jüngerem<br />

Sprachgebrauch auf die herbstliche Obsternte<br />

eingeschränkt worden (ahd. herbist, ags.<br />

fiar/est, engl ttarvest, anord. haustr < grlcch.<br />

;<br />

xagsing, lat. carpere).<br />

c. 5.<br />

^) terra aliquanto specie differt Germ,<br />

^) Vgl. z. B. den Gegensatz von Zeeland<br />

: Holland (d. i. holtland), Holstein<br />

( < Holsten d. i. Holt-saien).<br />

8) miracnliim: totam reliquam Germaniam<br />

operiunt adduntque frigori umbras<br />

altissiniae {siliiae) haiid prociil supra dictis<br />

Chaiicis circa diios praecipne lacus. litora<br />

ipsa optinent qnercus maxima aviditate<br />

nascendi, suffossaeque fluctibus aiit propulsae<br />

flatibus iiastas complexu radicum insulas<br />

seciim auferunt Plinius, nat. hist. 16, 5.<br />

Die Beobachtungen und Erlebnisse derGcgcnwart<br />

stimmen an der Wesermündung genau<br />

zu diesem Bericht; vgl. Sadee 2, 29 ff.<br />

") paliidcs et siliiae (Germ. c. 5. Script,<br />

hist. Aug. Maximini duo c. 12, 1. 6. Hcrodian<br />

7, 2) ist die Formel der Alten für die Eigenart<br />

der deutschen Landschaft; vgl. Westd.<br />

Korrespondenzbl. 1905, 22.<br />

'") Tacitus, Ann. 2, 19; mhd. mnd. sege<br />

(seichtes Wasserbett); lehde, umd. Irgedc, nl<br />

leeghde.<br />

•') Germ. c. 9; Eichen: Plinius, nat. hist.<br />

16, 5. Schon in Süddeutschland trafen die<br />

Rüuicr Nadclholzwillder (Gimdmann, Petermanns<br />

Mitteil. 1899, 57).<br />

") Livius9, 35f. Mola 3, 3. Plinius, nat.<br />

hist. 16, 5. Aminianus Marceil.<br />

hierzu and. sinweldi; Isarnho<br />

15, -1.<br />

Adam<br />

Vgl.<br />

von<br />

Bremen 4, 1.

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