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Deutsche Altertumskunde

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2. Die Römer in Deutschland. § 51. Landes- und Volkskunde. 319<br />

Schwung des ostdeutschen Bernsteinhandels datiert aber erst von dem<br />

Unternehmen eines römischen Großkaufmanns, der zu der Zeit Kaiser Neros<br />

vom Adriatischen Meer aus über Carnuntum auf dem Landweg an die Ostsee<br />

reiste. Er fand an der samländischen Küste Handelsfaktoreien vor und<br />

brachte großen Vorrat der in Rom geschätzten Ware mit, darunter ein Bernsteinprachtstück<br />

im Gewicht von dreizehn Pfund. i) Die Einfuhr wuchs,<br />

da der Artikel in Rom zu einer begehrten Luxusware geworden war. Das<br />

Rohprodukt wurde am Fundort (beziehungsweise den Zwischenhändlern) gut<br />

bezahlt; außer den Germanen der Weichselmündung kommen als Bernstein-<br />

lieferanten auch ihre Nachbarn, die Aistier, in Betracht, und dieses Volk hat<br />

noch um das Jahr 525 den in Rom residierenden Ostgoten |)iuderic den<br />

Großen durch eine Sendung Bernstein erfreut. =*)<br />

Tacitus hat in den Annalen und Historien hauptsächlich Plinius als<br />

Gewährsmann gehabt und für die Germania, 3) wenn nicht viele, so doch<br />

einige ganz neue Nachrichten über das, dem Handel neu erschlossene, ost-<br />

deutsche Land bekommen. Für den Westen ist er weniger originell, da-<br />

für verteilt er den kaum erforschten Osten auf Sweben, Lugier und Goten,<br />

läßt auf sie an der Ostseeküste die Aistier (Balten) folgen und geht<br />

höher hinauf nach dem Norden bis iu den Schweden (Suiones) und Finnen<br />

(Sitones).*)<br />

Was Tacitus vor seinen Vorgängern voraus hat, ist seine weit gründ-<br />

lichere Kenntnis des deutschen Volkes. Man hatte die Germanen bisher<br />

in die ethnographische Kategorie der Nomaden versetzt.^) Noch Pomponius<br />

Mela schildert sie mit ähnlichen Merkmalen wie die Naturvölker; er läßt<br />

die jüngeren Leute nackt herumlaufen, die Männer sich in Baumrinde<br />

kleiden; das Volk wie die Wilden leben und das Fleisch roh fressen; das<br />

Land sei spärlich kultiviert und rohe Gewalt gehe daselbst vor dem Recht. ß)<br />

Daß eine derartige, auf Grund begrifflicher Abstraktion ausgeführte Beschreibung<br />

den Tatsachen nicht entspricht, ist leicht zu zeigen. Schon Caesar<br />

hat von den Germanen ein ganz anderes Bild entworfen (S. 255 ff.). Auch<br />

östliche Germanien und seine Verkehrswege.<br />

Prager Studien aus dem Gebiete der Geschichtswissensch.<br />

Heft 4. Prag 1899.<br />

^) uiiiit eques R. ad id comparandum<br />

missus ab Juliano curante gladiatorium<br />

muriiis Neronis principis. qui et commercia<br />

ea et litora peragraiüt, tanta copia inuecta,<br />

iit retia coercendis feris podiiim protegentia<br />

sucinis nodarentiir , harena {artna codd.) et<br />

libitina totusqiie unhis diei apparatns in<br />

uariatione pompae singulorum dieruni esset<br />

e sucino. maximum pondus is glaebae at-<br />

tulit XIII librarum Plinius, nat. hist. 37, 45.<br />

Detlefsen, Entdeckung S. 50 ff.<br />

•') Tacitus Germ. c. 45. MGAuct. antiq.<br />

XII, 143 f.<br />

Lygiorum notnen in plures ciuitates dif-<br />

fusum .<br />

. .<br />

. trans Lygios Gotones c. 43. dextro<br />

Suebici maris litore Aestiorum gentes adluuntur<br />

c. 45. Suionum ciuitates c. 44. 5/tonum<br />

gentes c. 45. hactenus in occidentem<br />

Germaniam novimus c. 35. secretiora cA\<br />

incompertum c. 46.<br />

*) TQOffi'i<br />

. . . y.aöä:tFu loT^ rofuiaiy Strabo<br />

7, 1, 3 (Merkmale der Nomaden bei Plinius,<br />

nat. hist. 5, 22); ferner Strabo 1,1,3. 7, 4, 6.<br />

MUCH, Zeitschr. f. d. Altert. 36, 117 ff.<br />

*) inmanes sunt animis atque corporibus<br />

et ad insitam feritatem uaste utraque<br />

exercent, bellando animos, corpora assuetudine<br />

laborum, maxime frigoris. nudi agunt<br />

antequam puberes sint . . . uiri sagis uelantur<br />

aut libris arborum . . . ius in uiribus<br />

2) Der authentische Titel dieser Schrift<br />

war vermutlich: de origine et situ Germanorum<br />

(Germania ed. Annibaldi p. 18 f.).<br />

habent . . uictu ita asperi incultique ut cruda<br />

etiam carne uescantur aut recenti aut cum<br />

*) Detlefsen , Entdeckung S. 54 ff.<br />

Müllenhoff, da. 2^ 3 f. nuper cognitis<br />

rigentem in ipsis pecudum ferarumqu-e coriis<br />

manibus pedibusque subigendo renouarunt<br />

quibusdam gentibus Germ. c. 1 . Suebia ... Mela 3, 26—28.<br />

.

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