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Deutsche Altertumskunde

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1. Gallier und Germanen. § 49. Hausbau, Schiff- und Wagenbau. 307<br />

zum Lehmtragen und eine Schaufel zum Glätten des aufgestrichenen, mit<br />

Steinen, Stroh oder Häcksel vermengten Lehms (S. 309). Die eine Partie fing<br />

innen, die andere außen mit dem Bewerfen und Verschmieren an, so daß<br />

man an einem Tag mit der ganzen Arbeit fertig war.i) In der Regel wurden<br />

die trockenen Wände nicht in der Naturfarbe belassen, sondern mit Kalk<br />

oder mit bunten Farben überstrichen. 2)<br />

Den frühsten und besten Beleg für das oberirdische Ständerhaus der<br />

vorrömischen Eisenzeit besitzen wir an den Hausurnen (S. 191 f.),3) deren<br />

rechteckiger Grundriß, senkrecht aufsteigende Wände mit dem darüber ge-<br />

stülpten Sparrendach' und deren Türen mit dem interessanten Türverschluß*)<br />

(durch vorgelegten Riegel)^) chronologisch verwertet werden können.<br />

Unter günstigen Umständen haben auch neuere Ausgrabungen Belege<br />

für das Ständerhaus erbracht. Es wurden im Rechteck angeordnete Pfostenlöcher<br />

aufgedeckt, das Innere des Hauses war einräumig mit Vorhalle und<br />

einem 1,5 Meter im Quadrat messenden von Granitfindlingen umbauten Kochloch<br />

als Herd nahe der Rückwand des Hauses (Taf. 27, l);^) von den Außenwänden<br />

des Hauses sind Lehmpatzen in größeren Mengen übrig geblieben.')<br />

Für die Neugestaltung des Wohnhauses der Germanen zeugen schließlich<br />

auch die Werften der Marsch (S. 293 ff.). Man darf die Behauptung aufstellen,<br />

daß die Werften nicht älter sein werden als das Ständerhaus. Umgekehrt ist<br />

aus der Datierung der Werften und Terpen zu folgern, daß das Ständerhaus<br />

in der Latenezeit der Westgermanen sich verbreitet haben wird. Der neue<br />

Haustyp ermöglichte es, in die vom Meer bedrohten Marschen vorzudringen<br />

und eine geschützte Wohnung der Menschen von dem sicheren Baugrund<br />

der norddeutschen Geest auf jenen unsicheren Boden zu verpflanzen. ») Eine<br />

der wichtigsten Aufgaben, die eine Werft zu erfüllen hatte, bestand darin,<br />

') Die Mischung von Lehm und Stroh der primitive Schlüssel, ein hölzerner Stab,<br />

heißt nd. weller (fries. willer), das Bewerfen heißt ags. cce^, afries. kei : mnd. keie (Idg.<br />

des Flechtwerks nd. klemen (fries. kleimen); Forsch. 30, 48). Die Türöffnung scheint da-<br />

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das Herstellen der fertigen Lehmwand heißt mals noch nicht an der Giebelseite, sondern<br />

le'^c/zmfl /je«. Dieses westgerm.Verbumdeutet<br />

wiederum ein von dem skandinavischen veran<br />

der Breitseite des Hauses gelegen zu haben<br />

(z.B.Kunstdenkm.d.Prov.Brandenburgl,2,56).<br />

schiedenes Verfahren an und ist dem Ständer- *) and. fercal (Beitr. 33, 191).<br />

haus eigentümlich: ags. macian, afnes.makia,<br />

änd.makon, ahd. mahhon machen, vgl. aslav.<br />

*) Auf der sog. Römerschanze bei Pots-<br />

dam waren die Ständer 5 Fuß = 1,65 Meter<br />

mazati (schmieren), griech. fuVQeir, /näootiv, voneinander entfernt, das Haus 20 Fuß breit,<br />

iKiyFi'i^, fiuyi; (geknetete Masse), lat. maceria 25 Fuß tief, auf die Vorhalle kamen 10 Fuß<br />

Idg.Forsch. 17, 147. „Machen" heißt von Haus (Prähist. Zeitschr. 1,231. 236 Fig. 17). Das<br />

aus „dicht machen" und ergibt als ein neues Kochloch ist 25 Zentimeter tief, 40 Zentimeter<br />

Wort unser „Gemach" (ahd.^/mfl/?,nd.^e/nfl;fe breit (S. 231 Fig. 12 Taf. 23. 24). Bei Buch<br />

> skand. mag) für einen durch abgedichtete i hatte die Vorhalle eine Tiefe von 1,5 Meter,<br />

Lehmwände geschützten Wohnraum. I der Innenraum 5,1 Meter und war 3 Meter<br />

'') S.294. Auch die Hausurnen (S. 191 f.) breit (Brandenburgia 18,411); über den Herd<br />

wurden von außen gekalkt oder bemalt (Aarb0ger<br />

1907, 111. 112).<br />

=*) Vgl. auch Mannus 3, 134 ff.<br />

*) Der „Verschluß" heißt anord. ags.<br />

afries. lok, ahd. loh (vgl. got. usluks Öff-<br />

nung); anord. loka (kleine Tür); ferner ags.<br />

vgl. Brandenburg. Landesk. 3, 394 f.<br />

') Vgl. Mannus 2, 244 f. Brandenburgia<br />

18, 409 ff. (Buch bei Berlin). Brandenburg.<br />

Landesk. 3, 393 ; vgl. Hoops, Reallex. 1 , 340 ff,<br />

Prähistor. Zeitschr. 2, 371 ff. 281 ff.; 1, 209.<br />

238 Taf. 22; Niederlaus. Mitteil. 2, 275 ff.; es<br />

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nat. ;<br />

ahd. hlid, mnd. nhd. lid (Deckel, Fenster- sind auch die Hausreste von der chattischen<br />

laden); mnd. lös, anord. läss (Riegel, Vor- Altenburg zu beachten (S.288. 309; Zeitschr.<br />

hängeschloß) : anord. /öwar (Türangel); anord. d. Ver. f. hess. Gesch. 43, 23 ff.).<br />

grind (Heck) : ags. mnd. grindel, ahd. grintil<br />

(Riegel); anord. hjarri, ags. heorr (Türangel);<br />

^) casae . . . uestibulum domus Plinius,<br />

hist. 16, 3. 4.<br />

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