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Deutsche Altertumskunde

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1. Gallier und Germanen. § 49. Hausbau, Schiff- und Wagenbau. 305<br />

neu hinzugekommenen Eichenpfosten in die Höhe gehoben wurde. Zu<br />

diesem Zweck bedurfte man anfänglich der äußeren Wandpfosten, während<br />

im Innern des Hauses die vom Erdboden aufsteigenden Dachsparren aus<br />

der älteren Dachhütte noch zurückgeblieben sind.^)<br />

Kamen sie in Wegfall, so war eine grundsätzliche Veränderung im<br />

Aufriß unseres volkstümlichen Wohnhauses erreicht. Maßgebend wurde<br />

fortan eine oberirdische zweistöckige Anlage mit der altern Dachhütte<br />

als Obergeschoß und einem neu gewonnenen Erdgeschoß mit senkrecht<br />

abfallenden Außenwänden. Das Erdgeschoß mit dem Flett bildete die<br />

Familienwohnung, das Obergeschoß, d. h. der Dachraum, wurde als Bodenraum<br />

für Wirtschaftszwecke 2) deklassiert.<br />

Um die Ausbildung dieses neuen Typs in der Eisenzeit der Germanen<br />

zu verstehen, wird kaum etwas anderes übrig bleiben als die Annahme,<br />

daß, wie die Hallstatt- und Latenezeit der Germanen überhaupt, so auch<br />

ihr Haus nach fremden Vorbildern fortentwickelt worden sei.^) Es ist in-<br />

sonderheit auf das keltische Haus hingewiesen worden^) und in der Tat<br />

fügt sich diese Kombination gut in die Fülle keltischer Kultureinflüsse, die<br />

der germanischen Hallstatt- und Lateneperiode ihr Gepräge verliehen haben. s)<br />

Unter den keltischen Hausformen*^) gibt es ein sog. Ständerhaus mit<br />

zwei Reihen von aufrechtstehenden Baumstämmen (Balken), die je einen<br />

langen Querbalken tragen, auf dem das Schilfdach ^) des Hauses ruht. Unter<br />

dem Dach waren raumabschließende Seitenwände erforderlich, die durch<br />

ein mit Lehmbewurf gedichtetes Flechtwerk gebildet wurden.«)<br />

Auf diese Weise war ein Hallenbau entstanden, der in so viel Gefache<br />

gegliedert war, als Paare von Baumstämmen (Eichenständern) in den Erdboden<br />

gerammt wurden. Eine auf die Baumstämme gebreitete Balkenlage<br />

schuf den Fußboden für das Dachgeschoß, das noch die Goten mit einem<br />

Fremdwort benannt haben, das ihnen mit den Galliern gemeinsam ist und<br />

gewissermaßen den urkundlichen Beleg für unsere Argumentation liefert. 9)<br />

Dieser Oberstock ergab sich, wenn, wie wir annehmen, durch die<br />

schweren Eichenständer das ursprüngliche Erdgeschoß der Dachhütte hochgehoben<br />

wurde. Dies scheint den tatsächlichen baugeschichtlichen Vorgängen<br />

i<br />

^<br />

1) Zeitschr. f. Ethnolog.<br />

Abbild. 23 b.<br />

1903, 519 f. 520 (anord. ags. afries. hröf, dän. ruf, engl, hroof,<br />

mnd. rdf < *urkelt. kräpo, ir. crö Geflecht,<br />

*)Überfreistehende,selbständigeScheu- Hütte) vgl. Falk-Torp, Norw.-dän. etymolog.<br />

ern vgl. S. 228. 310. Wörterbuch S. 917.<br />

8)<br />

'')<br />

Zeitschr. d. Ver. f. Voiksk. 1910, 106.<br />

Meitzen, Anleitung zur deutschen<br />

**) Nass. Annal. 32, 152 f.; hier<br />

(S. 153f) eine Zisterne beim Haus,<br />

ist auch<br />

die zum<br />

Aufsammeln des Regenwassers gedient haben<br />

Landes- und Volksforschung S. 502 ff. Wan- !<br />

derungen und Ansiedlungen 1,184. 2,91. wird. Das kelt. Lehnwort „Zaun" (anord.<br />

3, 280 ff. ags. fries. nd. tän, ahd. zun < gall. dunum)<br />

^) aedificia (der Menapier) quae trans legt die Vermutung nahe, daß um den<br />

' Rhenum habuerant Caesar 4, 4.<br />

®) Ein keltisches Blockhaus kennen 1<br />

wir aus dem Grabbau von Villingen (Schwarz- j<br />

Haus-<br />

und Hofplatz ein Zaungehege gezogen<br />

worden sei (Brandenburg. Landesk. 3, 395).<br />

«) got kelikn (Gebäude mit Oberstock<br />

wald) Westd. Korrespondenzbl. 1890, 275. Luc. 14, 28) < gall. celicnon (Holder, Alt-<br />

j<br />

|<br />

Wagner, Fundstätten und Funde im Groß- celt. Sprachschatz S. 886 f.); vgl. die heimische<br />

herzogt. Baden 1, 109 ff.<br />

') Plinius, nat. bist. 4, 64. — Ein neuer<br />

Name für das Dach des germanischen Hauses<br />

Neubildung ahd. «///«5, ags. uphüs. Es darf<br />

' in diesem Zusammenhang auch an kelt.<br />

netneton (Heiligtum) erinnert werden, das<br />

scheint ein keltisches Lehnwort zu sein als Lehnwort in and nimid wieder begegnet.<br />

Handbuch des deutschen Unterrichts. Bd.V, Teil 1. 20

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