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Deutsche Altertumskunde

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1. Gallier und Germanen. § 42. Eisen und Bestattungsritual. 265<br />

an der Germanengrenze sitzenden Kelten waren von der Feuerbestattung<br />

zur Beerdigung der Leiciien übergegangen (S. 172f. 175. 182). Skelettgräber<br />

der Belgier, Gallier, Helvetier und Bojer liegen hart an den Germanengrenzen<br />

(vgl. z. B. S. 269. 285), deren Verlauf in der Latenezeit wir um des-<br />

willen genauer angeben können, weil die Germanen (wie die Gallier Frank-<br />

reichs) zäh an der Leichenverbrennung festgehalten haben. i)<br />

Prächtig — sagt Caesar — und kostbar sind in Frankreich die Leichen-<br />

begängnisse. „Alles wovon die Gallier meinen, es sei dem Lebenden teuer<br />

gewesen, schleppen sie ins Feuer, auch Tiere; noch in der jüngsten Zeit<br />

wurden Vasallen und Sklaven, von denen man bestimmt wußte, daß sie<br />

von den Verstorbenen geliebt waren, nachdem man die sonstigen Zeremonien<br />

beendet hatte, mitverbrannt . . . Wenn ein Hausvater von erlauchter Ab-<br />

stammung verschieden ist, so kommen seine Verwandten zusammen und<br />

stellen, falls sein Ableben zu Verdacht Anlaß gibt, mit den Frauen, als<br />

wären sie Sklavinnen, eine Untersuchung an und töten sie, wenn sie über-<br />

führt werden, durch Feuer und Qualm aller Art gemartert."'-*)<br />

Noch unsere frühmittelalterliche Dichtung, die nach einem immanenten<br />

Stilgesetz die Motive der näheren Gegenwart durch Merkmale der zeitlichen<br />

Ferne zu archaisieren liebt, hat die Erinnerung an die feierlichen Zeremonien<br />

bewahrt, unter denen die Germanen ihre Toten verbrannt haben (S. 138).<br />

Bis auf Einzelheiten decken sich in Skandinavien die prunkvollen Gebräuche,<br />

die bei der Leichenfeier Balders und namentlich bei der Verbrennung des<br />

Sigurd und der Brynhild geschildert werden, mit dem gallischen Ritus. Für<br />

Balder, den Sohn des 0[Dinn haben die Götter an Bord seines Schiffes<br />

einen Scheiterhaufen errichtet und in feierlicher Versammlung die Toten-<br />

feier abgehalten. {)örr hat den Holzstoß geweiht und in Brand gesetzt.<br />

Des Toten Weib wurde mit auf den Scheiterhaufen gelegt, auch das Pferd<br />

Balders mit allem Zaumzeug wurde darauf gebettet, von den Schmucksachen<br />

des Verstorbenen hat man ihm seinen goldenen Ring mitgegeben. 3)<br />

Von der Einäscherung des Sigurd und der Brynhild meldet das kurze<br />

Sigurdlied (Edda übers, von H. Gering; Str. 65 ff.):<br />

Der Wünsche letzten gewähre mir Gunnar,<br />

nichts weitres wird Brynhild erbitten im Leben:<br />

so breit laß schichten die Buchenscheite,<br />

daß für alle reichlicher Raum sich finde,<br />

die wir treu dem Sigurd im Tode folgen.<br />

Mit Schilden und Teppichen schmücke den Holzstoß,<br />

gewebten Stoffen und welschen Sklaven!<br />

An der Seite des hunischen Helden verbrennt mich!<br />

Verbrennt mit dem hunischen Helden ferner<br />

^) Kossinna, Korrespondenzbl.f.Anthro- uiuentibus. Genauer sind wir durch ein<br />

pol. 1907, 57 ff. Die archäologische Hinter- wertvolles Testament über die Gebräuche der<br />

lassenschaft der Donaukelten (Bojer) zeigt eine<br />

auffallende Übereinstimmung mit den Gräbern<br />

der Helvetier, Gallier und Belgier südlich von<br />

Main und Nahe, westlich vom Rhein; vgl.<br />

L. Piö-F. Dechelette, Le Hradischt de Stra-<br />

Lingones unterrichtet: der Verstorbene bestimmt,<br />

daß seine Hinterbliebenen rogo<br />

agant ciiram . . . uolo autem omne instrumentiim<br />

meum quod ad uenandum et aucupendiim<br />

paraiii, mecum cremari cum lanceis<br />

1<br />

cum \<br />

apta<br />

donitz, Leipzig 1906. L. Pic, Die Urnen- gladiis cultris retibus . . . ita ut nihil inde<br />

gräber Böhmens, Leipzig 1907. subtrahatur CIL. XIII, 2, 114f.<br />

2)<br />

mortuis<br />

Caesar 6, 19,<br />

cremant<br />

vgl. Mela 3, 2,<br />

ac defodiunt<br />

19: ') Kauffmann, Balder S.30ff.<br />

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