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Deutsche Altertumskunde

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Geschichte der Forschung.<br />

bau dessen, was als gemeinschaftliche Sitte unter dem ganzen Volke<br />

lebt. Denn <strong>Altertumskunde</strong> soll vornehmlich Volkskunde sein. Die<br />

soziologischen Probleme und Institutionen wird die <strong>Altertumskunde</strong> nur so<br />

weit streifen dürfen, als sie die ganzen Volksgemeinschaften oder das häus-<br />

liche Leben angehen; im übrigen müssen sie den SpezialWissenschaften über-<br />

lassen bleiben.<br />

Eine deutsche <strong>Altertumskunde</strong> hat nicht die Aufgabe, sich über die<br />

Gesamtheit der Germanen auszudehnen, sie will vielmehr nur von unserer<br />

deutschen Heimat und von unserem deutschen Volke handeln. Die<br />

Skandinavier und Engländer, die Franken Frankreichs, die germanischen<br />

Bestandteile der Bevölkerung von Italien und Spanien werden wir auch<br />

berücksichtigen, aber nur insoweit als ihre Herkunft aus dem gemeinsamen<br />

Mutterboden und ihr geschichtlicher Zusammenhang mit unserem Deutschtum<br />

es erfordert. Bei der nordischen, gotischen und angelsächsischen Gruppe<br />

werden wir länger und öfter verweilen, werfen doch ihre sprachlichen und<br />

literarischen Denkmäler Lichtstrahlen auf das deutsche Altertum, die wir<br />

aus keiner anderen Quelle herleiten können.<br />

Das deutsche Altertum ins Leben und in die Wissenschaft eingeführt<br />

zu haben, ist ein Verdienst der Humanisten des fünfzehnten und sech-<br />

zehnten Jahrhunderts, die auf den Bahnen der italienischen Renaissance<br />

den alten Römern huldigend auch die heroische Größe der alten <strong>Deutsche</strong>n<br />

zuerst lebendig empfunden haben. Ihre Entdeckung eines deutschen Helden-<br />

zeitalters wurde bald ein Ferment der neueren deutschen Geistesgeschichte.<br />

Das fruchtbare Erlebnis der deutschen Renaissance knüpfte sich an<br />

die Werke des Cornelius Tacitus.^) Schon seit 1425 hatte sich die Nach-<br />

richt von dem Dasein der Germania in Italien verbreitet. Die einzige<br />

Handschrift (aus dem zehnten bis elften Jahrhundert) befand sich in Hersfeld;<br />

sie ist von einem Hersfelder Mönch den Italienern angeboten und<br />

im Jahr 1455 nach Rom entführt worden. In einem Sendschreiben vom<br />

1. Februar 1458 hat Enea Silvio, der die Gotengeschichte des Jordanes ans<br />

Licht gezogen, bei einer Schilderung der deutschen Sitten die Gernwnia<br />

zum erstenmal verwertet. Seit 1460 wurde sie handschriftlich verbreitet;<br />

um 1470 ist das „Goldene Büchlein" zu Nürnberg erstmalig im Druck er-<br />

schienen;2) 1535 trat die erste deutsche Tacitusübersetzung ans Licht, 3)<br />

denn inzwischen waren auch die „<strong>Deutsche</strong>n Kriege" durch die in Corvey<br />

gefundene, 1508 nach Rom gebrachte Handschrift der ersten Bücher der<br />

Annalen zugänglich geworden.*)<br />

Der Vorhang hatte sich vor einem bis dahin völlig verdeckten Schauplatz<br />

erhoben. Es offenbarten sich ergreifende Denkmäler der ältesten Ge-<br />

schichte Deutschlands; jeden Kenner mußten sie mit Stolz und Ehrfurcht<br />

G. Voigt, Die Widerbelebung des 1<br />

classischen Altertums P, 249 ff. .<br />

*) Taciti Suetonii codex Leidensis Perizonianus<br />

phototyp. editus praefatus est<br />

G.WissowA, Lugd.Batav.1907. La Germania<br />

di Cornelio Tacito ed. C. Annibaldi, Leipzig<br />

1910. MÜLLENHOFF, DA. 4, 689 ff.<br />

3) Die kritische Bearbeitung des Textes j<br />

I<br />

beginnt mit Beatus Rhenanus (ed. Basel 1519.<br />

1533); Andreas Althamer ließ die erste kom<br />

mentierte Ausgabe folgen (Nürnberg 1529);<br />

vgl. die Ausgaben von Willichius (Francof.<br />

1551), Melanchthon (Wittenb. 1557) u. a.<br />

*) ed. princeps 1515; vgl. C. Tacitus,<br />

Codex Laurentianus Mediceus 68 1 phototyp.<br />

editus, Lugd. Batav. 1902,

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