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Deutsche Altertumskunde

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Grundsätze.<br />

weichende Sprachtypus entstanden? Es würde vergeblich sein, aus der<br />

Erforschung der einzelnen Laute und Flexionen eine befriedigende Antwort<br />

auf diese Frage zu erwarten. Erweitern wir unsern philologischen Horizont<br />

und ordnen wir die Sprachgeschichte in die <strong>Altertumskunde</strong> ein, so werden<br />

wir nicht mehr verlegen eine Antwort auf so inhaltsschwere Fragen abzulehnen<br />

brauchen. Nicht weniger drängt sich die Notwendigkeit intensiver<br />

deutscher Altertumsforschung für die Lexikographie auf. Unsere Wörterbücher<br />

blieben lange bei Abstraktionen oder allgemeinen Begriffsbestimmungen<br />

stehen und sollten doch zur Anschauung vordringen, denn sonst<br />

bleibt das etymologische Geschäft des Philologen ein Wortgeklingel. Um<br />

den Wörtern die ihnen korrespondierenden, konkreten Anschauungen zur<br />

Seite zu setzen, müssen die Altertümer auf ihre Zugehörigkeit zu den Wortbezeichnungen<br />

untersucht werden; wie will man sonst ausmachen, was die<br />

Wörter unserer Muttersprache bedeuten, wenn man die Dinge nicht kennt,<br />

die den Inhalt des realen Volkslebens ausmachen?<br />

Über die Notwendigkeit, daß wir aus der engen Einseitigkeit herauskommen<br />

und deutsche Philologie nicht als neuere Philologie, sondern als<br />

Altertumswissenschaft studieren, herrscht heute wohl kaum noch Meinungs-<br />

verschiedenheit. Bis vor kurzem stand es aber so, daß zwar die Indogermanisten<br />

auf das lebhafteste sich mit den Fragen nach den Kulturzuständen<br />

des indogermanischen Gesamtvolkes beschäftigten, daß eine indogermanische<br />

<strong>Altertumskunde</strong> florierte, die deutsche <strong>Altertumskunde</strong> fast brach lag, weil<br />

die Germanisten iq grammatischen, metrischen und literarhistorischen Forschungen<br />

stecken geblieben sind. Unsere Philologen haben sich mit ganz<br />

vereinzelten Ausnahmen von den für ihre Wissenschaft grundlegenden<br />

Aufgaben, die das deutsche Altertum stellte, ferngehalten. Das ist ein un-<br />

natürlicher und ungesunder Zustand, der geändert werden muß und geändert<br />

werden kann. Denn wir sind durch die intensiv und extensiv bedeutende<br />

Einzelforschung der letzten Dezennien so gründlich in das Verständnis der<br />

prähistorischen Altertumsfunde, sowie der älteren deutschen Kunst und<br />

Religion, Sprache und Literatur eingeführt worden, daß diese reichen<br />

Schöpfungen ursprünglicher deutscher Volksart weit sicherer als zuvor erfaßt<br />

werden können und nun vielleicht auch in einem Gesamtüberblick<br />

geschildert werden dürfen.<br />

Doch bleibt es eine Binsenwahrheit, daß man das deutsche Altertum<br />

erst erforschen kann, wenn man die Sprache der alten <strong>Deutsche</strong>n ver-<br />

steht. Darum betone ich ein für allemal, daß nur ein Philologe als voll-<br />

ausgerüsteter Altertumsforscher in Betracht kommen kann, daß aber auch<br />

die Zeit gekommen ist, da die deutsche Philologie wieder wie im Zeitalter<br />

der Brüder Grimm zur Altertumswissenschaft ausgebaut werden muß.<br />

Aber ich wiederhole, daß die Schwierigkeiten des Versuchs, schon jetzt<br />

mit einem Grundriß des deutschen Altertums hervorzutreten, durchaus ungewöhnlicher<br />

Art sind. Nicht bloß deswegen, weil es an Mitarbeitern und<br />

an Vorarbeiten fehlt, sondern auch deswegen, weil man damals, als die<br />

Germanisten an der Sachforschung sich beteiligten, weit bescheidenere Ansprüche<br />

stellte. Wir haben inzwischen das deutsche Volkstum aus seinem<br />

Folklore in einer viel komplizierteren Entwicklungsgeschichte kennen ge-<br />

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