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Deutsche Altertumskunde

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202 I. Prähistorische Zeit. B. Die Germanen.<br />

zu tragen. 1) Mit am frühsten stellte sich bei diesem unentbehrlichen Toilettegerät<br />

das Eisen ein. Im Hausurnengebiet findet sich ein eisernes mond-<br />

oder sichelförmiges Rasiermesser, das auch in Villanova (S. 172) als regelmäßige<br />

Beigabe in den Brandgräbern vorkommt.'-)<br />

§ 30. Schmuck. Eine sozusagen aufdringliche Rolle spielte in der<br />

jüngeren Bronzezeit (Hallstattperiode) der Schmuck. 3) In Süddeutschland<br />

schmückte sich die Bevölkerung prunkvoll mit Bronze und mit Gold, mit Bernstein,<br />

Gagat und Lignit, mit Korallen und mit Perlen. So überwiegen denn<br />

auch Schmucksachen durchaus in den norddeutschen Depotfunden (S. 121),<br />

die im Gegensatz zu den Gräbern einen ungeheuren Vorrat von Zierstücken<br />

aller Art geliefert haben. 4) Geradezu protzig nehmen sich die Bronzen aus,<br />

die um den Hals, um die Arme, um den Leib, am Ober- und Unterkörper<br />

oft in extravaganten Formaten getragen worden sind. Denn es ist ein maßgebendes<br />

Stilmerkmal der jüngeren Bronzen, daß alle herkömmlichen Maße<br />

vergrößert und ihr Gewicht beschwert wurde. Gleichwie in der Keramik<br />

die Gefäße einen monströsen Umfang bekamen^) und wie die Schwerter<br />

an Länge und an Masse zugenommen haben, so konnten die unscheinbareren<br />

Schmuckgeräte der älteren Epoche zu außerordentlichen Dimensionen<br />

*) Damit steht vielleicht in Übereinstimmung,<br />

daß sich kein germanisches Wort für<br />

.Bart" erhalten hat; hart ist nur westgermanisch,<br />

die Skandinavier gebrauchen skegg<br />

(vgl. engl, shaggy), wohl aber sind die »Barthaare"<br />

gemeingermanisch benannt (mhd.<br />

grane, ahd. grana, ags. 'sranu, anord. gron)<br />

und grane bezeichnet nicht bloß im <strong>Deutsche</strong>n,<br />

sondern auch in den nordischen Sprachen<br />

insonderheit dieauf derOberlippe wachsenden<br />

Barthaare. Darum darf man vermuten, daß<br />

diese als Schnurrbart stehen blieben (Zeitschr.<br />

f. d. Altert. 48, 407), während die übrigen<br />

Gesichtsteile rasiert wurden.<br />

*) Vgl. S. 177. Zeitschr. d. Harzver. 31,<br />

255 ff. Taf. 4, 31 ; die Klinge sitzt an einem<br />

9 Zentimeter langen, mit einem Ring abschließenden<br />

Griff (dieselbe Form oder<br />

eine daraus abgeleitete gibt es übrigens<br />

auch in Bronze (vgl. Götze, Altertümer<br />

Thüringens S.109 : 248 Taf. 11, 173. Schlemm<br />

5. 458).<br />

») Vgl. die Gesichtsurnen S. 190 f. Nachr.<br />

über d. Ältcrtumsf. 1904, 51 ff.; ferner die<br />

Übersicht bei Henne am Rhyn, Kulturgesch.<br />

P, 12 nebst Tafel und Erläuterungen.<br />

*) Vgl. z. B. Mannus 4, 219 (Oldenburg).<br />

Spueth S. 84. Jahrb. d. Hamburg. Anstalten<br />

20,CXLV. 21, 139 f. (z. B. aus Bergedorf in<br />

einen irdenen Topf verpackt 7 Armbänder,<br />

1 Sichel : Hamburg. Mus.). 22, 139 f.; Beltz,<br />

Vorgcsch. Altert. S. 182; Balt. Stud. 46, 152.<br />

N.F:4, 137 (f. fi, 65 ff. 175 ff. Mannus 3, 148 ff.<br />

(Pommcrischc Monatsblättcr», 173. 1 1, 23. 66.<br />

177. 14,74. 15,f)8. 107. 161. 19, 164); durchaus<br />

[leichartig mil den reichen pommerisclicn<br />

f)cpots<br />

sind die brandenburgischen, vgl. z.B.<br />

Prähistor. Zeitschr. 3, 375. Verzeichnis der<br />

Prenzlauer Sammlungen (1 909) l-ig.40.41. Vcr-<br />

handl. 1890, 386. Brandenburgia 11, 435. 12,<br />

125. Sehr. d. Ver. f. Gesch. d. Neumark 5, 55 f.<br />

im Mus.f.Völkerk. und im Märk.Mus.zu Berlin<br />

Bronzefunde aus Schwachenwalde (Kreis Arnswalde,<br />

in ein Bronzegefäß verpackt), Floth<br />

(Kreis Czarnikau), Sommerfeld (Kreis Krossen)<br />

brachten eine Menge Halsringe, Armringe,<br />

Armbänder, Armspiralen; gelegentlich auch<br />

— in ein Tongefäß dazu gepackt — Waffen<br />

und Werkzeug, z. B. Glienicke (Kreis Beeskow),<br />

Mahndorf (Kreis Halberstadt), Wurchow<br />

und Bewerdiek (Kreis Neustettin) (Schmucksachen<br />

in besonders großen Formaten), Stargard<br />

(Kreis Saatzig), Kailies (Kreis Dramburg)<br />

u.a. Mannus 4, 333 f. Schlesiens Vorzeit6,291.<br />

N.F.4, 9 ff. 20 ff. Jahresschr. 9, 63 ff. Götze.<br />

Altertümer Thüringens S.121. — Treten in den<br />

Depots Bronzebarren, zum Einschmelzen bestimmte<br />

Bruchware, Gußformen und anderes<br />

dem Erzschmied dienliches Gerät zutage, so<br />

kann man von Gießerfunden (Werkstattfunden)<br />

reden (vgl. z. B. Jahresschr. 2, 6. 9,<br />

70. Verhandl. 1883, 244. Beltz, Vorgesch.<br />

Altert. S. 266. Balt. Stud. 46, 132. N. F. 3, 198.<br />

4, 137 u. a.). Wiederum in anderen Fällen<br />

sind es wohl Schatzfunde, insofern Geld<br />

in Bronze ausgemünzt wurde, namentlich<br />

„Ringgcld" (S.121). Wir besitzen Massenfunde<br />

kleiner Bronzeringe (500, 700, 1200 Stück in<br />

einem Depot), Schlesiens Vorzeit 6, 374;<br />

anderes .Bronzegeld" aus FIsterwerda (Kreis<br />

Liebenwerda) oder aus Stöbiiilz (Kreis Quer-<br />

furt) im Prov.-Mus. zu Halle.<br />

') Vgl. z. B. Graburnen größten Formats<br />

aus den Kreisen Merseburg, Wolmirstedt,<br />

Kalbe im Prov.-Mus. zu Halle oder aus Reliberg<br />

(Kreis Jerichow 11) und Günz (bei<br />

Stettin) im Mus. f. Völkerk. zu Berlin.<br />

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