29.06.2013 Aufrufe

Deutsche Altertumskunde

Deutsche Altertumskunde

Deutsche Altertumskunde

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

176 I. Prähistorische Zeit. B. Die Germanen.<br />

Wie das Grab unansehnlicher, so ist das Grabgut, das in der Urne nieder-<br />

gelegt wurde, spärlicher geworden, wenn die Vergangenheit vergleichend<br />

herangezogen wird. Es gewährt die Grabausstattung entfernt nicht mehr<br />

den Reichtum der altern Bronzezeit und in den Kolonien wurde noch sparsamer<br />

damit umgegangen als im Mutterland. Dort und bald auch hier<br />

sammelte man von dem auf einem besonders zugerichteten Verbrennungsplatz<br />

(Ustrine)*) errichteten Scheiterhaufen 3) die weißgebrannten Knochensplitter<br />

der Verstorbenen, siebte sie sorgfältig durch und barg mit ihnen<br />

geringfügige Metallbeigaben in einem meist auffallend großen Ossuarium<br />

(Taf. 22, 10). 4) Luxuriös ist bloß die Grabkeramik. Durchaus im Gegensatz<br />

zur heimatlichen Sitte ist es bei den Kolonialgermanen Mode geworden,<br />

ein ganzes Speiseservice den Abgeschiedenen zu weihen. Dieser neue Brauch<br />

darf auf eine rituelle Speisung der Toten zurückgeführt werden. Als Zeremonie<br />

hat sie sich aber nur innerhalb der Germanenkolonien und in den<br />

benachbarten Randgebieten des Mutterlandes voll eingebürgert; in den ferner<br />

abliegenden deutschen Landschaften, wo sich die Spuren der Hallstattkultur<br />

weit schwächer bemerkbar machen, ist die Fülle der Beigefäße (schön ge-<br />

formter Speisegefäße) in den Gräbern noch nicht oder erst in weit jüngerer<br />

Zeit konstatiert.^)<br />

Der veränderte Ritus macht sich schon in Braunschweig und in der<br />

Provinz Sachsen geltend, ß) wo man im übrigen an den Urnenhügeln fest-<br />

hielt und die Graburnen gern auf den erhöhten Friedhöfen der Vorfahren<br />

beisetzte. Ein gutes Beispiel hierfür gewährt der Pohlsberg bei Latdorf<br />

(Kreis Bernburg), eine Friedhofsanlage, die bis in die Periode der Megalith-<br />

1 ff. 1903, 44 oder das systematisch ausgegrabene<br />

Urnenfeld von Oderberg in der südlichen<br />

Uckermark (H. Schumann und A. Mieck, Das<br />

Gräberfeld bei Oderberg -Bralitz, Prenzlau<br />

1901) oder das Buckelurnengrab von Hasenfelde<br />

bei Fürstenwalde (Mannus 1, 135 mit<br />

Abbildung). Aber im allgemeinen muß daran<br />

festgehalten werden, daß im Mutterland die<br />

Urnenffiedhöfe auf das freie Feld erst von<br />

dem Zeitpunkt an zu liegen kamen, da die<br />

Eisenzufuhr begann: Die Urnenfriedhöfe in<br />

Niedersachsen herausgegeben von C.Schuch-<br />

HARDT 1,1.2. Hannover 1911. Urnenfeld an<br />

der Alster bei Hamburg (Hummelsbüttel)<br />

Mestorf, Einundvierzigster Ber. d. Kieler<br />

Museums S. 25 ff.; dazuGünnebek(Ksp. Bornhöved)<br />

S. 31 ; Groß-Harrie (bei Neuinünster),<br />

Wattenbck (bei Bordesholm), Schönberg<br />

(Propstci)S.33;lcrnerSPUETH,InventarS.87f.<br />

») Schumann -Mieck, Gräberfeld von<br />

Odcrberg-Hralitz S. Ißf. Zeltschr.f.Ethnolog.<br />

1909, 940 ff. (Rekonstruktion einer Ustrlne).<br />

») Ein neuer Ausdruck (S. 137) bürgerte<br />

sich ein und hat sich als mhd.r^^ (— afranz.<br />

r^ Scheiterhaufen erhalten, Idß.Forsch. 28,121;<br />

die Grundbedeutung scheint .Geflecht" gewesen<br />

zu »ein (Ki-UCiK, Etym.Wb. s, V. Roß").<br />

*) Zu der Graburne gehört ein irdener<br />

Declicl (ScHUMANN-MiKCK S. 12. 66 ff.), der<br />

z. B, in dem sog. Königsgrnb von Scddin<br />

(Kreis Wc!(lpricgnltz;S.l75) durch irdene Nfl-<br />

gel am Rand der Urne festgemacht oder auch<br />

wie die Platten der umgebenden Steinkiste mit<br />

Lehm abgedichtet war, aber meist durch<br />

eine irdene Schale oder tellerartige Schüssel<br />

(Jahresschr. 10, 96 ff. 3, 52f. Beitr. z. Gesch.<br />

d. Altmark 3, 1 If. Götze S. 32) und am Ausgang<br />

der Periode durch eine als Urnendeckel<br />

dienende Steinplatte (Brandenburgia 6, 363)<br />

ersetzt wurde. Als Deckel der Ossuarlcn kommen<br />

aber auch voluminöse glockenförmig<br />

übergestülpte Tongefäße vor (sog. „Glockengräbcr"<br />

mit oder ohneSteinpackung, z. B.<br />

Farsleben bei Wolmirstedt, Eickendorf Kreis<br />

Calbe im Städtischen Museum zu Magdeburg).<br />

„Deckel" hieß nhd. lid (Augenlid u.a.), mhd.<br />

ahd. lit, afries. ags. filid.<br />

") Beltz, Vorgeschichte von Mecklenburg<br />

S. 81. Beitr. z. Gesch. d. Altmark 3, 18.<br />

Niederlausitzer Mitteil. 1, 399. Schumann-<br />

MiECK, Gräberfeld von Oderberg- Bralitz<br />

S. 10 f. Zeifschr. f. Fthnolog. 191 1, 436 ff.<br />

") Vgl. z. B. die zwischen Halberstadt<br />

und Quedlinburg aufgedeckten Steinkistengräber<br />

von Hoym (mit Hausurnen); die<br />

hauptsächlichsten Beigaben zu den Graburnen<br />

sind die sog. Beigefäße (Villanovatypus,<br />

Lausit/.er Keramik), Metall ist ganz<br />

spärlich vertreten (Bronzeringe, Bronzcnacieln,<br />

eiserne Rasiermesser) Zeitsclir. d. Ilarzver.<br />

31,244ff. Taf. 4,31. Andki:k, Braunschweig.<br />

Volksk. S.23ff. Jahres.schr. 10. 89 ff.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!