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Deutsche Altertumskunde

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2. Das Zeitalter der Leichenbestattung. § 23. Haus. 163<br />

an dem gepflasterten Fußboden des Bauernhauses haftet ;i) ein nicht ge-<br />

pflasterter Teil des „Hauses", über den man als Durchgang zum Flett gelangte<br />

(vgl. Hausflur = Vorplatz), bewahrte die natürliche Bodenfläche und<br />

dieser aus nacktem Lehm bestehende Fußboden des Hauses wurde „Flur"<br />

genannt. 2)<br />

Die Herdgrube scheint noch außerhalb des „Hauses" gelegen zu haben;^)<br />

die „Küche" wird also erst später in die Wohnung einbezogen worden sein.<br />

Das Dachhaus hatte noch keine Seitenwände, da das Dach bis auf den Erdboden<br />

reichte. Auch bei dem zweistöckigen niederdeutschen Bauernhaus der<br />

Gegenwart spielen die Seitenwände noch keine nennenswerte Rolle, da das<br />

nach allen vier Seiten abfallende Dach sie so wenig als die Giebelwände zu<br />

selbständiger Geltung kommen ließ. Das walmartig nach dem Vorder- und<br />

Hintergiebel überhängende (eine Art Vorhalle bildende) Dach ist, wie der<br />

Sprachschatz lehrt, gleichfalls gemeingermanisch. ^) Gestützt wurde es am<br />

Hintergiebel durch Sparren und Bohlen, die Wand des Vordergiebels scheint<br />

durch lehmverputztes Flechtwerk^) abgedichtet worden zu sein. Die Tür<br />

und augenartige Schlitze in der Wand ließen spärliches Licht einfallen;<br />

letztere dienten als Fenster«) der Wohnung, die gemeingermanisch „Saal"<br />

genannt wurde. ') Dieser „Saal" hat als unentbehrliches Mobiliar Tisch ») und<br />

Bank^); dazu kommt jetzt ein mit Fell gepolsterter Faltstuhl (Taf. 15, 1 )');<br />

>) Vgl.S.90; anord.ags.and.//^/(nd.//^//),<br />

ahd. flezzi, mhd. flezze (bair. fletz — flöz<br />

Lagerstätte des Erzes in der Bergmannssprache,<br />

Steinschicht [Pflaster]). Hier befanden sich<br />

ursprünglich die Ruhebäniie, die durch aufgelegte<br />

Holzbohlen zur »Diele" (anord. />///,<br />

pilja Ruderbank, ags. pel Brett, vgl. bencpel,<br />

pille, mnd. dele Planke, ahd. dili, mhd. dil<br />

bretterner Fußboden) und durch aufgelegte<br />

Bettstückc (Tierhaut) zu Schlafplätzen umgewandelt<br />

wurden (Beowulf 1241); vgl. nd.<br />

flett („Bodenfläche für die Betten im Hause*<br />

Weigand '=<br />

s. V. flöz).<br />

'^) mhd. vluor (Bodenfläche des Saatfeldes),<br />

mnd. vlör, ags. anord.//ör (engl. //oor)<br />

Fußboden ( : airisch lär aus *plär Estrich<br />

vgl. S. 90). Gleichbedeutend mit flur ist fries.<br />

täl, nd.däle (nicht mit diele zu verwechseln;<br />

Nd. Jahrb. 15, 51).<br />

") Vgl. Aarboger 1906, 195. 199. 201 f.<br />

Fig. 38; 1909, 297 fL 305 ff. ;<br />

. ;<br />

dazu anord. hyrr,<br />

got. haiirja (Kohlenfeuer)? „Herd" ist erst<br />

westgermanisch.<br />

'') go{. iibizwa (Vorhalle), anord. ups, ags.<br />

yfes, efes (engl, eaves), ahd. obasa, mhd. obse,<br />

mnd. ovese, ose, fries. nl. oose, mengl. ease<br />

(„the edge of the roof of a building of the<br />

thatch of a stack, which overhangs the side . .<br />

any thingthat overhangs" Murray); das Wort<br />

ist also eine unserem Obdach analoge Bildung,<br />

vgl. anord. upsardropi, ags. yfesdrype,<br />

engl, eavesdrop, afries. osedroptha, nl. oosdruip<br />

(Dachtraufe, Tropfenfall).<br />

^) Lehmstücke mit Abdrücken des Flechtwerkes<br />

sind nicht selten gefunden (vgl. z. B.<br />

Mestorf Mitteil. d. anthropol. Ver. 6, 7.<br />

Globus 1895, 232. MÜLLER, <strong>Altertumskunde</strong><br />

1, 200. Aarbager 1906, 202 f. 1908, 318); die<br />

sog. .WandstaKen" (anord. staki, ags. staca,<br />

mnd. stake [Pfahl, Pfosten, Stange] > ital.<br />

stacca, franz. estacque, davon kommt durch<br />

niederländische Vermittlung nhd. staket; vgl.<br />

got. hleiprastakeins S. 59) sind mit Weidengerten<br />

(oder anderem Reiserwerk) hürden-<br />

artig<br />

von<br />

ausgeflochten und<br />

innen und außen<br />

dieses Geflecht ist<br />

mit Lehm (Klei :<br />

lat. glus, griech. yXoiög) beschmiert worden<br />

(anord. klina, mhd. klenen DWB. s.v.; anord.<br />

kleima, ags.dceman, eng\.cleam,aM.chleimen,<br />

mnd.klemen ; hierhergehört aucii unser , Leim<br />

[ahd.<br />

läm] :<br />

and. ags. anord. lim : ahd. leimo, ags.<br />

anord. leir Lehm). So bildeten sie eine<br />

Wand (and. w^, afries. ags. wrf/z, goLwadd-<br />

jus, anord. veggr : zu lat. viere [flechten]<br />

wie nhd. Wand : winden, Zeitschr.f.d.Phil.39,<br />

290). Über die Lehmmauer handeltz.B.MiELKE,<br />

Zeitschr. d. Ver. f. Volksk. 14, 152 ff.<br />

*) got. augadauro, ags. ea^duru, ahd.<br />

ougatora (Idg. Forsch. 16, 125); vgl. anord.<br />

vindauga, fries. winding, andern (Atemtürchen)<br />

Beitr. 14, 232.<br />

^) anord. 5fl/r, ags. sele, and.seli, ahd.sal.<br />

^) got. biups, anord. bjöpr, ags. beod, and.<br />

biod, ahd. beot (vgl. mhd. biute Backtrog?).<br />

®) ahd. and. bank, afries. ags. benc, anord.<br />

bekkr. Die (breiten) Bänke dienten mit Tierhaut<br />

gepolstert in der Nacht als „Bett" ; vgl.<br />

die Art, wie die Toten in den Eichsärgen gebettet<br />

sind, S. 134. 152.<br />

•») BOYE, Egekister Taf. 14. 15. Müller,<br />

<strong>Altertumskunde</strong> 1, 344, Montelius, Kulturgeschichte<br />

S. 88. Knorr, Mitteil. d. anthropol.<br />

11*<br />

'

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