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Deutsche Altertumskunde

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1. Grundlagen. § 19. Leichenbestattung und Leichenverbrennung. 135<br />

Durchmesser betrug gegen 34 Meter. Das Grabhaus steht in der Mitte dieses<br />

Hügels auf Bodenniveau; in einem Durchmesser von 20 Meter umkreist ein<br />

2 Meter breiter, 0,50 Meter tiefer Grenzgraben den Hügelmittelpunkt; hier in<br />

der Mitte des Grundstücks wurde ein 0,60 Meter breites und ebenso tiefes<br />

Gräbchen ausgehoben und dadurch ein 3,90 Meter langes und 2,10 Meter<br />

breites Oblongum gebildet, über dem das hölzerne Grabhaus mit weichem<br />

steilem Dach aufgerichtet worden ist. Der Fußboden ist gepflastert und mit<br />

einer Holzdiele belegt: mitten darauf ist der Tote bestattet. Nachdem sich<br />

über ihm das mit Schilf gedeckte Dach seines Hauses geschlossen hatte, sind<br />

Steinplatten flach auf das weiche Dach gelegt und endlich von der Grabgemeinde<br />

von jenem 2 Meter breiten Grenzgraben an in geordneter Lagerung<br />

mehr als 200 Kubikmeter Steine über dem Totenhaus gleich einer<br />

2 Meter hohen kegelförmigen Pyramide aufgeschichtet worden, i) Dieser<br />

Steinmantel ist mit Lehm überschüttet, der Lehm in feuchtem Zustand festgestampft<br />

und schließlich soviel Erde angefahren,«) bis eine gegen 4 Meter<br />

hohe Erdschicht das Grab verdeckte (Taf. .7, 1).')<br />

Ein ähnliches Grabmonument wurde im Jahr 1907 bei Helmsdorf (Mansfelder<br />

Seekreis) freigelegt. Der „große Galgenhügel" war 6,8 Meter hoch<br />

und maß im Durchmesser 34 Meter; zu oberst lag eine 3,37 Meter starke<br />

Erdschicht, darunter steckte eine Steinpyramide von 3,45 Meter Höhe und<br />

13,5 Meter Durchmesser, am Rand war sie durch eine Art von Mauerring<br />

abgeschlossen und unter ihr wurde ein dachförmiges Gerüst von zweimal<br />

10, durchschnittlich 30 Zentimeter starken, Eichenstämmen angetroffen; es<br />

diente zum Schutz eines außen mit Schilf und darunter mit Eichenbohlen<br />

gedeckten, am vordem und am hintern Ende von je einer aufrechtstehenden<br />

Baumsäule begrenzten Holzbaues. Es war ein Dachhaus und barg auf<br />

einer Streu von Schilf und einem Pflaster von Steinplatten einen offenen<br />

muldenförmigen Holzsarg, darin die Skelettreste eines mit Gold und<br />

Bronze geschmückten Mannes, der in liegender Hockerstellung beigesetzt<br />

worden war.^)<br />

Dieser Urväterbrauch, dem Toten sein Grab als Wohnhaus einzurichten,<br />

ist im Verlauf der älteren Bronzezeit zum Stillstand gekommen. Je mehr die<br />

Sitte sich verbreitete, den Körper nicht in dem Zustand zu beerdigen, in<br />

dem das Leben aus ihm gewichen war, sondern ihn erst zu verbrennen<br />

und nur seine geringfügigen Reste der Erde anzuvertrauen, desto allgemeiner<br />

mußte sich ein neuer Grabbau einbürgern. Seitdem die Leichenverbrennung<br />

zu einer echten Volkssitte geworden ist, beginnt eine neue kulturhistorische<br />

Epoche. Es wird die ältere von der jüngeren Bronzezeit abgelöst.<br />

Feuer zu zünden hatte schon längst zu den Bestattungszeremonien ge-<br />

hört und in Mitteldeutschland gibt es neolithische Brandgräber, 0) nun aber<br />

|<br />

!<br />

'<br />

*) Die Steine mußten weither transportiert<br />

werden; es ist roter Sandstein vom<br />

Kyffiiäuser.<br />

2) Die Masse wurde auf 3060 Kubik-<br />

' ebenda 7, 85 f.<br />

•) Grössler, Jahresschr.6,1 ff. (mit Tafeln,<br />

beachte Taf. 8, 1. 9, 6), dazu 5, 98. Götze,<br />

Altertümer Thüringens S. 30 f. Der Raummeter<br />

berechnet. inhalt des Hügels ist auf 2030 Kubikmeter<br />

') Über den Hügel bei La n gel (östlich<br />

von Mühlhausen i. Th.) vgl. Jahresschr. 5,<br />

34 ff.; über den Nienstedter Grabhügel<br />

berechnet worden,<br />

*) Vgl.S.84.86f. Jahresschr. 6, 18.41.45.<br />

47.76. Zeitschr. f. Ethnolog. 1906, 321. 1908,

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