29.06.2013 Aufrufe

Deutsche Altertumskunde

Deutsche Altertumskunde

Deutsche Altertumskunde

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

3. Die Urgermanen. B. Kulturverhältnisse. § 13. Waffen. 109<br />

Die wichtigste und modernste Reiiie gibt das von ganz andern Affekten<br />

eingegebene Gebilde der Stichwaffen, die gleichfalls geschäftet wurden,<br />

aber nicht mit gleicher Zuversicht wie die Schlag- und Hiebwaffen aus<br />

älteren im Norden einheimischen Werkzeugen abgeleitet werden können,<br />

sondern offenbar ausländischen Kupfer- oder Bronzemodellen ihre nordische<br />

Form zu verdanken haben. Unsere spätneolithischen Stichwaffen sind näm-<br />

lich spezifisch nordisch, d. h. germanisch. Denn sie sind nicht wie die<br />

Axt aus Grünstein geschliffen, sondern aus dem heimischen Feuerstein<br />

hergestellt und zwar durch Abschlagen feinster Splitter so sorgfältig ge-<br />

dengelt, daß in dieser Gattung wahre Kunstwerke zustande kamen, die<br />

außerhalb der Siedelungsgrenze wohl gefielen, aber keine Konkurrenten<br />

trafen und namentlich auf der cimbrischen Halbinsel massenhaft verbreitet<br />

waren. ^)<br />

Diese prächtige nordische Stichwaffe aus gemuscheltem (gedengeltem)<br />

Flint ist von Haus aus zugleich Wurfwaffe und in zwei Größen angefertigt<br />

worden. Das größere Muster nennen wir Speer- (Taf. 4, 7), das kleinere<br />

Muster Pfeilspitze (Taf. 5, 2); 2) beide tragen eine aus dem Feuerstein<br />

herausgearbeitete scharfkantige, keilförmige Spitze, die in einen längeren<br />

oder kürzeren Holzschaft (Esche) eingelassen^) und mit Bast oder Darm-<br />

streifen festgeschnürt wurde. ^) Der Speer^) hatte ungefähr die Länge des<br />

erwachsenen Mannes, denn man hat seine Feuersteinspitze im Grab zur<br />

Rechten oder zur Linken des Schädels gefunden; kürzere Spieße^) sind<br />

aber, nach den Fundumständen zu schließen, ebenfalls im Gebrauch ge-<br />

wesen. So mögen auch die Pfeile, deren Flintspitzen in verschiedenen<br />

Formen und Größen auftreten,') differenziert gewesen sein;*) die Pfeilschäfte<br />

|<br />

1, 263. 268 f. (Hannover) u. a. Nordische<br />

Formen erstrecken sich südwärts bis ins nordgelassen,<br />

mit Erdpech verkittet und mittels<br />

eines sclimalen Darmstreifens um den Schaft<br />

westliche Thüringen (Götze, Altertümer Thü- herum verschnürt. Unser alter Ausdruck für<br />

ringens S. 167 u. ö.). Darmband ist »Garn" (griech. yogörj, lat.<br />

1) NordiskeFortidsminderl, 125 ff. nebst haru, lit. iflr«a Darm) : anord. ^arnar (Ein-<br />

Tafeln; dazu S. Müller, Ordning Taf. 10; geweide), ahd. g^or«/, nhd. gärn (Gedärm);<br />

Aarbeger 1907, 79ff. 1910, 170 ff. mhd. ahd. ^arn, ags. 3^ar/i, anord. ^arn.<br />

2) Die Speerspitzen sind bis zu 45 cm ») Der schwere Speer heißt nach seinem<br />

lang; vgl. Mestorf Taf. 9— 12; Beltz, Vor- Holzschaft „Esche' (ags. (esc, cescholt u.a.<br />

gesch. Altert. S. 62 ff. Taf. 12—13. S. 34), bezw. .Schaft" (griech. oxf):troov S. 57)<br />

ä) Die germanische Bezeichnung hierfür oder er heißt im Ganzen mhd. ahd. azger,<br />

gewähren in altertümlichster Form die ins afries. etger, ags. cet^iär, anord. atgeirr (vgl.<br />

Griechische und Lateinische übernommenen afranz, a^/^r) ; für eine leichtere Gattung be-<br />

Wörter yatoov, gaesiim > anord. geirr, ags. gegnet der altgerm. Ausdruck anord. darrapr,<br />

'^är, and. ahd. mhd. ger; oder springt die ags. darop, ahd. tart (vgl. afranzös. dart).<br />

Grundbedeutung des Wortes bei den Ablei- «) Vgl. Nord. Fortidsminder 1, 168; wir<br />

tungen nhd. ^^/zr^rt (keilförmiger Zwickel) = sprechen von „Jagdspieß" (mhd. sp/V^, ahd.<br />

mhd. ^^r^, ahd. gero, afnts.gäre, ags. -jära, spioz,an(i.spiot [afranzös. espiet], ags. spreot<br />

anord. g^^iW heraus und ist die Waffe nach der (vgl. nd. sprlet], anord. spjöt); ferner gehört<br />

Spitze benannt worden? Vgl. aind. he^as das Wort „Speer" hierher, das zum Unter-<br />

(Geschoß), griech. /«ro^- (S. 57); ferner ahd. schied von „Spieß" vielleicht gemeinidg.<br />

gaisala (Geißel) : langobard. gisil (Pfeil); war (S. 57).<br />

langobard.g-a/rfa, ags. 3rfd, engl, goflrf (Speer- ') Schlemm S. 445. 416; vgl. Mecklenspitze).<br />

burg.Jahrb.63,53. S.Müller, OrdningITaf.il.<br />

•) Guterhaltene Beispiele sind gesammelt «) Daher denn auch mehrere Namen für<br />

und besprochen in den Schriften des olden- die Pfeilsorten belegbar sind; der für den<br />

bürg. Ver. f. Altertumsk. 30, 41 ff. Die Feuer- Bogen bestimmte Pfeil heißt got. arhazna,<br />

steinspitze ist auch bei einem amerikanischen anord. ?r, ags. earh {tng\.arrow):\aX. arcus;<br />

Exemplar in eine Kerbe des Schafts ein- auf eine charakteristische Spitze scheint sich

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!