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Deutsche Altertumskunde

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94 I. Prähistorische Zeit. A. Urzeit.<br />

gearbeiteten Halsansatz und keinen Standfuß; ein System von Horizontal-<br />

linien umsäumt den Rand der Mündung, ein Spiralband oder zickzack-<br />

förmiges Winkelband fällt, einem hängenden Zierschmuck vergleichbar, über<br />

den Gefäßkörper herab; die Ornamente sind inkrustiert. Diese Sorte von<br />

süddeutscher Keramik ist für Norddeutschland produktiv geworden i) und zwar<br />

auf die Weise, daß echte Hinkelsteinware importiert^) und zu einer nord-<br />

deutschen Spielart fortgebildet wurde. Das ist der sog. Rössener Typus.^)<br />

Das Dorf Rossen (Kreis Merseburg) liegt in der Südmark der Germanen<br />

auf dem Hnken Ufer der Saale. Aus einem reichen Fund von achtzig<br />

Grabstätten (S. 85 f.) wurde hier in den achtziger Jahren des neunzehnten<br />

Jahrhunderts eine norddeutsche Keramik gewonnen, die auch in Südwestdeutschland<br />

vorkommt-*) und damit den Handelsverkehr bezeugt, durch den<br />

die maßgebenden Muster ausgetauscht worden sind.^) Rössener Keramik<br />

(Taf. 2, 4) ist an andern Fundstellen der Provinz Sachsen, ferner in Anhalt,<br />

Braunschweig, Altmark,«) Hannover und Westfalen nachgewiesen. Für die<br />

Zeitbestimmung ist wichtig, daß diese Gefäße auf dem nordwestdeutschen<br />

Territorium in Megalithgräbern vorkommen^) und was den Stil betrifft, so<br />

hat man längst bemerkt, daß die in Rossen gefundenen Gefäßformen von<br />

dem Hinkelsteintypus abstammen, Rössener Stil also ein ausgesprochener<br />

Mischstil ist. 8) Das Leitmotiv der ornamentalen Verzierung ist die Hinkelsteiner<br />

Zickzacklinie: das im Winkel gebrochene Band (Taf. 2, 3—4) wurde<br />

in Furchen oder in Schnitte, Stiche und Punkte aufgelöst.'-') Ein gutes Kennzeichen<br />

der Nachahmung ist dies, daß im Norden der ornamentale Schmuck<br />

oft nahezu den ganzen Gefäßkörper bedeckt, denn damit ist der für die<br />

Dekoration wesentliche Gegensatz zwischen Schmuckfläche und Wandfläche<br />

aufgehoben. Es wurde auch die Struktur der Gefäße abgewandelt. Schon<br />

die Hinkelsteinware weist an ihrem kugelrunden Bauch etliche warzenförmige<br />

Ansätze oder kleine Henkelösen auf (Taf. 2, 3). Im Norden findet man irdene<br />

Kessel, bei denen die Henkelösen tief unten sitzen*") oder irdene Schüsseln,<br />

bei denen diese Henkelansätze zu kleinen Standfüßen umgebildet sind, auf<br />

denen das rundliche Gefäß nun zu stehen vermag.**) Eine andere Neuerung<br />

') In derselben sUdwestdeutschen Landschaft,<br />

wo die Hinkclsteinkcramik am besten<br />

bezeugt ist, folgte ihr die Spiralkeramik<br />

(Worms, Heidelberg. Hellbronn, Taf. 2, 1—2;<br />

AhV.5,389, 1229), die nicht selten Spuren von<br />

Bemalung zeigt (AhV.5,3Taf. 1,2— 6): dieser<br />

jüngere btil ist in Norddeutschland fast ohne<br />

Wirkung geblieben.<br />

») Arch. f. Anthropol. 35, 303. 304. 305<br />

(Flg. 8). AhV. 5,387, 1221.<br />

*) Götze, Verhandl. 1900, 237. Altertümer<br />

Thüringens S.XXIl. 16f. Taf. 4,55-61.<br />

Henne am Rhyn, Kulturgcsch. d. deutsch.<br />

Volkes 1», 8. Schlemm S. 473. AhV. 5, 23.<br />

101 f. 169 f. 390 f. Beitrage zur Geschichte,<br />

Landes- u. Volksk. d. Altmark 2, 316 ff.<br />

(Prachtstück ausLosse, Mus. Sal/wedcl). Prflhlstor.<br />

ZeUschr. 1, 46 ff. 351 ff. 2. 111 ff. —<br />

Der Rössener Typus wird jetzt auch als<br />

jüngere Hinkcistcincr Winkclbandkcramik bezeichnet;<br />

Arch. f. Anthropol. 35, 314 ff.; vgl.<br />

Zeitschr. f. Ethnolog. 1902, 259. 1908, 569.<br />

149 f.<br />

*) Vgl. z. B. Mainzer Zeitschr. 4, 90 f.<br />

') Korrespondenzbl. f. Anthropol. 1911,<br />

«) Prähistor. Zeitschr. 2, 46. 112; Fundstücke<br />

aus Hindenburg Im Fürst-Otto-Museum<br />

zu Wernigerode.<br />

') Verliandl. 1900, 240 ff. 251.<br />

") Süddeutsche Hleincntc haben sich mit<br />

norddeutschen amalgamiert (Verhandl. 1900,<br />

251 ff. Arcli. f. Anthropol. 35, 318).<br />

») Verhandl. 1900, 247 ff. (nebst Muster-<br />

kartc); der tiefe Furchenstich ist weiß inkrustiert<br />

worden (S. 248. Arcii. f. Anthropol.<br />

35, 316. Zeitschr. f. Kthnolog. 1906, 328). -<br />

Die Bogenlinic fciilt.<br />

•") Verliaiull. 1900, 244 Fig. 10. 11. AUertümer<br />

Thüringens Taf. 4 Fig. 59.<br />

") Arch. f. Anliiropol. 35, 314 Fig. 56.<br />

Schlemm S. 367. Jalircsschr. 8, 48 f. Beitrage<br />

zur Geschichte, Landes- u. Volksk. d.

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