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Deutsche Altertumskunde

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3. Die Urgermanen. B. Kulturverhältnisse. § 10. Gräber und Häuser. 83<br />

dessen Oberfläche zuweilen als Ornament napfartige Vertiefungen aufweist, i)<br />

Einer der Seitenblöcke ist niedriger als die andern, so daß an dieser Stelle<br />

eine Öffnung unter dem Deckstein freiblieb, durch den man in die Grabkammer<br />

gelangen konnte. An dieser Stelle ist eine primitive Türeinrichtung<br />

vorhanden und im Innern ist die einzellige Kammer manchmal durch flache<br />

Steine in mehrere Räume abgeteilt, 2) außerdem ist der Fußboden gepflastert<br />

und läßt eine Feuerstelle erkennen, so daß die ganze Anlage besser als<br />

„Grabhaus", denn als Grabkammer bezeichnet würde. Das Haus nähert<br />

sich in seiner ältesten Form dem Quadrat, ist aber nur etwa 1,5 Meter<br />

hoch und ebenso lang (bisweilen kürzer, bisweilen länger), etwa 1 Meter<br />

breit und so geräumig, daß es zwar mehrere Tote als Bewohner aufnehmen<br />

konnte, aber, da die Stuben meist nicht Mannslänge, besitzen, nur in<br />

Hockerstellung (z. B. an der Wand auf dem Boden sitzend^) oder wie der<br />

Lebende mit angezogenen Knien zum Schlafen niedergelegt).*)<br />

Skelettfunde sind in den verwüsteten Gräbern Norddeutschlands eine<br />

kostbare Seltenheit, 5) in größerer Anzahl aus Skandinavien bekannt. Die<br />

Schädel zeigen erhebliche Schwankungen in ihren Maßen, neigen aber ent-<br />

schieden zur Langköpfigkeit, die Knochenstücke ergeben Körpergrößen, die<br />

im Durchschnitt mit den heutigen sich decken (S. 64).c)<br />

Allerorten faßt der primitive Mensch den Tod als ein Aufhören der<br />

Körperbewegungen auf; was er mit dem bewegten Körper meint und wir<br />

„Seele" nennen, das setzt seine Existenz im Vert)orgenen fort. Daß es eine<br />

Welt der Lebenden und davon getrennt eine Welt der Toten gebe, ist<br />

ein Glaube, der zur Zeit der oberirdischen Megalithgräber noch nicht vorausgesetzt<br />

werden darf; aber der Aufwand, der mit diesen Grabanlagen und<br />

ihrer Austattung gemacht wurde, 7) floß vielleicht aus derselben Grundstimmung<br />

wie die Grabdenkmäler der Griechen: bnö xibv lavxov ixyovcov<br />

na^kwg xal jueya/^ojigejiöjg raq^fjvai.<br />

Das Haus steht frei auf dem Erdboden oder es ist an die Außenwände<br />

ein Hügel aus Erde und Steinen angeschüttet,») aber so, daß der Deck-<br />

') Mitteil. d.anthropol.Ver.l9 (191 l),20ff. d. Herz. Braunschweig 7, 4; Hockergrab von<br />

'*) Vgl. Aarb0ger 1910, 215ff. Hohenerxleben im Bernburger Mus.; von<br />

') Prähist. Zeitschr. 2, 349 f. Halberstadt (Sandgrube, Stadt. Mus.); von<br />

*) Dieser Ritus ist gemeineuropäisch und Calbe a. S. im Stadt. Mus. zu Magdeburg (mit<br />

bei unzivilisierten Völkern der andern Erd- guterhaltenen Skelettresten und Schädeln)<br />

teile heute noch beliebt: die Leiche wird in u. a.<br />

Hockerstellung zusammengeschnürt und ge- *) Vgl. z. B. Verhandl. 1900, 237; Arch.<br />

fesselt, um die Wiederkehr des Toten zu f. Anthropol.35, 258ff. 269. 276ff.; Prähistor.<br />

j<br />

1<br />

verhindern (Festschr. d. schles. Gesellsch. f.<br />

Volksk., 1911, S. 414 ff.). Ober- und Unter-<br />

Zeitschr.<br />

4, 36. 67.<br />

ß) J. Ranke, Der Mensch, 3. Aufl., Leipschenkel<br />

bilden einen so spitzen Winkel, daß zig 1911— 12. F. Sprater, Diss. München<br />

man eine Umschnürung voraussetzen muß; 1910. Arch. f. Anthropol. 1910,202. Verhandl.<br />

die rechte Hand scheint häufig wie im Schlaf 1892, 462. 550. Zeitschr. f. Ethnolog. 34, 159.<br />

den Kopf zu stützen, vgl. Bonn. Jahrb. 44, 2l7.MuCH,HeimatderIndogermanen''S.327ff.<br />

91. 86, 278; Dechelette, Manuel 1, 471 ff.; Schumann, Uckermark S. 102 ff. Prähistor.<br />

E.Meyer, Gesch. d. Altertums 1, 2, 736 f.; Zeitschr.2,78. Jahresschr.7,97f.;8,54f.,60f.,<br />

Schlemm S. 241 ff.; Verhandl. 1900, 237 f.; 72. 114. 209. Braunschw. Jahrb. 7, 19.<br />

Korrespondenzbl. f. Anthropol. 1900, 137 ff.; ') Vgl. z. B. Jahresschr. 1, 155 f. Erst in<br />

1907, 135; AhVorz. 5, 24; Schumann, Stein- den Muldengräbern (unterirdische Einzelzeitgräber<br />

der Uckermark Taf. 9—10; Jahres- gräber) ist die Bestattung dürftiger und die<br />

sehr. 1 Taf. 13 Fig. 3; Kunstdenkm. der Provinz Ausstattung spärlicher.<br />

Brandenburg 1,2, 67; Jahrb. d. Geschichtsver. ;<br />

^)<br />

got hlaiw ihlaiwasnos Qfäb&t), ur-<br />

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