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Toxikologie von Aldehyden, aromatischen Aminen und Azofarbstoffen

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<strong>Toxikologie</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Aldehyden</strong>, <strong>aromatischen</strong> <strong>Aminen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Azofarbstoffen</strong><br />

a.o. Univ.Prof. Dr. Wilfried Bursch<br />

Medizinische Universität Wien<br />

Klinik für Innere Medizin I<br />

Abtl. Institut für Krebsforschung<br />

FE Sicherheit <strong>von</strong> Chemikalien <strong>und</strong> Krebsprävention<br />

Tel. ++43-1-4277 65139<br />

e-mail: wilfried.bursch@meduniwien.ac.at<br />

1


Toxikologisch bedeutsame Aldehyde <strong>und</strong> Ketone<br />

Name Formel Verwendung MAK-Wert (2009)<br />

ml/m³ (ppm)<br />

Formaldehyd H 2 C=O Kunststoffe 0,3 (Kat. 4)<br />

Paraformaldehyd (H 2 C=O) n<br />

Desinfektion<br />

Acetaldehyd H 3 C-HC=O Synthesen <strong>von</strong> 50<br />

Essigsäure, Butadien<br />

Acrolein H 2 C=CH-HC=O Acryl-Kunststoffe -- (Kat.3B)<br />

Aceton H 3 C-CO-CH 3 Lösungsmittel 500<br />

2-Hexanon H 3 C-CO-(CH 2 ) 3 CH 3 Lösungsmittel 5<br />

2


Akute Wirkungen <strong>von</strong> Formaldehyd beim Menschen<br />

Schleimhäute:<br />

Reizung, Entzündung, Nekrosen<br />

Atemwege: akute <strong>und</strong> chronische Entzündung, Lungenödem<br />

orale Zufuhr:<br />

Haut:<br />

Brennen, Würgkrämpfe, Erstickung;<br />

blutiges Erbrechen;<br />

Nekrosen, Magenkontraktur, (⇒ chirurgische Resektion)<br />

Rausch, Benommenheit<br />

Albuminurie (Eiweiß im Harn), Anurie (Harnverhalten)<br />

Hirnödem (Flüssigkeitsaustritt aus den Blutgefäßen ins Gehirn)<br />

Tod (nach 10 – 30 g der 35%igen Lösung)<br />

Reizung, Nekrosen<br />

Sensibilisierung, Kontaktdermatitis<br />

3


Tägliche Formaldehyd-Exposition<br />

Quelle mg<br />

intern Intermediärstoffwechsel 58.000<br />

extern mit der Nahrung 560<br />

1 Orange 60<br />

1 Tasse Kaffee 30<br />

Atmung (0,2 ppm, 24 St<strong>und</strong>en) 5<br />

Natürlicher Gehalt <strong>von</strong> Formaldehyd in verschiedenen<br />

Geweben: 0,05 - 0,5 µmol/g<br />

Waddell, The Science of Toxicology and its Relevance to MCS. Reg Toxicol and Pharmacol 18, 13-22 (1993)<br />

4


Endogene Entstehung <strong>von</strong> Formaldehyd Beispiel:<br />

Metabolismus <strong>von</strong> Koffein<br />

H3C<br />

O<br />

N<br />

O<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4 5<br />

6<br />

N<br />

CH3<br />

CH3<br />

N<br />

7 8<br />

9<br />

N<br />

Koffein<br />

(1,3,7-Trimethylxanthin)<br />

H<br />

O<br />

N<br />

O<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4 5<br />

6<br />

N<br />

CH3<br />

CH3<br />

N<br />

7 8<br />

9<br />

CYP1A2<br />

-H 2 CO<br />

N<br />

Theobromin<br />

(1,7-Dimethylxanthin)<br />

H 3C<br />

O<br />

N<br />

O<br />

N<br />

H<br />

CH 3<br />

N<br />

N<br />

1,7-Dimethylxanthin<br />

(1,7DMX)<br />

CYP1A2<br />

-H 2 CO<br />

H3C<br />

O<br />

N<br />

O<br />

3<br />

2<br />

1<br />

4 5<br />

6<br />

N<br />

CH3<br />

H 3C<br />

H<br />

N<br />

O<br />

N<br />

O<br />

N<br />

H<br />

H<br />

N<br />

N<br />

1-Methylxanthin<br />

(1MX)<br />

7 8<br />

9<br />

N<br />

Theophyllin<br />

(1,3-Dimethylxanthin)<br />

5


Toxikokinetik <strong>und</strong><br />

Wahrscheinlichkeit<br />

der Schädigung<br />

durch Formaldehyd<br />

1<br />

Zellmembran<br />

2<br />

3<br />

Hemmung durch starke Irritation<br />

des Geruchsinnes<br />

4<br />

Hemmung der muco-ziliären<br />

Reinigungsmechanismen<br />

5<br />

Metabolismus <strong>und</strong> Abbau;<br />

Bindung an Makromoleküle<br />

Kernmembran<br />

6<br />

DNA-Protein<br />

Vernetzungen<br />

DNA-Reparatur<br />

6


HCHO<br />

+ GSH<br />

Was macht die Zelle mit Formaldehyd?<br />

+R1 NH2<br />

THF / ALDH<br />

T1/2 ungefähr 1,5 min<br />

O<br />

HO CH2 S G C S<br />

H<br />

R1 N C<br />

H<br />

HCOOH<br />

H + R2 NH2<br />

R1<br />

R2<br />

NH<br />

NH<br />

THF<br />

CH2<br />

G<br />

C 1-pool<br />

T1/2 ungefähr 1,5 min CO2<br />

Glutathion = GSH<br />

Proteinvernetzung Denaturierung, Zytotoxizität<br />

O<br />

O -<br />

C<br />

+ H3N<br />

C<br />

H<br />

O<br />

H<br />

N<br />

CH2<br />

SH<br />

eventuell<br />

Azidose<br />

γ-glutamyl-cysteinyl-glycin<br />

(ALDH= Aldehyddehydrogenase; THF=Tetrahydrofolsäure, C1-Überträger im Intermediärstoffwechsel)<br />

O<br />

H<br />

N<br />

H<br />

C<br />

O<br />

O -<br />

7


Protein-DNA-Quervernetzungen<br />

In der vorderen Nasenschleimhaut <strong>und</strong> in den Nasenhöhlen<br />

pmol H 2CO / mg DNA / St<strong>und</strong>e<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

(aus Heck et al. Crit.Rev.Tox. 20,397,1990)<br />

Ratte<br />

Rhesusaffe<br />

0 1 2 3 4 5 6<br />

H2CO (ml/m³ = ppm)<br />

8


Kanzerogenität <strong>von</strong> Formaldehyd: Inhalationsstudie<br />

% Ratten mit Tumoren<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0<br />

0/236 2/235<br />

103/232<br />

(Kerns et al. Cancer Res. 43,4382,1983)<br />

2 5,6 10 14,3 30 ppm<br />

Dosis-Wirkungs-Beziehung:<br />

nicht-linearer Verlauf ⇒ Schwellendosis existent<br />

9


Erhöhte Zellteilung im Riechepithel <strong>von</strong> Ratten bei<br />

Formaldehyd-Exposition<br />

% Zellen in DNA Synthese<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

(Swenberg et al. in: Clary, Formaldehyde, 1983)<br />

0 2 3 6 1012 30<br />

Formaldehydkonzentration (ppm = ml/m 3 )<br />

Cytotoxizität <strong>von</strong> FA führt zu Nekrosen<br />

Absterbendes Gewebe wird durch<br />

Regeneration ersetzt:<br />

DNA-Synthese, Mitosen, Zellteilung<br />

Proliferierende Zellen haben ein<br />

erhöhtes Risiko für<br />

- weitere Mutationen<br />

- für Wachstum <strong>von</strong> initiierte Zellen<br />

10


Epidemiologie <strong>von</strong> Formaldehyd<br />

• mehr als 25 Studien <strong>von</strong> verschiedener Qualität<br />

• im allgemeinen negativ oder fragwürdig<br />

• einige Tumoren außerhalb des Atemtrakts dokumentiert<br />

(z.B. lymphatisch/haematopoetisch; Gehirn; Colon; Haut; Nieren)<br />

aber: biologisch nicht plausibel<br />

• einige Studien bisher nicht schlüssig<br />

wegen Mehrfachexpositionen (Holzstäube, Metalldämpfe)<br />

Tabakrauchen nicht berücksichtigt.<br />

Jedoch Hinweise auf Tumoren des Atemtraktes (z.B.: Nase, Pharynx)<br />

Neuere Ergebnisse (5 <strong>von</strong> 7 Fall-Kontroll Studien) :<br />

Erhöhtes Risiko für Tumoren des Nasen-Rachenraumes<br />

(IARC 2004)<br />

11


Zusammenfassung: Kanzerogenität<br />

Tests auf Kanzerogenität Ergebnis<br />

Ratte +*<br />

Maus +<br />

Goldhamster -<br />

Mensch (epidemiol.) +<br />

(*nur bei hohen, toxischen Dosen: 14,3 ppm <strong>und</strong><br />

vorausgehenden, schweren Gewebeschäden)<br />

Tests auf Gentoxizität Ergebnis<br />

in vitro positiv<br />

in vivo negativ<br />

(IARC 2004):<br />

Tier: “sufficient” Mensch: “sufficient”<br />

12


Aromatische Amine <strong>und</strong> Azofarbstoffe<br />

13


Intoxikation mit Methämoglobinbildung<br />

Verschlucken <strong>von</strong> Fingernagellack<br />

Fallbericht:<br />

Ein 5 Monate altes Kleinkind wurde versehentlich <strong>von</strong> seinem<br />

6 J alten Geschwister mit ca 30 ml einer Fingernagellacklösung gefüttert.<br />

Das Produkt riecht stark <strong>und</strong> enthält Acrylester Monomere <strong>und</strong><br />

einen starken Methämoglobinbildner: N,N-Dimethyl-p-Toluidin<br />

H3C<br />

N<br />

Rasche Aufnahme in die Notfallambulanz:<br />

Symptome:<br />

Atemnot, sehr starkes Sabbern, Schreien<br />

Puls: 192 /Min<br />

Atmung: 40 /Min<br />

Blutdruck: 136/67 mm Hg<br />

Behandlung: Sauerstoffgabe<br />

Methämoglobin: Nach 1 St<strong>und</strong>e: 11% // nach 2 Tagen: 0,5%<br />

CH3<br />

CH3<br />

14


Toxizität <strong>von</strong> <strong>aromatischen</strong> <strong>Aminen</strong> <strong>und</strong> Nitroverbindungen<br />

Gluconat-6-P<br />

Glucose-6-P<br />

NADPH +<br />

NADP +<br />

Glucose-6-phosphatdehydrogenase<br />

Nitrobenzol<br />

Physiologische Reduktion des Methämoglobin zu Hämoglobin<br />

Diaphorase<br />

Anilin<br />

Hb Fe + 3 OH -<br />

Methämoglobin<br />

Hb Fe + 2<br />

NHOH<br />

Phenylhydroxylamin<br />

Oxidation<br />

Interaktion <strong>von</strong> <strong>aromatischen</strong> Aminoverbindungen <strong>und</strong><br />

Nitroverbindungen führt zur Methämoglobinbildung.<br />

NO2<br />

Reduktion<br />

NO<br />

NH2<br />

O 2<br />

15


Die Chemie des Haarfärbens (1)<br />

H 2 N<br />

NH<br />

C<br />

CH 3<br />

NH 2<br />

MAGENTA <strong>und</strong> CI BASIC RED 9<br />

.HCL<br />

(aus Reichl, Taschenatlas der <strong>Toxikologie</strong>, Thieme, 1997)<br />

16


Die Chemie des Haarfärbens (2)<br />

(aus Reichl, Taschenatlas der<br />

<strong>Toxikologie</strong>, Thieme, 1997)<br />

17


Warum sind einige Komponenten toxisch?<br />

Wichtige Kontaktallergene<br />

H 2N<br />

NH 2<br />

1,4-Diaminobenzol<br />

(p-Phenylendiamin, PPD)<br />

H 2C<br />

HC<br />

H2C<br />

OH<br />

OH<br />

O C CH 2 SH<br />

Thioglycolsäure-<br />

glycerylester<br />

Bei positivem Haut-Tests (Epikutan-Klebe-Test),<br />

allergische Reaktion auf PPD.<br />

Bei folgendem Hautkontakt auch nur mit Spuren<br />

kann sich ein Kontaktekzem entwickeln.<br />

Einige aromatische Amine sind stark sensibilisierend<br />

O<br />

18


Paraphenylendiamin, Verwendung<br />

PPD <strong>und</strong> verwandte Stoffe werden als dunkle Pigmente (schwarz,<br />

braun, blau) zum Färben <strong>von</strong> Haaren, Leder <strong>und</strong> Pelzen verwendet.<br />

Dies sind Permanentfarben,<br />

d.h. die Farbe wird durch die Haarwäsche nicht entfernt.<br />

PPD <strong>und</strong> verwandte Stoffe werden außerdem gebraucht<br />

bei der Herstellung bestimmter Erdölprodukte,<br />

in photographischen Entwicklern,<br />

in der Gummiindustrie,<br />

als Farbstoffe in bestimmten Druckfarben,<br />

bei der Herstellung <strong>von</strong> <strong>Azofarbstoffen</strong> <strong>und</strong><br />

als Laborreagens für bestimmte Blutanalysen.<br />

19


Paraphenylendiamin, Risikotätigkeiten<br />

Vor allem Friseure/innen (Haarfärben)<br />

Färber<br />

Kürschner<br />

Weitere mögliche Kontakte bei<br />

Photographen,<br />

Typographen,<br />

medizinischem Laborpersonal<br />

<strong>und</strong> in der Chemie.<br />

Viele Friseure führen vor der Färbung eine Anwendungsprobe<br />

mit dem Farbstoff hinter dem Ohr durch, um Allergien bei K<strong>und</strong>en<br />

zu erkennen.<br />

PPD wird zunehmend durch verwandte Substanzen ersetzt,<br />

die jedoch auch sensibilisieren können.<br />

20


Paraphenylendiamin <strong>und</strong> verwandte Substanzen<br />

Die folgenden Stoffe können senisbilisieren:<br />

H2N NH2<br />

H2N NH2 H2N NH2 p-Phenylendiamin<br />

CH3<br />

NO2<br />

p-Toluendiamin o-Nitro-p-Phenylendiamin<br />

Die folgenden Stoffe können Kreuzreaktionen hervorrufen:<br />

H 2N C<br />

OH<br />

O<br />

H 2N C<br />

p-Aminobenzoesäure p-Aminosalicylsäure<br />

OH<br />

OH<br />

O<br />

21


Kanzerogene aromatische Amine<br />

AROMATISCHE AMINE = ARYLAMINE<br />

Beim Menschen kanzerogen wirkende Substanzen:<br />

Zyklische Kohlenstoffketten (Ringsysteme) mit<br />

exozyklischen Aminogruppen<br />

Keine natürlichen Substanzen<br />

Häufigstes Vorkommen in der synthetischen Chemie für<br />

Farbstoff- <strong>und</strong> Arzneimittelherstellung<br />

22


Kanzerogene aromatische Amine: Historie<br />

Tumorigenität beim Menschen<br />

REHN (Betriebsarzt bei Badische Anilin <strong>und</strong> Sodafabrik, BASF)<br />

1895 <strong>und</strong> 1904: zuerst nur 3 Fälle eines seltenen Blasenkarzinoms<br />

Später Fallstudien <strong>von</strong> 23 Arbeitern mit Blasentumoren in der<br />

Farbstoffproduktion: Magenta (Fuchsinfarbstoff) <strong>und</strong> andere.<br />

Da Anilin der gemeinsame Ausgangsstoff war, vermutete REHN, dass<br />

die Ausscheidung über den Harn in irgendeiner Form für die<br />

Tumorbildung verantwortlich sei.<br />

Gleiche Beobachtungen in anderen Ländern.<br />

Aber: Reines Anilin ist nicht kanzerogen beim Menschen<br />

23


Harnblasenkanzerogenität <strong>von</strong> <strong>aromatischen</strong> <strong>Aminen</strong><br />

% Arbeiter mit Blasenkrebs Exposition<br />

100<br />

> 5 Jahre<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Expositionsdauer <strong>und</strong> Latenzzeit<br />

0<br />

0 5 10 15 20 25 30<br />

Latenzzeit (Jahre)<br />

4 Jahre<br />

2 Jahre<br />

< 1 Jahr<br />

24


Kanzerogene aromatische Amine: Substanzen<br />

Vorkommen:<br />

Tabakrauch Tabakrauch<br />

H2N<br />

NH2 NH 2<br />

NH2<br />

H3C CH3<br />

N<br />

2-Naphthylamin Benzidin 4-Aminobiphenyl N,N-Dimethylamino-<br />

azobenzol<br />

(Buttergelb)<br />

Harnblasenkrebsrisiko am Arbeitsplatz:<br />

200 55 > 200<br />

N<br />

N<br />

25


Verwendung <strong>von</strong> <strong>aromatischen</strong> <strong>Aminen</strong><br />

Ehemals auch Verwendung <strong>von</strong> Naphthylamin (1-NA<br />

<strong>und</strong> 2-NA), Benzidin <strong>und</strong> 4-Aminobiphenyl in der<br />

Gummiindustrie.<br />

1-NA <strong>und</strong> 2-NA als Vernetzungsmittel<br />

Benzidin zur Herstellung <strong>von</strong> Hochpolymeren <strong>und</strong> <strong>von</strong><br />

hitze- <strong>und</strong> lichtresistenten Fasern.<br />

BENZIDIN war auch Bestandteil analytischer Reagenzien.<br />

Es hat bei Krankenschwestern (Test auf okkultes Blut)<br />

zu Harnblasentumoren geführt.<br />

26


Kanzerogenität <strong>von</strong> <strong>aromatischen</strong> <strong>Aminen</strong><br />

Organ- <strong>und</strong> Speziesspezifität:<br />

Benzidin 2-Naphthylamin 2-Acetylaminofluoren<br />

Maus Leber Leber, Blase<br />

Ratte Leber Blase (schwach) Leber<br />

Kaninchen Blase (schwach)<br />

H<strong>und</strong> Blase (schwach)<br />

Mensch Blase (stark) Blase (stark)<br />

27


Toxizität <strong>von</strong> <strong>Azofarbstoffen</strong><br />

4-Dimethylaminoazobenzol<br />

ist im Tierversuch kanzerogen<br />

4'<br />

3' 2'<br />

5' 6'<br />

2 3<br />

N N N<br />

6 5<br />

wurde bis 1937 für das Färben <strong>von</strong> Margarine verwendet: „Buttergelb“<br />

Farbe für Autoschmierfett, Benzin, Schuhcreme<br />

Farbe in Haarpomaden<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

(alle noch 1962 in Verwendung)<br />

28


4'<br />

3' 2'<br />

5' 6'<br />

N N N<br />

4-dimethylaminoazobenzol<br />

(Buttergelb)<br />

1. N-Demethylierung<br />

H<br />

- C O<br />

H<br />

2 3<br />

6 5<br />

N N N<br />

2. N-Demethylierung<br />

H<br />

- C O<br />

H<br />

Metabolische Aktivierung <strong>von</strong><br />

N,N-Dimethylaminoazobenzol<br />

CYP<br />

CYP<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH3<br />

H<br />

N N NH 2<br />

Aminoxidase<br />

(Flavoprotein)<br />

N-Acetylierung<br />

4'<br />

3' 2'<br />

5' 6'<br />

N N N<br />

2 3<br />

N N N<br />

6 5<br />

CH 3<br />

OH<br />

CH3<br />

COCH3<br />

29


Toxizität <strong>von</strong> <strong>Azofarbstoffen</strong><br />

Es ist in der Regel die aromatische Amin Komponente,<br />

die bei <strong>Azofarbstoffen</strong> die Toxizität verursacht:<br />

Methämoglobinbildung<br />

Kanzerogenität<br />

30


Azofarbstoffe auf Basis <strong>von</strong> Benzidin<br />

NaO 3S<br />

H2N<br />

NH 2 OH<br />

N N N N<br />

SO 3Na<br />

Direkt Blau 6<br />

Direkt Schwarz 38<br />

N N N N<br />

Direkt Braun 95<br />

NaO3S<br />

HO<br />

OH<br />

NH 2<br />

NaOOC OH N N<br />

HO<br />

NH 2<br />

N N N N<br />

NaO3S<br />

NH2<br />

OH N N<br />

HO<br />

SO 3Na<br />

SO 3Na<br />

SO 3Na<br />

31


Gesetzliche Regelungen zur Einfuhr <strong>und</strong> zum<br />

Vertrieb <strong>von</strong> Textilien (BRD)<br />

Verbotene Azofarbstoffe<br />

Nach Anlage 1 Nr. 7 der Bedarfsgegenständeverordnung<br />

handelt es sich bei den verbotenen <strong>Azofarbstoffen</strong> um solche,<br />

die durch Aufspaltung einer oder mehrerer Azogruppen eines<br />

der nachfolgenden Amine bilden können.<br />

Ausgenommen sind Pigmente, bei denen nach der in Anlage 10<br />

Nr. 7 angegebenen Methode (aus der amtlichen Sammlung <strong>von</strong><br />

Untersuchungsverfahren nach § 35 LMBG B-82.02) keine der<br />

nachstehend angeführten Amine durch Spaltung einer oder<br />

mehrerer Azogruppen nachgewiesen werden können.<br />

(s. Ergänzungen)<br />

32


Verbotsliste <strong>von</strong> <strong>Azofarbstoffen</strong> für Textilien (BRD)<br />

Amin CAS-Nr. Amin CAS-Nr.<br />

4-Aminodiphenyl 92-67-1 3,3´-Dimethoxybenzidin 119-90-4<br />

Benzidin 92-87-5 3,3´-Dimethylbenzidin 119-93-7<br />

4-Chlor-o-toluidin 95-69-2 3,3´´-Dimethyl-4,4´-diamino<br />

diphenylmethan<br />

838-88-0<br />

2-Naphthylamin 91-59-8 p-Kresidin 120-71-8<br />

o-Aminoazotoluol 97-56-3 4,4´-Methylen-bis-(2-chlor 101-14-4<br />

anilin)<br />

2-Amino-4-nitrotoluol 99-55-8 4,4´-Oxydianilin 101-80-4<br />

p-Chloranilin 106-47-8 4,4´-Thiodianilin 139-65-1<br />

2,4-Diaminoanisol 615-05-4 o-Toluidin 95-53-4<br />

4,4´-Diaminodiphenylmethan 101-77-9 2,4-Toluylendiamin 95-80-7<br />

3,3´-Dichlorbenzidin 91-94-1 2,4,5-Trimethylanilin 137-17-7<br />

33


para-CHLORANILIN Vorstufe für Textilfarbstoffe<br />

<strong>und</strong> Pharmazeutika<br />

HC BLUE NO. 1 semi-permanentes<br />

Haarfärbemittel<br />

CI BASIC RED 9 Textil-, Druckerfarbe<br />

in Toilettartikeln, Seife<br />

Arzneimitteln<br />

Farbfotographie<br />

CI DIRECT BLUE 15<br />

Textil-, Papierfarbstoff,<br />

in Farbfilmmaterial<br />

Einige Farbstoffe <strong>und</strong> -komponenten<br />

Alle mit ausreichender Evidenz für Kanzerogenität im Tier:<br />

IARC Gruppe 2B<br />

NaO 3 S<br />

H 2 N OH<br />

N<br />

CH 3 O<br />

N<br />

SO 3 Na<br />

H<br />

H 3 C<br />

H 2 N<br />

Cl NH 2<br />

N<br />

NO 2<br />

OCH 3<br />

N N<br />

NH<br />

C<br />

NaO 3 S<br />

N<br />

CH 2 CH 2 OH<br />

CH 2 CH 2 OH<br />

HO<br />

CH 3<br />

NH 2<br />

NH 2<br />

.HCL<br />

SO 3 Na<br />

34


Strukturelle Voraussetzungen für Kanzerogenität (1)<br />

7<br />

6<br />

8<br />

5<br />

1<br />

4<br />

3<br />

2-Naphthylamin<br />

NH2<br />

NH 2<br />

2-Anthramin 4-Aminobiphenyl<br />

Naphthalen Anthracen Biphenyl<br />

NH 2<br />

1-Naphthylamin<br />

nicht kanzerogen<br />

H2N<br />

2<br />

Benzidin<br />

3<br />

4<br />

NH2<br />

NH2<br />

Ist als Druckrey‘s „Para-Regel“ bekannt geworden;<br />

gilt jedoch nicht immer streng.<br />

k<br />

a<br />

n<br />

z<br />

e<br />

r<br />

o<br />

g<br />

e<br />

n<br />

35


Strukturelle Voraussetzungen für Kanzerogenität (2)<br />

2-Fluorenamin<br />

NH2<br />

H 2N<br />

Fluoren Phenanthren<br />

N N NH2<br />

2-Phenanthrylamin 4-Aminoazobenzol<br />

N N<br />

Azobenzol<br />

36


Metabolische Aktivierung <strong>von</strong> 2-Naphthylamin<br />

2-Naphthylamin<br />

CYP 1A2 NADPH<br />

O2<br />

NH2<br />

N OH<br />

H<br />

N OH<br />

H<br />

NAT1<br />

NAT2<br />

Acetyl-CoA<br />

BLUT<br />

BLASE<br />

H<br />

N<br />

C CH3<br />

O<br />

Ausscheidung<br />

Langsame Acetylierer:<br />

wenig NAT2, geringere Entgiftung<br />

erhöhtes Harnblasenkrebsrisiko<br />

37


Metabolische Aktivierung <strong>von</strong> 2-Naphthylamin<br />

NAT1<br />

N OH<br />

H<br />

N O<br />

H<br />

BLUT<br />

C CH3<br />

O<br />

BLASENEPITHEL<br />

BLASE<br />

+ H+ + H2O<br />

CH3COO -<br />

DNA-Addukt<br />

N H<br />

N H<br />

H<br />

N<br />

dR<br />

N<br />

N<br />

O<br />

N<br />

N<br />

H<br />

NH2<br />

38

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