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Implikaturen

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3. IMPLIKATUREN<br />

Sprachpragmatik (Gergely Pethő), Universität Freiburg, 13. 01. 2005.<br />

I. Prinzip der Kooperation und Maximen der Konversation<br />

Kooperationsprinzip:<br />

Mach deinen Beitrag zur Konversation genau so, wie es der Punkt der Konversation,<br />

an dem er erfolgt, erfordert, wobei das, was erforderlich ist, bestimmt ist durch den<br />

Zweck oder die Richtung des Gesprächs, in dem du dich befindest.<br />

Konversationsmaximen:<br />

Quantität: Sag genau so viel wie für den Zweck des Gesprächs erforderlich!<br />

a) Sag nicht weniger, als erforderlich ist!<br />

b) Sag nicht mehr, als erforderlich ist!<br />

Qualität: Sag die Wahrheit!<br />

a) Sag nichts, von dem du glaubst, es ist falsch (im Sinne von „nicht wahr“).<br />

b) Sag nichts, wofür du keine ausreichenden Gründe/Beweise hast.<br />

Relevanz: Das, was du sagst, muss relevant sein, d.h. es muss in den<br />

Gesprächszusammenhang passen.<br />

Art und Weise (Modalität): Drück dich in einer klaren Art und Weise aus.<br />

a) Vermeide obskure Ausdrucksweise.<br />

b) Vermeide Doppeldeutigkeit.<br />

c) Fass dich kurz.<br />

d) Drück dich in einer geordneten Art und Weise aus. (= Verwende die richtige<br />

Reihenfolge.)<br />

Maximen sind keine Anleitungen für die Sprecher, wie man richtig kommuniziert. Sie<br />

sollen eher rekonstruieren, mit welchen Erwartungen die Hörer an die Interpretation<br />

einer Äußerung normalerweise herangehen. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt<br />

sind, wählen sie gegebenenfalls eine besondere Interpretationsstrategie. Die Sprecher<br />

wiederum nehmen an, dass die Hörer diese Maximen bei der Interpretation ihrer<br />

Äußerung berücksichtigen, und formulieren ihre Äußerung dementsprechend.<br />

II. Konversationelle <strong>Implikaturen</strong> und Maximen der Konversation<br />

(1) Anna: Und wie geht es Charlie in seinem neuen Job?<br />

Berta: Ach, bisher gut; im Gefängnis ist er noch nicht gelandet.<br />

<strong>Implikaturen</strong> sind nicht in der ........................................................................... des<br />

Satzes enthalten, sondern werden durch ....................................................... aufgrund<br />

des .................................... ermittelt.<br />

1


Zwei Ursachen, die die Berechnung einer Implikatur hervorrufen können:<br />

a) Kooperationsprinzip und Konversationsmaximen .............................<br />

.............................<br />

b) Kooperationsprinzip und Kooperationsmaximen werden offenbar<br />

.........................................<br />

Scheinbare Verletzungen der Maximen:<br />

1.<br />

(2) A: Der Fritz hat die alle total abgezockt!<br />

B: Geschäft ist Geschäft.<br />

2.<br />

(3) Ich finde es ja richtig herzig, dass Sie die heutige Chlorchemie mit einem<br />

Lagerfeuer vergleichen.<br />

3.<br />

(4) Journalist: Was halten Sie von den jüngsten Äußerungen von Ministerpräsident<br />

Fabius?<br />

Mitterand: Wie finden Sie La Morne Rouge? Ein schöner Ort, nicht wahr?<br />

4.<br />

(5) A: Binnen weniger Jahre will ein deutscher Hersteller die Stückzahlen mal eben<br />

von 600000 auf 1,2 Millionen erhöhen.<br />

B: Meinen Sie Daimler-Benz?<br />

A: Das haben Sie gesagt. Mein Punkt ist, wer soll die Autos kaufen?<br />

<strong>Implikaturen</strong>, die sich daraus ergeben, dass Maximen befolgt werden:<br />

1.<br />

(6) Einige Mädchen trugen einen Pferdeschwanz.<br />

+> Nicht alle Mädchen trugen einen Pferdeschwanz.<br />

Skalare <strong>Implikaturen</strong> (sog. Horn-Skalen)<br />

2.<br />

(7) Hans hat eine große Überraschungseier-Sammlung.<br />

+> Die Sprecherin glaubt, dass diese Aussage wahr ist und hat Gründe, das<br />

anzunehmen.<br />

3.<br />

(8) A: Mir ist gerade das Benzin ausgegangen.<br />

B: Gleich um die Ecke ist eine Tankstelle.<br />

+><br />

2


4.<br />

(9) Nastassja betrat den Laden und kaufte ein Paar Jeans.<br />

+> Sie kaufte die Jeans in dem Laden.<br />

(10) Nastassja betrat den Laden und dann kaufte sie dort ein Paar Jeans.<br />

III. Eigenschaften der konversationellen <strong>Implikaturen</strong><br />

1. Rekonstruierbarkeit<br />

2. Kontextabhängigkeit<br />

(11) Die Lage der Wirtschaft ist schon ernst. Die Regierung ist aber außerordentlich<br />

kompetent, wir haben also nichts zu befürchten.<br />

(12) A: Um die Subvention zu bekommen muss man mindestens zehn Kühe besitzen.<br />

Trifft das in Ihrem Fall zu?<br />

B: Ja, wir haben zehn Kühe.<br />

3. Streichbarkeit<br />

(13) Einige Mädchen trugen einen Pferdeschwanz, ja sogar alle.<br />

<strong>Implikaturen</strong> unterscheiden sich dadurch von logischen (semantischen) Implikationen<br />

(Entailments).<br />

Satz p impliziert Satz q (aus Satz p folgt logisch Satz q) bedeutet: falls p wahr ist, ist<br />

immer auch q wahr, und falls q falsch ist, kann p nicht wahr sein.<br />

Für die <strong>Implikaturen</strong> gilt das nicht, eine Äußerung p implikatiert eine Proposition q<br />

lediglich ..........................................................<br />

Konversationelle <strong>Implikaturen</strong> vs. Wahrheitsbedingungen<br />

Konversationelle <strong>Implikaturen</strong> werden nicht ........................................., sondern nur<br />

................................................... Deshalb gilt es nicht als eine Lüge, wenn sich eine<br />

Implikatur als falsch herausstellt, sondern lediglich als ..................................................<br />

der Hörer durch den Sprecher.<br />

Partikularisierte vs. generalisierte konversationelle <strong>Implikaturen</strong><br />

(14) Ich habe Herrn Schmitz mit einer Frau getroffen.<br />

3


IV. Konversationelle <strong>Implikaturen</strong> und wörtliche Bedeutung<br />

Bedeutungsminimalismus vs. Bedeutungsmaximalismus<br />

(15) Peter heiratete Anna, und Anna bekam ein Kind.<br />

Ist das zeitliche Verhältnis zwischen den Konjunkten ein Bestandteil der wörtlichen<br />

Bedeutung der Konjunktion und?<br />

(16) 2 mal 2 ist 4, und die Wurzel aus 4 ist 2.<br />

(17) Die Hauptstadt von Deutschland ist Berlin, und die Hauptstadt von Frankreich ist<br />

Paris.<br />

(18) Martha liest gern und Susanne spielt Fußball.<br />

Drei Bestandteile der Bedeutung von und: Konnexität, Konjunktivität, Sukzessivität<br />

Problem: welche sind Bestandteile der ............................................................ und<br />

welche bloß .........................................................?<br />

(19) 2 mal 2 ist 4, und die Wurzel aus 4 ist 2.<br />

(20) Peter heiratete Anna und Anna bekam ein Kind. Doch weiß ich nicht, in welcher<br />

Reihenfolge das geschah.<br />

(21) Peter heiratete Anna. Anna bekam ein Kind.<br />

(22) Anna ist in der Küche, sie möchte Krapfen backen.<br />

(23) Peter heiratete Anna, und Anna bekam ein Kind; der Gesamtsatz ist wahr, doch<br />

einer der Teilsätze ist falsch.<br />

(24) Franz spielt Fußball und Arno schnarcht.<br />

(25) Franz spielt Fußball aber Arno schnarcht.<br />

Konventionelle vs. konversationelle <strong>Implikaturen</strong><br />

Problem für die Pragmatik: um zu bestimmen, was das Gesagte ist (d.h. was die<br />

Wahrheitsbedingungen sind), sind pragmatische Schlussprozesse notwendig.<br />

(26) Ich habe noch nichts gegessen.<br />

(27) Stahl ist nicht stark genug.<br />

4


V. Aufgaben<br />

1. „Ein Kapitän und sein Maat haben seit längerem Streit miteinander. Der Maat<br />

spricht gern dem Rum zu, und der Kapitän will dies nicht länger dulden. Als der Mann<br />

wieder mal besoffen ist, trägt der Kapitän ins Logbuch ein: Heute, 11. Oktober, der<br />

Maat ist betrunken. Als der Maat während seiner nächsten Wache diese Eintragung<br />

liest, wird er erst wütend, dann überlegt er kurz, schließlich trägt er ins Logbuch ein:<br />

Heute, 14. Oktober, der Kapitän ist nicht betrunken.“<br />

Erläutern Sie, worin der Witz an dieser Geschichte besteht, und beziehen Sie sich<br />

dabei auf die Gricesche <strong>Implikaturen</strong>theorie.<br />

2. Beobachtung: Zwischen Sätzen mit definitem und indefinitem Artikel bestehen<br />

Implikationsbeziehungen:<br />

[Gestern war ich im Zoo.] Ich fütterte den Elefanten.<br />

⇒ Ich fütterte einen Elefanten.<br />

Wir können deshalb eine Horn-Skala 〈der, ein〉 annehmen.<br />

Ich fütterte einen Elefanten.<br />

+><br />

Zeigen Sie, dass es sich bei dieser Proposition um eine konversationelle Implikatur<br />

handelt.<br />

3. Erläutern Sie jeweils kurz die mit folgenden Äußerungen verbundenen<br />

<strong>Implikaturen</strong>. (Beachtung/Verletzung welcher Maximen; welcher <strong>Implikaturen</strong>typ?)<br />

(a) Von den Zehntausend Antifaschisten, die es in Nazideutschland gegeben haben<br />

mag, lebten allein acht Millionen in der DDR.<br />

(b) Ich glaube, die haben den Platz gesucht und gesucht und nicht gefunden.<br />

(c) A: Sind sie verheiratet?<br />

B: Sie sind verlobt.<br />

(d) A: Was ist denn mit dem Roastbeef passiert?<br />

B: Der Hund sieht sehr zufrieden aus.<br />

(e) A: Wo wohnt Maria? Ich will sie gerne besuchen.<br />

B: Irgendwo in Südfrankreich.<br />

(f) Das Wasser ist nicht heiß.<br />

(g) A: Fahren Sie einen Mercedes?<br />

B: Ja, ich fahre einen Mercedes SLK.<br />

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