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3. Verpflichtung zur Übernahme Die Mitglieder von CEN und CENELEC (in Deutschland DIN und DKE) sind nach diesem neuen Konzept verpflichtet, eine europäische Norm sowohl hinsichtlich des Sachinhaltes als auch der Gestaltung unverändert als nationale Norm zu übernehmen und widersprechende nationale Normen zurückzuziehen. Damit ist sichergestellt, dass insbesondere für die sicherheitstechnischen Aspekte der Produkte europäisch einheitliche Anforderungen in der EG und EFTA bestehen. 4. Konformitätsvermutung Der Hersteller kann davon ausgehen, dass bei korrekter Anwendung harmonisierter Normen von den Behörden vermutet wird, dass die grundlegenden Sicherheitsanforderungen der entsprechenden EG-Richtlinie erfüllt sind und dass der freie Warenverkehr im Gebiet der europäischen Union nicht behindert wird. Es ist aber zu beachten, dass nicht alle europäischen Normen als harmonisierte Normen gelten, die eine Vermutungswirkung auslösen. 5. Voraussetzung für Konformitätsvermutung Damit die Vermutungswirkung einer EN gilt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Die EN muss im Amtsblatt der EG als harmonisierte Norm gelistet sein und mindestens ein Mitgliedstaat muss die Norm in sein nationales Normenwerk übernommen haben. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Fundstellen der harmonisierten Normen bekannt zu machen. Abb. 2: Europäische Normen mit und ohne Vermutungswirkung 6. Normenanwendung ist freiwillig Die Anwendung der europäischen Normen bleibt freiwillig. Der Hersteller kann auch von den Normen abweichen. In diesem Fall liegt aber die Beweislast für die Einhaltung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen bei ihm. Grundwissen Normung Erarbeiten einer europäischen Norm Das Initiieren einer europäischen Norm erfolgt entweder durch eine nationale Normungsorganisation oder – zur Konkretisierung von EG-Richtlinien – durch die europäische Kommission mittels eines Normungsmandates. Wenn ausreichend viele nationale Normungsorganisationen zur Mitarbeit bereit sind und Mittel für die Sekretariatsführung zur Verfügung stehen, wird im CEN unter der Federführung eines technischen Komitees (TC) die Arbeit in einer bestehenden Arbeitsgruppe (WG) dieses TC begonnen oder an eine neue Arbeitsgruppe von Experten vergeben. In der Arbeitsgruppe wird ein Entwurf der Norm unter der Leitung eines Convenors erarbeitet. Dabei wird die Arbeit der Arbeitsgruppe und ihres Convenors von einer der nationalen Normungsorganisationen unterstützt. Das Sekretariat des Technischen Komitees wird ebenfalls von einer der nationalen Normungsorganisationen übernommen. Wenn die Arbeitsgruppe einen europäischen Norm-Entwurf (prEN) erarbeitet hat, wird die öffentliche Umfrage eingeleitet. Dann haben die nationalen Normungsorganisationen fünf Monate Zeit, eine nationale Stellungnahme zu erarbeiten und abzugeben. In Deutschland wird dazu ein DIN-EN-Entwurf in deutscher Sprache veröffentlicht, zu dem innerhalb einer Frist von etwa acht Wochen jedermann gegenüber dem DIN Stellung nehmen kann. Als Vorlage zur Stellungnahme sollte die Einspruchstabelle des DIN verwendet werden. Konkrete Formulierungsvorschläge sollen möglichst zusätzlich auch in englischer Sprache eingereicht werden. Das nationale Spiegelgremium berät in einer Einspruchssitzung über die eingegangenen Stellungnahmen, wobei die Einsprechenden die Gelegenheit erhalten, ihre Position zu erläutern. Anschließend gibt das Spiegelgremium die zusammengefasste nationale Stellungnahme ab. Bei mandatierten Norm-Entwürfen werden zusätzlich auf europäischer Ebene die Empfehlungen von Consultants eingeholt. Deren Aufgabe ist es zu überprüfen, ob die grundlegenden Anforderungen der EG-Richtlinien durch den Normentwurf erfüllt werden. Auf Basis der eingegangenen Stellungnahmen verfasst die Arbeitsgruppe den Schlussentwurf. Die nationalen Normungsorganisationen entscheiden anschließend in einer gewichteten Schlussabstimmung, bei der keine inhaltlichen Änderungen mehr möglich sind, über die Annahme des Schlussentwurfs der europäischen Norm (EN). Zur Annahme muss der Entwurf mindestens 71 Prozent der gewichteten Stimmen erhalten. Die Ratifizierung einer Norm erfolgt automatisch einen Monat nach dem positiven Endergebnis der Schlussabstimmung. Nach der Ratifizierung muss eine europäische Norm von den Normenorganisationen der Mitgliedsstaaten als nationale Norm übernommen werden. Abweichende nationale Normen müssen die Staaten zurückziehen. 8 ADÜ Nord · Infoblatt 4/2008
Bei mandatierten Normen beantragen die europäischen Normungsorganisationen bei der europäischen Kommission die Veröffentlichung der Fundstelle der EN im Amtsblatt der EU. Spätestens nach fünf Jahren überprüfen die Normungsorganisationen, ob eine Revision einer EN erforderlich ist. Dies erfolgt meist durch eine Abfrage in den nationalen Spiegelgremien. A-, B- und C-Normen Um dem Erfordernis nach grundlegenden Sicherheitsanforderungen nachzukommen, sind für die EG-Richtlinien in erster Linie Maschinensicherheitsnormen notwendig. Zur Vermeidung von Wiederholungen in den Normen sowie zur Vereinfachung von Querverweisen definierten CEN und CENELEC drei Normentypen der Sicherheitstechnik. Diese Definition ermöglicht eine hierarchische Gliederung der harmonisierten Normen der Sicherheitstechnik und ist in der EN 414 festgelegt. Die EN unterscheidet drei Normentypen: Typ-A-Normen = Sicherheitsgrundnormen Typ-B-Normen = Sicherheitsfachgrundnormen Typ-C-Normen =Maschinensicherheitsnormen Abb. 3: Normenhierarchie nach EN 414 Typ-A-Norm = Sicherheitsgrundnorm Eine Typ-A-Norm ist eine Norm, die Grundbegriffe, Gestaltungsleitsätze und allgemeine Aspekte enthält und die für alle Maschinen, Geräte und Anlagen angewandt werden kann. Beispiele: EN ISO 12100-1 und -2, Sicherheit von Maschinen - Grundbegriffe, allgemeine Gestaltungsleitsätze Teil 1 Grundsätzliche Terminologie, Methodik Teil 2 Technische Leitsätze und Spezifikationen Typ-B-Norm = Sicherheitsfachgrundnorm Eine Typ-B-Norm ist eine Norm, die einen Sicherheitsaspekt oder eine Art von Schutzeinrichtung behandelt und für eine Reihe verschiedener Maschinen, Geräte und Anlagen verwendet werden kann. Grundwissen Normung Unterschieden werden hier Typ B1- und B2-Normen: Eine Typ-B1-Norm behandelt bestimmte Sicherheitsaspekte, zum Beispiel Sicherheitsabstände, Oberflächentemperatur und Geräusch. Eine Typ-B2-Norm behandelt Schutzeinrichtungen, zum Beispiel Zweihandschaltungen, Verriegelungen, Kontaktmatten und trennende Schutzeinrichtungen. Beispiele: EN 294 Sicherheitsabstände gegen das Erreichen der Gefahrenstellen EN 349 Mindestabstände zur Vermeidung des Quetschens EN 574 Zweihandschaltungen Typ-C-Norm = Maschinensicherheitsnorm Eine Typ-C-Norm ist eine Norm, die detaillierte Sicherheitsanforderungen für eine bestimmte Maschine oder Gruppe von Maschinen behandelt. Typ C-Normen sollen alle für eine Maschinenart oder eine Gruppe von Maschinen signifikanten Gefährdungen in einer Norm behandeln durch Verweis auf Typ B-Normen oder andere Typ C-Normen Festlegung spezifischer Sicherheitsanforderungen Zielvorgaben ohne konstruktive Einzelheiten Aus der Sicht der Hersteller kommt den C-Normen die größte Bedeutung zu. Beispiele: EN 201 Spritzgießmaschinen EN 422 Blasformmaschinen EN 692 Mechanische Pressen EN 775 Industrieroboter EN 12417 Bearbeitungszentren EN 12478 Drehmaschinen und Drehzentren Harmonisierte Normen finden Die Mitgliedstaaten der europäischen Union haben nach dem neuen Konzept von 1985 die Aufgabe, die Fundstellen nationaler Normen, die harmonisierte Normen umsetzen, zu veröffentlichen. Bei Produkten, die nach diesen Normen gestaltetet sind, sollen die Behörden davon ausgehen, dass die Produkte den grundlegenden Anforderungen der betreffenden Richtlinien entsprechen – Konformitätsvermutung. Diese Normentitel sind wie folgt zu finden: im Amtsblatt der EU oder auf den Seiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Unter www.newapproach.org finden Sie jeweils zu den einzelnen EG-Richtlinien die Seiten des Amtsblatts der EU mit entsprechender Auflistung der harmonisierten Normen. Unter www.baua.de veröffentlicht die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Normenlisten geordnet nach den Verordnungen zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz. ADÜ Nord · Infoblatt 4/2008 9
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