Infoblatt - ADÜ Nord
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Grundwissen Normung<br />
Von Deutschland nach Europa<br />
Immer wieder sehen sich auch Übersetzer mit Normen verschiedener Institutionen konfrontiert. Um das Verständnis für den<br />
Umgang mit Normen zu vereinfachen, drucken wir seit dem letzten <strong>Infoblatt</strong> (3/2008 vom Juni) eine Artikelreihe unter dem<br />
Schlagwort »Grundwissen Normen« aus den tekom nachrichten 05/07 bis 02/08 nach, die wesentliche Aspekte der Normung<br />
vorstellt. Autor Carl-Heinz Gabriel (carl-heinz.gabriel@t-online.de), Dipl.-Ing. der Fachrichtung Elektrotechnik, ist<br />
ausgewiesener Fachmann für Normen. Er hat für die tekom die DIN 2345, den ISO Guide 37, den IEEE 1063, die<br />
DIN EN 62079 sowie die VDI-Richtlinie 4500 mitgestaltet. Im tekom-Gesamtvorstand war er lange Jahre für das Ressort<br />
»Gesetze, Normen, Richtlinien« verantwortlich. Der Nachdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors, der<br />
tekom und des Verlags Schmidt-Römhild in Lübeck.<br />
Normen spielen eine zentrale Rolle für die Gestaltung<br />
und Sicherheit von Produkten. Europäische Normen sind<br />
ein unverzichtbares Instrument zur Umsetzung der Anforderungen<br />
von EG-Richtlinien und dienen dazu, die Ziele<br />
des europäischen Binnenmarktes zu verwirklichen.<br />
Ende 1988 lagen 20.500 DIN-Normen mit einem<br />
Gesamtvolumen von 110.000 Druckseiten vor. Die Normenwerke<br />
von Briten und Franzosen hatten etwa den<br />
gleichen Umfang. Durch die zunehmenden internationalen<br />
Handelsbeziehungen entwickelten sich die unterschiedlichen<br />
nationalen Normen zu Hemmnissen. Das<br />
Bestreben der Nationen zum Vereinheitlichen von Normen<br />
auf europäischer und internationaler Ebene wuchs.<br />
Die europäische Gemeinschaft hatte in der "Einheitlichen<br />
europäischen Akte" festgelegt, bis zum 31. Dezember<br />
1992 den europäischen Binnenmarkt schrittweise zu verwirklichen.<br />
Neues Konzept – New Approach<br />
Als die europäischen Staaten 1985 feststellten, dass sich<br />
die ursprüngliche Absicht, die Rechtsvorschriften im Einzelnen<br />
zu harmonisieren, nicht rechtzeitig verwirklichen<br />
ließ, entstand ein neues Vorhaben: New Approach. Die<br />
Grundlagen dazu wurden in der Ratsentschließung vom<br />
7. Mai 1985 über ein neues Konzept auf dem Gebiet der<br />
technischen Harmonisierung und der Normung getroffen<br />
und im Amtsblatt der europäischen Gemeinschaften,<br />
ABI. EG, 1985, Nr. C 136/01 veröffentlicht.<br />
Das neue Konzept stützt sich auf folgende Grundprinzipien:<br />
1. Beschränkung der EG-Richtlinien auf grundlegende<br />
Sicherheitsanforderungen<br />
2. Konkretisierung der EG-Richtlinien durch harmonisierte<br />
Normen<br />
3. Verpflichtung zur Übernahme<br />
4. Konformitätsvermutung<br />
5. Voraussetzung für die Konformitätsvermutung<br />
6. Normenanwendung ist freiwillig<br />
Die folgenden Abschnitte erläutern diese Prinzipien.<br />
1. Beschränkung auf Sicherheitsanforderungen<br />
Die Harmonisierung der Rechtsvorschriften beschränkt<br />
sich auf die Festlegung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen.<br />
Die neue Richtlinienpolitik für das<br />
Angleichen technischer Rechts- und Verwaltungsvorschriften<br />
sieht vor, dass in den EG-Richtlinien nur noch<br />
grundlegende Anforderungen (Sicherheitsziele oder<br />
andere Anforderungen im Interesse des Gemeinwohls)<br />
verbindlich festgelegt werden. Zu technischen Einzelheiten<br />
wird auf die harmonisierten europäischen Normen<br />
verwiesen.<br />
2. Konkretisierung durch harmonisierte<br />
Normen<br />
Den europäischen Normungsorganisationen<br />
CEN (Comité Européen de Normalisation),<br />
CENELEC (Comité Européen de Normalisation Electrotechnique)<br />
ETSI (European Telecommunications Standards<br />
Institut)<br />
wird vom Rat der europäischen Gemeinschaften die Aufgabe<br />
übertragen, europäische Normen (EN) zu erstellen,<br />
die die nötigen technischen Festlegungen enthalten, bei<br />
deren Befolgung die Erzeugnisse den grundlegenden<br />
Sicherheitsanforderungen entsprechen. Durch harmonisierte<br />
europäische Normen werden die grundlegenden<br />
Sicherheitsanforderungen der EG-Richtlinien näher konkretisiert.<br />
Abb. 1: Der Zusammenhang von europäischem Recht<br />
und europäischen Normen<br />
<strong>ADÜ</strong> <strong>Nord</strong> · <strong>Infoblatt</strong> 4/2008 7