Schlussbericht - FILME SEHEN LERNEN - Diagonale 2008
Schlussbericht - FILME SEHEN LERNEN - Diagonale 2008
Schlussbericht - FILME SEHEN LERNEN - Diagonale 2008
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<strong>FILME</strong> <strong>SEHEN</strong> <strong>LERNEN</strong><br />
Plattform Medienbildung und -vermittlung<br />
Kommentare des Rapporteurs Peter Menasse zu den Präsentationen und Diskussionen<br />
am 3. und 4. April <strong>2008</strong> im Kunsthaus Graz, space 04<br />
Dieser Bericht wurde am 5. April <strong>2008</strong> als Einstieg zur Diskussionsrunde mit dem Titel<br />
2 + 2 = 4<br />
Schreiben, rechnen, lesen, <strong>SEHEN</strong><br />
mit Kunstministerin Dr. Claudia Schmied verlesen.<br />
Es wurden an den beiden Tagen drei Fragenkomplexe behandelt:<br />
1.) Soll es ein eigenes Fach Medienbildung geben? Sollen LehrerInnen aller<br />
Schulfächer in ihrer Ausbildung eine Basiskompetenz in Medienbildung erwerben?<br />
Soll es beide Modelle nebeneinander geben?<br />
Der Bericht dazu:<br />
Viele DiskutantInnen stellen die Forderung nach einer Dualität von eigenem Fach und<br />
Schlüsselkompetenz für LehrerInnen aller Fächer.<br />
Susanne Krucsay vom bm:ukk fordert eine echte Ausbildung für LehrerInnen, eine<br />
Fortbildung allein ist zu wenig.<br />
<strong>Diagonale</strong>-Intendantin Birgit Flos will Medienbildung als allgemein verpflichtende<br />
'Grundausstattung' für zukünftige LehrerInnen, Spezialisierungen in Fächerkombinationen<br />
(Prüfungsfächer etc.), also eine Neustrukturierung der LehrerInnenausbildung in diesem<br />
Sinn.<br />
Anu Pöskyö von wienXtra – Medienzentrum Wien spricht sich dagegen aus, den Film<br />
allein in den Lehrplänen zu verankern, sondern es sollten alle Medien in diesem Fach<br />
eingebunden sein. Es komme sonst zu einer Konkurrenz der Mediendisziplinen<br />
untereinander. Es solle die Möglichkeit geben, sich ausnahmslos mit allen Medien<br />
auseinanderzusetzen.<br />
Stefan Krammer, Institut für Germanistik an der Universität Wien, betont, dass<br />
Medienvermittlung früh beginnen und sich über die gesamte Schulkarriere ziehen muss.<br />
Auch das ist also in der Ausbildung der LehrerInnen zu berücksichtigen.<br />
Er zeigt auch auf, dass es an den verschiedenen Universitäten auch je eigene Interessen<br />
gibt, es aber wichtig wäre, dass alle an einem Strang ziehen. Daher müsste sich die Seite<br />
der LehrerInnen bei der Konzeption von Ausbildungen im universitären Bereich stark<br />
einbringen.<br />
Claudia Preschl, Vizerektorin Universität für Musik und darstellende Kunst weist darauf<br />
hin, dass LehramtskandidatInnen bereits heute schwer gefordert sind. Wenn Neues in die<br />
universitäre Ausbildung integriert werden soll, muss auch entrümpelt werden.<br />
Mehrere DiskutantInnen zeigen auf, dass die Kombination von Bildung und Kunst/Kultur in<br />
einem Ministerium eine große Chance darstellt. Es gibt also viel Hoffnung in den Reihen<br />
derer, die vorgestern und gestern mehrmals als die „Heldinnen und Helden“ der<br />
Filmvermittlung bezeichnet wurden, weil sie frau- und mannhaft gegen alle Widerstände<br />
für diesen Bereich arbeiten.
2.) Wie lässt sich Filmvermittlung, die vielfach außerhalb der Schule stattfindet und<br />
stattfinden muss, in den Schulalltag integrieren?<br />
Der Bericht dazu:<br />
Wir haben viele Inputs von engagierten LehrerInnen zum Inhalt einer neuen Ausbildung<br />
gehört, die nicht alle hier berichtet werden können. Vor allem, weil wir aus<br />
zeitökonomischen Gründen die Inhalte der Ausbildung heute nicht auch noch diskutieren<br />
können, sondern uns auf die Besprechung der Rahmenbedingungen beschränken<br />
müssen.<br />
Anu Pöyskö zeigt, wie wichtig das Selbermachen, das Selber-Produzieren ist. Denn die<br />
Reflexion über die eigene Produktionserfahrung verdeutlicht Schülern die Gemachtheit der<br />
Medien.<br />
Weiters bietet die Präsentation von erarbeitetem Material Lernchancen. Wie bei allen<br />
Formen der Kommunikation erleben die SchülerInnen auch bei den bewegten Bildern,<br />
dass ihre Inhalte und Positionen bei den Betrachtern ganz anders ankommen. Das ist eine<br />
schmerzhafte, aber eine wichtige Lernerfahrung.<br />
Und eigene Produktionserfahrungen verändern auch die Haltung gegenüber Medien auf<br />
grundlegende Weise.<br />
Es gab jedoch eine ganze Reihe von Aussagen dazu, wie starr das Schulsystem sei und<br />
wie hinderlich für Projektarbeit und außerschulische Aktivitäten, wie etwa Kinobesuche.<br />
Im Alltag der LehrerInnen sind Projekttage sehr schwierig durchzuführen. Man muss die<br />
Pläne der anderen LehrerInnen berücksichtigen. Auch der eigene Regelunterricht in<br />
anderen Klassen entfällt. So stößt man bald an die Grenzen des Systems.<br />
Eine Teilnehmerin zitiert aus der Schulveranstaltungs-Verordnung aus 1995 über<br />
ergänzende Module zum Unterricht. Dort seien viele Bereiche exemplarisch aufgezählt,<br />
nicht aber das Kino.<br />
Wenn eine LehrerIn ins Kunsthistorische Museum gehen will, wird sie dafür gelobt, will sie<br />
am Vormittag eine Kinoaufführung besuchen, heißt es, SchülerInnen könnten ja auch in<br />
der Freizeit ins Kino gehen. Das zum Stellenwert von Kino in manchen Schulen. Susanne<br />
Krucsay wendet zwar ein, dass der Medienerlass ausdrücklich Film gleichstellt. Aber<br />
scheinbar nicht in der Praxis.<br />
Martin Seibt, Aktion Film Salzburg meinte, eigentlich müsste man, auch wenn das utopisch<br />
klingen mag, eine Verordnung fordern, die allen Direktoren aufträgt, Medienprojekte an<br />
ihren Schulen zuzulassen.<br />
Christian Holzmann, Lehrer aus Wien, merkt dazu an, man könne als Lehrer nichts mit<br />
Leidenschaft vorantreiben, ohne jemanden weh zu tun. Er gehe aus der Schule, dem Ort<br />
des strukturierten Alltags, einfach hinaus und lasse sich nicht beirren.<br />
Ein wichtiger Punkt der Diskussion befasst sich mit dem Umstand, dass LehrerInnen<br />
vielfach nicht alles wissen, was für Filmvermittlung notwendig ist.<br />
Martina Lassacher, Internationales Kinderfestival Wien, meint daher auch, dass<br />
Medienbildung nur funktionieren kann, wenn Erwachsene ihre Scheu vor Filmen und der<br />
Arbeit mit ihnen verlieren. Sie hätten ja schließlich auch nirgendwo gelernt, wie man damit<br />
umgeht.
Martin Seibt meint in ähnlicher Richtung, dass es unerlässlich sei, dass LehrerInnen in<br />
Projekten neue Medien einsetzen. Er sieht eine Möglichkeit, technische und inhaltliche<br />
Kompetenzen an die SchülerInnen abzutreten. Die LehrerInnen müssen dann nicht selbst<br />
über alle Wissensressourcen verfügen, sondern nehmen die Rolle von Prozess-<br />
Verantwortlichen ein.<br />
Lisa Stürgkh, Schülerin aus Wien meint ebenfalls, dass Unterricht zu Film, die<br />
Medienkompetenz der SchülerInnen mit einbeziehen soll. Jugendliche gewinnen<br />
Eindrücke, die den LehrerInnen verborgen bleiben, oder sie haben eine andere<br />
Perspektive, sind nicht in Klischees der Erwachsenen verfangen. „Für sie ist die weiße<br />
Taube nicht notwendigerweise ein Symbol für Frieden.“ Jedenfalls weckt die Begeisterung<br />
für Film auch ganz allgemein die Bereitschaft zu Begeisterung über das Fach hinaus. Aber<br />
Stürgkh warnt davor, alle SchülerInnen zu Filmunterricht zu verpflichten. Manche<br />
interessieren sich eben mehr für andere Fächer und das sollte man auch zulassen.<br />
3.) Wie kann eine Vernetzung der Konzepte und Materialien funktionieren? Müssen<br />
durchgängig neue Konzepte und Materialien geschaffen werden, oder ist es<br />
sinnvoller, vorhandene Initiativen, nach Evaluierung und eventueller Adaption so zu<br />
bündeln, dass sie allen LehrerInnen zugänglich sind?<br />
Der Bericht dazu:<br />
Es zeigte sich in den vielen Diskussionen und Präsentationen, dass es sehr viele<br />
autonome, engagierte Projekte gibt. Man war sich einig, dass nicht Konkurrenz sondern<br />
Vernetzung angesagt ist.<br />
Birgit Flos fordert ein, dass im Vorfeld von Entscheidungen eine „Plattform für<br />
Medienbildung“ vorbereitende Schritte setzt. Zitat: „Vernetzung bestehender Initiativen und<br />
Erfahrungsaustausch unter professionell 'Betroffenen' sowie Bildung eines<br />
interdisziplinären Think Tanks als Interessensvertretung, Lobby, VerhandlungspartnerIn<br />
für weitere kulturpolitische Schritte zur Verwirklichung im Sinne der Implementierung von<br />
Medienkompetenz/Medienbildung/Filmvermittlung.<br />
ExpertInnen aus unterschiedlichen Bereichen sollen ihre Visionen vergleichen und die<br />
Komplexität des neuen Lehrinhaltes/'Fachs' sowie möglicher Unterrichtsmodelle zunächst<br />
in vollem Umfang zulassen, bevor Einschränkungen und Reduzierungen, aus welchen<br />
unterrichtsökonomischen oder sonstigen zweckrationalen Erwägungen auch immer,<br />
notwendige Entwicklungen behindern.“<br />
Margareta Petermandl, Lehrerin aus Graz gab uns ihre Wunschliste mit auf den Weg.<br />
Darin wünscht sie sich unter anderem einen leichteren Zugang zu Fort- und Weiterbildung,<br />
ein professionelleres Angebot an Materialien, mehr Chancen für Projektarbeit und<br />
Budgetmittel um ExpertInnen an die Schule zu holen.<br />
Es zeigt sich auch in Wortmeldungen Anderer, dass viele LehrerInnen an Projekten zur<br />
Medienbildung arbeiten und dass umgekehrt viele Institutionen Hilfe anbieten.<br />
Das reicht vom Filmmuseum über Kino macht Schule, Kinderfilmfestivals, oder auch die<br />
Kooperation der <strong>Diagonale</strong> mit Schulen bis hin zu einer Plattform, die kommentierte Filme<br />
sammelt, damit sie LehrerInnen im Unterricht verwenden können oder das Internet-<br />
Angebot im mediamanual, das unter anderem die Chance bietet, sich weiterzubilden. Und<br />
das sind nur Ausschnitte aus dem während der Fachtagung gegebenen Informationen.