Material - Barbara Doser - Diagonale 2008

Material - Barbara Doser - Diagonale 2008 Material - Barbara Doser - Diagonale 2008

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#0 41 BARBARA DOSER evolverevolve 01 AT 2008, mini DV, Farbe, 10 Minuten created circular course AT 1994, Beta SP, Schwarzweiß, 4 Minuten, Sound: Hofstetter Kurt frame framer AT 1995/2008, Beta SP, Schwarzweiß, 5 Minuten, Sound: Hofstetter Kurt, Norbert Math don´t piss down my back and tell me it´s raining Barbara Doser, AT 2002, Beta SP, Schwarzweiß, 11 Minuten image[s] ... loss AT 2003, Beta SP, Schwarzweiß, 6 Minuten even odd even AT 2004, Beta SP, Schwarzweiß, 8 Minuten Musik Hofstetter Kurt, arrangiert von Barbara Doser evolverevolve Y02 AT 2008, Beta SP, Farbe,10 Minuten PARALLEL MEDIA (Barbara Doser und Hofstetter Kurt) crossover AT 1995, Beta SP, Farbe, 7 Minuten runtime one AT 2001, Beta SP, Schwarzweiß, 5 Minuten You breathe life into my bosom. Oleander AT 2005, Beta SP, Schwarzweiß,10 Minuten dream’sdreams AT 2007, Beta SP, Schwarzweiß,13 Minuten ORDER-RE-ORDER AT 2006, Beta SP, Schwarzweiß, 7 Minuten zart A AT 2008, Beta SP, Schwarzweiß, 9 Minuten DIAGONALE materialien Eine Spirale mit Zeit- und Mediensprüngen: konstantbild VERSUS bewegtbild VERSUS standbild TextRegie Barbara Doser konstante malerei 1 VERSUS malerei mit zeit 2 Walter Ruttmann (1919/20): „(…) das »Tempo« unserer Zeit (…)Der Blick, der in geistigen Dingen immer mehr auf die Betrachtung eines zeitlichen Geschehens gedrängt wird, weiß mit den starren, reduzierten zeitlosen Formeln der Malerei nichts mehr anzufangen. Es will nicht mehr gelingen, die auf einen Moment zurückgeführte, durch einen »fruchtbaren« Moment symbolisierte Lebendigkeit eines Bildes als tatsächliches Leben zu empfinden. (…) Wo ist die Rettung? (…) »Malerei mit Zeit« (…) Eine Kunst für das Auge, die sich von der Malerei dadurch unterscheidet, daß sie sich zeitlich abspielt (wie Musik), und dass der Schwerpunkt des Künstlerischen nicht (wie im Bild) in der Reduktion eines (realen oder formalen) Vorgangs auf einen Moment liegt, sondern gerade in der zeitlichen Entwicklung des Formalen. Da diese Kunst sich zeitlich abwickelt, ist eines ihrer wichtigsten Elemente der Zeit-Rhythmus des optischen Geschehens. Es wird sich deshalb ein ganz neuer, bisher nur latent vorhandener Typus von Künstler herausstellen, der etwa in der Mitte von Malerei und Musik steht. Die Art des optischen Geschehens wird natürlich ganz von der Persönlichkeit des Künstlers abhängen. (…) Die Technik der Vorführung ist die der Kinematographie (…) Seit fast zehn Jahren bin ich von der Notwendigkeit dieser Kunst überzeugt. Erst jetzt bin ich der technischen Schwierigkeiten Herr geworden, die sich der Ausführung entgegenstellten, und heute weiß ich, daß die neue Kunst sein und leben wird – denn sie ist wurzelfestes Gewächs und nicht Konstruktion.“ 2 Barbara Doser (BD): 1918 schließt Walter Ruttmann sein malerisches Werk ab und bringt 1921 seinen ersten Film Lichtspiel Opus I in Berlin öffentlich zur Aufführung. Er gilt als erster „Absolute Film“ der Filmgeschichte. Ruttmann zeigt Formen und Farben, die er mittels einer von ihm entwickelten Apparatur animiert hat. 3 malerei mit zeit 2 VERSUS video feedback BD: Seit 1993 beschäftige ich mich mit Video Feedback, einer Technologie, die seit den 1960er Jahren existiert und a priori eine gegenstandslose Bewegtbildsprache mit sich bringt. Mit dem Terminus Video Feedback sind autogenerative dynamische Form- und Strukturbildungsprozesse beschrieben, die durch 1

#0 41<br />

BARBARA DOSER<br />

evolverevolve 01<br />

AT <strong>2008</strong>, mini DV, Farbe, 10 Minuten<br />

created circular course<br />

AT 1994, Beta SP, Schwarzweiß, 4 Minuten,<br />

Sound: Hofstetter Kurt<br />

frame framer<br />

AT 1995/<strong>2008</strong>, Beta SP, Schwarzweiß, 5 Minuten, Sound: Hofstetter<br />

Kurt, Norbert Math<br />

don´t piss down my back and tell me<br />

it´s raining<br />

<strong>Barbara</strong> <strong>Doser</strong>, AT 2002, Beta SP, Schwarzweiß, 11 Minuten<br />

image[s] ... loss<br />

AT 2003, Beta SP, Schwarzweiß, 6 Minuten<br />

even odd even<br />

AT 2004, Beta SP, Schwarzweiß, 8 Minuten Musik Hofstetter<br />

Kurt, arrangiert von <strong>Barbara</strong> <strong>Doser</strong><br />

evolverevolve Y02<br />

AT <strong>2008</strong>, Beta SP, Farbe,10 Minuten<br />

PARALLEL MEDIA<br />

(<strong>Barbara</strong> <strong>Doser</strong> und Hofstetter Kurt)<br />

crossover<br />

AT 1995, Beta SP, Farbe, 7 Minuten<br />

runtime one<br />

AT 2001, Beta SP, Schwarzweiß, 5 Minuten<br />

You breathe life into my bosom. Oleander<br />

AT 2005, Beta SP, Schwarzweiß,10 Minuten<br />

dream’sdreams<br />

AT 2007, Beta SP, Schwarzweiß,13 Minuten<br />

ORDER-RE-ORDER<br />

AT 2006, Beta SP, Schwarzweiß, 7 Minuten<br />

zart A<br />

AT <strong>2008</strong>, Beta SP, Schwarzweiß, 9 Minuten<br />

DIAGONALE<br />

materialien<br />

Eine Spirale mit Zeit- und Mediensprüngen:<br />

konstantbild VERSUS<br />

bewegtbild VERSUS standbild<br />

TextRegie <strong>Barbara</strong> <strong>Doser</strong><br />

konstante malerei 1 VERSUS malerei mit zeit 2<br />

Walter Ruttmann (1919/20):<br />

„(…) das »Tempo« unserer Zeit (…)Der Blick, der in geistigen Dingen<br />

immer mehr auf die Betrachtung eines zeitlichen Geschehens<br />

gedrängt wird, weiß mit den starren, reduzierten zeitlosen<br />

Formeln der Malerei nichts mehr anzufangen. Es will nicht mehr<br />

gelingen, die auf einen Moment zurückgeführte, durch einen<br />

»fruchtbaren« Moment symbolisierte Lebendigkeit eines Bildes<br />

als tatsächliches Leben zu empfinden. (…) Wo ist die Rettung?<br />

(…) »Malerei mit Zeit« (…) Eine Kunst für das Auge, die sich von<br />

der Malerei dadurch unterscheidet, daß sie sich zeitlich abspielt<br />

(wie Musik), und dass der Schwerpunkt des Künstlerischen nicht<br />

(wie im Bild) in der Reduktion eines (realen oder formalen) Vorgangs<br />

auf einen Moment liegt, sondern gerade in der zeitlichen<br />

Entwicklung des Formalen. Da diese Kunst sich zeitlich abwickelt,<br />

ist eines ihrer wichtigsten Elemente der Zeit-Rhythmus des<br />

optischen Geschehens. Es wird sich deshalb ein ganz neuer, bisher<br />

nur latent vorhandener Typus von Künstler herausstellen, der<br />

etwa in der Mitte von Malerei und Musik steht. Die Art des optischen<br />

Geschehens wird natürlich ganz von der Persönlichkeit des<br />

Künstlers abhängen. (…) Die Technik der Vorführung ist die der<br />

Kinematographie (…) Seit fast zehn Jahren bin ich von der Notwendigkeit<br />

dieser Kunst überzeugt. Erst jetzt bin ich der technischen<br />

Schwierigkeiten Herr geworden, die sich der Ausführung<br />

entgegenstellten, und heute weiß ich, daß die neue Kunst sein<br />

und leben wird – denn sie ist wurzelfestes Gewächs und nicht<br />

Konstruktion.“ 2<br />

<strong>Barbara</strong> <strong>Doser</strong> (BD): 1918 schließt Walter Ruttmann sein malerisches<br />

Werk ab und bringt 1921 seinen ersten Film Lichtspiel<br />

Opus I in Berlin öffentlich zur Aufführung. Er gilt als erster „Absolute<br />

Film“ der Filmgeschichte. Ruttmann zeigt Formen und Farben,<br />

die er mittels einer von ihm entwickelten Apparatur animiert hat. 3<br />

malerei mit zeit 2 VERSUS video feedback<br />

BD: Seit 1993 beschäftige ich mich mit Video Feedback, einer<br />

Technologie, die seit den 1960er Jahren existiert und a priori eine<br />

gegenstandslose Bewegtbildsprache mit sich bringt.<br />

Mit dem Terminus Video Feedback sind autogenerative dynamische<br />

Form- und Strukturbildungsprozesse beschrieben, die durch<br />

1


<strong>Barbara</strong> <strong>Doser</strong>, geboren 1961 in Innsbruck, AT, lebt in Wien und arbeitet<br />

in den Bereichen Videokunst, Malerei und Print.<br />

Hofstetter Kurt, geboren 1959 in Linz, AT, lebt in Wien und arbeitet in<br />

den Bereichen Konzept-, Medien- und Videokunst.<br />

Die Arbeit beider ist international präsent in Ausstellungen und Events,<br />

Festivals für Film, Video und neue Medien. Hofstetter Kurt außerdem:<br />

permanente und temporäre Medienkunstinstallationen im öffentlichen<br />

und virtuellen Raum international.<br />

Bewegung – Zeit – Gleichzeitigkeit<br />

von Wolf Guenter Thiel<br />

<strong>Barbara</strong> <strong>Doser</strong> bezeichnet ihre Videos als „Experimental Art<br />

Videos“. Diese Bezeichnung weist auf die Verbindung zwischen<br />

dem aus der Filmgeschichte besetzten Begriff des „Experimentalfilms“<br />

und dem aus der bildenden Kunst gebräuchlichen<br />

Begriff „Video Art“. Die Wahl dieser Begrifflichkeit deutet auf ihr<br />

Selbstverständnis als Künstlerin. Die Videos werden bewusst im<br />

Umfeld des Experimentalfilms zur Aufführung gebracht. Sie lässt<br />

also Vergleiche zum Experimentalfilm nicht nur zu, sondern zeigt<br />

ihre Videos in den Programmen von Filmfestivals, um sie einem<br />

möglichst großen internationalen Publikum zugänglich zu<br />

machen.<br />

Der Begriff des Experimentalfilms umfasst ein Filmgenre, das<br />

sich abseits der Konventionen des Mediums und der Sehgewohnheiten<br />

des Publikums positioniert. Es steht in der Tradition<br />

des Avantgardefilms. Er verweigert sich den üblichen Vermarktungsmechanismen<br />

und legt keinen Wert auf Allgemeinverständlichkeit.<br />

Sein Anspruch ist der, jede gängige Konvention hinter<br />

sich zu lassen und eine weitestgehend autonome Bildsprache zu<br />

entwickeln. Anders als in den Genres des klassischen Films,<br />

erzählt er meist keine Geschichte und stellt oftmals kein chronologisches<br />

Ablaufgeschehen vor. Die vorhandenen Erzählstrukturen<br />

sind nicht vordergründig und verweigern sich dem schnellen<br />

Konsum, wie ihn die Medienlandschaft in Film- und Fernsehen<br />

vorsieht.<br />

Seit den späten 60er Jahren entwickelt sich die „Video Art“<br />

oder „Video Installation“ zu einem mittlerweile klassischen<br />

Kunstgenre. Der Begriff bezieht sich darauf, dass die Künstler<br />

mit Videotechnik arbeiten, also Videos im Rahmen einer Videoinstallation<br />

oder in Form einer Videoskulptur präsentieren. 1963<br />

veränderte der Koreaner Nam June Paik in der Wuppertaler<br />

Galerie Parnass echte Fernsehbilder mit Hilfe starker Magneten<br />

so sehr, dass die Fernsehbilder zu gegenstandslosen Formen<br />

mutierten. Paik und andere wurden zu Wegbereitern der Videokunst.<br />

Künstler begannen zunehmend längere Videoproduktionen<br />

unter künstlerischen Aspekten zu produzieren, um sie in<br />

Form von Installationen zu inszenieren. Durch die Verbreitung<br />

digitaler Bild- und Bildbearbeitungstechniken hat sich das Genre<br />

in den letzten 10 Jahren sehr stark entwickelt. Einhergehend<br />

hiermit hat sich der Grad der Akzeptanz von Videokunst im<br />

musealen und kommerziellen Ausstellungszusammenhang<br />

DIAGONALE<br />

materialien<br />

erheblich gesteigert. Videokunst wird zumeist in kleinen Editionen<br />

zu teilweise exorbitanten Preisen durch Galerien angeboten<br />

und an private und öffentliche Kunstsammlungen verkauft. Die<br />

Nähe der Videokunst zum Experimentalfilm wiederum, führte<br />

ebenfalls zu einer zunehmenden Akzeptanz des Experimentalfilms<br />

im musealen oder kommerziellen Kunstumfeld; das Publikum<br />

erweiterte sich um eine große Anzahl von Kunstinteressierten,<br />

Besuchern von Galerien und Museen.<br />

Indem <strong>Barbara</strong> <strong>Doser</strong> den Begriff „experimental“ benutzt, spielt<br />

sie darauf an, dass ihre Videos Resultate gezielt durchgeführter<br />

Experimente sind. Experimente, die sich aus der Arbeit mit<br />

Video-Feedback ergeben und die sie sehr gezielt im Sinne ihrer<br />

Bild- und Videovorstellung einsetzt. Sie versteht sich vor allem<br />

als Künstlerin und nicht als Filmemacherin. Es ist nicht das<br />

Video als Medium, weil sie Videos produzieren will, sondern es<br />

ist das Video als zwingendes Ausdrucksmittel eines künstlerisch<br />

in Augenschein genommenen und bearbeiteten Phänomens.<br />

Es entsteht ein Bild ohne Abbildungscharakter. Losgelöst von<br />

Gegenständlichkeit wird eine„neue Realität“ deutlich, in der einzig<br />

das Kunstobjekt per se zu existieren scheint.<br />

Mitte der 20er Jahre wurde vom niederländischen Architekten<br />

Theo van Doesburg der Begriff der „Konkreten Kunst“ geprägt.<br />

Dieser bezeichnet eine Kunstform, die keinerlei symbolische<br />

Bedeutung und keine Naturvorbilder hat. Sie geht von einer<br />

Wahrheit und Wirklichkeit der Grundelemente aus, der Linie,<br />

Fläche und Farbe in ihrer ursprünglichsten Form. Für <strong>Doser</strong> geht<br />

es sprichwörtlich noch weiter, da der Entstehungsprozess kein<br />

Abstraktionsprozess ist, sondern die gelenkte Dokumentation<br />

einer visuell existenten Bilderscheinung. Es ist weder eine äußerliche<br />

Anlehnung an Naturerscheinungen noch Resultat eines<br />

Transformationsprozesses, sondern ein existentes Phänomen,<br />

das die Künstlerin gestaltend dokumentiert.<br />

In der Einleitung der ersten Nummer von De Stijl maß Theo van<br />

Doesburg den theoretischen Betrachtungen als Erklärung und<br />

Ergänzung zur künstlerischen Leistung größte Bedeutung bei.<br />

Darin ist ein Grundzug eines neuen Verständnisses vom Künstler<br />

zu sehen, der in seiner primär geistigen Tätigkeit dem Forscher<br />

nahe steht. Vor allem die in den ersten Jahren des Stijl laufend<br />

publizierte Kunsttheorie Piet Mondrians hat diese Idee konsolidiert<br />

und fassbar gemacht. Es ging in erster Linie um die Reinheit<br />

der Form und die Reinheit der Farbe, in der das «Universelle»,<br />

Gesetzmäßige gegenüber dem Zufälligen, Willkürlichen, «Individuellen»<br />

zum Ausdruck gebracht werden sollte. In diesem theoretischen<br />

Feld bewegten sich auch die deutschen Künstler Walther<br />

Ruttmann, Hans Richter und der schwedische Künstler Viking<br />

Eggeling. Alle drei suchten, von der Malerei kommend, nach<br />

neuen Strukturmodellen für ihre Kunst. Anfang der 20er Jahre<br />

arbeitete Richter an so genannten Filmpartituren. Auf der Suche<br />

nach Analogien zur Musik versuchten die drei die zeitliche<br />

Dimension in ihr Werk zu integrieren. Ein gangbarer Weg schien<br />

ihnen das Medium des Films zu sein. Der Film war fähig, nicht<br />

nur Farbe und Form, sondern auch Rhythmus und Bewegung zu<br />

transportieren. 1<br />

3

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