Serendipity
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<strong>Serendipity</strong><br />
(Responsive Architektur für Montfort Werbung, Klaus)<br />
Einleitung<br />
Es geht um Kommunikation<br />
„Man kann nicht nicht kommunizieren“ formulierte der Verhaltenspsychologe Paul Watzlawick.<br />
Watzlawick begründet die Feststellung wie folgt: „Man kann sich nicht nicht verhalten. Wenn man also<br />
akzeptiert, dass alles Verhalten in einer zwischenpersönlichen Situation Mitteilungscharakter hat, d.h.<br />
Kommunikation ist, so folgt daraus, dass man, wie immer man es auch versuchen mag, nicht nicht<br />
kommunizieren kann. Handeln oder nicht Handeln, Worte oder Schweigen haben alle<br />
Mitteilungscharakter: Sie beeinflussen einander und diese anderen können ihrerseits nicht nicht auf<br />
diese Kommunikationen reagieren und kommunizieren dadurch selbst.“ 1<br />
Was hat das nun mit Architektur zu tun? Paul Watzlawick will als Verhaltenspsychologe das menschliche<br />
Verhalten verstehen. Ich, als Architekt, will das menschliche Verhalten in Verbindung zur Architektur<br />
verstehen. Nun denke ich, dass es sich mit der Architektur gleich verhält, wie es Anfangs von Watzlawick<br />
festgestellt wurde. Architektur kann nicht nicht kommunizieren. Die Architektur beeinflusst die Benutzer,<br />
die ihrerseits nicht nicht auf die Kommunikation reagieren und sich entsprechend verhalten. Das<br />
Verhalten der Benutzer, ihre Reaktion auf die Architektur ist selbst wieder Kommunikation.<br />
Diesmal aber mit der Einschränkung, und hier findet sich der entscheidende Unterschied, dass die<br />
Architektur nicht auf das Verhalten des Benutzers reagiert. Die Architektur antwortet (noch) nicht.<br />
Unser (fiktive) Bauherr, die Montfort Werbung in Klaus (Vlbg.), arbeitet ebenfalls im Bereich der<br />
Kommunikation, genauer gesagt im Bereich der massenmedialen Kommunikation. Dabei verwenden sie<br />
Medien unterschiedlichster Art. Vom klassischen Bild und Text bis hin zur Homepage oder<br />
Messeständen werden alle möglichen Medien eingesetzt um mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren.<br />
Das man im Bereich der Werbung von einer möglichen Einflussnahme auf das Verhalten des Benutzers<br />
ausgeht ist allseits bekannt, das die „Medien“ nicht auf dieses Verhalten (direkt) reagieren, vergleichbar<br />
mit der Architektur, stimmt so jedoch nicht (mehr). Über den Einsatz responsiver (antwortender)<br />
Systeme, auf die wir im Laufe der Veranstaltung noch genauer eingehen werde, ist es mittlerweile<br />
möglich geworden, auch aktive, eben antwortende Medien einzusetzen.<br />
Die Frage, die wir uns hier stellen, lautet nun: was bewirkt eine Erweiterung der Architektur durch<br />
responsive Systeme? Kann es eine Architektur geben, die auf das Verhalten des Benutzers reagiert und<br />
welche Vorteile hätte der Benutzer dadurch, bzw. welchen Vorteil hat die Werbeagentur Montfort<br />
Werbung mit einem responsiven Bürogebäude?<br />
1 Watzlawick, P/Beavin,J.H/Jackson, D.D: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien, 3. Auflage,<br />
Bern/Stuttgart/Wien 1972, S. 58-61
<strong>Serendipity</strong><br />
Wer nicht sucht, der findet!<br />
Eine der schwersten Fragen die sich mit der Auseinandersetzung von responsiver Architektur stellt ist die<br />
des tatsächlichen Nutzens. Welchen Vorteil hat der Benutzer einer responsiven Architektur. Ein Begriff,<br />
der uns bei dieser Fragestellung helfen soll ist der Begriff „<strong>Serendipity</strong>“. <strong>Serendipity</strong> bedeutet gerade,<br />
dass auf der Suche nach einer ganz anderen Sache per Zufall eine neue Entdeckung gemacht wird.<br />
Ursprünglich stammt der Begriff von dem englischen Autor Horace Walpole, weshalb das Wort<br />
"serendipity" vor allem im englischen Sprachraum geläufig ist. Das Wort leitet sich dabei von<br />
"Serendip", einem alten Namen für Sri Lanka, ab. Dieser taucht nämlich in einem überlieferten<br />
persischen Märchen von Amir Khusrau - "Die drei Prinzen von Serendip" - auf. Das Märchen beschreibt<br />
die Reise der drei klugen Prinzen, die auf ihrem Weg durch Zufall verschiedene Spuren bemerken und<br />
die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Dadurch können sie dem vorbeikommenden Kameltreiber genau<br />
sagen, welche Eigenschaften sein entlaufenes Kamel, das die Spuren hinterlassen hat, besitzt und<br />
werden deshalb prompt verdächtigt, es gestohlen zu haben. 2<br />
Eine responsive Architektur kann eine Umgebung<br />
präsentieren, die sich ändert, in der man Dinge<br />
oder Möglichkeiten findet, ohne sie zu suchen.<br />
So können sich Funktionen innerhalb einer<br />
responsiven Architektur erst durch deren<br />
Gebrauch entwickeln. Vorraussetzung dafür ist<br />
jedoch eine funktionierende Kommunikation<br />
zwischen der Architektur und dem Benutzer. Die<br />
Architektur wird hier immer mehr zur Maschine.<br />
Einer responsiven Maschine, die auf den<br />
Benutzer reagiert.<br />
An dieser Stelle muss ich nun einen weiteren Begriff einwerfen, den der Kybernetik. Die Kybernetik ist<br />
die Wissenschaft von der Funktion komplexer Systeme, insbesondere der Kommunikation und<br />
Steuerung einer Rückkopplung (englisch feedback) bzw. eines Regelkreises 3 . In unserem Fall geht es um<br />
der Kommunikation und Steuerung der Architektur/Benutzer Beziehung. Einer der bedeutendsten<br />
Kybernetiker für uns Architekten ist vermutlich Gordon Pask, der vor 40 Jahren bereits für eine<br />
Ausstellung eine Installation anfertigte die den Namen „Colloquy of Mobiles“ trug. Der Name der<br />
Ausstellung, die genau vor 40 Jahren in London lief, war Cybernetic <strong>Serendipity</strong>.<br />
Die responsive Architektur ist also keine neue Erfindung. Beispiele, Ansätze Konzepte finden sich zur<br />
Genüge. Warum sich die responsive Architektur nicht durchgesetzt hat, welche Chancen sie uns bietet<br />
werden wir im kommenden Jahr ausführlich erörten.<br />
2 Wikipedia<br />
3 Wikipedia
Methodik & Milestones<br />
Im folgenden Jahr steht natürlich das Bürogebäude der Montfort Werbung im Vordergrund. Am Ende<br />
der beiden Semester sollte ein Gebäude präsentiert werden das sich dem Thema <strong>Serendipity</strong> und<br />
responsiver Architektur widmet. Beginnen werden wir aber mit einem erweiterten Blick auf das<br />
Themengebiet. Im ersten Abschnitt dieses Entwerfens werden wir uns mittels Experimenten und<br />
Recherchearbeiten dem Thema nähern. Beides, sowohl die Recherchearbeit als auch die Experimente<br />
dienen als Grundlage für den eigentlichen Entwurf, der im Sommersemester bearbeitet wird.<br />
1. Abschnitt (Wintersemester)<br />
Seminararbeit<br />
Das Feld der responsiven Architektur ist groß. Innerhalb einer schriftlichen Arbeit werden aktuelle wie<br />
geschichtlich interessante Architekturprojekte/konzepte gesammelt und analysiert. Dadurch wird der<br />
eigene Schwerpunkt innerhalb des Entwerfens geschärft, Problemstellungen erarbeitet und mögliche<br />
Methoden konzipiert. Der ca. 25 Seiten lange Text sollte sich neben den Architekturprojekten zumindest<br />
mit einem Thema, das für die responsive Architektur von Bedeutung ist, beschäftigen. Abgabe der<br />
Arbeit ist am Ende des Wintersemesters.<br />
Architektur und Medien<br />
In einer eigenen Lehrveranstaltung, Architektur und Medien, die von Heinz Machat geleitet wird, wird<br />
speziell auf das Thema Kommunikation und Medien innerhalb der Architektur eingegangen. Eine<br />
Teilnahme an dieser Veranstaltung gilt als Voraussetzung für das Entwerfen 4/5.<br />
Experimente<br />
Begleitend zur der Seminararbeit wird „experimentiert“. Ein jeder von euch sollte ein responsives System<br />
konzipieren. Gewisse Grundkenntnisse im Umgang mit Computern und Programmen wie<br />
Jitter,MAX/MSP, Eyesweb oder anderer Echtzeitsteuerungen sind hier von Vorteil, aber nicht zwingend<br />
notwendig.(In einem Semester kommt man auch mit den Tutorials recht weit) Zudem bietet uns die Fa.<br />
Beckhoff, führend im Bereich der Gebäudeautomation, sowohl Hardware als auch Software plus einem<br />
Crashkurs im Programmieren ihrer Software an. Der Weg zu einer responsiven Umgebung ist steinig. Die<br />
wichtigste Vorraussetzungen sind vor allem Motivation und ein hohes Maß an Ausdauer.<br />
Vorträge<br />
Im ersten der beiden Semester werden mehrere Vorträge für euch organisiert. Neben hausinternen<br />
Vorträgen, werden Michael Wihart (UCL, Bartlett, London),Nimish Biloria (Hyperbody, TU Delft) und<br />
Rüdi Baur (integral, Paris, Zürich, Berlin) nach Innsbruck kommen und für euch sprechen.
Exkursion(en)<br />
Bis jetzt geplant: BMW-Museum, München<br />
2. Abschnitt (Sommersemester)<br />
Im zweiten Abschnitt steht der Entwurf des Bürogebäudes für die Montfort Werbung im<br />
Vordergrund. An einem der aktuellen Standorte der Montfort Werbung, welche sich von Shanghai<br />
über Klaus in Vorarlberg bis nach Chicago erstrecken, soll ein neues Büro(gebäude) geplant werden<br />
Die Experimente und die schriftliche Arbeit (Analyse) dienen selbstverständlich als Grundlage für den<br />
Entwurf und das Konzept.<br />
Terminplan:<br />
Beginn: Donnerstag 09.10.2008 9:00 am Studio 2<br />
Termine Wintersemester (können sich noch inhaltlich leicht ändern):<br />
Jeden Donnerstag ab 9:00<br />
1. Einführung 09.10.2008, 9:00<br />
2. Semiotik und responsive Umgebungen 16.10.2008, 9:00<br />
3. Exkursion München 23.10.2008, 7:00<br />
4. Semiotik, Zirkulierende Sprache 30.10.2008, 9:00<br />
5. Activismus 06.11.2008, 9:00<br />
6. Hyperbodys 13.11.2008, 9:00<br />
7. Cybernetic 20.11.2008, 9:00<br />
8. remote prosthetics 27.11.2008, 9:00<br />
9. Bionik 04.12.2008, 9:00<br />
10. Evolutionsstrategie 11.12.2008, 9:00<br />
11. Selbstorganisierende Systeme 18.12.2008, 9:00<br />
Termine im Jänner ohne VL, immer Donnerstags ab 9:00