Paraplegiker 4/2010

Paraplegiker 4/2010 Paraplegiker 4/2010

27.06.2013 Aufrufe

Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070 4/2010 28. Jahrgang Vereint mit

Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070 4/<strong>2010</strong><br />

28. Jahrgang<br />

Vereint<br />

mit


Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

dabei sein ist alles lautet das olympische<br />

Motto. Behinderte Menschen<br />

sind Höchstleitungen gewohnt. Nicht<br />

nur, dass ihr Leben per se schon anstrengender<br />

ist. Sie dürfen dazu jeden Tag<br />

Vollgas geben, um im barrierereichen<br />

nichtbehinderten Alltag mithalten zu<br />

können. Kluge Sonderpädagogen haben<br />

dafür das Wort Integration erfunden.<br />

Kritisch betrachtet bedeutet das<br />

Anpassung der Minderheit an die ungeeignete, wenn<br />

nicht feindselige Umgebung. Jetzt wurde das Wort umgewidmet.<br />

In Zukunft darf sich die Minderheit der Migranten<br />

damit bewerfen lassen. Ob sie damit glücklicher<br />

werden als wir darf bezweifelt werden.<br />

Die Inklusion soll es jetzt richten. Im Prinzip nichts dagegen<br />

zu sagen, wenn die Bedürfnisse behinderter Menschen<br />

künftig Bestandteile jeder Planung werden. Auch<br />

der Umbau der bestehenden Verhältnisse soll nach diesem<br />

Prinzip vor sich gehen, wenn die UN-Konvention<br />

über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, immerhin<br />

jetzt international geltendes Recht, ihre Wirkung<br />

bis in die örtliche Ebene entfaltet. Der verstorbene Christian<br />

Joachimi war davon überzeugt, dass sich auf diesem<br />

Weg jetzt alle wichtigen Rechte durchsetzen lassen. Ich<br />

will nicht widersprechen, die Hoffnung erscheint zu greifbar.<br />

Aber vorerst bleibe ich kritisch. Auch dafür gibt es Gründe.<br />

In meiner Stadt gibt es jetzt zwar Niederflurstraßenbahnen,<br />

aber keine entsprechenden Haltestellen. Einen<br />

festen Zeitplan für deren Bau ebenso wenig. Und die entsprechenden<br />

Busse haben keine Technik, um Rollstuhlfahrern<br />

ohne tatkräftige Hilfe den Einstieg zu ermöglichen.<br />

Wer schützt uns also künftig vor lahmarschigen und<br />

hartleibigen Technokraten, die seit Jahrzehnten nichts<br />

anderes tun als die Mobilität behinderter Menschen in<br />

einem zermürbenden Abwehrkampf zu hintertreiben.<br />

Und das ist ja nur ein Beispiel. Schulleiter glauben immer<br />

noch, dass sie darüber entscheiden dürfen ob und wie<br />

viele behinderte Schüler ihr Institut besuchen dürfen. Da-<br />

Schönes Leben<br />

ABOTELEFON (0 62 43) 900 704<br />

mit scheint es jetzt vorbei zu sein. Nordrhein-Westfalen<br />

hat gerade beschlossen,<br />

dass es künftig nur noch inklusive Schulen<br />

geben dürfe – allen Ernstes nicht nur<br />

mit den Stimmen von SPD, Grünen und<br />

Linken, sondern auch der oppositionellen<br />

CDU, die sich als Regierungspartei<br />

im Land dazu nicht durchringen konnte…<br />

Eine Frage bleibt. Wie werden behinderte<br />

Menschen auf die neue Rechtssituation<br />

reagieren? Dafür gibt es viele Möglichkeiten. Kürzlich hat<br />

eine Frau im Rollstuhl in den USA in Unterwäsche gegen<br />

schikanöse Kontrollen bei Flugreisen protestiert. Hört<br />

sich bizarr an, hat aber einen ernsten Hintergrund. Es<br />

gibt viele behinderte Menschen, die nicht mehr fliegen,<br />

weil sie sich nicht mehr menschenunwürdig behandeln<br />

lassen wollen. Die Zahl der Skandale, bei denen behinderte<br />

Fluggäste z.B. irgendwo auf der Welt zurückgelassen<br />

werden unter den fadenscheinigsten Begründungen<br />

(„Sicherheit“, seit wann sind Terroristen Rollstuhlfahrer?),<br />

sind Legion.<br />

Realistischer ist sicher das Konzept der politischen Teilhabe.<br />

Es ist nicht jedermanns Sache, sich z.B. auf kommunaler<br />

Ebene mit Politik und Verwaltung herum zu schlagen.<br />

Dabei kann aber auf Dauer durchaus eine sinnvolle<br />

Veränderung herauskommen. Das gleiche gilt für alle anderen<br />

Verhandlungen – mit Verkehrsbetrieben, Schulen,<br />

Kultureinrichtungen, Gastronomie- oder Tourismusunternehmen.<br />

Wir werden diesen mühsamen Weg wählen<br />

müssen, er bringt uns unserem Ziel näher, ein gleichberechtigtes<br />

und entspanntes Leben führen zu können.<br />

Und genau das wünschen Herausgeber, Verlag und Redaktion<br />

Ihnen für die Feiertage und das nächste Jahr: ein<br />

schönes Leben unter gleichberechtigten Bedingungen.<br />

Ganz so wird dieser Wunsch wohl nicht in Erfüllung gehen.<br />

Aber wir können ihm näher kommen, das ist doch<br />

schon mal was.<br />

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

Ihr<br />

editorial<br />

PARAPLEGIKER 4/10 3


inhalt<br />

4<br />

3<br />

6<br />

10<br />

13<br />

28<br />

16<br />

18<br />

25<br />

30<br />

21<br />

22<br />

32<br />

33<br />

34<br />

37<br />

41<br />

42<br />

43<br />

editorial<br />

Schönes Leben<br />

forum<br />

Betr. PARA 3/10, S. 26:<br />

Neue Wege zur schönsten Nebensache<br />

der Welt?<br />

bericht<br />

von der chance die liebe im world wide<br />

web zu finden:<br />

bist du auch ein fake?<br />

Sexualpädagogik für Erzieher:<br />

Neue Freiheit ?<br />

RehaCare Düsseldorf<br />

Dreimal Neues<br />

glosse<br />

Nicht behinderte Geschwister<br />

Das wahre Handikap<br />

medizin<br />

Antibiotika:<br />

Wundermittel oder Problemmedikamente?<br />

Depressiv oder einfach<br />

nur traurig?<br />

menschen<br />

Wolfgang Raabe<br />

Ein Leben für Rollis<br />

kultur<br />

DVD für Tetraplegiker<br />

Literaturwettbewerb zum Thema MS:<br />

„Mein Leben in Bewegung“<br />

Karikaturen von Barbara Früchtel<br />

q – querschnitt spezial<br />

Das silberne Spar-Schwein:<br />

Extrakosten für größere Packungen<br />

Neurogene Blasenfunktionsstörungen -<br />

aktuelle Behandlungsmöglichkeiten<br />

Konservative und<br />

minimal-invasive Therapie<br />

Querschnittgelähmte in Europa (III):<br />

Ungarn – „Rehabilitation<br />

ist eine Investition“<br />

FGQ-Fortbildung für Beratende:<br />

„Teilhabe, Hilfsmittel, Pflege“<br />

Zum Tod von Christian Joachimi<br />

Erinnerungen<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Seite 18<br />

Seite 28<br />

Seite 37<br />

Seite 13<br />

Seite 22<br />

Seite 30


Seite 51<br />

Seite 49<br />

Seite 54<br />

Seite 56<br />

Seite 58<br />

44<br />

45<br />

46<br />

47<br />

48<br />

60<br />

49<br />

50<br />

51<br />

53<br />

54<br />

56<br />

63<br />

markt<br />

Wintersport-Kalender<br />

Starker Rolli für starke Typen<br />

Rollstuhlsitzkissen und Rückensysteme<br />

Für mehr Selbstständigkeit in der Küche<br />

Greifreifen im Ledermantel<br />

Spende für die FGQ<br />

Innovationen für bewegungsbeeinträchtigte<br />

Autofahrer<br />

Muskeln und Kreislauf zuhause<br />

effektiv trainieren<br />

Bauen-wohnen-renovieren:<br />

Duschen ohne Barrieren<br />

unterwegs<br />

San Felice<br />

Kleinod an der Adria:<br />

Comacchio<br />

Camping Lido Florenz<br />

„Village for all“<br />

Amrum und Föhr:<br />

Barrierefreier Zugang zur Nordsee?<br />

Otto-Bock-Outdoor-Challenge:<br />

Erlebnis Kaunertal<br />

sport<br />

58 Rollstuhltanz-WM:<br />

Bronze für Christian Schad und Claudia Wulf<br />

62<br />

65<br />

66<br />

kleinanzeigen<br />

recht<br />

Rehadienstleister:<br />

Fluch oder Segen?<br />

abo<br />

impressum<br />

Titelfoto: Praschberger<br />

PARAPLEGIKER 4/10 5<br />

inhalt


forum<br />

6<br />

Betr. PARA 3/10, S. 26:<br />

Neue Wege zur schönsten<br />

Nebensache der Welt?<br />

Jetzt wissen wir also, wo es langgeht. „Inklusion“ ist das neue Zaubermittel.<br />

Erste Anmerkung: Die schönste Nebensache der Welt<br />

ist keine Nebensache, leider und zum Glück, denn sonst<br />

gäbe sie nicht so viel Anlass zu Lust und Leid gleichermaßen.<br />

Lassen wir also diese Verniedlichung für eines<br />

unserer größten Grundbedürfnisse, wenn es nicht sogar<br />

das größte Grundbedürfnis überhaupt ist.<br />

Ist die Vision von einer inklusiven „bunten“ Gesellschaft<br />

nicht schon so alt wie die Menschheit selbst? „Wenn Kinder<br />

in einer bunten Gesellschaft aufwachsen, entstehen<br />

gar nicht erst Vorurteile und „Hackordnungen“, so die<br />

Botschaft von Sören Haak. Zum Teufel mit der „Marktfähigkeit“<br />

des einzelnen Menschen in der Konkurrenz<br />

um Tisch und Bett untereinander oder wofür das Fragen<br />

„Welche ‚Marketingstrategien‘ führen direkt zum lustbefriedigenden<br />

Partner?“<br />

Waren wir da nicht schon einmal? Woodstock und die<br />

Blumenkinder. Oder die inzwischen vergreiste „Behindertenbewegung<br />

der 70-er Jahre. Ich denke da an Gusti<br />

Steiner und Ernst Klee oder an Lothar Sandfort und<br />

seine ‚Luftpumpe‘! – Ja, so alt bin ich schon. – Und gab<br />

es da nicht auch einmal eine Krücken-Attacke auf den<br />

Bundespräsidenten? Das war die angewandte Form des<br />

Immer wieder kommt es vor, dass uns die Post den<br />

»<strong>Paraplegiker</strong>« mit dem Vermerk “unzustellbar“ zurücksendet.<br />

Dann beginnen für uns zeit- und arbeitsaufwendige, vor allem<br />

auch kostenintensive Nachforschungen, die nicht selten als<br />

ergebnislos eingestellt werden müssen.<br />

Darum bitten wir Sie:<br />

dem Humanis Verlag Ihre neue- und alte Anschrift mitzuteilen.<br />

Bei Abo-Abbuchungen bitte auch die Änderungen<br />

der Bankdaten mitteilen.<br />

Vielen Dank – Ihr Humanis Verlag<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Slogans dieser Zeit „Jedem Krüppel seinen Knüppel!“<br />

Franz Christoph hieß der wackere Geselle selig, Frontmann<br />

der tatkräftigeren Szene.<br />

Zurück zu Sören Haak, dessen schulisch-beruflichen<br />

Werdegang ich bemerkenswert finde, weniger seine<br />

Forschungsergebnisse. Aber das liegt vielleicht auch an<br />

der holzschnittartigen Diktion von Reinhard Wylegalla,<br />

der sonst so geschmeidig zu formulieren weiß. Nun<br />

denn, bei diesem Thema verkrampfen auch schon mal<br />

die Profis, da geht es mir nicht viel anders.<br />

Nach Schule und Polytechnischer Oberschule folgt die<br />

Ausbildung zum Bürokaufmann, was Sören Haak nicht<br />

genügt und so rutscht er noch mal rüber auf die Schulbank<br />

hin zum Wirtschaftsabitur. Ein mehrwöchiger Klinikaufenthalt<br />

führt ihn letztendlich als ehrenamtlichen<br />

Helfer zur AIDS-Hilfe, deren Umfeld ihm seine sozialen<br />

Interessen bewusst macht und zum Fachabitur Sozialwesen<br />

ermutigt mit anschließendem Studium in Dresden,<br />

wo er jetzt als Dipl.-Soz.-Päd. im Ambulanten Behindertenzentrum<br />

arbeitet. Respekt.<br />

Nun aber zurück zu den neuen Wegen zur schönsten<br />

Nebensache der Welt. Weil diese ein so elementares Bedürfnis<br />

von uns ist, ist auch der Weg dorthin oft ungerade<br />

und beschwerlich, vergleichbar Sören Haaks Berufsweg.<br />

Er ist zum Ziel gekommen, hinsichtlich eines erfüllten<br />

Berufslebens und auch am Ziel seiner zwischenmenschlichen<br />

Wünsche mit der Frau fürs Leben. Ein Glückspilz<br />

also am Ziel aller Träume? Ich weiß es nicht, er sollte zumindest<br />

ein zufriedener Mensch sein.<br />

Hat ihn nun die inklusive, „bunte“ Gesellschaft zum Ziel<br />

geführt? Auch das weiß ich nicht – in jedem Fall sollten<br />

ihm seine Individualität und seine Person, seine Ausstrahlung<br />

und damit seine positive Lebensausrichtung<br />

dabei nicht geschadet haben.


Die erste Begegnung<br />

Vor ein paar Wochen erst hatte ich meine Frau gefragt,<br />

was mich auf sie hat aufmerksam werden lassen. Sie lächelte,<br />

wie nur sie es kann, dass mich ein warmer Wonneschauer<br />

durchdringt: „Das war ganz am Anfang, im Flur,<br />

beim Aufzug. Du warst der erste, der von sich aus auf<br />

mich zugerollt kam und mir die Hand entgegenstreckte:<br />

‚Ich bin der Clemens und wohne da hinten im Eck.‘ “<br />

Das war am Nachmittag des 28. Oktobers 1975 im „Konrad-Biesalski-Haus“,<br />

ein Wohnheim des Studentenwerks<br />

Marburg mit organisiertem Pflege- und Fahrdienst, in<br />

dem Rollis und Fußgänger wohnen. Bis heute.<br />

Zurück auf die Wege zur Glückseligkeit. Die erste Begegnung<br />

mit meiner Frau – von wegen „Marketingstrategie“<br />

und „Marktfähigkeit“. Vielleicht noch denkbar vor<br />

meinem Unfall, als Sportstudent. Ach was, alles Quark.<br />

Es war das Glück des Augenblicks, im richtigen Moment<br />

einer ganz spontanen Regung in mir zu folgen. Offenheit<br />

und Spontaneität – zwei weitere Ingredienzien für den<br />

Glückstrank, neben Individualität und Ausstrahlung.<br />

Kinder, die in einer bunten Gesellschaft aufwachsen,<br />

dazu fallen mir natürlich die integrativen Kindergärten<br />

und Vorschulprojekte ein, die sich nicht durchsetzen<br />

können. Wozu auch, Kinder brauchen die nicht, je kleiner<br />

sie sind um so offener sind sie noch, bis sie von den<br />

doofen Erwachsenen mehr und mehr verzogen und verbogen<br />

werden.<br />

Vier Jahre nach meinem Unfall hat sich die Familie zum<br />

Bauen durchgerungen. Mit großem Glück bekamen<br />

wir einen schönen Bauplatz, in einer besseren Gegend.<br />

Mein Vater blind, ich im Rolli. Wir waren die Exoten. Eine<br />

Episode: meine Mutter mäht den Rasen vor dem Haus,<br />

ich schaue gequält zu – ich war ein leidenschaftlicher<br />

Rasen-Mäher, fasse es, wer kann. Ein vier- bis fünfjähriger<br />

Knirps umkurvt uns mit seinem Kettcar und mus-<br />

Anzeige<br />

tert mich und meinen Rolli. Dann parkt er professionell<br />

rückwärts neben mir ein und windet sich aus seinem<br />

Formel-1-Treter.<br />

Die großen Rolliräder mit den Tetra-Noppen-Greifringen<br />

beeindrucken ihn sichtlich. Er baut sich vor mir auf,<br />

fixiert den Rolli, die großen Räder, dann mich, lange.<br />

Dann geht er einige Schritte rückwärts, ohne den Blick<br />

von uns, dem Rolli mit mir drin, zu lassen, Er bleibt stehen,<br />

stemmt seine Fäustlings-Ärmchen an die Hüfte und<br />

neigt den Kopf leicht zur Seite. Es arbeitet sichtbar in<br />

seinem kleinen Körper. Dann, ganz fest und bestimmt,<br />

so zwischen den Zähnen: „Wolln’ mer mal tauschen?“ Ich<br />

muss mir das Lachen verbeißen, als ich ihm sachlich erkläre,<br />

dass ich nicht aus meinem Rolli aussteigen kann.<br />

Aber das ist eine andere, sehr, sehr lange Geschichte mit<br />

schätzungsweise 37 „Warum’s“.<br />

Kinder sind offen und bunt, im Kopf und in der Seele.<br />

Wir brauchen ganze Siedlungen von Schulen, in denen<br />

wir die Erwachsenen, die bescheuerte Gesellschaft, aus<br />

ihre Enge und Verhärtung befreien und wieder zur kindlichen<br />

Offenheit und Frische umerziehen. Nicht umsonst<br />

spielen die „Kindlein“ in der Bibel eine so herausragende<br />

Rolle, bis hin zum groß angelegten Kindesmord. Es gibt<br />

viel zu viele Herodes noch heutzutage, auch wenn sie<br />

die Kinder am Leben lassen.<br />

Schlachtfeld Liebe<br />

„What can I do to make you love, what can I do to get you<br />

there?” Dieser ganz aktuelle Song formuliert die immer<br />

gleichen Wünsche und Sehnsüchte von Männlein wie<br />

Weiblein. Dieses Anliegen ist global und alle umfassend<br />

– wenigstens schon mal eine Gleichheit. Die Nächste ist<br />

die, dass auch die damit verbundenen Gefühle von himmelhoch<br />

jauchzend bis zum Tode betrübt für alle dazu<br />

gehören.<br />

forum


forum<br />

8<br />

Meistens ist der erste Augenschein aus der Ferne der<br />

Beginn des Spießrutenlaufs. Blinde Menschen haben da<br />

einen ganz eklatanten Nachteil. Aber auch die Disco im<br />

Kellergewölbe hat ihre eigenen Herausforderungen. Wie<br />

also einander näher, nahe kommen, damit auch die bislang<br />

hier nur aufgeführten inneren Werte zur Wirkung<br />

kommen können?<br />

Hier könnte ich mit einer Aufzählung anfangen von Benachteiligungen,<br />

denen besonders behinderte Menschen<br />

unterliegen: In der Sozialisation, wegen mangelnder<br />

Spontanmobilität, durch Abhängigkeit von Assistenz<br />

und Pflege, durch Bevormundung, und, und. Es wird immer<br />

auch andere als behinderte Attribute geben, die für<br />

viele den ersten Kontakt oder die Partnersuche erschweren.<br />

„Love is a battlefield“ – in der Tat. So kommen wir also<br />

nicht viel weiter. Und wie ist das mit den Schönen und<br />

den Reichen, denen der Himmel auf Erden offen steht:<br />

Money meets model – aber auch ein Superbody ist kein<br />

Garant für Liebes- und Partnerglück. Was anderen in unserer<br />

Wahrnehmung so vermeintlich leicht in den Schoß<br />

fällt, registrieren diese kaum als das besondere Glück, da<br />

sie in Ängsten gefangen sein mögen, die ihre Seelen zerdrücken,<br />

die so für uns aber nicht bestehen.<br />

Kann da eine inklusive Gesellschaft helfen? Ich hab so<br />

meine Zweifel, wenn ich mir nur die sprachliche Verkrampfung<br />

„Einbeschlossenheit“ für Inklusion anschaue.<br />

Natürlich ist noch unendlich viel Aufklärungsarbeit zu<br />

leisten, da wir <strong>2010</strong> gerade mal an dem Punkt angelangt<br />

sind, dass der Anspruch auf Sexualität in der UN-Charta<br />

festgeschrieben ist. Wir alle wissen, wie weit der Weg vom<br />

geschriebenen Wort bis zu seiner gelebten und geliebten<br />

Umsetzung ist. So gibt es seit 1974 die Verpflichtung für<br />

die „öffentliche Hand“, behindertengerecht zu bauen.<br />

Und was tut die „öffentliche Hand“? Sie senkt den Daumen<br />

und dieses vielfach sanktionsfrei. Wer Recht hat, bekommt<br />

dies nicht automatisch auch zugestanden.<br />

Vielleicht fangen wir mal bei uns an, in der Rolli-Hierarchie,<br />

an der Spitze der inkomplette L 1-Para, der eben<br />

mal nur nicht laufen kann, und im hinteren Feld der von<br />

Skoliosen und Kontrakturen verkrümmte Zwerg. Nur kein<br />

Geschrei, der Versuch eines distanzierten Durchblätterns<br />

von Publikationen aus der Szene zeigt erschreckend eine<br />

Verteilung gegen die letzte Reihe. Oder der Irrsinn im Behinderten-Hochleistungssport,<br />

der genauso absurd wie<br />

ungesund ist.<br />

Die Jagd nach der Normalität: ein Jahr lang Intensivtrai-<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

ning für gerade mal drei Hundertstel Sekunden schneller<br />

im Rolli-Dragster, aber keine zwei Minuten Zeit für die<br />

Sorgen eines andern, weil der uns gerade in unserer eitlen<br />

Nabelschau stört. Wie finden die von uns zu Selbstvertrauen<br />

und Ausgeglichenheit, zu Selbstwertgefühl und<br />

flow-flash, denen jede sportliche Betätigung versagt ist?<br />

Geheimnis des Gelingens<br />

Sören Haak vermittelt im Bild den Eindruck eines zufriedenen<br />

Menschen. Er hat es geschafft, selbst in einer noch<br />

lange nicht inclusiv tickenden Gesellschaft. „Es ist ihm …<br />

gelungen, aus der „abgeschirmten Welt“ auszubrechen,<br />

ein gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln und die<br />

„schönste Nebensache der Welt“ erleben zu dürfen.“ – du<br />

lieber Himmel, „zu dürfen“, immerhin. Wie weit wir noch<br />

von einer Normalität im Umgang mit selbstverständlichen<br />

Wünschen und Vorstellungen sind, das offenbaren<br />

diese Formulierungen für mich in erschreckender Weise<br />

- so viel Verklemmtheit und Distanz in der eigenen Gruppe,<br />

es gibt wirklich noch sehr viel zu tun.<br />

Das Geheimnis seines „Gelingens“ lüftet Sören Haak nicht.<br />

Die inklusive Gesellschaft ist sein Patentrezept jedenfalls<br />

nicht. Die gilt es ja erst noch zu schaffen. Gibt es überhaupt<br />

ein solches Patentrezept? Ich glaube, nicht. Es gibt<br />

wohl das Glück des Augenblicks, wie ich es erlebt habe.<br />

Aber das lässt sich nicht planen und schon gar nicht herbei<br />

konstruieren. Es kann sich ereignen, wenn wir offen<br />

dafür sind.<br />

Das alles sind keine zufrieden stellenden oder befriedigenden<br />

Antworten. Ich fürchte, es gibt sie auch nicht.<br />

Was lehrt uns der User aus dem Forum für „Absolute Beginners“?<br />

Erfüllte Liebe und Partnerschaft suchen alle<br />

Menschen und nicht alle finden sie, ob mehr oder weniger<br />

oder nicht behindert. Das kann uns trösten und das<br />

mag uns helfen, nicht zu resignieren, diesen Traum einmal<br />

zu erleben – selbst wenn wir schon jede Hoffnung<br />

aufgegeben haben sollten.<br />

Schließlich sind nach Margarete Mitscherlich die Frauen<br />

das „Wesentliche“, die Männer eine „Variante“. Uns Männer<br />

wiederum baut dafür der alte Geheimrat wieder auf,<br />

wenn er seinen Faust erfahren lässt: „Das ewig Weibliche<br />

zieht uns hinan!“. Und Schiller? Ja, der bringt es für Mann<br />

wie Frau auf den entscheidenden Punkt: „Es ist der Geist,<br />

der sich den Körper baut.“<br />

Text: Clemens Schwan, Cölbe


Wir sind für Sie da!<br />

Hotline (05661) 71-62 64<br />

www.inkontinenz.bbraun.de<br />

Was bleibt,<br />

ist Kontinenz.<br />

Zwei Buchstaben können ein Leben verändern. Mit dem umfassenden Hilfsmittelprogramm<br />

von B. Braun kann aus einer Inkontinenz eine steuerbare Kontinenz werden.<br />

Für einen unbeschwerten, sicheren Alltag.<br />

Gern beraten wir Sie über unsere Versorgungskonzepte: (0 56 61) 71- 62 64<br />

B. Braun ContinenceCare. So einfach. So sicher.<br />

B. Braun Melsungen AG | OPM | 34209 Melsungen | Deutschland<br />

Tel (0 56 61) 71-33 99 | www.bbraun.de | www.inkontinenz.bbraun.de


ericht<br />

10<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

von der chance, die liebe im world wide web zu fin-<br />

bist du auch ein fake?<br />

Unsere Autorin berichtet über die Partnersuche im Internet. Ein paar<br />

Fremdwortübersetzungen für die Internet-Unerfahrenen: Amelo=Mensch,<br />

für den Amputationen oder auch eine Querschnittlähmung sexuell erregend<br />

sind, Skypen=Internettelefonie mit Videobild, fake=vorgetäuschte<br />

Identität, handicaplove=einschlägige Kontaktbörse.<br />

„ ich bin ein amelo“<br />

„ich bin nicht amputiert“<br />

„ich such nicht unbedingt nach amputierten<br />

frauen, mich reizt die unvollkommenheit<br />

allgemein“<br />

„ich bin mit sicherheit unvollkommen“<br />

„was hast du für ein handicap?“<br />

„ich bin sehr klein“<br />

„was ist daran schlimm?“<br />

„ich bin nicht nur klein, meine beine sind<br />

krumm und mein gang watschelnd“<br />

„das finde ich aufregend“<br />

„für mich ist das eher ein grund, meine beine<br />

zu verstecken“<br />

„würdest du für mich einen minirock anziehen,<br />

wenn wir uns näher kennen lernen<br />

würden?“<br />

„ich weiß nicht, ob ich mich das trauen<br />

würde“<br />

das gespräch wird immer prickelnder, obwohl<br />

ich mich dafür hasse, dass ich mich darauf eingelassen<br />

habe... dass ich mich auf meine körperlichkeit<br />

reduzieren lasse... und doch zieht es<br />

mich immer tiefer in seinen bann. frank – oder<br />

wie auch immer dieser mann am anderen ende<br />

deutschlands heißt – erzählt mir interessante<br />

dinge und lockt mich immer wieder in einen<br />

ganz intimen gedankenaustausch, dem ich<br />

mich nur schlecht entziehen kann... er geht<br />

ganz offen damit um, dass er ein amelo ist, aber<br />

er macht das auf eine sehr angenehme art und<br />

weise… vielleicht reizt es mich, weil es für mich<br />

so absurd erscheint, dass dort jemand etwas an<br />

mir mag, was andere im allgemeinen meist ablehnen<br />

und was ich selbst sehr schwer annehmen<br />

kann… nur zu gern würde ich ihn persönlich<br />

kennen lernen...


ich bin single, seit einer ganzen weile, unfreiwillig.<br />

aber mir ist unklar, wie ich das ändern kann...<br />

zur ü 30-party gehen und den anderen beim<br />

tanzen zuschauen? mir die mitleidigen blicke<br />

einiger es gut mit mir meinender abholen? oder<br />

gar die ignorierenden, die mich gar nicht erst<br />

wahrnehmen? auf arbeit ist auch in absehbarer<br />

zeit nicht wirklich mit einem personalwechsel zu<br />

rechnen. insofern ist die chance, dort jemanden<br />

zu finden, ebenfalls eher gering.<br />

versuche es doch einmal übers internet, raten<br />

freunde mir, selbst mein sohn sagt, das sei<br />

heutzutage das normalste von der welt… und<br />

immerhin könnte ich dort mit jemandem in<br />

kontakt treten, der zunächst einmal nicht meine<br />

körperlichkeit wahrnimmt… trotzdem, irgendwann<br />

würde doch die wahrheit ans licht kommen…<br />

enttäuschungen<br />

mangels einer guten alternative versuche ich<br />

es dennoch und melde mich zunächst bei ganz<br />

normalen internet-portalen an, in meinem profil<br />

erwähne ich nicht, dass ich eine behinderung<br />

habe, und tatsächlich, es entspinnt sich ein netter<br />

kontakt mit einem mann aus meiner stadt und<br />

bald darauf erhalte ich eine einladung von ihm,<br />

die möchte ich natürlich annehmen, doch dann<br />

muss ich jetzt irgendwie mit der sprache rausrücken…<br />

eine gehbehinderung würde ihm nichts<br />

ausmachen, so gehe ich mutig zu dem date. aber<br />

ich merke schnell: so hat er sich das nicht vorgestellt:<br />

eine gehbehinderung schön und gut, aber<br />

so auffällig! er verabschiedet sich schnell.<br />

beim nächsten mal bin ich klüger und ich schreibe<br />

in mein profil: kleine frau, gehbehindert, füge<br />

ein foto hinzu, aber eins, wo nur mein gesicht<br />

drauf ist. lange keine zuschriften. schließlich wagt<br />

sich doch einer. Ein einsamer wolf, der mich nur<br />

aufgrund meiner behinderung ausgewählt hat<br />

– er ist viel älter als ich und hat eine ziemlich böse<br />

erkrankung… aber will ich das? kann ich jetzt<br />

meinerseits über diese dinge hinwegschauen?<br />

eine freundin rät mir schließlich, es bei handicap-love<br />

zu versuchen, dort habe sie auch ihren<br />

lebenspartner kennen gelernt… ich probiere es<br />

tatsächlich, zunächst zögerlich, erhalte immer<br />

mal wieder zuschriften, geplänkel, meist ohne<br />

tieferen sinn, mitunter auch dumme anmachen,<br />

die ich einfach ignoriere.<br />

dann schreibt frank mich an, er erzählt mir, dass<br />

er von seiner frau getrennt lebt und seine beiden<br />

heranwachsenden söhne bei ihm wohnen, von<br />

seiner arbeit – und davon, dass er ein amelo ist.<br />

wir chatten nächtelang, schließlich tauschen wir<br />

unsere handy-nummern aus, aber wir telefonieren<br />

nie, sondern senden nur sms, die immer prickelnder<br />

werden. ich werde neugierig, will ihn<br />

sehen. wir vereinbaren ein treffen irgendwo in<br />

deutschland. zwei tage vor dem termin bricht die<br />

verbindung ganz plötzlich ab, frank ist wie von<br />

der bildoberfläche verschwunden...<br />

ich bleibe online, kann ja nicht schaden, vielleicht<br />

läuft mir ja hier doch noch ein interessanter<br />

mann über den weg… und tatsächlich,<br />

bald darauf gibt es ein treffen im wirklichen<br />

leben, wir sind uns sofort sympathisch und es<br />

Anzeige<br />

Lifta in Ihrer Nähe:<br />

Kiel<br />

Hamburg<br />

Berlin<br />

Dresden<br />

Gera<br />

Leipzig<br />

Bremen<br />

Hannover<br />

Lifta – der meistgekaufte Treppenlift<br />

Gelsenkirchen<br />

Frankfurt<br />

Mannheim<br />

Stuttgart<br />

Freiburg<br />

Ulm<br />

Nürnberg<br />

München<br />

… sowie in 80 weiteren Städten<br />

<br />

Zuhause mobil bleiben<br />

Sicher Treppenfahren<br />

Selbständigkeit erhalten<br />

Über 70.000 verkaufte Liftas<br />

Freiwillig geprüfte Beratungsund<br />

Servicequalität<br />

GUTSCHEIN<br />

Ja, schicken Sie mir meinen Prospekt –<br />

kostenlos und unverbindlich.<br />

Lifta GmbH, Abt. PA, Horbeller Straße 33, 50858 Köln<br />

bericht


ericht<br />

–plötzlich<br />

beobachte ich<br />

auf meinem<br />

bildschirm,<br />

wie in seinem<br />

zimmer hinter<br />

ihm die tür<br />

aufgeht und<br />

eine frau den<br />

raum betritt<br />

und ihn umarmt…<br />

12<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

beginnt eine stürmische liebesbeziehung. die<br />

200 km entfernung zwischen uns sind kein problem,<br />

er kommt oft zu mir nach hause oder wir<br />

treffen uns irgendwo unterwegs auf halber strecke,<br />

denn bei ihm zuhause geht es nicht, er lebt<br />

zwar von seiner lebensgefährtin getrennt, aber<br />

jeder in seinem eigenen zimmer in der ehemaligen<br />

gemeinsamen wohnung, weil er hat noch<br />

keine neue rollstuhlgerechte bleibe gefunden<br />

hat.<br />

eine zeit wie im rausch beginnt… gefühle<br />

ganz oben… e-mail am morgen… telefonate<br />

über den tag verteilt… chatten bis spät in die<br />

nacht… und dann immer wieder unsere treffen…<br />

und ich weiß: in ein paar wochen wird er<br />

seine eigene wohnung haben.<br />

eines tages der schock. wir skypen wie immer<br />

– plötzlich beobachte ich auf meinem bildschirm,<br />

wie in seinem zimmer hinter ihm die tür<br />

aufgeht und eine frau den raum betritt und ihn<br />

umarmt… er behauptet, dass hätte sie seit langem<br />

nicht getan, ich versuche, ihm zu glauben,<br />

doch beim nächsten mal bittet er mich, mein<br />

parfüm wegzulassen…<br />

im heuhaufen<br />

verdammt, gibt es hier nur fakes oder bin ich<br />

einfach zu leichtgläubig? nein, das internet<br />

ist nicht geschaffen für menschen, die ehrlich<br />

nach einem partner suchen, ich bin deprimiert,<br />

nur ab und zu schaue ich nach, ob mir jemand<br />

geschrieben hat… doch die sehnsucht bleibt:<br />

die sehnsucht nach jemandem, dem ich mich<br />

anvertrauen kann, der mir zuhört und mich auffängt,<br />

jemand, zu dem ich unter die bettdecke<br />

krabbeln kann, jemand, dem ich sagen möchte,<br />

dass er wichtig für mich ist.<br />

dann ein langweiliger sonntag allein zu hause,<br />

ein kurzes geplänkel per mail hin und her, noch<br />

am selben tag ein telefonat… es folgen telefonate<br />

rund um die uhr, eine woche lang. ich spüre<br />

ganz viel nähe und vertrautheit… verständnis,<br />

das gefühl: das ist er…<br />

das erste treffen, ich versuche es mit gelassenheit,<br />

doch ich erinnere mich daran, dass die ersten sieben<br />

sekunden alles über sympathie und antipathie<br />

zu einem anderen menschen entscheiden sollen,<br />

so habe ich es einmal auf einem seminar gelernt…<br />

werden die vorstellungen, die ich in meinem kopf<br />

habe, der realität entsprechen? oder sind es gar<br />

keine wirklichen vorstellungen, sondern nur meine<br />

wünsche? auch wenn wir viele fotos hin- und<br />

hergeschickt und geskypt haben – werde ich ihn<br />

riechen können? werde ich seine gesten anziehend<br />

finden? werde ich nähe zulassen können?<br />

was erwarte ich? dass da jemand aus dem zug<br />

steigt und mich die liebe wie ein blitz trifft?<br />

sie trifft mich nicht… ich habe nicht das bedürfnis,<br />

ihm um den hals zu fallen, so, wie er da vor mir<br />

steht auf dem bahnhof mit seiner abgewetzten<br />

jacke und seinem ausgeblichenen cap auf dem<br />

kopf… und zu meiner allgemeinen unsicherheit<br />

kommt hinzu, dass es schon den ganzen tag<br />

schneit und der bahnhofsvorplatz total glatt ist,<br />

so dass ich mich bei ihm festhalten muss… doch<br />

auch er ist unsicher und so findet unser gespräch<br />

nicht zu dieser vertrautheit zurück, die uns die<br />

ganze vergangene woche begleitet hat, zu viel<br />

ballast scheinen wir aus der vergangenheit mit<br />

uns herumzuschleppen… vielleicht auch zu viel<br />

erwartung in die zukunft…<br />

doch irgendwann frage ich mich, ob es in unserem<br />

fall überhaupt stimmt mit den sieben sekunden,<br />

wir haben doch einen vorsprung. ich wusste zwar<br />

nicht, wie er riecht, aber ich kenne seine warme<br />

stimme, die mir immer noch antwortet, nachdem<br />

er mir aufmerksam zugehört hat… ich wusste<br />

nicht, wie er mich berührt, aber irgendwann stelle<br />

ich eine tiefe übereinstimmung fest zwischen dem,<br />

was er über frauen zu denken scheint und wie er<br />

sich mir gegenüber gibt… und irgendwann können<br />

wir diese vertrautheit und nähe zurückholen…<br />

eine beziehung auf augenhöhe beginnt, schritt für<br />

schritt, aber mit einer anderen intensität…<br />

die suche nach der liebe ist immer die suche nach<br />

der nadel im heuhaufen, unabhängig davon, wo<br />

man sich begegnet: ob im realen leben oder im<br />

internet oder wo auch immer… und fakes gibt es<br />

auch überall… wichtig ist wohl, dass man bereit<br />

ist, sich zu öffnen.<br />

Text & Fotos: Ulrike Talmann


Sexualpädagogik für Erzieher:<br />

Seit gut vier Jahren garantiert ein Gleichstellungsgesetz Menschen<br />

mit Behinderung das Recht auf ein uneingeschränktes Sexualleben.<br />

Deshalb müssen in Wohnheimen, Werkstätten und Förderschulen viele<br />

Barrieren abgebaut werden. Aber auch die Betreuer und Erzieher müssen<br />

lernen, mit der neuen Freiheit umzugehen. Dabei gibt ihnen der<br />

Leipziger Sexualpädagoge Peter Thürer Orientierungshilfe.<br />

H eute sind volljährige Menschen mit Behinderung<br />

niemandem mehr Rechenschaft<br />

darüber schuldig, ob und mit wem sie eine<br />

Beziehung eingehen. Auch die Entscheidung,<br />

ob sie Nachwuchs bekommen möchten oder<br />

lieber einer Empfängnis vorbeugen wollen, ist<br />

nun ganz allein ihre Sache. Seit dem 18. August<br />

2006 ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />

(AGG, umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz<br />

genannt) in Kraft. „Unter<br />

Betreuern und Pädagogen in Einrichtungen<br />

für Menschen mit Behinderung verursacht die<br />

neue Rechtslage allerdings noch viel Unsicherheit“,<br />

berichtet Peter Thürer.<br />

Der Master für Sexualpädagogik und Berater<br />

für Familienplanung arbeitet hauptamtlich seit<br />

sechzehn Jahren bei der AIDS-Hilfe Leipzig e. V.<br />

als Sozialarbeiter. Aus Einrichtungen für Menschen<br />

mit Behinderung kommen neuerdings<br />

immer häufiger Anfragen auf ihn zu mit der<br />

Bitte, Mitarbeiter, Bewohner oder Schüler ein<br />

Stück sexualpädagogisch zu begleiten. „Anfangs<br />

war mir gar nicht ganz klar, warum sich<br />

die Leute an uns wenden“, so Peter Thürer. Zu<br />

seinen hauptberuflichen Aufgaben gehört die<br />

Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten<br />

und deren Verhütung. Also war es für<br />

ihn nur logisch, dass Erzieher und Pädagogen,<br />

aber auch Förderschüler sich genau darüber<br />

informieren wollten. Es stellte sich dann aber<br />

schnell heraus, dass das Themenspektrum viel<br />

breiter ist und über Krankheiten eher am Rande<br />

gesprochen wird.<br />

„Bis zum Inkrafttreten des AGG konnte man<br />

in Wohneinrichtungen und Werkstätten die<br />

Libido behinderter Männer durch die Gabe<br />

von triebhemmenden Mitteln steuern und bei<br />

Frauen Kindersegen durch die Injektion von<br />

Hormonen mit dreimonatiger Depotwirkung<br />

verhindern“, so der Sexualpädagoge. Die neuen<br />

Freiräume und mögliche Konsequenzen würden<br />

nun manchen Erzieher verunsichern. „Dazu<br />

kommen häufig noch an der früheren Rechtslage<br />

Anzeige<br />

bericht<br />

Peter Thürer.


ericht<br />

Längst ist wissenschaftlich<br />

belegt, dass es<br />

in der körperlichen Entwicklung<br />

junger Menschen<br />

mit Handikaps keine<br />

Unterschiede gegenüber<br />

gleichaltrigen Nichtbe-<br />

14<br />

hinderten gibt.<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

orientierte Erwartungen der Eltern oder eines gerichtlich<br />

bestellten Betreuers“, weiß Peter Thürer.<br />

Das Gesetz garantiert Menschen mit Behinderung<br />

in punkto Liebe und Sexualität nun volle<br />

Entscheidungsfreiheit und Eigenverantwortung.<br />

Doch in vielen Einrichtungen gibt<br />

es noch Betreuer der „al-<br />

ten Schule“, die sich mit<br />

dem neuen Denken nur<br />

schwer identifizieren<br />

können und schlimmstenfalls<br />

sogar ein „Sodom<br />

und Gomorrha“<br />

befürchten. Deshalb<br />

bietet ihnen der Sexualpädagoge<br />

in mehrstündigen<br />

Seminaren oder<br />

zweitägigen Workshops<br />

Gelegenheit, sich über juristische<br />

Konsequenzen zu<br />

informieren, insbesondere aber ihre<br />

persönliche Haltung zum Thema zu reflektieren.<br />

„Jeder Teilnehmer überlegt, wo er selbst steht,<br />

wo sich seine Einrichtung befindet und mit welchen<br />

Argumenten skeptische Kollegen positiv<br />

beeinflusst werden können“, so Peter Thürer.<br />

„Sturmfreie Bude?“<br />

Auch werden Betreuer und Erzieher angeregt,<br />

ihre Selbstkompetenz zu hinterfragen: „Wo sind<br />

die eigenen Werte, Wünsche und Vorstellungen?<br />

Welche persönlichen Normen hat ein Betreuer<br />

zur Sexualität entwickelt und wie verlief seine<br />

eigene sexuelle Biographie?“, zitiert der Sexualpädagoge<br />

nur einige von vielen Fragen. Erwachsene<br />

würden häufig den Blödsinn, den sie<br />

in ihrer eigenen Jugend gemacht haben oder<br />

erlebte Hemmnisse vergessen oder zumindest<br />

verdrängen. Weitere selbstkritische Fragen sind:<br />

„Wurde ich verführt? Wie gehe ich mit Selbstbefriedigung<br />

um?“ Gerade das letztere Thema ist<br />

für manchen Betreuer von Menschen mit Handikaps<br />

ein ganz heißes Eisen. Fakt ist aber: „Wer<br />

sich über seine eigene Sexualität nicht klar ist,<br />

kann schlecht sexualpädagogisch arbeiten.“<br />

Ein wichtiges Thema, das mitunter Aha-Erlebnisse<br />

auslöst, ist auch die psychosexuelle Entwicklung<br />

von Menschen mit Behinderung. Längst ist wissenschaftlich<br />

belegt, dass es in der körperlichen<br />

Entwicklung junger Menschen mit Handikaps<br />

keine Unterschiede gegenüber gleichaltrigen<br />

Nichtbehinderten gibt. „Der psychosoziale Reifeprozess<br />

verläuft in dieser Personengruppe aber<br />

meistens weit über die körperliche Pubertätsphase<br />

hinaus“, weiß der Sexualpädagoge. Dies<br />

führt häufig dazu, dass Behinderte ihre sexuellen<br />

Wünsche nicht oder nur schwer kanalisieren<br />

können. „Solch eine unbefriedigende Situation<br />

kann wiederum aggressives Verhalten auslösen“,<br />

so Peter Thürer.<br />

Um unter den neuen gesetzlichen Bedingungen<br />

einen für alle Beteiligten zufriedenstellenden<br />

Umgang mit Sexualität zu erreichen, müssen<br />

Betreuer und Pädagogen sexualpädagogische<br />

Methodenkompetenz entwickeln. Peter Thürer:<br />

„Für Gespräche sollten sowohl ein passender<br />

Ort als auch ein günstiger Zeitpunkt gewählt<br />

werden. Auch sind behinderte Jugendliche oder<br />

junge Erwachsene in die Vorbereitungen mit<br />

einzubeziehen.“ Es ist zu berücksichtigen, unter<br />

welchen Umständen ein bestimmtes Thema<br />

interessant geworden ist. Vielleicht ist dem Betreuer<br />

irgendetwas aufgefallen, über das er mit<br />

den Teilnehmern diskutieren kann. Um der Erwartungshaltung<br />

der Jugendlichen oder jungen<br />

Erwachsenen gerecht zu werden, sollten aber in<br />

der Regel die Impulse von deren Seite kommen.<br />

Neben Erläuterungen zum Zyklus und zur Monatshygiene<br />

für Frauen und weiteren Themen<br />

zum Umgang mit dem eigenen Körper sind es<br />

insbesondere die Fragen nach Rückzugsmöglichkeiten,<br />

welche Menschen mit Behinderung<br />

bewegen. „Veraltete Einrichtungen mit Riesenschlafsälen<br />

und selbst solche mit Zwei- oder<br />

kleineren Mehrbettzimmern müssen nun neu<br />

strukturiert werden, damit jeder Bewohner sein<br />

eigenes Reich hat“, so der Sexualpädagoge. Bisher<br />

gibt es wohl nur wenige Häuser, in denen<br />

schon die Unterbringung von Paaren möglich<br />

ist. Peter Thürer weiß indessen, dass für viele<br />

Menschen mit Handikap sogar im Elternhaus<br />

eine „sturmfreie Bude“ noch Utopie ist.<br />

Höherer Betreuungsschlüssel<br />

unumgänglich<br />

Ein brandheißes Thema ist die Frage, wie<br />

auch partnerlose Menschen mit Handikap<br />

Sexualität erleben können. Peter Thürer: „Ich


empfehle den Seminarteilnehmern, sich den<br />

Dokumentarfilm ‚Die Heide ruft‘, in dem drei<br />

Männern Sexualbegleitung gewährt wird,<br />

anzuschauen.“ Ganz wichtig: Sexualbegleiter<br />

möchten nicht mit Prostituierten in einen Topf<br />

gesteckt werden. In der Regel bieten sie auch<br />

keinen Sexualverkehr an, sondern versuchen<br />

auf andere Weise, ihrer Klientel zu ihrem Glück<br />

zu verhelfen. Doch es gibt noch viele andere,<br />

weniger aufwendige Möglichkeiten, um Behinderte<br />

an der schönsten Nebensache der<br />

Welt teilhaben zu lassen. „Für viele Heimbewohner<br />

mit Handikap stellt sich zum Beispiel<br />

die Frage, wie sie an stimulierende Hilfsmittel<br />

herankommen“, erwähnt der Sexualpädagoge<br />

ein konkretes Beispiel.<br />

Eigentlich dürfte es kein Problem sein, dass<br />

ein vertrauenswürdiger Betreuer im Sex-Shop<br />

für sie „scharfe“ DVDs oder Magazine, Dildos<br />

und anderes Spielzeug oder aber auch Verhütungsmittel<br />

besorgt. Was aber tun, wenn jemand<br />

Überdruck hat und sich gerade wegen<br />

seines Handikaps noch nicht einmal selbst<br />

stimulieren kann? Auch in diesem Fall ist über<br />

eine individuelle und diskrete, aber juristisch<br />

stets saubere Lösung nachzudenken. Besteht<br />

nämlich ein Abhängigkeitsverhältnis (zum<br />

Beispiel gegenüber dem Betreuer), sind sexuelle<br />

Aktivitäten jeglicher Art strafbar.<br />

Intime Räume zum Kuscheln sollten – ähnlich<br />

wie die mittlerweile weit verbreiteten „Snoezelräume“<br />

– in den Wohnheimen eine Selbstverständlichkeit<br />

werden. Auch ist es für Be-<br />

Anzeige<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

treuer und Pädagogen sicher nicht allzu schwer<br />

herauszufinden, wie und wo die Bewohner ihres<br />

Hauses einmal aus dem monotonen Alltag<br />

ausbrechen können. Vielleicht gibt es ja auch<br />

in der Kleinstadt oder zumindest ganz in der<br />

Nähe eine „stinknormale“, aber barrierefreie<br />

Disco. „Ein Transport dorthin müsste sich doch<br />

organisieren lassen“, meint Peter Thürer. Er beruft<br />

sich dabei auf den Paragraph 1 des 9. Sozialgesetzbuchs<br />

(SGB IX), der behinderten oder<br />

von Behinderung bedrohten Menschen und<br />

den Rehabilitationsträgern entsprechende<br />

Leistungen zugesteht, um die Selbstbestimmung<br />

und gleichberechtigte Teilhabe am Leben<br />

in der Gesellschaft zu fördern.<br />

Eine nicht zu unterschätzende Einschränkung<br />

für Menschen mit Handikap sei auch die straffe<br />

Tagesstrukturierung in vielen Einrichtungen,<br />

weiß der Sexualpädagoge. „Man müsste ihnen<br />

mehr individuellen Gestaltungsspielraum lassen.<br />

Dies ist natürlich nur mit einem höheren<br />

Betreuungsschlüssel möglich“, stellt er klar.<br />

Schließlich sind auch alle notwendigen Voraussetzungen<br />

zu schaffen, damit behinderten<br />

Paaren mit Kinderwunsch eine maßgeschneiderte<br />

Assistenz gewährt werden kann. Peter<br />

Thürer: „Es gibt viel zu tun. Zwar sind schon<br />

viele Menschen offen für die Konsequenzen<br />

der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung.<br />

Doch für andere sind die neuen gesetzlichen<br />

Bestimmungen noch gewöhnungsbedürftig.“<br />

Text & Foto: Reinhard Wylegalla<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

bericht<br />

„Man müsste<br />

ihnen mehr<br />

individuellen<br />

Gestaltungsspielraumlassen.<br />

Dies ist<br />

natürlich nur<br />

mit einem höherenBetreuungsschlüssel<br />

möglich“


glosse<br />

16<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Nicht behinderte Geschwister<br />

Das wahre Handikap<br />

Schwester eines Rollis zu sein ist eine undankbare Rolle. Nein, jetzt kommt nicht<br />

das Übliche: ständige Rücksichtnahme – immer die Nummer zwei und so… Nein<br />

das Schwestersein eines Behis bietet das ganz große Füllhorn subtiler, kaum<br />

erkennbarer Benachteiligungen. Es findet ständig statt, sowohl in wichtigen wie<br />

auch in völlig nebensächlichen Alltäglichkeiten. Daher widme ich diese Zeilen den<br />

unbeachteten Kaspar Hausers unserer Tage – den Geschwistern von Behinderten.<br />

M<br />

eine Fahrlässigkeit beim Sprung ins Wasser<br />

traf meine Schwester ebenso schlagartig<br />

wie mich – nur anders. Von einem Tag zum<br />

nächsten bekam der bettlägerige Bruder im<br />

Krankenhaus die volle elterliche Aufmerksamkeit.<br />

Das ganze Familienleben fokussiert auf<br />

den Schicksalsschlag und die Wege aus dem<br />

Schlamassel. Da bleibt nur die Rolle der verständigen,<br />

mitfühlenden aufopferungsvollen<br />

Schwester – ob die Geschwister diese Rolle des<br />

Tapferen haben wollen oder nicht? Diese Frage<br />

stellt sich gar nicht in so einer Situation.<br />

Wirklich sichtbar wurde mir meine Jokerrolle<br />

zum ersten Mal in der Schule. Ich tat nichts für<br />

die Schule, nichts ist eigentlich noch zu viel gesagt.<br />

Aber der Rollstuhl reduzierte mein Zensu-<br />

renspektrum auf eins bis vier. Wenn ein Lehrer<br />

mir eine fünf hätte geben wollen, so hätte man<br />

ihn in der Zensurenkonferenz wohl geteert und<br />

gefedert. Trotzdem reichte mein Zensuren- und<br />

Leistungsvermögen gerade dazu, in der Behindertenwerkstatt<br />

nicht ganz unten anfangen<br />

zu müssen.<br />

Meine Eltern waren froh<br />

über jeden Tag, den ich<br />

in der Schule ausharrte<br />

ohne Drogen zu nehmen<br />

oder mich von der Brücke<br />

zu stürzen. Eine Vier<br />

meiner Schwester verursachte<br />

dagegen Stirnrunzeln,<br />

eine Standpauke<br />

oder Hausarrest, je nach<br />

Fach. Natürlich haben Eltern<br />

immer beide Kinder gleich lieb.<br />

Die kleinen behinderten Kinder merken<br />

nur mehr davon...<br />

Unterschiedliche Perspektiven<br />

In der Ausbildung ging das Schema so weiter.<br />

Es verursachte eine Familienkonferenz als meine<br />

Schwester im vierten Semester das Studienfach<br />

wechseln wollte. Dass ich im 14. Semester<br />

das Vordiplom noch locker vor mir herschob<br />

fiel dagegen kaum negativ auf. Was sollte der<br />

arme Rolli auch tun, wenn er denn irgendwann<br />

mit dem Studium fertig sein würde? Welcher<br />

Arbeitgeber würde jemandem mit krummen<br />

Fingern schon Arbeit geben? Eine berufliche<br />

Perspektive für einen Tetraplegiker, das war<br />

Science Fiction für die Generation, die Deutschland<br />

aus Schutt und Asche aufgebaut hatte.


Der Ehrgeiz der Eltern, dass aus den Kindern mal was<br />

wird, lastete zu hundert Prozent auf Schwesterchens<br />

Schultern. Ich dagegen durfte studieren, studieren,<br />

studieren – Hauptsache? – genau! – keine Drogen<br />

und keine Brücke!<br />

Ganz dicke bekam es meine Schwester bei der Partnerwahl.<br />

Der Schwiegersohn sollte erfolgreich sein,<br />

aufmerksam, lustig, ein Familienmensch natürlich,<br />

also eine Mischung aus Heinz Rühmann und Brad<br />

Pitt. Die Hochzeit müsste natürlich in weiß sein und<br />

ganz groß, mit allen Verwandten und Oma und Opa<br />

und und und... Bei mir war das Anforderungsprofil<br />

für die Traumschwiegertochter eher schlicht. Sie sollte<br />

hilfsbereit sein und kräftig. (Schließlich muss sie<br />

ja auch mal mit anpacken können). Ansonsten war<br />

meinen Eltern wohl alles recht, solange meine Auserwählte<br />

nicht schielte, streng roch oder das Erbe in<br />

kürzester Zeit in Schuhe investieren würde. Diese<br />

Kriterien zu erfüllen fiel nicht besonders schwer, bei<br />

meiner Schwester sah das ganz anders aus…<br />

Häkeln für Tetras<br />

Weihnachtsgeschenke zu machen fällt vielen Menschen<br />

schwer. Man macht sich Gedanken, was der<br />

Beschenkte wohl noch braucht, man will etwas Persönliches<br />

schenken, vielleicht etwas selbst basteln<br />

– Eltern etwas schenken, was sie wirklich erfreut,<br />

das fällt etwa so schwer wie Häkeln für Tetraplegiker.<br />

Dieses Schicksal erleidet meine Schwester Jahr<br />

für Jahr. Ich dagegen gehe immer in dieselbe Buchhandlung,<br />

lasse mir von einem völlig gestressten<br />

Buchhändler ein Buch aus der Spiegel-Bestsellerliste<br />

empfehlen und – nein! Ich lasse es nicht weihnachtlich<br />

verpacken, denn jetzt kommt das Persönliche:<br />

Ich setze mich zu Hause hin, nehme das alte<br />

Weihnachtspapier vom Vorjahr, reichlich Tesafilm,<br />

und verpacke das Buch heftig rustikal, so wie man<br />

mit krummen, unbeweglichen Fingern halt ein Geschenk<br />

einpacken kann.<br />

„Oh schau mal“, ruft dann meine Mutter unter dem<br />

Weihnachtsbaum, „und der Junge hat es selbst eingepackt.“<br />

Und sie hat Tränen in den Augen – Dann<br />

schaue ich rüber zu meiner Schwester und hoffe,<br />

dass sie keine Drogen nimmt und auf dem Weg<br />

nach Hause keine Brücke überquert!<br />

Text: Ralf Kirchhoff<br />

Illustration: Kasia<br />

Anzeige


medizin<br />

Antibiotika:<br />

Wundermittel oder<br />

Problemmedikamente?<br />

So verhindert beispielsweisePenicillin,<br />

dass wachsende<br />

Bakterien<br />

ihre Zellwand ausbilden<br />

können.<br />

18<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Antibiotika waren die Substanzen, die die letzten 100 Jahre<br />

des 2. Jahrtausends zum Jahrhundert der Medizin machten:<br />

Es war das erste Mal in der Menschheitsgeschichte, dass man<br />

eine wirkungsvolle Waffe gegen Bakterien hatte. Damit konnte<br />

und kann Tausenden von Menschen das Leben gerettet werden.<br />

Antibiotika von altgriechisch „Anti“ = Gegen<br />

und „Bios“ = das Leben, sind Wirkstoffe,<br />

die Bakterien töten oder ihre Vermehrung unterbinden.<br />

Sie wirken nicht gegen Viren, Pilze<br />

oder Organismen wie den Malariaerreger.<br />

Der Wissenschaftler Alexander Fleming<br />

suchte gezielt nach Wirkstoffen gegen Bakterien.<br />

Dafür züchtete er diese Mikroorganismen<br />

und testete, ob eine Substanz deren<br />

Absterben verursacht. Dabei machte er einen<br />

Fehler: ein unerwünschter Pilz geriet auf seinen<br />

„Bakterienrasen“ und tötete in seinem<br />

Umfeld alle Bakterien der Versuchsplatte ab.<br />

Dies war die Geburtsstunde von Penicillin,<br />

einer Substanz, die der Pilz ausschied. Leider<br />

hatte sie einen Nachteil:<br />

Das ursprüngliche<br />

Penicillin tötete nicht<br />

nur Bakterien – auch die<br />

Versuchstiere, denen es<br />

verabreicht wurde, überlebten<br />

den Test nicht. Damit<br />

betrachtete Fleming<br />

seinen Versuch als gescheitert<br />

und stellte seine<br />

Versuche damit ein.<br />

Seine Kollegen griffen<br />

seine Untersuchungen jedoch nach Jahren<br />

erneut auf. Sie veränderten das Penicillin chemisch.<br />

Dadurch war es für die Versuchstiere<br />

nicht mehr tödlich und man konnte es an<br />

Menschen testen. Die Folge: An sich tödliche<br />

Infektionen verloren ihren Schrecken. Von da<br />

an begann die Suche nach neuen Wirkstoffen,<br />

denn gegen Penicillin waren einige Menschen<br />

allergisch. Man fand heraus, dass in der Erde<br />

zahlreiche Mikropilze und auch Bakterienarten<br />

leben, die Substanzen produzieren, die<br />

für Bakterien tödlich sind. Alle Labormitarbeiter,<br />

die an den heilsbringenden Substanzen<br />

arbeiteten, wurden verpflichtet, eine Probe<br />

der Erde ihres Urlaubslandes mitzubringen,<br />

wenn sie eine Reise unternahmen. Damit<br />

konnten Hunderte von verschiedenen Antibiotika<br />

gefunden werden, die jedoch oft tödlich<br />

auf Versuchstiere wirkten. Dennoch gelang<br />

es, eine große Anzahl davon herzustellen, die<br />

dem Menschen helfen können.<br />

Wirkungen und Nebenwirkungen<br />

Antibiotika wirken, indem sie bakterielle<br />

Strukturen zerstören oder schädigen, die in<br />

Menschen nicht vorkommen. So verhindert<br />

beispielsweise Penicillin, dass wachsende Bakterien<br />

ihre Zellwand ausbilden können. Das<br />

hat zur Folge, dass die Mikroorganismen, die<br />

Flüssigkeit aus der Umgebung aufnehmen,<br />

platzen, da sie keine Schutzschicht mehr davor<br />

bewahrt. Im Studium der Mediziner ist es<br />

daher ein beliebter Versuch, Bakterien unter<br />

dem Mikroskop zu beobachten, denen ein wenig<br />

Penicillin zugetropft wird. Dass ein Überleben<br />

mit der Substanz nicht mehr möglich ist,<br />

sieht man an den kleinen Gebilden, die immer<br />

größer werden und schließlich zerplatzen.<br />

Das waren die Bakterien. Andere Wirkungen<br />

beruhen darauf, dass keine oder nur eingeschränkt<br />

Eiweiße gebildet werden können, die<br />

Kraftwerke der Zelle nicht mehr wirken oder


ähnliche Funktionen ausgeschaltet werden,<br />

die zum Überleben der Krankheitserreger erforderlich<br />

sind.<br />

Als Laie versteht man nicht, warum Antibiotika<br />

Nebenwirkungen haben, wenn sie doch auf<br />

Strukturen wirken, die beim Menschen nicht<br />

vorhanden sind. Die Wissenschaft hat auch<br />

darauf eine Antwort: Einzelne Zellbestandteile,<br />

die in der menschlichen Zelle vorkommen,<br />

waren ursprünglich Bakterien, die eingewandert<br />

sind. Sie bekamen z. B. geeignete Nahrung<br />

von der menschlichen Zelle, dafür lieferten sie<br />

z. B. Energie. Irgendwann gaben sie ihre Unabhängigkeit<br />

auf und wuchsen sozusagen mit<br />

dem Wirtsorganismus zusammen, werden von<br />

ihm ernährt und mit ihm vermehrt. Auf diese<br />

bakteriellen Überbleibsel wirken nun die<br />

Antibiotika und das verursacht die unangenehmen<br />

Wirkungen. Zusätzlich können noch<br />

Allergien gegen sie entstehen und es ergeben<br />

sich selbstverständlich Probleme, wenn die<br />

Darmflora durch sie komplett zerstört wird.<br />

Warum gerieten Antibiotika<br />

in Misskredit?<br />

Da Antibiotika so gut wirkten, setzte man sie<br />

immer und überall ein – auch wenn es sich um<br />

Anzeige<br />

Jetzt GRATIS-Beratungstermin<br />

vereinbaren und Prospekt anfordern:<br />

reinen Virenbefall handelte, bei dem sie nun<br />

einmal nichts ausrichten können. Nach dem<br />

Motto „viel hilft viel“ verwendete man sie auch<br />

in Krankenhäusern. Es war ja so bequem, die<br />

„Schädlinge“ sprich Keime damit in Schach<br />

zu halten. Man wendete die Medikamente in<br />

zu hohen Konzentrationen und anderweitig<br />

falsch an.<br />

Dann kam eine Entdeckung dazu: Bei Massentierhaltung<br />

stecken sich Tiere sehr leicht<br />

beim Nachbarn an, so dass man bei dieser<br />

Tierhaltung nahezu gezwungen ist, wiederholt<br />

Antibiotika auf den ganzen Tierbestand<br />

anzuwenden. Zusätzlich beobachtete man,<br />

dass die Tiere unter diesen Bedingungen mehr<br />

und schneller Fett ansetzen bzw. die Milchleistung<br />

gefördert wird. Also gab man diese „Leistungsförderer“<br />

an Kühe, Schweine, Puten etc.<br />

bis hin zu den Karnickeln im Hasenstall. Es ließ<br />

sich ja so leicht Geld mit den Medikamenten<br />

verdienen! Man verwendete in der Regel auch<br />

andere Antibiotika als für die Behandlung der<br />

Menschen, so dass man sich in Sicherheit wog<br />

und meinte, dass sie Menschen nicht schaden.<br />

Dann geschah das Unvermeidbare: es<br />

entwickelten sich Resistenzen, das heißt: die<br />

Bakterien wurden zunehmend unempfindlich<br />

gegen die „Wundermittel“.<br />

Zuhause gewählt. Zuhause geplant. Zuhause gekocht.<br />

Ideen statt Handicaps:<br />

Küchen ohne Barrieren<br />

Viele extra entwickelte Ausstattungsideen<br />

und Techniken, wie z.B. motorisch höhenverstellbare<br />

Schränke und Arbeitsflächen,<br />

machen das Arbeiten in der Küche<br />

sicherer & leichter!<br />

Unsere kompetenten Küchenplaner<br />

kommen deutschlandweit zu Ihnen nach<br />

Hause. Lassen Sie sich gratis beraten für<br />

mehr Komfort & Mobilität in Ihrer Küche!<br />

Beratungsgebiet Nord<br />

Walter.Oehlkers@kuechen-quelle.de<br />

Beratungsgebiet Süd<br />

Martin.Tischler@kuechen-quelle.de<br />

0180 - 55 62 555<br />

Montag bis Freitag 8 – 19 Uhr, Samstag 10 – 16 Uhr<br />

(14 Ct./Min. a.d. Festnetz der Dt. Telekom, max. 42 Ct./Min. a.d. Mobilfunk)<br />

Bitte Kennwort<br />

KÜCHE 609<br />

angeben<br />

medizin


medizin<br />

20<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Eigentlich kannte man diese Entwicklung ja<br />

von den Pestiziden, den sogenannten Schädlingsbekämpfungsmitteln.<br />

Bereits Insekten,<br />

die man ja sogar mit bloßem Auge erkennen<br />

kann, werden gegen die Chemikalien resistent<br />

– sprich: sie wirken einfach nicht mehr.<br />

Da war es nur logisch, dass Bakterien, die eine<br />

ungleich höhere Vermehrungsrate besitzen,<br />

sogar noch schneller gegen die Medikamente<br />

resistent wurden. Es dauerte zwar lange, aber<br />

Anfang 2006 verbot man diese Art „Leistungs-<br />

und Wachstumsförderer“ in der EU, viele andere<br />

Länder verwenden sie nach wie vor.<br />

Antibiotika überall<br />

Mehr als 70 Prozent<br />

der Bakterien, die<br />

Infektionen in Krankenhäusernverursachen,<br />

sind gegen<br />

mindestens ein Antibiotikum<br />

resistent.<br />

Außerdem gelangen Antibiotika und dagegen<br />

resistente Bakterien durch die Ausscheidungen<br />

von Mensch und Tier in die Umwelt,<br />

etwa mit dem Abwasser oder mit Klärschlamm<br />

und Gülle – dies ist nur<br />

eine von zahlreichen<br />

Möglichkeiten. Bis zu<br />

90 Prozent der eingesetzten<br />

Antibiotika<br />

aus der Tiermast scheiden<br />

die Tiere wieder<br />

aus. Diese gelangen in<br />

die Umwelt.<br />

Mehr als 70 Prozent<br />

der Bakterien, die Infektionen<br />

in Krankenhäusern<br />

verursachen,<br />

sind gegen mindestens ein Antibiotikum<br />

resistent. Außerdem sind zunehmend Mehrfach-Resistenzen<br />

(gegen bis zu zehn verschiedene<br />

Antibiotika) zu beobachten. Wiederholte<br />

Therapien mit diesen Medikamenten führen<br />

zu einer Zunahme der Unempfindlichkeit.<br />

Was man eigentlich auch schon Jahrzehnte<br />

weiß ist, dass verwandte Bakterienarten Resistenzen<br />

auf ihre „Kollegen“ übertragen können.<br />

Sie begegnen sich zum Beispiel im Darm<br />

des Menschen und ergänzen dann wunderbar<br />

die hilfreichen Eigenschaften, die sie anderswo<br />

oder auch im selben Körper infolge entsprechender<br />

Therapien erworben haben. So ist<br />

zum Beispiel unser Darmbakterium Escherichia<br />

coli mit Salmonellen verwandt. Nicht nur diese<br />

können dann mit gegenseitiger Unterstützung<br />

zusätzliche Resistenzen erwerben.<br />

Das Ergebnis: Bisherige Antibiotika, die beim<br />

Menschen eingesetzt wurden, haben keine<br />

Wirkung mehr. Ärzte, die das Problem kennen,<br />

untersuchen daher erst einmal, ob ihre<br />

Patienten gegen das Antibiotikum, das sie<br />

verordnen wollen, resistent sind. In diesem<br />

Falle, nutzt das Präparat nichts mehr. Wirken<br />

die „Wundermittel“ immer weniger, ist die<br />

„Superwaffe“ gegen unsere winzigen Feinde<br />

wirkungslos geworden und es besteht sogar<br />

Seuchengefahr.<br />

Dazu kommt, dass die Entwicklung eines Antibiotikums<br />

bis hin zum wirkungsvollen Medikament<br />

Unsummen verschlingt. Mindestens 250<br />

Millionen € pro Substanz kostet es die pharmazeutische,<br />

chemische oder sonstige Industrie,<br />

die sich seiner Entwicklung verschrieben hat.<br />

Da es sich um Wirtschaftsunternehmen handelt,<br />

die vorrangig Geld verdienen wollen, ist<br />

es nicht überraschend, dass sie keine weiteren<br />

der teuren Substanzen entwickeln.<br />

Wie sieht die Lösung aus?<br />

Tierhaltung sollte besser artgerecht und ohne<br />

obligatorischen Medikamenteneinsatz – wie im<br />

ökologischen Landbau üblich – erfolgen, das<br />

wäre zum Segen der Tiere und der Menschen!<br />

Man muss Antibiotika als das behandeln, was<br />

sie sind: eine Wunderwaffe, die man nur bei<br />

bestimmten Krankheiten in beschränkter Dosierung<br />

einsetzen kann. Wendet man sie sparsam,<br />

gezielt und verantwortungsbewusst an,<br />

so bleiben sie das, was sie ursprünglich waren:<br />

ein Wunderwerk der Medizin.<br />

Text: Dr. Andrea Flemmer


DVD für Tetraplegiker<br />

Für Betroffene mit einer Querschnittlähmung im Halsmarkbereich sowie deren<br />

Angehörige, Therapeuten und alle die Interesse an dieser Thematik haben:<br />

Unter dem Motto „Den Alltag trotz Querschnittlähmung<br />

meistern“ soll diese DVD Betroffene und deren Angehörige<br />

informieren und Mut machen, den Weg für ein möglichst selbständiges<br />

und unabhängiges Leben zu finden und ein selbstbestimmendes<br />

Leben zu führen. An praktischen Beispielen<br />

wird gezeigt, wie man – trotz hoher Querschnittlähmung im<br />

Halswirbelbereich - viele Dinge selbständig durchführen kann.<br />

Die Ursachen und Folgen einer Querschnittlähmung werden<br />

erläutert und die medizinischen Grundlagen erklärt.<br />

Lebensgestaltung<br />

In dem Ratgeber werden die Folgen derartiger Fähigkeitsstörungen<br />

aufgezeigt und der Zuschauer wird mit Hilfsmitteln für<br />

die Nutzung in verschiedenen Lebenslagen bekannt gemacht.<br />

Es werden Fragen beantwortet und Fragen angeregt. Es wird<br />

gezeigt, dass eine Änderung der Lebensgestaltung zu einem<br />

glücklichen Leben trotz Querschnittlähmung führen kann und<br />

wie eine soziale, gesellschaftliche und berufliche Wiedereingliederung<br />

erreicht wird. Ein weiteres wichtiges Thema ist Sexualität<br />

und Partnerschaft. Auch hier werden Wege und Mittel<br />

aufgezeigt und erklärt, dass man auch mit einer Querschnittlähmung<br />

eine aktive Partnerschaft erleben kann.<br />

Technische Hilfen können auch in der Lebensführung unterstützen<br />

und viele, teilweise ungeahnte Wege ermöglichen.<br />

Diese Chancen zu erkennen und für sich und die Angehörigen<br />

sinnvoll einzusetzen ist ein wichtiges Ziel in der Erstrehabilitation.<br />

Auch hier werden in verschiedenen Videoclips Beispiele gezeigt,<br />

in denen Engagement, Motivation und Aktivität eine ge-<br />

Als gut rehabilitierter <strong>Paraplegiker</strong><br />

konnte ich meinen Rollstuhl selbst<br />

selbst ins Auto einladen.<br />

So war es kein Problem für mich, als ich wieder einmal<br />

Lust hatte durch die in der Nähe liegende Großstadt zu<br />

bummeln. Ich stieg also wie gewohnt von der Beifahrerseite<br />

ins Auto, zog den Rollstuhl nach, verstaute ihn<br />

hinter dem Beifahrersitz und startete gut gelaunt.<br />

Ein Parkplatz war schnell gefunden. Im Beifahrerrückspiegel<br />

beobachtete ich bei geöffneter Tür das Geschehen<br />

auf dem Bürgersteig. Ich sah einen älteren Herrn<br />

sunde Lebensführung<br />

darstellen und Träume<br />

verwirklicht werden<br />

konnten.<br />

Was wir wollen<br />

Die Zusammenarbeit<br />

mit dem Ärzteteam,<br />

dem Pflegepersonal,<br />

den Therapeuten und<br />

Sozialpädagogen, stellt<br />

in der Erstrehabilitation<br />

eine Grundvoraussetzung<br />

für ein selbständiges<br />

Leben nach der Rehabilitation dar.<br />

Nach Eintritt dieser neuen Lebenssituation stellen sich viele<br />

Fragen, Probleme werden eintreten und Unmut wird aufkommen.<br />

Diese DVD wurde erstellt, um etwas Licht ins Dunkle zu<br />

bringen, Aufklärung zu leisten und Mut und Motivation zu<br />

vermitteln. Wir wollen informieren, beraten, helfen und aktiv<br />

unterstützen. Senden Sie uns eine Mail, rufen Sie uns an und<br />

fragen Sie uns, gerne geben wir Ihnen Auskunft.<br />

Erhältlich über www.fgq.de<br />

oder die FGQ-Zentrale in Mölsheim (s. Impressum)<br />

Text: Dirk Weber<br />

Lachen – warum nicht?<br />

mit Künstlermähne, gesenktem Kopf und offensichtlich<br />

tief in Gedanken versunken, heran stürmen.<br />

Da ich den Rollstuhl schon ausgeladen hatte, hob ich<br />

ihn noch einmal an und ließ ihn herabfallen, um den<br />

Mann aufmerksam zu machen. Mit unerwartetem Erfolg.<br />

Der Herr stutzte kurz, murmelte irgendetwas wie<br />

„kein Problem“, hob den Rollstuhl zurück in mein Auto<br />

und war schon wieder verschwunden, ehe ich mich von<br />

meiner Verblüffung erholt hatte...<br />

Text: Klaus Schwarz<br />

kultur<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

21


kultur<br />

Mehr als 140 Menschen<br />

mit Multipler Sklerose<br />

(MS) sind dem Aufruf<br />

zum COPAKTIV- Literaturwettbewerb<br />

gefolgt.<br />

Die bewegenden, humorvollen<br />

und emotionalen<br />

Einsendungen<br />

zum Thema „Mein<br />

Leben in Bewegung“<br />

beeindruckten die vierköpfige<br />

Jury und deren<br />

Vorsitzenden Bastian<br />

Sick („Der Dativ ist dem<br />

Genitiv sein Tod“). Der<br />

Wettbewerb wird von<br />

den Firmen Sanofi-<br />

Aventis und TEVA Pharma<br />

unterstützt.<br />

22<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Literaturwettbewerb zum Thema MS:<br />

» Bei aller Unterschiedlichkeit hatten die<br />

Texte eines gemein: Sie haben mich sehr<br />

berührt“, sagt Bastian Sick. Nach einer spannenden<br />

Diskussion während des Jurytages<br />

über Kreativität, literarische Qualität und Umsetzung<br />

der Thematik „Mein Leben in Bewegung“,<br />

war sich die vierköpfige Jury, bestehend<br />

aus dem Neurologen Professor Dr. Jürgen Köhler,<br />

Med. Geschäftsführer und Ärztlicher Leiter<br />

der Marianne-Strauß-Klinik, Behandlungszentrum<br />

Kempfenhausen für Multiple Sklerose<br />

Kranke, der MS-Schwester Sonja Kölzer, dem<br />

Vertreter des TRIAS Verlags Patrick Hagemann<br />

und Bastian Sick einig und kürte die ersten drei<br />

Gewinner.<br />

Der erste Platz ging an Corinna Mertens. Die<br />

29-Jährige erzählt in ihrer Kurzgeschichte von<br />

ihrer MS-Diagnose, die sie mitten in der Vorbereitung<br />

auf einen Marathon erhält. Eindringlich<br />

schildert sie den Lauf, der ihr durch die Unterstützung<br />

von Partner, Familie und Freunden<br />

zeigt, dass sie in ihrem Leben mit der MS nicht<br />

alleine ist.<br />

Bastian Sick, die drei Literatur-Preis Gewinnerinnen<br />

Corinna Mertens, Stephanie Löb und Jury-Mitglied<br />

Professor Dr. Jürgen Köhler (von links).<br />

Über den zweiten Platz kann sich Stephanie Löb<br />

mit ihrem Gedicht freuen. Auf Platz drei landete<br />

die Kurzgeschichte „Heidelbeerzeit“ von Beatrix<br />

Knebel. Der prominente Schirmherr Bastian Sick<br />

zeigte sich sehr beeindruckt von den Einsendungen.<br />

„Sprache vermag vieles, Sprache kann<br />

Türen öffnen, Brücken bauen, Horizonte erweitern,<br />

sie kann Langeweile vertreiben, Ängste<br />

mildern und Schmerzen lindern“, so Sick.<br />

Vorgestellt werden die Gewinner des Literaturwettbewerbs<br />

und ihre Einsendungen in einem<br />

Sonderheft des Patientenmagazins „COPAKTIV<br />

– Aktiv im Leben“ sowie auf www.aktiv-mitms.de.<br />

Die Website bietet Hintergrundwissen<br />

und Tipps zu MS-relevanten Themen wie Therapie,<br />

Partnerschaft, Familie und Beruf.<br />

Verlauf positiv beeinflussen<br />

MS ist eine entzündliche chronische Erkrankung,<br />

eine so genannte Autoimmunerkrankung<br />

an der mehr als 2,5 Millionen Menschen<br />

weltweit leiden. Alleine in Deutschland sind


etwa 130 000 Menschen betroffen. Frauen<br />

zwei- bis dreimal so häufig wie Männer. Die<br />

Symptome sind sehr unterschiedlich. Zu den<br />

häufigen Anzeichen gehören ständige Müdigkeit,<br />

verschwommenes Sehen, Schwächegefühl<br />

in einem oder mehreren Gliedmaßen, Sensibilitätsstörungen<br />

wie Taubheitsgefühle und<br />

Kribbeln, Steifigkeit, Schwindelgefühle, „verwaschene“<br />

Sprache oder Verlust der Kontrolle<br />

über die Blase.<br />

Die Diagnose „Multiple Sklerose“ löst bei Betroffenen<br />

große Ängste und Sorgen aus. Das<br />

zeigen Ergebnisse einer internationalen Umfrage.<br />

Demzufolge sind 71 Prozent der Befragten<br />

besorgt darüber, wie der Krankheit ihre beruflichen<br />

und privaten Beziehungen beeinflusst,<br />

und für 64 Prozent hatte die Diagnose negative<br />

Folgen auf die berufliche Karriere. Für viele Patienten<br />

bedeutet MS zunächst ein Schock, „nicht<br />

zuletzt weil Patienten fälschlicherweise annehmen,<br />

ein normales Leben sei in Zukunft nicht<br />

mehr möglich“, so Köhler.<br />

„Die Lebensqualität von MS-Betroffenen wird<br />

in hohem Maße durch Fatigue-Beschwerden<br />

(75 Prozent) und kognitive Funktionseinbußen<br />

(65 Prozent) beeinträchtigt“, sagt Köhler. Die<br />

Beschwerden treten bereits zu Beginn der Erkrankung<br />

gehäuft auf.“ Unkontrollierte Apathie,<br />

Teilnahmslosigkeit, Erschöpfung und Ermüdung<br />

belasten viele Betroffenen. Köhler empfiehlt<br />

bei Fatigue regelmäßige Pausen, Einteilung<br />

der Leistungsfähigkeit und regelmäßiges<br />

körperliches aerobes Training. Es gibt sehr viele<br />

Studien, die zeigen, dass Sport einen positiven<br />

Effekt auf viel Symptome der MS hat. Entspannung<br />

wird durch Yoga, autogenes Training und<br />

Feldenkrais erreicht. Auch Kühlung des Körpers<br />

kann Auftrieb geben.<br />

Häufig tauchen mit der Krankheit eine ganze<br />

Reihe von Fragen in Bezug auf das Leben in<br />

Partnerschaft oder Familie auf: Bin ich noch attraktiv<br />

für meinen Partner? Kann ich meiner Rolle<br />

als Vater oder Mutter noch gerecht werden?<br />

Wie sieht unsere gemeinsame Zukunft aus?<br />

Doch auch für die gesunden Familienmitglieder<br />

verändert sich einiges. Verständnis, Toleranz<br />

und Geduld sind jetzt unverzichtbar. Ängste<br />

und Befürchtungen müssen angesprochen und<br />

gemeinsam nach Lösungen gesucht werden.<br />

Falsche Vorstellungen<br />

Menschen mit MS werden immer wieder mit<br />

Vorurteilen konfrontiert und aufgrund ihrer Erkrankung<br />

als Lebenspartner oder auch Mitarbeiter<br />

und Kollege abgelehnt. Der Verlauf und das<br />

Erscheinungsbild der Erkrankung können stark<br />

variieren. Kein Wunder, dass die MS daher auch<br />

als „Krankheit mit 1 000 Gesichtern“ bezeichnet<br />

wird. Hinzu kommt auch, dass die Wissenschaft<br />

trotz großen Forschungseinsatzes das Rätsel um<br />

die Ursachen der MS bis heute nicht endgültig<br />

lösen konnte. Zudem macht die Begegnung<br />

mit einer Erkrankung wie MS vielen Menschen<br />

Angst. Unsicherheit und Angst lassen sich durch<br />

sachliche Aufklärung mindern, wenn nicht sogar<br />

auflösen: MS ist – NICHT Muskelschwund, NICHT<br />

ansteckend, KEINE psychische Erkrankung, NICHT<br />

tödlich und KEIN Hindernisgrund, um Kinder zu<br />

bekommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung<br />

an die Kinder weitergegeben wird, ist<br />

mit 1 bis 5 Prozent sehr gering.<br />

Anzeige<br />

kultur


kultur<br />

24<br />

Im Laufe der MS kann es zwar zu kognitiven Problemen, beispielsweise<br />

einem gestörten Kurzzeitgedächtnis, kommen,<br />

doch MS-Betroffene können sich mit Gedächtnisstützen<br />

helfen. Auch ihr Intelligenzniveau bleibt gleich. Manche MS-<br />

Patienten brauchen nur etwas länger, um sich an neue Situationen<br />

zu gewöhnen, und müssen ihre Energie für geistige<br />

Aufgaben etwas mehr einteilen als Nicht-Betroffene.<br />

Aktives Leben<br />

Bevor immunmodulierende Langzeittherapien zur Verfügung<br />

standen, waren viele MS-Betroffene im Verlauf der Erkrankung<br />

tatsächlich auf einen Rollstuhl angewiesen. Heute<br />

sieht die Realität – glücklicherweise – anders aus. Etwa 30<br />

Prozent der MS-Kranken haben keinerlei bleibende Gehbehinderungen.<br />

Wenn ein Rollstuhl benötigt wird, dann oft<br />

erst nach vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten der Erkrankung.<br />

In einer aktuellen Untersuchung der Deutschen Multiple<br />

Sklerose Gesellschaft (DMSG) zeigte sich sogar, dass von<br />

den 5 445 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 44<br />

Jahren und einer durchschnittlichen Erkrankungsdauer von<br />

knapp 13 Jahren nur 6 Prozent auf einen Rollstuhl angewiesen<br />

waren. 60 Prozent über 50 Jahre und 40 Prozent der Patienten<br />

über 60 Jahre benötigten keine Gehhilfe, um 100 m<br />

weit zu gehen. Viele MS-Betroffene nutzen jedoch Hilfsmittel<br />

wie Gehstock oder Rollator, um Kraft zu sparen oder sich vor<br />

Stürzen zu schützen.<br />

Die Möglichkeit, mit MS ein aktives Leben zu führen, ist vor<br />

allem der Entwicklung immunmodulatorischer Therapien zu<br />

verdanken, die im Idealfall auch der Dualität der Erkrankung<br />

gerecht werden. Die Basistherapie für die Zeit zwischen den<br />

Schüben setzt auf Substanzen, die auf das Immunsystem<br />

wirken, wie Interferon-beta. Frühe Diagnose und früher Beginn<br />

der Behandlung können das Fortschreiten der Krankheit<br />

verzögern und die Symptome mildern. „Aber genauso<br />

wichtig wie eine effektive Therapie ist es, dass die Patienten<br />

auf der psychologischen Ebene mit der Krankheit umzugehen<br />

lernen“, so Köhler.<br />

Die Multiple Sklerose wird auch als duale Erkrankung bezeichnet,<br />

da sie sowohl entzündliche als auch neuro-degenerative<br />

Vorgänge umfasst. Bereits im frühen Krankheitsstadium<br />

der MS kommt es zu den entzündlichen Prozessen im<br />

Zentralen Nervensystem, die die Krankheitsschübe hervorrufen.<br />

Außerdem schreiten Schädigungen oder sogar Verluste<br />

der Nervenfasern (Axone) von Beginn der Erkrankung an<br />

über Jahre schleichend fort – auch während der schubfreien<br />

Zeiten. Sichtbar werden diese Schäden an den Nervenfasern<br />

erst dann, wenn bleibende körperliche oder geistige Behinderungen<br />

mit entsprechenden Beeinträchtigungen der Lebensqualität<br />

entstanden sind.<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

„Daher ist es umso wichtiger, bereits im Frühstadium der MS<br />

nicht nur die Schubfrequenz und akute Entzündungsreaktionen,<br />

sondern auch mögliche Schäden an den Nervenfasern<br />

mittels immunmodulatorischer Langzeittherapie zu reduzieren“,<br />

sagt Köhler. Die Krankheit ist nicht heilbar, jedoch<br />

kann man durch die Therapie Zahl und Dauer begrenzen<br />

sowie die Intensität der Schübe mildern. In der Akuttherapie<br />

eines Schubes wird hoch dosiertes Kortison eingesetzt. Dies<br />

lässt die Entzündung und Symptome rasch abklingen. Im<br />

Rahmen der Langzeit- und Basistherapie wird am häufigsten<br />

Interferon beta und Glatirameracetat angewendet. Neu<br />

in der MS-Therapie ist die Behandlung mit dem Antikörper<br />

Natalizumab. Dieser wird bei hochaktiven Verlaufsformen<br />

der MS eingesetzt.<br />

Von einem Schub spricht man, wenn bereits zurück gegangene<br />

Symptome plötzlich wieder auftreten, neue hinzukommen<br />

oder auch vorhandene sich verschlechtern. Durchschnittlich<br />

jeder dritte MS-Schub lässt sich verhindern, das<br />

Fortschreiten mit letztlich irreparablen Schäden verzögern.<br />

Dazu müssen sich MS-Patienten das jeweilige Interferon<br />

oder Glatirameracetat regelmäßig selbst subkutan oder<br />

intramuskulär spritzen. Üblicherweise erfolgt Schulung zur<br />

Selbstinjektion bei MS durch Fachpersonal. Wichtig ist die<br />

Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Apotheken und Psychotherapeuten,<br />

auf der anderen Seite die Vernetzung der Patienten<br />

unter einander.<br />

MS-Betroffene können heute dank wirksamer Therapien ihrem<br />

Beruf nachgehen, Sport treiben, ihre Freizeit gestalten<br />

und ihre Zukunft planen. Es gibt viele Beispiele von MS-Patienten,<br />

die trotz ihrer Erkrankung ein aktives und erfülltes<br />

Leben führen.<br />

Text: Heike Stüvel<br />

Foto: privat<br />

Leben bewegen<br />

Ohne Bewegung gelebt<br />

Ohne Leben bewegt<br />

Bewegung belebt<br />

Leben erlebt<br />

Nichts<br />

Bewegt sich ohne dich


medizin<br />

Chronische Krankheiten und Behinderungen bieten<br />

einerseits jede Menge Anlass für ganz normale Trauer.<br />

Andererseits können Querschnittgelähmte oder MS-Patienten<br />

aber auch echte Depressionen entwickeln. Es lohnt<br />

sich, diese beiden Gefühle auseinander halten zu können.<br />

Depressiv<br />

oder einfach nur traurig?<br />

Nach der Diagnose Querschnittlähmung wird<br />

wohl jeder Betroffene mit Trauer, Wut, Schuldgefühlen<br />

oder auch Scham auf die plötzliche<br />

Einschränkung des bisherigen Lebens reagieren.<br />

Aber der eine Patient fängt an, seine eingeschränkte<br />

Zukunft wieder in die eigenen<br />

Hände zu nehmen und Pläne zu machen. Der<br />

andere sinkt dagegen tief ein in ein Gefühl<br />

von Wertlosigkeit, Schwäche und Hilflosigkeit.<br />

So beschreibt Diplom-Psychologe Jörg Eisenhuth<br />

ganz knapp den Unterschied zwischen<br />

Trauer und Depression. Seiner Erfahrung nach<br />

wird längst nicht jeder Patient der Werner-Wicker-Klinik<br />

depressiv. In dem Orthopädischen<br />

Schwerpunktkrankenhaus für Erkrankungen<br />

rund um die Wirbelsäule werden viele Querschnittgelähmte<br />

behandelt. Immer gehört<br />

auch das Angebot von Gesprächen mit einem<br />

Psychotherapeuten dazu.<br />

Früher hat man unterstellt, dass jeder Querschnittgelähmte<br />

typische Phasen bei der Bewältigung<br />

seines Unfalls und der neuen Lebensumstände<br />

durchläuft: Am Anfang steht<br />

bei diesem Phasenmodell der Schock, gefolgt<br />

von einem Zeitraum, in dem die neue Situation<br />

verleugnet wird. Anschließend reagiert der Patient<br />

mit Regression, so als könne er überhaupt<br />

nichts selbstständig tun. Auf diese Phase soll<br />

dann die Depression folgen, die schließlich<br />

vom Akzeptieren der Situation abgelöst wird.<br />

Heute sehen die Psychologen die gedankliche<br />

und gefühlsmäßige Bewältigung des Handikaps<br />

unter anderen Aspekten. Sie leugnen<br />

nicht, dass alle im Phasenmodell beschriebenen<br />

Verhaltensweisen auftreten können.<br />

Aber es gibt auch ganz andere Verläufe. Hauptsache,<br />

der Patient lernt, mit seiner Behinderung<br />

zu leben. Das dauert meistens ein paar Jahre.<br />

„In diesem Zeitraum erlebt man die meisten<br />

Jörg Eisenhuth,<br />

Leitender Diplom-Psychologe<br />

der Werner-Wicker-Klinik<br />

Lebenssituationen, die unter den neuen Bedingungen<br />

einer Querschnittlähmung Stress<br />

auslösend sein können“, beschreibt Eisenhuth<br />

und ergänzt: „Den meisten Menschen mit<br />

Querschnittlähmung gelingt dieser Lernprozess“.<br />

Wenn dieses Verarbeiten nicht gelingt,<br />

kann eine Depression daraus werden.<br />

Anlässe für Depressionen<br />

Natürlich können Depressionen entstehen,<br />

wenn man es einfach nicht schafft, die Querschnittlähmung<br />

als neuen Lebensumstand zu<br />

akzeptieren. Auch wer chronische Schmerzen<br />

hat, leidet häufig unter Depressionen – egal, ob<br />

der Schmerz durch die Querschnitt-Verletzung<br />

ausgelöst wird, durch Spasmen oder durch<br />

eine langjährige Überlastung der Rollstuhlfahrer-Schulter.<br />

„Manche Patienten kommen in<br />

der Reha gut zurecht, entwickeln dann aber zu<br />

Hause eine Depression“, berichtet Eisenhuth.<br />

Außerdem gibt es natürlich auch noch depressive<br />

Patienten, die ohne Querschnittlähmung<br />

ebenfalls depressiv geworden wären. Die Zah-<br />

„Manche Patienten<br />

kommen<br />

in der Reha gut<br />

zurecht, entwickeln<br />

dann aber<br />

zu Hause eine<br />

Depression“<br />

PARAPLEGIKER 4/10 25


medizin<br />

Ältere Menschen<br />

haben –<br />

statistisch gesehen<br />

– offenbar<br />

mehr Schwierigkeiten<br />

damit,<br />

die veränderten<br />

Lebensumstände<br />

zu bewältigen.<br />

26<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

len sind übrigens uneinheitlich: die Untersuchungsergebnisse<br />

reichen von 3 bis über 40<br />

Prozent depressive Querschnittgelähmte.<br />

Ältere Menschen haben – statistisch gesehen<br />

– offenbar mehr Schwierigkeiten damit, die<br />

veränderten Lebensumstände zu bewältigen.<br />

Bei ihnen sind Depressionen häufiger. „Sie<br />

sind weniger flexibel, was ihre Vorstellungen<br />

von der Zukunft angeht“, so Eisenhuth. Er beschreibt,<br />

wie flexibel Kinder mit einer Lähmung<br />

umgehen: natürlich sind sie auch manchmal<br />

traurig oder unzufrieden, suchen aber schnell<br />

nach Ideen, um sich mit der neuen Situation<br />

zu arrangieren. Schwerer haben es neben älteren<br />

Menschen auch solche, die nur über wenig<br />

Kontakte verfügen. „Familienangehörige,<br />

Freunde und Bekannte spielen eine sehr wichtige<br />

Rolle bei der Frage, wie jemand seine Situation<br />

verarbeiten kann“, weiß Eisenhuth. Angehörige<br />

sind seiner Erfahrung nach übrigens<br />

in der ersten Zeit nach dem Unfall oft stärker<br />

belastet als die Patienten selbst. Die werden<br />

offenbar von einer Art Airbag geschützt, der<br />

ihnen Ressourcen zur Verfügung stellt, die das<br />

seelische und körperliche Überleben sichern.<br />

Angehörige haben keinen solchen Airbag, sie<br />

fahren mit ihrem Schock, ihren Zukunftsängsten<br />

und Sorgen gegen die Wand, wenn sie<br />

nicht aufgefangen werden.<br />

Psychologische Unterstützung<br />

Unabhängig davon, welche Ursache besteht,<br />

macht es Sinn, eine Depression psychotherapeutisch<br />

behandeln zu lassen. „Männer gehen<br />

oft davon aus, dass sie alles alleine schaffen<br />

müssen“, beschreibt Eisenhuth, „auch die Depression“.<br />

Die Zahlen sprechen eine deutliche<br />

Sprache: Unter den Patienten mit Querschnittlähmung<br />

überwiegen in der Werner-Wicker-<br />

Klinik die Männer mit 75 Prozent. Die Patienten,<br />

die hier psychotherapeutische Gespräche in<br />

Anspruch nehmen, sind aber zur Hälfte Frauen.<br />

Ihnen fällt es offenbar leichter, über ihre Probleme<br />

zu reden…<br />

In den Querschnittgelähmtenzentrum (Adressen<br />

unter www.dmgp.at) bieten Psychotherapeuten<br />

nicht nur frisch Querschnittgelähmten<br />

Unterstützung an. Im Gegensatz zu niedergelassenen<br />

Therapeuten kann man sich hier<br />

auf einen barrierefreien Zugang verlassen.<br />

Außerdem haben die Psychotherapeuten in<br />

diesen Zentren genügend Erfahrung mit <strong>Paraplegiker</strong>n,<br />

sodass sie nicht spontan mitleidig<br />

reagieren. „Es gibt gute und kompetente niedergelassene<br />

Psychotherapeuten“, ergänzt Eisenhuth,<br />

„aber manchmal muss man ein Zuviel<br />

an Mitgefühl zurückweisen“. Er empfiehlt, auf<br />

jeden Fall mehrere Therapeuten zu einem Erstgespräch<br />

aufzusuchen. „Man muss jemanden<br />

finden, mit dem man zurechtkommt“.<br />

Depression und MS<br />

Beim Thema ‚Depression’ gibt es deutliche Unterschiede<br />

zwischen <strong>Paraplegiker</strong>n und Patienten<br />

mit Multipler Sklerose (MS). Die Gemeinsamkeit<br />

besteht sicher darin, dass beide Patientengruppen<br />

mit der Diagnose ihrer Krankheit eine<br />

ausgeprägte Veränderung ihres Lebens zu verarbeiten<br />

haben. Neben der Notwendigkeit, diesen<br />

Diagnose-Brocken zu schlucken, kommt für<br />

viele MS-Patienten allerdings noch eine Besonderheit<br />

hinzu. Sie müssen lernen, damit zu leben,<br />

dass Veränderungen in der Stimmungslage zu<br />

ihrer Krankheit dazu gehören können. „Ursache<br />

hierfür sind Veränderungen im Zentralen Nervensystem“,<br />

erklärt Prof. Dr. med. Frank Weber.<br />

Er muss es wissen: Er leitet als Oberarzt die Multiple-Sklerose-Ambulanz<br />

am Max-Planck-Institut<br />

für Psychiatrie in München und ist Mitglied<br />

des Kompetenznetzes Multiple Sklerose. In dieser<br />

Spezialambulanz für entzündliche Erkrankungen<br />

des Zentralen Nervensystems werden<br />

auch Medikamente eingesetzt, die in aktuellen<br />

Studien Erfolg versprechende Resultate auf das<br />

Prof. Dr. med.<br />

Frank Weber,<br />

Leiter der<br />

Multiple-Sklerose-Ambulanz<br />

am Max-Planck-<br />

Institut für Psychiatrie<br />

in München


Immunsystem gezeigt haben und deshalb zur<br />

Behandlung der MS zugelassen wurden: beispielsweise<br />

immunmodulatorische Substanzen<br />

wie Interferon-beta, Glatirameracetat (früher<br />

als Copolymer-1 bezeichnet), Natalizumab und<br />

Mitoxantron. Wirkung und Nebenwirkungen<br />

der verschiedenen Therapeutika werden durch<br />

engmaschige klinische und kernspintomographische<br />

Kontrollen erfasst.<br />

Im Rahmen dieser Kontrolluntersuchungen führen<br />

die Ärzte der Ambulanz natürlich auch Gespräche<br />

mit langjährig bekannten MS-Patienten,<br />

um die Auswirkungen der Medikamente auf die<br />

Stimmungslage herauszufinden. Bei leichteren<br />

Problemen empfehlen sie Gesprächstherapien,<br />

wenn die Depressionen stärker sind, werden<br />

„relativ zügig“ Medikamente gegeben. „Jeder<br />

zweite MS-Patient entwickelt eine Depression“,<br />

so Weber. Oft ist es nicht ganz leicht, zwischen<br />

krankheitstypischer Fatigue (lähmende Müdigkeit,<br />

frühere Erschöpfbarkeit) und Depression<br />

zu unterscheiden. „Allerdings ist bei Fatigue die<br />

Stimmung insgesamt eher ausgeglichen“, weiß<br />

Weber, „während bei einer Depression Antriebslosigkeit<br />

und traurige Stimmung gemeinsam<br />

auftreten“.<br />

Der MS-Experte berichtet, dass auch manche<br />

Medikamente in Verdacht stehen, Depressi-<br />

Anzeige<br />

onen auszulösen: Die Interferon-Behandlung<br />

wird bei MS am häufigsten eingesetzt, um<br />

den Krankheitsverlauf zu modifizieren. Ältere<br />

Studien fanden heraus, dass dadurch Depressionen<br />

verstärkt werden können. In neueren<br />

Studien konnte dieser Verdacht allerdings<br />

nicht bestätigt werden. „Wir verlassen uns<br />

nicht nur auf die wissenschaftlichen Ergebnisse“,<br />

fasst Weber zusammen, „sondern beobachten<br />

sehr genau, was unsere Patienten<br />

berichten“. In der Praxis heißt das: Über das<br />

Gefühlsleben wird genauso gesprochen wie<br />

über andere Symptome und notfalls wird ein<br />

Wechsel der Medikation durchgeführt, z.B.<br />

statt Interferon Glatirameracetat gegeben.<br />

Bisher gibt es nicht allzu viele Studien, die<br />

sich mit dem Zusammenhang von MS und<br />

Depressionen beschäftigen. Dabei ist dieses<br />

Thema dem MS-Spezialisten keineswegs<br />

gleichgültig: „Es nützt den Patienten, wenn sie<br />

begreifen, dass die Depression von der Krankheit<br />

kommt oder zum Beispiel bei einem Teil<br />

der MS-Kranken durch eine Cortison-Stoßtherapie<br />

verursacht wird“, erklärt er. „Diese Erkenntnis<br />

bedeutet oft eine echte Entlastung<br />

für die Kranken“.<br />

Text: Ruth Auschra<br />

Fotos: privat<br />

medizin


ericht<br />

Die RehaCare vom<br />

6. bis zum 9. Oktober<br />

in Düsseldorf konnte<br />

einen neuen Besucherrekord<br />

melden:<br />

52 500 Menschen<br />

mit und ohne Behinderungen<br />

haben die<br />

viertägige Leistungsschau<br />

besucht. Beispielhaft<br />

stellen wir<br />

hier neue Produkte<br />

von drei in ihrem Bereich<br />

führenden Unternehmen<br />

vor.<br />

Christian Au lässt sich<br />

von Otto-Bock-Mitarbeiterin<br />

Christa Weber den neuen<br />

Avantgarde3 erklären.<br />

28<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

RehaCare Düsseldorf<br />

Dreimal Neues<br />

Die wesentlichen Merkmale der neuen<br />

Generation der Avantgarde-Rollis von Otto<br />

Bock machen einen guten ersten Eindruck.<br />

Der Falter wirkt modern, ist damit zeitgemäß,<br />

macht einen stabilen Eindruck und ist – wie<br />

man das bei Otto Bock nennt – „designorientiert“,<br />

sieht also gut aus.<br />

Der Avantgarde3 löst nach acht Jahren seine<br />

Vorgängermodelle ab. Technisch bleibt das<br />

Grundkonzept als faltbarer Aktivrollstuhl mit<br />

zentraler Doppelkreuzstrebe und Anwender-spezifischem<br />

Aufbau unverändert. Eine<br />

große Auswahl an sogenannten „Pure Metall“-<br />

Farben bietet für jeden Geschmack die<br />

richtige Variante. Weitere Neuerungen sind<br />

eine weiter verbesserte Stabilität für Nutzer<br />

bis zu 140 kg Körpergewicht und die entsprechend<br />

größeren Sitzmaße.<br />

Den Avantgarde3 gibt es in drei Basis-Ausführungen:<br />

Der CV hat einen Vorderrahmen<br />

mit schwenkbaren Fußrasten-Haltern und ermöglicht<br />

dadurch beispielsweise gutes Heranfahren<br />

an Möbel und leichten Transfer, dabei<br />

ist die Entriegelung der Fußrasten-Halter<br />

auch mit eingeschränkten Handfunktionen<br />

möglich.<br />

Die sportliche Variante ist der<br />

CS mit beispielsweise beachtlicher<br />

Wendigkeit auf engem<br />

Raum und besonders gutem<br />

Rollverhalten. Die Maße sind<br />

kompakt, der Aufbau ist besonders<br />

stabil und die Fußauflage<br />

integriert.<br />

Für besonders ambitionierte<br />

Rollis wird das auch optisch<br />

bemerkenswerte Leichtgewicht<br />

CLT angeboten. Noch<br />

leichter ist die fest verschweißte<br />

Version des CLT. Alle Versionen<br />

des Avantgarde3 sind<br />

ab Januar lieferbar. Weitere Informationen bei<br />

www.ottobock.de<br />

Xenon und Easy Life von SOPUR<br />

Die herausragenden Merkmale des neuen<br />

Xenon von SOPUR, der in Düsseldorf erstmalig<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, sind<br />

eine besonders hohe Stabilität, das geringe<br />

Gewicht und das durch die neue Technik bemerkenswerte<br />

Design. Der Xenon sieht einem<br />

Starr-Rahmen-Rollstuhl zum Verwechseln<br />

ähnlich. Die Kreuzstrebe ist so flach, dass<br />

sie fast komplett unter dem Sitz verschwindet.<br />

Das bereits im SOPUR Helium bewährte<br />

Hydroforming – dabei wird der Rahmen mit<br />

Wasserdruck geformt, auf Schweißnähte wird<br />

verzichtet – gibt dem Rollstuhl die hohe Stabilität.<br />

Der Xenon wird ab Januar geliefert.<br />

Vorgestellt wurde auch der Aktiv-Faltrollstuhl<br />

SOPUR Easy Life. Für dieses von SOPUR so bezeichnete<br />

„Multitalent für aktive Menschen“<br />

werden zahlreiche individuelle Einstellmöglichkeiten<br />

genannt:<br />

• Integrierte oder abnehmbare Fußraste,<br />

die nach innen und außen abschwenkbar<br />

ist.<br />

• Höhenverstellbare Beinstütze, zusätzlich<br />

mit Knieschutz und winkelverstellbaren<br />

Fußrasten.<br />

• Neuartige, individuell anpassbare Komfort-<br />

Rückenbespannung mit Tasche.<br />

• Wahlweise Ausstattung mit Aluminium-<br />

Kleiderschutzteil oder „Desk-Seitenteil“ für<br />

mehr Komfort.<br />

• Vertikale Achsverstellung mit sieben Einstellmöglichkeiten<br />

für die ideale Sitzhöhe.<br />

• Als Farben sind orange, schwarz oder silber<br />

eloxiert lieferbar<br />

• Winkeleinstellbarer Rücken zwischen<br />

minus 9 Grad und plus 9 Grad, einfach zu<br />

verstellen.


SOPUR-Produktberater Jürgen Geider zeigt das<br />

neue Baukonzept des Xenon.<br />

Bei SOPUR geht man davon aus, dass der<br />

„fortschrittliche Allrounder“ Easy Life mit diesen<br />

Produkteigenschaften auf perfekte Weise<br />

gute Ausstattung mit hoher Individualität verbindet<br />

und eine „leistungsstarke Mobilitätslösung“<br />

für Rollstuhlnutzer aller Altersgruppen<br />

und mit unterschiedlichsten Krankheiten und<br />

Behinderungen ist. Der Easy Life ist ab sofort<br />

lieferbar. Weitere Informationen bei www.<br />

sunrisemedical.de<br />

Neuer Sitz von VEIGEL<br />

Das Unternehmen VEIGEL – bekannter Hersteller<br />

von qualifizierten Handbedienungen<br />

und Sitzen – hat ein verschiebbares Sitzsystem<br />

mit dem Namen „Slider“ vorgestellt. Das<br />

System wurde im T5 auf dem VW-Stand vorgeführt.<br />

Für den Einbau hat VEIGEL eine sehr exakte<br />

Anleitung erstellt. Beim T5 von VW wird der<br />

Sitzkasten demontiert und dafür wird das Slider-System<br />

eingesetzt, bestehend aus einem<br />

Schienensystem mit Sitzkonsole. Auf diese<br />

Sitzkonsole wird dann der Originalsitz des T5<br />

wieder aufgesetzt. Alternativ können auch<br />

spezielle orthopädische Sitze auf das System<br />

aufgesetzt werden.<br />

Mit dem Slider kann der Fahrersitz mittels kugelgelagerter<br />

Spezialschienen sehr leicht um<br />

40 Zentimeter nach hinten verschoben werden.<br />

Der Sitz kann auch mit einer Drehkonsole<br />

ausgerüstet werden, welche eine Drehung<br />

des Sitzes bis zu 180 Grad ermöglicht. Alle<br />

Funktionen sind auch elektrisch möglich, mit<br />

einer Kabel- oder auch einer Funk-Fernbedienung.<br />

Wenn ein Rollstuhlfahrer mit dem Kassettenlift<br />

von AMF Bruns in sein Auto gelangt ist,<br />

kann er leicht auf den Fahrersitz umsetzen.<br />

Nach dem Umsetzen zieht man sich durch einen<br />

Griff an das Lenkrad nach vorn, der Sitz<br />

verriegelt dann selbstständig in der vorher<br />

eingestellten Position. Die Slider-Technik ist<br />

auch für die Beifahrerseite lieferbar.<br />

Mit dem Slider-System, den Handbedienungen<br />

Classic oder Compact und dem Kassettenlift<br />

von AMF Bruns bietet VEIGEL ein<br />

komplettes Ausstattungspaket, zur Zeit für<br />

VW T5 oder den Mercedes Viano. Das Slider-<br />

System ist sofort lieferbar. Weitere Informationen<br />

bei www.veigel-automotive.de und bei<br />

www.volkswagen-nutzfahrzeuge.de/menschen-mit-behinderung.<br />

Text & Fotos:<br />

Hermann Sonderhüsken<br />

bericht<br />

Gerd Schmees,<br />

VW-Spezialist für<br />

Sondereinbauten,<br />

demonstriert die<br />

neue „Slider“-<br />

Technik am T5.<br />

PARAPLEGIKER 4/10 29


menschen<br />

ist einer der bekanntestenUnternehmensvertreter<br />

in der Deutschen<br />

Rolli-Szene.<br />

Raabe hat<br />

damals die<br />

Wichtigkeit<br />

von Rollisport<br />

erkannt und<br />

Meyra zum<br />

großen Sponsorentwikkelt...<br />

30<br />

Wolfgang Raabe<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Ein Leben<br />

für Rollis<br />

Wolfgang Raabe ist Jahrgang 1950, hat <strong>2010</strong><br />

also seinen 60. Geburtstag gefeiert. Zu seiner Geburtsort<br />

Glückstadt in Schleswig-Holstein sagt er:<br />

„Da sind meine Wurzeln, da an der Elbe, mit dem<br />

Fährbetrieb meiner Tante. Ich bin sogar mit Elbwasser<br />

getauft und in den Schulferien, Anfang<br />

der Sechziger, bin ich immer zur Oma nach Glückstadt<br />

in die Sommerfrische geschickt worden.<br />

Ich muss da immer wieder hin, in das hübsche<br />

Städtchen.“ Aber schon 1954 zogen die Eltern mit<br />

dem gerade Vierjährigen und seiner siebenjährigen<br />

Schwester Jutta nach Essen. Raabe fühlt sich<br />

als Essener, er ist vom alten Schlag der ehrlichen<br />

Ruhrgebietler, geht auf die Menschen zu und<br />

kommt in seiner freundlich-offenen Art immer<br />

gut an.<br />

Nach seinem Realschul-Abschluss machte Wolfgang<br />

Raabe bei einer Essener Werbeagentur<br />

eine Lehre als Grafischer Zeichner und studierte<br />

parallel dazu von 1968 bis 1974 bei der renommierten<br />

Essener „Folkwangschule für grafische<br />

Gestaltung“. Nach Lehrabschluss machte sich der<br />

ehrgeizige junge Mann auf die Suche nach einer<br />

entsprechenden Anstellung und fand diese 1972<br />

bei Werbeagenturen in Bielefeld und Detmold,<br />

wo er sich sowohl als Gestalter als auch als Organisator<br />

einen Namen machte und über viele Stationen<br />

bis ins Management vorrückte.<br />

In diese Zeit fällt auch das sozial-ehrenamtliche<br />

Engagement von Raabe, er war in der Jugendarbeit<br />

der evangelischen Kirche in Gütersloh ebenso<br />

aktiv wie in der gemeinnützigen und international<br />

tätigen „Round Table“-Organisation, dort<br />

bis zum Präsidenten. Über ein Inserat kam Raabe<br />

1981 zu Meyra ins ostwestfälische Vlotho-Kalldorf.<br />

Bei diesem damals größten europäischen<br />

Rollstuhl-Hersteller heuerte er als Werbeleiter an.<br />

Aktiv und guter Laune:<br />

So kennt man Wolfgang Raabe.<br />

Perspektiven entwickeln<br />

In dieser Aufgabe und bei diesem Unternehmen<br />

wurde der Grundstein gelegt für die wahren<br />

Interessen von Raabe. Hier brauchte er nicht<br />

mehr für alle möglichen, teilweise überflüssigen<br />

oder sogar unsinnigen Produkte zu werben,<br />

hier konnte er behinderten Menschen mit<br />

Produkten und Angeboten neue Perspektiven<br />

bieten. In seinen 17 Jahren bei Meyra hat Raabe<br />

diesem Unternehmen ein neues Ansehen – oder<br />

auch „Image“ – in der Rolli-Szene verschafft, hat<br />

die Außendarstellung von Meyra durch eine<br />

umfassende „Corporate Identity“ entscheidend<br />

verändert. Raabe hat damals die Wichtigkeit von<br />

Rollisport erkannt und Meyra zum großen Sponsor<br />

entwickelt, nachdem er das Unternehmen<br />

erfolgreich zur Entwicklung von Sportrollstühlen<br />

motiviert hat. Er war mit Rollisportlern/innen<br />

weltweit unterwegs, in vielen Sportarten bei allen<br />

wesentlichen Veranstaltungen, natürlich bis<br />

hin zu Paralympics.<br />

Irgendwann hatte Raabe den Eindruck, bei Meyra<br />

alles für ihn Mögliche geschafft zu haben und<br />

fasste den Entschluss, sich zu verändern. Dabei<br />

war ihm klar, dass er im Bereich der Hilfsmittel-<br />

Versorgung und im Kontakt mit behinderten<br />

Menschen bleiben wollte. So arbeitete er von<br />

1998 bis 2002 bei einer Fachhandelskette in<br />

Mittel- und Oberfranken als Berater und später<br />

auch als Geschäftsführer, seinen Wohnsitz wählte<br />

er seinerzeit in Nürnberg.


Neue Aufgabe<br />

Dann kam das Angebot von Otto Bock, das<br />

Marktmanagement im Geschäftsfeld „Mobility<br />

Solutions“ aufzubauen. Er wechselte nach Duderstadt,<br />

das aber nur mit seinem Büro, als zweiten<br />

Wohnsitz wählte er Göttingen, der erste blieb<br />

Nürnberg „der Liebe wegen“. Denn seit 1997 hat<br />

Raabe auch eine oberbayerische „Lebenspartnerin“,<br />

die ebenfalls bei Otto Bock beschäftigte<br />

Reha-Beraterin Manuela Koppatz, die mit Kompetenz<br />

in Sachen Elektro-Rollstühle berät.<br />

Wolfgang Raabe hat ab dem 1. September die<br />

Leitung der bei Otto Bock neu geschaffenen<br />

„Academie Mobility Solutions“ – zu deutsch Reha<br />

Akademie – mit Büro im thüringischen Königsee<br />

übernommen. Eine solche Einrichtung gibt es im<br />

Orthopädie-Bereich von Otto Bock schon seit etlichen<br />

Jahren. Von hier wird die Kompetenz in der<br />

Prothetik in die Otto-Bock-Welt getragen. In Königsee<br />

werden in einem modernen Werk die Rollstühle<br />

von Otto Bock gebaut. Dieses Werk wird ab<br />

dem nächsten Jahr zu einem Kommunikations-<br />

Anzeige<br />

PARAVAN® GmbH<br />

Paravan-Straße 5-10<br />

D-72539 Pfronstetten-Aichelau<br />

Telefon +49 (0)7388 9995 91<br />

info@paravan.de<br />

www.paravan.de<br />

Zentrum für den Rollstuhlbereich<br />

ausgebaut. In seiner neuen<br />

Aufgaben wird Raabe mit seinem<br />

neuen Team die Auslands-<br />

Gesellschaften von Otto Bock<br />

im Sinne des Unternehmens<br />

qualifiziert aus- und weiterbilden,<br />

denn, so beschreibt er die<br />

Motivation für seine neue Aufgabe:<br />

„Es ist ein großes Anliegen<br />

von mir, dass jeder Mensch, der<br />

im Rollstuhl aktiv ist, in<br />

wirklich sachgerechter<br />

Art von uns beraten<br />

wird. Unser Beratung-Service<br />

soll<br />

so gut sein wie<br />

unsere Produkte.“<br />

Text: Hermann<br />

Sonderhüsken<br />

Fotos:<br />

Sonderhüsken, privat<br />

PARAVAN® GmbH<br />

Niederlassung Heidelberg<br />

Bonhoefferstr. 3a<br />

D-69123 Heidelberg<br />

Telefon +49 (0)6221 7392 090<br />

heidelberg@paravan.de<br />

PARAVAN® GmbH<br />

Niederlassung Paderborn<br />

Barkhauser Str. 8<br />

D-33106 Paderborn<br />

Telefon +49 (0)5251 142 72 80<br />

nrw@paravan.de<br />

menschen<br />

Anfang der 1980er Jahre<br />

auf der RehaCare.<br />

Behindertengerechte Fahrzeuge<br />

- Für jeden Behinderungsgrad<br />

- Lösungen für alle Fahrzeugtypen<br />

Elektronisch-digitale Fahrhilfen<br />

Perfekt angepasste Rollstühle<br />

Behindertengerechte Fahrschule<br />

Mietfahrzeuge<br />

PARAVAN® GmbH<br />

Niederlassung Hamburg<br />

Bei der Apostelkirche 5<br />

D-20257 Hamburg<br />

Telefon +49 (0)40 285 122 66<br />

marco.pforr@paravan.de<br />

.de


kultur<br />

Karikaturen<br />

von<br />

Barbara Früchtel<br />

32<br />

PARAPLEGIKER4/10


Das silberne Spar-Schwein:<br />

Extrakosten für<br />

größere Packungen<br />

Dass bei Medikamenten, Hilfs- oder Heilmitteln<br />

Zuzahlungen zu leisten sind gilt schon so<br />

lange, dass wir uns an diese verdeckte Beitragserhöhung<br />

längst gewöhnt haben.<br />

Ist man nicht gesund, reduziert sich das<br />

Familieneinkommen dadurch um<br />

bis zu 2 % (bei chronisch kranken<br />

Menschen bis zu 1 %).<br />

Irgendwann dann gab es als kleines Bonbon<br />

auch Medikamente, die zuzahlungsfrei sind,<br />

also nicht den Patienten von vornherein mindestens<br />

5 € kosten. Das sind meist erprobte<br />

Monowirkstoffe, die inzwischen patentfrei sind<br />

und deshalb auch als so genannte Generika<br />

angeboten werden. So schön, so (un)gut.<br />

Denn dafür gibt es Sonderregelungen, über<br />

die man nur den Kopf schütteln kann. Der<br />

Wirkstoff Baclofen („Lioresal“) ist nur ein Beispiel<br />

dafür. Denn es gibt dutzendfach andere<br />

Medikamente, bei denen das genau so ist: Die<br />

50-Stück-Packung ist bei einigen Herstellern<br />

zuzahlungsfrei. Lässt man sich genau dieses<br />

Präparat verordnen, muss man zwar evtl. damit<br />

rechnen, dass die Apotheke das nicht vorrätig<br />

hat und es extra bestellen muss. Dafür spart<br />

man aber die Zuzahlung.<br />

Macht man aber den Fehler und will sich für<br />

ein Präparat, das man regelmäßig einnehmen<br />

muss, jeden zweiten Arzt- und Apothekenbesuch<br />

ersparen, indem man gleich die doppelte<br />

Menge auf das Rezept schreiben lässt schießt<br />

man ein teures Eigentor. Denn nur die Packungsgrößen<br />

mit 20 Stück (N 1) und 50 Stück<br />

(N 2) sind zuzahlungsfrei, die Packung mit 100<br />

Stück (N 3) aber nicht. Dafür werden dann wieder<br />

5 € fällig.<br />

Da nützt es auch nichts, sich 2 x 50 Stück (N 2)<br />

aufschreiben zu lassen. Denn die Apotheken<br />

q – querschnitt spezial<br />

sind per Gesetz verpflichtet, der Krankenkasse<br />

die größere Packung in Rechnung zu stellen,<br />

auch wenn auf dem Rezept etwas anderes<br />

steht. Die kostet unverständlicherweise manchmal<br />

sogar auch noch mehr als doppelt so viel.<br />

Bei den vielen chronisch Kranken, die ja oft von<br />

Zuzahlungen befreit sind, weil sie schon 1 %<br />

gezahlt haben wird das für die Krankenkassen<br />

richtig teuer, sonst für den Patienten.<br />

Was tut der, wenn er das weiß? Er geht für<br />

die gleiche Menge zwei Mal zum Arzt, mit zusätzlichen<br />

Fahrkosten, die evtl. auch noch die<br />

Krankenkasse zahlen muss und natürlich auch<br />

zwei Mal in die Apotheke, die ihrerseits auch<br />

zwei Rezepte zu verbuchen und abzurechnen<br />

hat. Und wer zahlt den zusätzlichen Aufwand<br />

dafür, dass es solche unsinnigen Regelungen<br />

gibt? Natürlich wir alle zusammen als Solidargemeinschaft<br />

der Krankenversicherten. Verantwortlich<br />

für diese Regelung und damit der<br />

aktuelle Preisträger ist – der Gesetzgeber.<br />

Text: Herbert Müller<br />

Kriterium für die „Ehrung“ ist<br />

die Kreativität der Begründung<br />

für eine Ablehnung. Je unsinniger,<br />

desto besser sind die<br />

Chancen. Ob man darüber eher<br />

schmunzelt oder sich mehr über<br />

die Ignoranz ärgert, bleibt jedem<br />

selbst überlassen. Vorschläge<br />

sind willkommen.<br />

Herbert Müller<br />

Rechtsbeistand im Sozialrecht<br />

der Fördergemeinschaft<br />

der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V.<br />

Freiherr-vom-Stein-Str. 47<br />

56566 Neuwied-Engers<br />

tel 0 26 22-88 96-32; Fax: -36<br />

eMail: h.mueller@engers.de<br />

PARAPLEGIKER 4/10 33


q – querschnitt spezial<br />

Neurogene Blasenfunktionsstörungen -<br />

aktuelle Behandlungsmöglichkeiten<br />

Teil 1: Konservative und<br />

minimal-invasive Therapie<br />

Von neurogen bedingten Störungen der Blasenspeicherung bzw. -entleerung<br />

spricht man, wenn im Bereich des Rückenmarks, in Zentren des Gehirns oder auch<br />

in der Peripherie Veränderungen vorliegen, die eine normale nervale Signalübertragung<br />

zur Steuerung der Harnblase behindern. Neurogene Blasenfunktionsstörungen<br />

(nBFS) können angeboren sein bzw. im Laufe des Lebens erworben werden. Zu erwähnen<br />

sind dabei neben der von Geburt an bestehenden Spina bifida, unter anderem<br />

traumatische, tumor - und gefäßbedingte Erkrankungen des Rückenmarks mit Folge<br />

einer Para- oder Tetraplegie, aber auch hirnorganische Erkrankungen wie die Multiple<br />

Sklerose, Morbus Parkinson und Schlaganfall. Operationen oder ausgedehnte<br />

Verletzungen im kleinen Becken können Ursachen für eine nBFS sein.<br />

Dauerhafte Schäden des gesamten Harntraktes<br />

bis hin zu unumkehrbaren Nierenschädigungen<br />

stellen ein sehr hohes Risiko<br />

für die Betroffenen dar, wenn die nBFS<br />

nicht konsequent behandelt wird. Harnwegsinfekte<br />

und unkontrollierter Harnabgang<br />

sind darüber hinaus die häufigsten<br />

klinischen Symptome einer Blasenfunktionsstörung.<br />

Für die Betroffenen bedeutet<br />

dies eine wesentliche Einschränkung im<br />

täglichen Leben und bei ausbleibender<br />

Therapie im<br />

Die wesentliche Voraussetzung<br />

zur Einleitung einer<br />

adäquaten Behandlung ist<br />

zunächst die exakte Diag-<br />

34<br />

nosestellung.<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Extremfall eine<br />

verkürzte Lebenserwartung.<br />

Das<br />

Ziel einer<br />

Behandlung<br />

ist daher der<br />

Schutz der Nieren<br />

und die Schaffung<br />

einer ausreichenden Speicherfunktion<br />

und druckarmen Entleerung<br />

der Harnblase. Eine kontrollierte, möglichst<br />

selbstständige Harnblasenentleerung, Reduzierung<br />

der Harnwegsinfekte und damit<br />

Vermeidung von Komplikationen sollen erreicht<br />

werden.<br />

Die wesentliche Voraussetzung zur Einleitung<br />

einer adäquaten Behandlung ist zunächst<br />

die exakte Diagnosestellung. Dazu gehören<br />

neben der klinischen Untersuchung des Patienten,<br />

die laborchemische Überprüfung der<br />

Nierenwerte, mikroskopische und mikrobiologische<br />

Urinkontrollen, der Ultraschall des<br />

gesamten Urogenitaltraktes sowie die Nierenfunktionstestung<br />

(Nierenszintigraphie). Der<br />

entscheidende Baustein zur Feststellung der<br />

Art der nBFS ist die Blasendruckmessung unter<br />

Monitoring (Blutdruck-/Pulsmessung) mit<br />

gleichzeitiger röntgenologischer Darstellung<br />

der unteren Harnwege (Videourodynamik).<br />

Spezielle Fragestellungen können mit Hilfe<br />

von Provokationstests, Elektrostimulationen<br />

und Messungen in Rückenmarknarkose beantwortet<br />

werden.<br />

Nach der anfänglichen spinalen Schockphase<br />

und einer Übergangsphase lassen sich<br />

prinzipiell eine schlaffe Blase („Areflexie“,<br />

„Niedrigdruckblase“) und eine spastische<br />

Blasenfunktionsstörung („Reflexblase“, „Hochdruckblase“)<br />

unterscheiden. Bei einem schlaff<br />

gelähmten Harnblasenmuskel ist zwar die<br />

Speicherung des Urins in der Harnblase möglich,<br />

aber die vollständige Entleerung ist nur


selten ohne entsprechende Therapie zu realisieren.<br />

Die spastische Blase stellt mit hohem<br />

Blasendruck, unkoordinierter Blasenentleerung<br />

und erhöhtem Widerstand im Bereich<br />

des Schließmuskels unbehandelt eine rasche<br />

Bedrohung für den gesamten Harntrakt dar.<br />

Aktuelle Therapiestrategien<br />

Die Erarbeitung eines individuellen Behandlungskonzeptes<br />

verlangt neben der genauen<br />

Klassifizierung der nBFS und medizinischer<br />

Röntgenbild einer spastischen Blase.<br />

Faktoren wie Lebensalter, Lähmungsart, Lähmungshöhe,<br />

körperliche und mentale Fähigkeiten<br />

auch umfangreiche Kenntnisse über<br />

das soziale Umfeld und die weitere häusliche<br />

Betreuung. Nur bei genauer Abstimmung all<br />

dieser Faktoren kann ein Therapiekonzept<br />

sinnvoll und dauerhaft umgesetzt werden.<br />

Die medikamentöse Behandlung steht bei einer<br />

nBFS an erster Stelle. Die Möglichkeit eine<br />

„Hochdruckblase“ in eine „Niedrigdruckblase“<br />

zu wandeln ist mit blasenmuskeldämpfenden<br />

Medikamenten (Anticholinergika) möglich.<br />

Der Blaseninnendruck wird gesenkt, indem<br />

die Übermittlung von Befehlen des Nervensystems<br />

an die Blasenmuskulatur gehemmt<br />

wird. Diese Medikamente stehen als Tabletten<br />

und für einen Wirkstoff auch in Pflasterform<br />

q – querschnitt spezial<br />

zur Verfügung. Bei nBFS gebräuchlich sind<br />

Substanzen, wie Oxybutynin, Trospiumchlorid,<br />

Propiverin und Tolderodine. Neuere Anticholinergika<br />

mit langsamer und selektiver<br />

Wirkstofffreisetzung sind Darifenacin, Solifenacin<br />

und Fesoterodin. Die notwendige<br />

Dosis für eine ausreichende Drucksenkung<br />

ist individuell sehr unterschiedlich und kann<br />

zum Teil sehr hoch sein. Entsprechend stellt<br />

sich das Nebenwirkungsprofil dar, welches<br />

von Mundtrockenheit, Verstopfung bis zu<br />

Seh- und Konzentrationsstörungen reichen<br />

kann. Die regelmäßige Einnahme<br />

der Medikamente ist für eine<br />

ausreichende Wirkung entscheidend.<br />

Ist eine ausreichende Dämpfung<br />

des überaktiven Blasenmuskels<br />

mit Tabletten nicht zu erreichen<br />

oder sind die Nebenwirkungen<br />

dieser Therapie für die Betroffenen<br />

nicht zu tolerieren, ist die<br />

Anwendung eines flüssigen Anticholinergikums<br />

direkt in der<br />

Harnblase möglich. Die meisten<br />

klinischen Ergebnisse liegen für<br />

Oxybutynin vor. Diese Oxybutynin-Instillationen<br />

stehen in<br />

sterilen Fertigspritzen zur Verfügung<br />

und werden aufgrund<br />

der kurzen Wirkdauer des Medikaments<br />

mehrmals am Tag in die Blase über<br />

den Katheter instilliert. Die Dosis kann individuell<br />

angepasst werden. Diese Therapie<br />

ist nebenwirkungsarm und zeigt eine gute<br />

Wirksamkeit. Durch Kombinieren von Tabletten<br />

und Fertigspritzen kann zum Teil auf eine<br />

operative Therapie (z.B. Botulinumtoxin) verzichtet<br />

werden oder andererseits die Zeit bis<br />

zu einer aus anderen Gründen notwendigen<br />

Operation überbrückt werden.<br />

Minimal-invasive Therapie<br />

Sind die medikamentösen Therapiemöglichkeiten<br />

ausgeschöpft und ist der Therapieerfolg<br />

nicht zufriedenstellend, so kann mittels einer<br />

Blasenspiegelung Botulinumtoxin- A (BTX) an<br />

ca. 30 Stellen direkt in den Blasenmuskel ge-<br />

Die regelmäßigeEinnahme<br />

der Medikamente<br />

ist<br />

für eine ausreichende<br />

Wirkung entscheidend.<br />

PARAPLEGIKER 4/10 35


q – querschnitt spezial<br />

Als Standard<br />

gilt heute der<br />

intermittierendeKatheterismus...<br />

36<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Fertigspritze zur Instillation in die Harnblase.<br />

spritzt werden. Da BTX ein sehr starkes natürliches<br />

Gift ist, welches die betroffene Muskulatur<br />

lähmt, kann die Blase durch diesen Effekt<br />

ruhiggestellt werden. Die Wirkungsdauer dieser<br />

Therapie ist begrenzt und liegt zwischen<br />

neun und zwölf Monaten, dann muss erneut<br />

BTX gespritzt werden. Nebenwirkungen sind<br />

selten.<br />

Intermittierener Katheterismus<br />

Konnte mit den vorbeschriebenen therapeutischen<br />

Maßnahmen eine ausreichend speichernde<br />

„Niedrigdruckblase“ geschaffen werden<br />

oder liegt eine schlaffe Blasenlähmung vor,<br />

muss eine regelmäßige Entleerung der Harnblase<br />

gewährleistet werden. Als Standard gilt<br />

heute der intermittierende Katheterismus, der<br />

als Selbst- und Fremdkatheterismus durchge-<br />

Endoskopische Ansicht der Harnblase während<br />

der BTX-Injektion.<br />

führt werden kann. Der Katheterismus erfolgt<br />

aseptisch, also mit sterilen Materialien.<br />

Um eine Blasenüberdehnung zu verhindern,<br />

muss etwa fünfmal täglich katheterisiert werden<br />

und das maximale Blasenvolumen sollte<br />

500ml nicht überschreiten.<br />

Dauerkatheter sollten nur in Ausnahmefällen<br />

verwendet werden, da u.a. chronische Harnwegsinfekte<br />

und ein deutlich erhöhtes Blasenkrebsrisiko<br />

resultieren können. Besonders<br />

bei hochgelähmten beatmungspflichtigen<br />

Patienten kann jedoch die Dauerableitung<br />

mit einem Bauchdeckenkatheter (sog. suprapubischer<br />

Katheter) eine Alternative darstellen.<br />

Da etwa 20% der Querschnittgelähmten mit<br />

einer nBFS operativ versorgt werden müssen,<br />

werden im 2. Teil des Beitrages in der nächsten<br />

Ausgabe die operativen Therapieoptionen ausführlich<br />

dargestellt und auf Prophylaxe (Vorbeugung)<br />

und Nachsorge eingegangen.<br />

Autorin: Dr. med. Ines Kurze<br />

Leitende Ärztin, Abt. Neuro-Urologie, Klinik f.<br />

Wirbelsäulenchirurgie u. Querschnittgelähmte<br />

Zentralklinik Bad Berka<br />

Robert-Koch-Allee 9, 99437 Bad Berka<br />

tel 03 64 58-54 14 05<br />

eMail: ines.kurze@zentralklinik.de<br />

www.zentralklink.de<br />

FGQ trauert um Eddi Zinner<br />

Eddi Zinner hat für die FGQ im Stützpunkt Hessisch<br />

Lichtenau querschnittgelähmte Patienten<br />

beraten. Er starb am 9. September im Alter von<br />

61 Jahren. 1982 war er mit dem Fallschirm verunglückt<br />

und seitdem querschnittgelähmt. Bereits<br />

zwei Jahre später absolvierte er die Ausbildung<br />

zum Fachübungsleiter und motivierte seitdem<br />

viele frisch Querschnittgelähmte über den Sport.<br />

Er organisierte Selbstverteidigungskurse und ermunterte<br />

viele Betroffene in Kassel und Umgebung<br />

zu einem aktiven Leben. Die Fördergemeinschaft<br />

der Querschnittgelähmten hat einen<br />

wertvollen Mitarbeiter verloren.


Querschnittgelähmte in Europa (III):<br />

Ungarn – „Rehabilitation<br />

ist eine Investition“<br />

Das sagt Ihnen vermutlich sehr wenig: Mozgáskorlátozottak Egyesületeinek Országos<br />

Szövetsége – es sei denn, Sie sind des Ungarischen mächtig. Die schier unaussprechlich<br />

scheinenden Wörter stehen für den ungarischen „Nationalen Verband der Vereine<br />

von Gehbehinderten“ (MEOSZ), den wir Ihnen im Rahmen unserer PARA-Serie über<br />

die Situation von Querschnittgelähmten in anderen europäischen Ländern vorstellen<br />

möchten. Wir sprachen mit dem Präsidenten des MEOSZ, Dr. Lajos Hegedűs.<br />

? Herr Dr. Hegedűs, wie Sind Sie persönlich zum<br />

Ungarischen Gehbehinderten-Verband gekommen?<br />

Mit zwei Jahren wurde mein linkes Bein durch Polio<br />

gelähmt, ich bin also selbst betroffen. Ich lebe, lernte und<br />

arbeite in einer integrierten Umgebung, nur während<br />

meiner Behandlungen im Krankenhaus kam ich mit<br />

anderen Gehbehinderten in Kontakt. Im Jahr 1980 – im<br />

Zusammenhang mit dem von der UN ausgeschriebenen<br />

Jahrzehnt der behinderten Menschen – habe ich mit<br />

mehreren Kollegen an meinem Wohnort den Verein der<br />

Gehbehinderten im Komitat [regionale Verwaltungseinheit<br />

in Ungarn, Anm. der Red.] Somogy gegründet.<br />

Ich wurde zu dessen Präsident gewählt und habe dieses<br />

Amt auch heute noch inne. Im Zuge der Vereinsarbeit<br />

kamen wir noch im Jahr 1980 mit anderen, ebenfalls<br />

neu gegründeten Komitats-Vereinen in Kontakt und<br />

beschlossen, einen nationalen Verband der Vereine<br />

Gehbehinderter zu gründen, was 1981 auch geschah.<br />

Ich bin ehrenamtlich tätig und lebe von meiner Arbeit als<br />

Rechtsanwalt.<br />

? Wie viele Mitglieder hat Ihr Verband?<br />

Zurzeit gibt es in Ungarn 112 selbstständige Mitgliedsvereine.<br />

Diese haben mehr als 800 Ortsgruppen in den<br />

bedeutenderen Gemeinden des Landes. Die Mitgliedsvereine<br />

zählen mehr als 210 000 Mitglieder. Vor 1981<br />

gab es in Ungarn keine landesweite Bewegung für<br />

Gehbehinderte. Unser Verband ist die größte zivile<br />

Bewegung Ungarns. Im Verband und den Mitgliedsvereinen<br />

sind Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen<br />

zu finden; es gibt nur wenige selbstständige<br />

Organisationen, die sich ausschließlich mit einer<br />

bestimmten Gehbehinderung befassen. Beinahe alle<br />

in Ungarn arbeitenden und gehbehinderte Menschen<br />

vertretenden Organisationen sind Mitglied der MEOSZ.<br />

Leitet den nationalen Gehbehinderten-Verband von Ungarn:<br />

Dr. Lajos Hegedűs.<br />

? Geben Sie eine Mitglieder-Zeitschrift heraus?<br />

Monatlich erscheint das „Humanitás” (Menschlichkeit)<br />

betitelte, bunte Magazin in einer Auflage von 10 000<br />

Stück, das per Abonnement bezogen werden kann. Alle<br />

Mitgliedsvereine geben wenigstens einmal jährlich oder<br />

öfter Newsletter heraus. Für die Leiter und Gruppenleiter<br />

der Mitgliedsvereine geben wir monatlich die<br />

Vereinsnachrichten mit den neuesten professionellen<br />

und rechtlichen Informationen in einer Auflage von<br />

1000 Stück heraus. Wir haben eine interaktive, für jede<br />

Behinderten-Gruppe erreichbare thematische Website:<br />

www.meosz.hu. Die meisten unserer Mitgliedsvereine<br />

haben auch eine eigene, örtliche Website.<br />

Bewusstsein ändert sich nur langsam<br />

? Wie würden Sie allgemein das Klima gegenüber<br />

Körperbehinderten in Ungarn beschreiben?<br />

PARAPLEGIKER 4/10 37


Öffentlicher Einsatz<br />

für eigene Rechte:<br />

Ungarische Gehbehinderte<br />

bei einer<br />

Demonstration.<br />

38<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Auf welches Verhalten trifft man zum Beispiel, wenn<br />

ein Rollstuhlfahrer um Hilfe bei der Überwindung einer<br />

Barriere bittet, etwa beim Einsteigen in einen Bus?<br />

Das gesellschaftliche Bewusstsein ist in den verschiedenen<br />

Kreisen sehr unterschiedlich und ändert sich nur<br />

sehr langsam. In den vergangenen Jahren konnten wir<br />

auf diesem Gebiet eine große, positive Veränderung<br />

feststellen, immer mehr Menschen akzeptieren und<br />

unterstützen Behinderte im alltäglichen Leben. Eine vollständige<br />

Integration kann jedoch nur schrittweise, durch<br />

Jahrzehnte währende Arbeit erreicht werden, da noch<br />

immer viele Menschen die Werte von Behinderten nicht<br />

erkennen und sie daher eher als Last betrachten.<br />

? Gibt es in Ungarn gesetzliche Vorschriften, die körperbehinderte<br />

Menschen vor Diskriminierung schützen?<br />

In Ungarn sind folgende Gesetzesvorschriften in Kraft:<br />

• Die UN-Charta über die Rechte von Menschen mit<br />

Behinderungen wurde von Ungarn 2007 als erstem Land<br />

unterzeichnet und ratifiziert.<br />

• Seit 2003 verbietet das Gesetz bezüglich der Gleichberechtigung<br />

auf jedem Lebensgebiet die Benachteiligung<br />

von Menschen mit Behinderungen.<br />

• Seit 1999 regelt das Gesetz über die Rechte von Behinderten<br />

und die Gewährleistung der Gleichberechtigung<br />

die Verpflichtungen des Staates und der Gesellschaft bezüglich<br />

der gesellschaftlichen Akzeptanz von Behinderten.<br />

• Das Gebäude-Gesetz legt die Verpflichtung zur Barrierefreiheit<br />

von öffentlichen Gebäuden fest sowie die<br />

diesbezüglichen Minimalvoraussetzungen im Falle von<br />

Neubau und Umbau.<br />

Mehr Barrierefreiheit durch<br />

EU-Subventionen<br />

? Wie sieht es denn in der Realität mit der Barrierefreiheit<br />

in öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsmitteln aus?<br />

In den vergangenen Jahren haben die EU-Subventionen<br />

viel zur Verbesserung der Barrierefreiheit beigetragen. In<br />

den öffentlichen Einrichtungen der Stadtverwaltungen<br />

und der nationalen Verwaltung (Behörden, Schulen,<br />

Krankenhäuser, soziale Einrichtungen) beträgt die<br />

Barrierefreiheit durchschnittlich 65 Prozent, es gibt aber<br />

bedeutende Unterschiede zwischen kleinen Gemeinden<br />

und größeren Städten. Die öffentlichen Dienstleister<br />

(Gas- und Stromversorger, Banken, Versicherungen,<br />

Geschäfte, Restaurationsbetriebe und Touristik) sind<br />

durchschnittlich zu 30 Prozent barrierefrei, örtliche Busse<br />

zu ca. 40 Prozent und örtlicher schienengebundener Verkehr<br />

(Trambahnen) zu ca. 15 Prozent. U- und S-Bahnen<br />

sind nicht barrierefrei. Bei Nahverkehrsbussen liegt die<br />

Bei einer Kundgebung des MEOSZ.<br />

Barrierefreiheit bei ca. 15 Prozent, bei Überlandbussen<br />

bei ca. 5 Prozent. Eisenbahnen und Bahnhöfe im Binnenverkehr<br />

sind zu ca. 20 Prozent barrierefrei, internationale<br />

Züge zu ca. 30 Prozent.<br />

? Kommt ein Rollstuhlfahrer im Allgemeinen gut in<br />

Restaurants oder Kneipen?<br />

Etwa 20 Prozent der Restaurants, Gaststätten und Hotels<br />

sind mehr oder weniger barrierefrei. Es kommt aber<br />

oft vor, dass zwar der Zugang möglich ist, es aber kein<br />

barrierefreies WC gibt.<br />

? Gibt es rollstuhlgerechte öffentliche Toiletten in<br />

den Stadtzentren?<br />

In Ungarn sind öffentliche WCs leider sehr selten, und<br />

die allermeisten bestehenden sind nicht barrierefrei.<br />

? Verfügen die Rollstuhlfahrer in Ungarn über einen<br />

Europaschlüssel für die Toiletten?<br />

Es gibt keine solche Dienstleistung, da es praktisch keine<br />

öffentlichen, mit Schlüssel zu öffnenden barrierefreien<br />

WCs gibt.


Symbolik: Die Mauer muss fallen – auch in Ungarn.<br />

? Haben Sie Informationen über die Ursachen von<br />

Querschnittlähmungen in Ungarn, also wie viel Prozent<br />

z.B. Freizeitunfälle sind?<br />

Die meisten Lähmungen, ca. 60 Prozent, haben ihre<br />

Ursachen in Herz-Kreislauferkrankungen (Gehirnblutung,<br />

Schlaganfall). Ca. 15 Prozent sind Lähmungen<br />

durch Sauerstoffmangel bei der Geburt, Lähmungen<br />

durch Unfall ebenfalls ca. 15 Prozent. Sonstige Ursachen<br />

(Tumore, andere Krankheiten): ca.10 Prozent.<br />

? Gibt es in Ungarn medizinische Aufklärungskampagnen<br />

über die Gefahr, eine Querschnittlähmung zu bekommen,<br />

zum Beispiel durch Bade- oder Motorradunfälle?<br />

Ja, aber sehr selten.<br />

Anzeige<br />

100 %<br />

barrierefrei<br />

Bad Herrenalb · Schwarzwald<br />

Wellness für Alle!<br />

Siebentäler Therme<br />

mit Lifter<br />

Kurpromenade 23/1<br />

76332 Bad Herrenalb<br />

Informationen & Zimmerreservierung<br />

Telefon: 07083 / 5002-0<br />

Telefax: 07083 / 5002-299<br />

mail: info@hotelak.de · www.hotelak.de<br />

Materielle Unterstützung ist relativ<br />

? Erhalten Querschnittgelähmte in Ungarn materielle<br />

Unterstützung vom Staat oder anderen Institutionen,<br />

etwa bei der Umrüstung des Autos, dem barrierefreien<br />

Umbau der Wohnung sowie bei der Rehabilitation?<br />

Es gibt eine materielle Unterstützung für den barrierefreien<br />

Umbau der Wohnung. Die Summe ist im Verhältnis<br />

zu den Preisen sehr gering – ca. 1200 €. Ein Behinderter<br />

kann sie in seinem Leben nur einmal in Anspruch<br />

nehmen. Für den Kauf und Umbau von PKWs gibt es<br />

ebenfalls materielle Unterstützung, auch hier ist die<br />

Summe im Verhältnis zu den Preisen sehr gering: ca.<br />

1250 €, d.h. zehn Prozent des Preises eines durchschnittlichen<br />

Autos. Diese Unterstützung kann auf dem Papier<br />

alle sieben Jahre, in der Wirklichkeit durchschnittlich alle<br />

acht bis zehn Jahre in Anspruch genommen werden.<br />

? Gibt es so etwas wie Erwerbsunfähigkeitsrenten<br />

für einen Querschnittgelähmten?<br />

Spezielle, für Gelähmte bestimmte Erwerbsunfähigkeitsrenten<br />

gibt es nicht, es gibt aber eine allgemeine<br />

Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 65 Prozent des<br />

Gehaltes vor dem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit; wenn<br />

kein Gehalt anrechenbar ist, dann sind es ca. 800 € im<br />

Monat. Es gibt auch eine spezielle Behinderten-Unterstützung,<br />

diese hängt vom Grad der Behinderung ab<br />

und beträgt ca. 600 € im Monat.<br />

Ihr neues Urlaubshotel im Naturparadies Nordschwarzwald<br />

2 x Übernachtungen im DZ<br />

2 x reichhaltiges Frühstücksbuffet<br />

2 x 3-Gang Gourmet-Menü<br />

Freier Eintritt in die Wellness Welt<br />

der Siebentäler Therme inkl.<br />

3 ausgewählte Anwendungen!<br />

Genießertage Angebot: € 195,-<br />

Im DZ pro Person, inkl. Vitalhalbpension<br />

EZ plus € 10,- pro Tag.<br />

61 Zimmer, davon 34 Appartements,<br />

alle rollstuhlgerecht und mit Notrufsystem,<br />

auf Wunsch mit Pflegebett ausgestattet<br />

Alle Zimmer mit LAN/DSL<br />

Service: Bei Bedarf kann der im Haus<br />

ansässige Pfegedienst beauftragt werden.<br />

Sauna, Wellness-Wanne und Pflegebad<br />

Restaurant / Wintergarten


Leider ist die<br />

Versorgungs-<br />

Qualität der<br />

Reha-Abteilungen<br />

– in<br />

erster Linie aus<br />

finanziellen<br />

Gründen – weit<br />

unter dem<br />

Durchschnitts-<br />

Niveau der<br />

entwickelten<br />

europäischen<br />

Staaten.<br />

40<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

? Wie ist der medizinische Versorgungsstand<br />

in Ungarn? Gibt es spezielle Querschnitt-Zentren, in<br />

denen akut Querschnittgelähmte versorgt werden?<br />

In Budapest besteht eine nationale Einrichtung<br />

mit speziellen Abteilungen zur Versorgung der Para-<br />

und Tetraplegiker. Außerdem gibt es in jedem<br />

Komitat in wenigstens einem Krankenhaus eine<br />

Abteilung zur Rehabilitation von Gelähmten. Leider<br />

ist die Versorgungs-Qualität der Reha-Abteilungen<br />

– in erster Linie aus finanziellen Gründen – weit unter<br />

dem Durchschnitts-Niveau der entwickelten europäischen<br />

Staaten.<br />

?Haben Sie einen bestimmten Wunsch an die Politik?<br />

In Ungarn gibt es alle gesetzlichen Voraussetzungen,<br />

welche eine bessere Lebensqualität für Behinderte<br />

sichern würden. Zur Verwirklichung stehen<br />

Die grundlegenden Aufgaben des MEOSZ<br />

• Interessenvertretung auf nationaler und örtlicher (Komitat, Stadt) Basis<br />

• Sachverständigenarbeit bezüglich Barrierefreiheit und auf sonstigen, sozialen Gebieten<br />

• Mitwirkung an der Verteilung bestimmter staatlicher Leistungen an Gehbehinderte, z.B. Sachbearbeitung<br />

der Unterstützung für barrierefreies Wohnen, Sachbearbeitung der Unterstützung<br />

zum Autokauf etc.<br />

• Organisation von Zusammenschlüssen mit dem Ziel der Integration: Organisation von kulturellen,<br />

Freizeit-, Sport-, touristischen und sonstigen Programmen<br />

• Dienstleistungen betreffend Wahrung und Unterstützung von Einrichtungen und Unternehmen<br />

„Toleranz gegenüber Behinderten stärken“<br />

Brigitte Welcker ist geborene Deutsche, hat sich aber 1984<br />

im Alter von 21 Jahren Ungarn als neues Heimatland gewählt.<br />

Sie arbeitete dort als Fremdenführerin, Übersetzerin/Dolmetscherin<br />

und Fremdsprachensekretärin, aber auch<br />

als künstlerische Assistentin beim Theater. Über sich selbst<br />

aber nur sehr geringe Ressourcen im Budget zur<br />

Verfügung. Die Qualität und Menge der Leistungen<br />

kann nur mit weitreichenden staatlichen Unterstützungen<br />

gefördert werden. Leider haben die ungarischen<br />

Verantwortlichen noch nicht die Einsicht,<br />

die Rehabilitation als Investition anzusehen und<br />

nicht als pure Ausgabe. Als Resultat der Rehabilitation<br />

kann der Behinderte später sich selbst und seine<br />

Familie unterhalten, ein selbstständiges Leben<br />

führen, lernen, arbeiten und so Steuerzahler und<br />

Sozialabgaben-Einzahler werden, statt vom staatlichen<br />

Unterhalt leben zu müssen.<br />

Herr Dr. Hegedűs,<br />

herzlichen Dank für dieses Gspräch.<br />

Interview: Arndt Krödel<br />

Übersetzerin: Brigitte Welcker<br />

Fotos: MEOSZ<br />

Brigitte Welcker<br />

Foto: privat<br />

schreibt sie: „Mich hat schon immer die Lage von Menschen mit Behinderungen interessiert, vor allem<br />

deren weitaus schlechteren Lebensbedingungen in Ungarn – im Gegensatz zu anderen europäischen<br />

Ländern. Vor drei Jahren habe ich eine Veranstaltung ins Leben gerufen, welche es sich zum Ziel gesetzt<br />

hat, die gesellschaftliche Integration von behinderten Menschen und die Toleranz ihnen gegenüber<br />

zu stärken (www.kez-a-kezben.gportal.hu). Sie vermittelt Behinderten und Nicht-Behinderten<br />

ein Forum auf einem barrierefreien Reiterhof, der sich mit Reittherapie befasst und zwangloses Zusammenkommen,<br />

Ausstellungen, Vorführungen, interaktive Tätigkeiten und anderes bietet. Es ist als<br />

Laune des Schicksals zu sehen, dass ich seit dem 1. Juli <strong>2010</strong> aus medizinisch nicht zu ermittelndem<br />

Grund ebenfalls <strong>Paraplegiker</strong> geworden bin und nun ‚aus erster Hand’ die Schwierigkeiten erfahre,<br />

welche Behinderte hier zu überwinden haben.“


FGQ-Fortbildung für Beratende:<br />

„Teilhabe, Hilfsmittel, Pflege“<br />

In unregelmäßigen Abständen treffen sich beratende<br />

FGQ-Mitglieder aus Stützpunkten und Kontaktstellen<br />

sowie aus den Arbeitsgemeinschaften (AG), um<br />

sich auszutauschen und um Neues zu erfahren.<br />

Die Fördergemeinschaft berät an den Akut-Kliniken<br />

mit einem abgestuften System, das von der medizinischen<br />

Leitung über den Sozialdienst bis zu erfahrenen Patienten<br />

reicht. Außerhalb der Kliniken beraten die Kontaktstellen<br />

und die Arbeitsgemeinschaften, in denen erfahrene, meist<br />

selbst betroffene Fachleute sitzen. Das für Austausch und<br />

Fortbildung gedachte „FGQ-Stützpunkt-Symposium“ fand<br />

<strong>2010</strong> am 18. September in der Manfred Sauer Stiftung in<br />

Lobbach statt.<br />

In der Vorstellungsrunde und während der Diskussionen<br />

war einiges fachlich interessantes aber auch persönliches<br />

über die Teilnehmer zu erfahren. Pius Preisinger vom FGQ-<br />

Stützpunkt Murnau z.B. setzt als Geheimwaffen Nussecken<br />

ein, Bärbel Wilkes berät in der Bochumer Klinik in Zusammenarbeit<br />

mit einer Psychologin Frauen unter anderem<br />

über den Zusammenhang zwischen Selbstbewusstsein und<br />

attraktiver Kleidung. Dirk Weber vom Stützpunkt Greifswald<br />

hat eine DVD erstellt, die besonders bei hoher Querschnittlähmung<br />

hilfreiche Tipps gibt (erhältlich über die FGQ-Zentrale<br />

in Mölsheim, Adr. siehe Heftende).<br />

Das Plenum diskutierte über Probleme der (verkürzten)<br />

Rehabilitation und des gestiegenen Durchschnittsalters<br />

von Querschnittgelähmten. Das Angebot der FGQ an Zeitschriften<br />

und Broschüren, namentlich der jährlich erscheinenden<br />

„FGQ“ wurde gelobt. Andreas Berghammer, Sozialdienstleiter<br />

in Bayreuth, berichtete einerseits von Problemen<br />

in der „Akutbehandlung“ und andererseits einer direkten<br />

Zusammenarbeit mit Medizinischem Dienst und AOK vor<br />

Ort. Katrin Gabler vom Akademischen Förderungswerk Bochum<br />

referierte zum Thema „Pflegeversicherung – Der Antrag<br />

auf Einstufung“. Rechtsanwalt Oliver Negele (AG Recht<br />

mit Gottfried Weller) berichtete aus seiner Arbeit. Hier geht<br />

es vor allem um die Entschädigung querschnittgelähmter<br />

Unfallopfer, PARA-Leser wissen mehr (Artikel-Serie in den<br />

letzten Ausgaben).<br />

Manfred Sauer erklärte das Konzept der nach ihm benannten<br />

Stiftung. Sie verfolgt vor allem das Ziel, die Leistungs-<br />

Von links nach rechts: Ilka Müller, Christian Joachimi,<br />

Brigitte Seiferheld, Uwe Albert, Bärbel Wilkes.<br />

bereitschaft Querschnittgelähmter zu fördern, um erfahrene<br />

„Hilfe zurück zu geben“ und das „Leben zu bejahen“. Dazu gibt<br />

es mehrere Tätigkeitsfelder, auf denen die Stiftung Angebote<br />

macht: Gesundheit (Physio, Fitness, Wellness), Ernährung<br />

(Immunsystem, Darm, Wohlbefinden) und exemplarische<br />

Werkstätten (Kreativität, Handwerk). Es sollen Perspektiven<br />

vermittelt und Sinnfindung unterstützt werden. Besonders<br />

erfolgreich sind die Werkstätten und das Wellness-Angebot.<br />

Querschnittgelähmte können in der Stiftung zu ermäßigten<br />

Preisen übernachten und einige Angebote kostenlos nutzen<br />

(www.manfred-sauer-stiftung.de).<br />

Als letzter Höhepunkt der Veranstaltung erwies sich das Referat<br />

Christian Joachimis, des inzwischen verstorbenen langjährigen<br />

zweiten Vorsitzenden der FGQ, „Teilhabeplan – was<br />

ist das?“. Eine „große Chance“ nannte er die „UNO-Behinderten-Menschenrechtskonvention“,<br />

die von Deutschland anerkannt<br />

und unterzeichnet wurde und inzwischen international<br />

geltendes Recht ist. Sie regelt sehr umfassend die Rechte von<br />

Menschen mit Behinderung. In Bonn fungiert die BG Bonn<br />

e.V., deren Vorsitzender Christian Joachimi bis zu seinem Tod<br />

war, als Behindertenbeauftragte. Genutzt werden soll die<br />

einmalige Chance eines Teilhabeplans („Bonn inklusiv“), der<br />

alle Bereiche betrifft (Erziehung, Bildung, Arbeit, Wohnen,<br />

Budget, Kultur, Freizeit, Gesundheit, Pflege, Barrierefreiheit,<br />

besondere Aspekte wie Migration und Altersentwicklung).<br />

Tragisch, dass Christian Joachimi die Verwirklichung dieser<br />

Perspektiven nun nicht mehr erleben wird.<br />

Text: Peter Mand<br />

Foto: Harry Baus<br />

q – querschnitt spezial<br />

PARAPLEGIKER 4/10 41


q – querschnitt spezial<br />

42<br />

Zum Tod von Christian Joachimi<br />

Vorstand und Mitglieder der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten in<br />

Deutschland e.V. trauern um ihr Gründungsmitglied, den langjährigen Geschäftsführer<br />

und stellvertretenden Vorsitzenden Christian Joachimi.<br />

Für viele war sein überraschender<br />

Tod ein Schock. Noch am 18. September<br />

referierte er gutgelaunt und voller<br />

Zukunftshoffnungen auf dem FGQ-<br />

Symposium in Lobbach. Abends saß<br />

er mit uns beim Wein, wirkte fit, dem<br />

Leben und der Liebe zugewandt wie<br />

schon lange nicht mehr. Am 26. Oktober<br />

starb er im Alter von 61 Jahren an<br />

einer erst kurz davor erkannten weit<br />

fortgeschrittenen Krankheit.<br />

Christian Joachim hat seine hohe<br />

Querschnittlähmung, die ihn seit<br />

einem Badeunfall<br />

1967, kurz nach<br />

dem Abitur, zeitlebens<br />

von der Hilfe<br />

anderer abhängig<br />

machte, nicht nur<br />

bewältigt, sondern<br />

in ein engagiertes<br />

Leben umgesetzt.<br />

Das kommentierte<br />

er selbst gern lakonisch:<br />

„Studium, Beruf,<br />

Heirat.“ Wichtig<br />

ist ihm gewesen, „etwas<br />

zurückzugeben,<br />

was man bekommen hat.“ Aber auch: „etwas voranbringen<br />

auf dem mühsamen Weg der Veränderung“. Bereits während<br />

seines Jura-Studiums in Marburg hatte er sich dafür<br />

eingesetzt, dass Studentenwohnheime nicht nur mit Behinderten,<br />

sondern gemischt belegt werden sollten.<br />

Oft wirkte er im Verborgenen, viele können solche Geschichten<br />

erzählen wie unser Leser Clemens Schwan:<br />

„Christian war im August 1970 zum Auftrainieren in Schlierbach<br />

und hatte wohl die Diskussion mitbekommen, in der<br />

die Weißkittel über meine weitere Karriere grübelten. Nach<br />

zehn sehr kritischen Wochen an der Tetra-Kopfklammer auf<br />

dem Pack-Bett hatte sich das Leben dann doch für mich<br />

entschieden. Christian kam fast täglich an meine Bettkante<br />

gerollert und beschwor mich nachgerade, wenigstens<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

einen Versuch an der Uni Marburg zu<br />

starten, mit anderen Fächern. Es (…)<br />

sollte mein Glückslos werden.“<br />

Nach seinen Examen arbeitete Christian<br />

Joachimi mehr als zehn Jahre für<br />

das Landesarbeitsamt. 1981 gründete<br />

er die FGQ mit, später auch die Deutsche<br />

Stiftung Querschnittlähmung.<br />

Seine vorzeitige Pensionierung aus gesundheitlichen<br />

Gründen ermöglichte<br />

ihm die jahrelange ehrenamtliche Geschäftsführertätigkeit<br />

für die Fördergemeinschaft<br />

von Bonn aus. Die Struktur<br />

der FGQ als bundesweiter<br />

Verein,<br />

das System der<br />

Stützpunkte und<br />

Arbeitsgemeinschaften<br />

basiert<br />

bis heute in grossen<br />

Teilen auf seinen<br />

Konzepten.<br />

Aus privaten<br />

Gründen folgte<br />

ein Auslandsaufenthalt.<br />

Seit der<br />

Rückkehr 2002<br />

war er wieder in<br />

der FGQ aktiv und inzwischen auch Vorsitzender der Behindertengemeinschaft,<br />

die in Bonn die Funktion einer Behindertenbeauftragten<br />

wahrnimmt.<br />

Gerade hier lag Christians große Hoffnung, in der Verwirklichung<br />

des Konzeptes „Bonn inklusiv“ (siehe auch vorstehenden<br />

Bericht). Hier schloss sich ein Kreis, in dessen<br />

Verlauf ich ihm häufig begegnet war. Auch ich habe ihn in<br />

den Siebzigern in Schlierbach erlebt, wie er Grenzen nicht<br />

akzeptierte, seine und die anderer, wie er mit vielen redete,<br />

Veränderungen erreichte. Seine Diplomatie war oft charmant,<br />

manchmal sarkastisch, beharrlich und fast immer<br />

höflich. Als jugendlicher Feuerkopf bin ich gelegentlich mit<br />

ihm zusammengerasselt. Schließlich stellten wir fest, dass<br />

wir auf derselben Seite standen. Eine intensive Zusammen-


arbeit entstand, viele richtungsweisende Beiträge für den<br />

PARA folgten. Wir hatten erst kürzlich weitere Beiträge von<br />

ihm für unsere Zeitschrift besprochen, wegen seines Engagements<br />

hatte er um eine Verschiebung auf das Frühjahr<br />

gebeten. Die Anerkennung seines Lebenswerkes hat er<br />

noch erlebt, u.a. wurde er 2009 von der Behindertenbeauftragten<br />

der NRW-Landesregierung Angelika Gemkow für<br />

„besonderes bürgerschaftliches Engagement zugunsten<br />

behinderter Menschen“ ausgezeichnet. Bereits 1997 hatte<br />

er den Ludwig-Guttmann-Preis erhalten.<br />

Nach seiner Rückkehr 2002 schien er angeschlagen gewesen<br />

zu sein, verständlich nach dem Verlust seiner Frau<br />

Soasig und dem daraus resultierenden Ende seines Lebens<br />

in Nordfrankreich. Seine Wachheit und die Bereitschaft an<br />

Erinnerungen<br />

Ungefähr 40 Jahre liegt meine erste Begegnung mit Christian Joachimi zurück.<br />

Er nutzte damals einen Teil seiner Semesterferien für notwendige medizinische Kontrollen<br />

und gezieltes Training im Heidelberger Querschnittgelähmtenzentrum.<br />

Ich war als Krankenschwester tätig und noch am Anfang<br />

meines beruflichen Weges. Christian Joachimi benötigte<br />

viel Hilfe im Alltag, doch gleichzeitig konnte ich von ihm lernen,<br />

ebenso wie die Mitpatienten und das therapeutische<br />

Team: Mit einem starken Lebenswillen arbeitete er daran,<br />

seinen Aktionsradius zu erweitern, fremde Hilfe entbehrlicher<br />

zu machen und trotzdem die Einzelheiten bei seiner<br />

Versorgung nicht zu vernachlässigen. In den Gesprächen<br />

ging er darüber hinaus. Die schwere Behinderung war nicht<br />

mehr vorherrschend. Themen aller Art wurden diskutiert<br />

und argumentiert, oft mit verschmitztem Humor garniert.<br />

Es lag ihm daran, die Gesprächspartner zu verstehen und<br />

selbst verstanden zu werden. Man konnte bei ihm sicher<br />

sein, dass er irgendwann nochmals darauf zu sprechen<br />

kam, wenn er fand, wichtige Gedanken seien nicht zu Ende<br />

geführt. Das konnte auch anstrengend oder unbequem<br />

werden.<br />

Er hatte Lust, Neues auszuprobieren, zum Beispiel die Sitzbalance<br />

beim Fechten zu trainieren; eine Premiere damals.<br />

Zeichnen und Malen wurden zu einem Hobby. Er genoss<br />

es, Sonne zu „tanken“, Musik mit kräftigem Schlagzeug zu<br />

hören, am liebsten live.<br />

In den vierzig Jahren sind wir uns noch oft begegnet. Immer<br />

wieder in der Klinik. Für die Mitpatienten war Christian häufig<br />

ein wichtiger Ansprechpartner im Sinne des Peercouncelling.<br />

Seine positive Lebenseinstellung und unglaubliche<br />

q – querschnitt spezial<br />

positiven politischen Entwicklungen mitzuarbeiten waren<br />

aber ungebrochen. Und er berappelte sich, Klagen waren<br />

von ihm nicht zu hören, obwohl die Organisation seines<br />

persönlichen Lebens inklusive Pflege- und Assistenzbedarfes<br />

sicher beschwerlich waren. In den letzten Monaten<br />

seines Lebens hatte er mit Ilka Müller ein neues Glück gefunden,<br />

die gemeinsamen Zukunftspläne beendete sein<br />

plötzlicher Tod.<br />

Die Fördergemeinschaft hat durch den frühen Tod Christian<br />

Joachimis viel verloren, aber wir sind auch sehr dankbar<br />

dafür, dass wir ihn hatten.<br />

Text & Fotos: Peter Mand<br />

Energie – auch nach Rückschlägen – konnte ermutigen.<br />

Er forderte dazu heraus, selbst Stellung zu beziehen, auch<br />

gegen Widerstände den eigenen Weg zu suchen. Oder er<br />

unterstützte die anderen darin, geeignete Hilfe zu finden.<br />

Christian gehörte zu den Pionieren, die trotz hoher Tetraplegie<br />

ein Studium absolvierten und danach eine Berufslaufbahn<br />

als höherer Beamter bewältigten. Dadurch eröffneten<br />

sich für andere Betroffene – und alle, die mit ihnen<br />

zusammenarbeiteten – neue Perspektiven.<br />

Bei der Arbeit in der Fördergemeinschaft begegneten wir<br />

uns unter anderen Zielsetzungen. Ich freute mich, als er<br />

bei der FGQ-Gründung seine Mitarbeit zusagte, obwohl<br />

er „eigentlich kein Vereinsmitglied mehr werden wollte“.<br />

Ich habe von seinen persönlichen Erfahrungen und umfangreichen<br />

Kenntnissen, von seinen Initiativen und seiner<br />

überzeugenden Glaubwürdigkeit auch in dieser Zusammenarbeit<br />

sehr profitiert.<br />

Im Laufe der Jahre entstand zwischen Christian, seiner Frau<br />

Soasig und mir eine freundschaftliche Verbundenheit, was<br />

mir viel bedeutet. Wenige Jahre nach Soasig hat sich nun<br />

auch der Lebenskreis von Christian Joachimi vollendet.<br />

Er hat viel Gutes angestoßen und bewirkt. Ich bin sehr<br />

dankbar für alle Begegnungen mit ihm während vier Jahrzehnten<br />

und werde ihn nicht vergessen.<br />

Text: Wiltrud Grosse<br />

PARAPLEGIKER 4/10 43


markt<br />

Rechtzeitig zum<br />

Jahreswechsel gibt<br />

es nun den „Paralympics<br />

Kalender 2011“<br />

mit exklusiven Fotos<br />

deutscher Wintersportler<br />

mit Behinderung<br />

von R4H (Radio<br />

für barrierefreie<br />

Köpfe).<br />

44<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Wintersport-Kalender<br />

Projektschirmherr Gerd Schönfelder: „Ich<br />

freue ich mich sehr über das Projekt des Paralympischen<br />

Kalenders 2011, in dem tolle<br />

Aufnahmen von den Winterspielen <strong>2010</strong> in<br />

Kanada abgelichtet sind. Auch weil das paralympische<br />

Jugendlager mit dem Verkauf des<br />

Kalenders unterstützt wird, würde ich mich<br />

freuen, wenn das Projekt von den Sportlern<br />

und Vereinen angenommen und von ihnen<br />

unterstützt wird und zahlreich Kalender gekauft<br />

werden.“<br />

Alle Fotos und Infos unter:<br />

www.kalender-r4h.de<br />

Ab Mitte 2011 werden bei »R4H - das Radio für barrierefreie<br />

Köpfe« regelmäßig Sondersendungen<br />

über den regionalen und nationalen Behindertensport<br />

produziert und ausgestrahlt werden. Dazu<br />

wurde im Mai eine entsprechende Kooperationsvereinbarung<br />

zwischen dem DBS und Health-Media<br />

eV getroffen und unterzeichnet. Mehr dazu<br />

unter:www.r4h.de/kooperation-dbs.html<br />

Starker Rolli für starke Typen<br />

Serienmäßige Leistungsmerkmale wie 350 Kg Zuladung oder seine<br />

Eignung für Menschen mit einer Körpergröße von über 210 cm machen<br />

LEO® zu einem weltweit einzigartigen Elektrorollstuhl.<br />

Dabei ist LEO® mit seiner Länge von 95 cm und<br />

der Außenbreite von 62 cm kleiner als viele<br />

seiner Kollegen. Das einzigartige Lenkungs-<br />

und Federungskonzept sorgt bei Fahrten im<br />

Innen- und Außenbereich für maximale Wendigkeit<br />

und höchste Mobilität. Mit dem hohen<br />

Wirkungsgrad seiner XXL Antriebe und<br />

den starken Batterien hat er genug Leistung<br />

für das Abenteuer Leben.<br />

Flexibler Sitzkomfort ist im LEO® serienmäßig<br />

und wird genau auf den persönlichen Bedarf<br />

angepasst. Hierzu gehören auch elektrisch<br />

steuerbare Sitzhöhen-, Sitzwinkel- und Rückenwinkelverstellung.<br />

Sicherheit im alltäglichen<br />

Einsatz bietet die konsequente Auslegung<br />

jeder einzelnen Baugruppe auf eine<br />

Belastung von 350 kg.<br />

www.leo350.eu.<br />

Infos und Vorführtermine unter info@leo350.eu<br />

In-Tra-Tec GmbH Remscheid<br />

tel 0 21 91-209 00 40<br />

Rollstuhlsitzkissen und Rückensysteme<br />

Wer auf einen Rollstuhl angewiesen ist, weiß<br />

die Vorteile eines guten Sitzkissens und eines<br />

passenden Rückensystems zu schätzen.<br />

Nur wenn die Positionierung stimmt, lässt<br />

sich z.B. auch nach 14 Stunden noch bequem<br />

sitzen. Andernfalls drohen Beschwerden<br />

wie Rückenschmerzen und in der Folge auch<br />

Störungen des vegetativen Nervensystems,<br />

die mit wohl durchdachten Lösungen für<br />

das richtige Sitzen und Stützen des Rückens<br />

leicht vermeidbar gewesen wären.<br />

Jeder empfindet Sitzen und Sitzkomfort anders. Deshalb<br />

kann ein gut funktionierendes Zusammenspiel von Rollstuhl,<br />

Sitzkissen und Rückensystem nur über individuelle<br />

Anpassung erreicht werden. JAY Sitzkissen und Rückensysteme<br />

unterstützen Rollstuhlnutzer wirkungsvoll in<br />

den unterschiedlichsten Anforderungen ihres persönlichen<br />

Alltags. Sie wurden von Spezialisten des Rollstuhlherstellers<br />

Sunrise Medical entwickelt, um Rollstuhlfahrer<br />

vor langwierig zu therapierenden Beschwerden, wie<br />

etwa Dekubitus, zu verschonen. Indem sie für stabilen<br />

Halt ohne Ermüdung sorgen, ermöglichen diese hochwertigen<br />

Hilfsmittel ihren Nutzern eine aktive Teilnahme


am gesellschaftlichen Leben. Die verschiedenen<br />

JAY Sitzkissen-Modelle orientieren sich<br />

am speziellen Bedarf des Nutzers. Alle Kissen<br />

garantieren hohen Komfort, besondere Qualität<br />

und sind pflegeleicht.<br />

Für mehr Selbstständigkeit in<br />

Küche bedeutet für jeden von uns<br />

Wohn- und Lebensraum. Für körperlich<br />

eingeschränkte Menschen<br />

ist es deshalb besonders wichtig,<br />

dass eine Küche spezielle Funktionen<br />

erfüllt, um ein Stück der Lebensqualität<br />

zu erhalten.<br />

Küchen Quelle hat als Spezialanbieter für barrierefreie<br />

Küchen Fachberater, die eigens für dieses<br />

Thema geschult sind und deutschlandweit zuhause<br />

gratis eine Beratung und Planung durchführen.<br />

Basis aller Planungen sind dabei die allgemeinen<br />

Bedingungen für rollstuhlgerechte und barrierefreie<br />

Wohnungen. Diese werden vom Küchenberater<br />

dann jeweils auf den individuellen Küchennutzer<br />

angepasst, bei Küchen Quelle heißt es: Der<br />

Mensch steht im Mittelpunkt.<br />

Die großen Pluspunkte barrierefreier Küchen sind<br />

u.a. elektromotorisch höhen-verstellbare Ober-<br />

der Küche<br />

schränke und Arbeitsflächen. Für die<br />

Sicherheit wird hier mit einem Auffahrschutz<br />

gearbeitet. Die Arbeitsbereiche<br />

sind mit Rollstühlen unterfahrbar.<br />

Daneben gibt es eine Vielzahl von Bauteilen,<br />

die Menschen mit einer körperlichen<br />

Behinderung die täglichen Arbeiten<br />

in der Küche erleichtern und einen<br />

lebensgerechten Küchenkomfort bieten,<br />

z.B. hoch eingebaute Geschirrspüler,<br />

Backöfen mit ausziehbarer Arbeitsplatte<br />

zum Abstellen und mehr. Diese Tipps<br />

und noch viel mehr werden in der Planung abgestimmt,<br />

u.a. auch, dass eine solche Küche trotz<br />

Spezialfunktionen durchaus preislich attraktiv ist.<br />

tel 01 80-55 62 555 (kostenpflichtig) oder unter<br />

www.kuechen-quelle.de<br />

Greifreifen im Ledermantel<br />

Rollstuhlgreifringe<br />

aus Metall sind haltbar,<br />

gerade aber im<br />

Winter auch kalt und<br />

rutschig. Was tun?<br />

Die ebenfalls unter der Marke JAY angebotenen<br />

Rückensysteme ergänzen den Sitzkomfort<br />

im Rollstuhl, indem sie den Oberkörper<br />

sicher führen. Damit können Haltungsschäden<br />

vermieden oder sogar korrigiert werden.<br />

Dank flexibler Anpassungsfähigkeit gelingt<br />

mit den leichten und einfach anzupassenden<br />

Rücken eine individuelle Versorgung, die sich<br />

konsequent an der persönlichen Situation des<br />

Rollstuhlnutzers orientiert.<br />

www.SunriseMedical.de<br />

Während seiner Zeit als Modellmacher im Rahmen der Entwicklung von<br />

Auto Lenkrädern, kam dem gelernten Feintäschner Peter Wohlschlögel<br />

die Idee, Rollstuhlgreifringe zu umledern. Sein Ziel war es, durch seine<br />

Werkstoffauswahl mehr Komfort für Rollstuhlfahrer zu erreichen.<br />

Nach Abschluss der zweijährigen Testphase wandte er sich 2006 mit<br />

seiner Idee an die Öffentlichkeit. Wohlschlögels Idee der Greifringumlederung<br />

rief bei den Nutzern durchweg positive Reaktionen hervor und<br />

markt<br />

PARAPLEGIKER 4/10 45


markt<br />

setzte somit eine Entwicklung in Gang.<br />

Rollstuhlfahrer entdecken zunehmend<br />

das angenehme Gefühl des Leders und<br />

schätzen den sicheren Griff, der individuell<br />

durch die darunter liegende Polsterung<br />

erreicht wird.<br />

Eine weitere positive Anwendungserfahrung<br />

hat gezeigt, dass es zu einer weit geringeren<br />

Anzahl von Beschädigungen an Möbelstücken,<br />

Türrahmen, Badewannen etc. kommt. Doch<br />

nicht nur die werden durch das Leder geschützt,<br />

sondern auch der Greifring selbst – und auch die<br />

Hände des Rollstuhlfahrers. Sollte die Umlederung<br />

durch kleine alltägliche Unfälle schadhaft gewor-<br />

Spende für die FGQ<br />

Anlässlich einer Fortbildung für Gutachter des TÜV im Hause<br />

Zawatzky übergab Geschäftsführer Andreas Zawatzky an Prof.<br />

Dr. Gerner, den Vorsitzenden der Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten,<br />

einen Spendenscheck in Höhe von 1 000 €.<br />

Anzeige<br />

RL-50 Deckenlift<br />

mit Rollstuhlaufhängung<br />

Bundesweiter Vertrieb und Service: 02 34 – 91 600 50<br />

Dank der speziell entwickelten Fahrschiene bleibt ihre Treppe in ganzer Breite frei. Der<br />

Einbau kann in Mehrfamilienhäusern, engen Treppenhäusern, über mehrere Etagen<br />

erfolgen. Haltestellen sind frei wählbar. Die Bedienung erfolgt auch bei eingeschränkter<br />

Mobilität durch den Benutzer oder Begleitperson. Fernsteuerbar ohne Kabelmontage.<br />

HÖGG Liftsysteme<br />

Hattinger Straße 712 a<br />

44879 Bochum<br />

sales@hoegglift.de www.hoegglift.de<br />

den sein, kann sie nach Rücksprach fachmännisch<br />

repariert werden.<br />

Inzwischen haben sogar Krankenkassen ihre<br />

Bereitschaft erklärt, grundsätzlich für die Greifringumrüstung<br />

aufzukommen. Im Vorfeld muss<br />

zunächst eine Anfrage der Kostenübernahme gestellt<br />

werden. Die Abrechnung erfolgt dann über<br />

die allgemeine Hilfsmittelnummer 18.99.99.0901.<br />

Auf Grund der hohen Nachfrage werden künftig<br />

fertig umlederte Greifringe in Standardmaßen angeboten.<br />

tel 0 60 28-52 44<br />

www.greifring.de<br />

Prof. Gerner, ehemals Leitender Chefarzt der<br />

orthopädischen Klinik in Schlierbach, war als<br />

Referent eingeladen. Die Fortbildungsveranstaltung<br />

stand in engen Zusammenhang mit<br />

den elektronischen Lenksystem „joysteer“, das<br />

letztes Jahr vom Mobilcenter Zawatzky in den<br />

Markt eingeführt wurde. Neben der Weitergabe<br />

von theoretischen Kenntnissen über solche<br />

Art Lenksysteme für behinderte Menschen,<br />

bestand auch die Möglichkeit einer Fahrprobe<br />

mit einem Fahrschulauto der Fahrschule<br />

Zawatzky.<br />

Ein Chrysler Voyager, der in Meckesheim zu<br />

einem „CenterVan“ für Rollstuhlfahrer umgebaut<br />

wurde, stand mit einem 2-Wege-Joystick<br />

zur Verfügung. Das Mobilcenter Zawatzky<br />

führt regelmäßig Schulungen für TÜV-Mitarbeiter<br />

durch.<br />

www.mobilcenter.de


Innovationen für bewegungsbeeinträchtigte<br />

Autofahrer<br />

Die Tüftlermanufaktur des international erfolgreichen<br />

PARAVAN Mobilitätsparks präsentiert zwei bemerkenswerte<br />

Neuentwicklungen.<br />

Mit dem PARAVAN Caddy Maxi stellt der Mobilitätspark<br />

ein bis ins Detail durchdachtes Automobil<br />

vor, das als Selbst- oder Beifahrerauto genutzt<br />

werden kann und durch Ideenreichtum und technisches<br />

Know How glänzt. Dabei ist der gleichzeitige<br />

Transport von bis zu drei Rollstuhlfahrern<br />

durch Befestigungen auf der Fahrer- und Beifahrerposition<br />

sowie im Heck möglich.<br />

Die Besonderheit des „Raumwunders“ von PARA-<br />

VAN liegt in dem tiefer gesetzten, geebneten Fahrzeugboden,<br />

der zu einer größeren Innenraumhöhe<br />

führt und jede Menge Platz bietet. So kann der<br />

Caddy mit dem Rollstuhl bis nach vorne befahren<br />

werden und ermöglicht sogar im Fahrzeuginnenraum<br />

das Drehen mit dem Rollstuhl.<br />

Durch Funkfernbedienung die Heckklappe öffnen,<br />

Rampe ferngesteuert ausfahren, mit dem Rollstuhl<br />

bis zum Fahrer- oder Beifahrersitz durchfahren, in<br />

der PARAVAN Dockingstation – ein Rollstuhlrückhaltesystem<br />

– andocken, Rampe einfahren und<br />

Heckklappe schließen – und einfach nur noch<br />

losfahren. So einfach kann behindertengerechte<br />

Mobilität aussehen.<br />

Optional ist außerdem die Ausstattung mit dem<br />

Space Drive® System (erste straßenzugelassene<br />

Joysticklenkung mit aktiver Redundanz weltweit)<br />

erhältlich. Ein besonderer Vorteil von PARAVAN ist<br />

auch der 24-Stunden-Service für eine Ersatzteillieferung<br />

der PARAVAN-Teile in Deutschland.<br />

Neben dem Fahrzeugumbau reagiert der Mobilitätspark<br />

auch auf das steigende Lebensalter in<br />

Deutschland mit einem weiteren Highlight, der<br />

neuen PARAVAN Sitzkollektion für ältere und bewegungsbeeinträchtigte<br />

Menschen. Die Sitzkonsolen<br />

drehen sich um mehr als 120 Grad nicht nur<br />

auf einer Achse, sondern bewegen sich während<br />

des Drehvorgangs noch nach vorne, so dass eine<br />

größere Drehbewegung möglich ist und der Insas-<br />

se perfekt ein- und aussteigen kann.<br />

Als weiteres Schmankerl offeriert PA-<br />

RAVAN eine Aufstehhilfe, die insbesondere<br />

altersbedingt bewegungsbeeinträchtigten<br />

Menschen eine<br />

große Erleichterung beim Ein- und<br />

Aussteigen bietet. Eine Erweiterung<br />

zum Drehsitz ist die Transferkonsole,<br />

welche über eine Hub-, Dreh-, und<br />

Vor-Zurück-Funktion verfügt. Sie<br />

dreht sogar um 180 Grad um dem<br />

Nutzer bequemstes Umsetzen zu<br />

ermöglichen. Die drei Funktionen<br />

der Transferkonsole sind dank des<br />

Baukastensystems frei kombinierbar<br />

und auch einzeln verwendbar.<br />

Nähere Informationen sowie weitere Neuentwicklungen<br />

gibt es auf der aktuellen<br />

Internetpräsenz unter:<br />

www.paravan.de<br />

Ein Sitz hilft beim Aufstehen.<br />

Die Paravan-Version<br />

des Caddy Maxi<br />

ermöglicht das Befahren<br />

bis ans Lenkrad.<br />

markt<br />

PARAPLEGIKER 4/10 47


markt<br />

Muskeln und Kreislauf zuhause<br />

effektiv trainieren<br />

Aktiv am Leben teilnehmen<br />

ist für viele<br />

Menschen mit Behinderung<br />

ein großes Ziel.<br />

„Ich möchte fit und agil<br />

bleiben“, berichtet Rolf<br />

Eberhard aus Waldhausen,<br />

der seit einem<br />

Motorradunfall im Rollstuhl<br />

sitzt. Regelmäßige<br />

Bewegung spielt für<br />

den Tetraplegiker aus<br />

Schwaben eine zentrale<br />

Rolle, denn nur so kann<br />

er seine Blasen- und<br />

Darmfunktion erhalten<br />

und dauerhaft Herz und<br />

Kreislauf stabilisieren.<br />

„Zum Glück“, so Rolf Eberhard, „wurde ich während<br />

meines Reha-Aufenthalts auf die motorbetriebenen<br />

und softwaregesteuerten MOTOmed Bewegungstherapiegeräte<br />

aufmerksam. Ein kurzer Anruf bei RECK<br />

genügte und schon konnte ich das MOTOmed kostenlos<br />

und unverbindlich Zuhause ausprobieren. Ein<br />

toller Service des Unternehmens. So konnte ich das<br />

Gerät unabhängig von festen Terminen in aller Ruhe<br />

in meinen eigenen vier Wänden kennenlernen. Außerdem<br />

ist eine Erprobung auch für die Beantragung<br />

bei der Krankenkasse oder der BG notwendig“, erklärt<br />

der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann. Als<br />

anerkanntes Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenkassen<br />

in Deutschland ist das MOTOmed für Patienten<br />

mit Lähmungsbildern, Querschnittläsionen und neuromuskulären<br />

Erkrankungen erstattungsfähig.<br />

Das MOTOmed kann sowohl motorbetrieben (passiv)<br />

als auch motorunterstützt genutzt werden. Trainiert<br />

wird vom Rollstuhl aus mit runden, geführten<br />

Bewegungen ähnlich dem Radfahren. Die fließende<br />

Passivbewegung kann helfen, Muskelverkürzungen und Gelenkversteifungen vorzubeugen.<br />

Gleichzeitig kann die sanfte Bewegung das Auftreten von Spastik und<br />

Muskelverspannungen reduzieren. Tritt während des Trainings dennoch eine Verkrampfung<br />

auf, wird diese nach dem therapeutischen Prinzip der antagonistischen<br />

Hemmung gelöst. Das motorunterstützte Training eignet sich besonders für Personen,<br />

die noch geringe Restmuskelkräfte besitzen. Der notwendige Kraftaufwand<br />

für die Bewegung kann fein dosiert und immer wieder neu angepasst werden.<br />

In Kombination mit der „Funktionellen Elektro-Stimulation“ (FES) ist für Querschnittpatienten<br />

sogar ein aktives Training am MOTOmed möglich. Bei dieser Therapieform<br />

Anzeige<br />

Mit dem MOTOmed kann Tetraplegiker Rolf Eberhard<br />

unabhängig von fremder Hilfe, festen Terminen<br />

und Witterungsverhältnissen trainieren.<br />

aktivieren elektrische Impulse die Arme oder Beine<br />

über kleine Klebeelektroden und veranlassen so, dass<br />

die Extremitäten kontrahieren und korrekte Kurbelbewegungen<br />

ausführen. Die Muskeln erzeugen, trotz<br />

Lähmung, Kraft und können helfen, den Gesundheitszustand<br />

von Querschnittpatienten zu verbessern.<br />

Neben dem freien Training begeistern Rolf Eberhard<br />

vor allem die 13 verschiedenen TherapieAblaufProgramme.<br />

Unter anderem können Ausdauer, Lockerung,<br />

Motivation und Koordination gezielt trainiert<br />

werden. Der sportliche Tetraplegiker ist nur einer von<br />

vielen begeisterten MOTOmed-Nutzern, die sich ein<br />

Leben ohne die tägliche Bewegung im eigenen Zuhause<br />

nicht mehr vorstellen könnten. Oft genügen<br />

bereits täglich 30 Minuten moderate Bewegung,<br />

um die Lebensqualität entscheidend zu verbessern.<br />

„Lebensqualität, die ich nie mehr missen möchte“, so<br />

Rolf Eberhard.<br />

Kontakt:<br />

RECK Technik<br />

Reckstr. 1-5, 88422 Betzenweiler<br />

tel 0 73 74-18 84, www.MOTOmed.de


San Felice<br />

…ist wohl der Ort in Italien, der von Rollstuhlfahrern am häufigsten<br />

genannt wird, wenn es darum geht, in Italien Urlaub zu machen.<br />

Einige sollen da schon ihren zweiten Wohnsitz angemeldet haben…<br />

Der Ort an sich liegt auf einem Berg, von<br />

dem aus man einen herrlichen Blick über das<br />

Meer und die Landschaft hat. San Felice Circeo<br />

liegt am Monte Circeo, einem steil aus der Pontinischen<br />

Ebene aufragenden Kalkberg, direkt<br />

am Tyrrhenischen Meer, im 1934 gegründeten<br />

Circeo-Nationalpark. Der Berg, der ursprünglich<br />

tatsächlich eine Insel war, wird nach der Überlieferung<br />

mit der Insel der Zauberin Circe gleichgesetzt.<br />

Wenn man Richtung Süden schaut,<br />

sieht man unendlich lange Strände mit Sonnenschirmen<br />

und Liegestühlen. Einer davon gehört<br />

zu Salvatore Avaglianos „Centro Ferie“ und unterscheidet<br />

sich sehr deutlich von den anderen<br />

Stränden. Die Liegestühle sind deutlich höher,<br />

um den Transfer vom Rollstuhl auf die Liege zu<br />

gewährleiten. Die Wege sind gepflastert. Mit<br />

einem Strandrollstuhl geht es ab in das Meer.<br />

Der Weg von der Unterkunft zum Strand beträgt<br />

ungefähr 500 m, Parkplätze gibt es genügend.<br />

In der Ferienanlage, wo sich die gesamte Familie<br />

um das seelische und leibliche Wohl der Gäste<br />

kümmert, ist Leben. Wenn man dann an den langen<br />

Tischen sitzt, hat man das Gefühl dazu zugehören.<br />

Den Abend lässt man dann gemütlich an<br />

der Bar ausklingen. Da die Umgebung sehr ruhig<br />

ist, steht einem erholsamen Schlaf nichts im<br />

Wege. Gut ausgeschlafen, lässt sich der nächste<br />

Tag mit viel Power angehen. Mit einem Ausflug<br />

nach Rom, Neapel oder auf die Insel Ponsa z. B.<br />

Auch die nähere Umgebung lädt zum Besuch<br />

der Märkte und Sehenswürdigkeiten ein. Salvatore<br />

ist immer bereit, einen guten Tipp zu geben.<br />

Es gibt in der Umgebung sehr viele Läden<br />

mit Spezialitäten der Region. Eine davon ist der<br />

Mozzarella von unübertrefflicher Qualität. Auch<br />

die Weine der Region sind ein wahrer Genuss.<br />

Aber auch der aktive Sporturlauber kommt hier<br />

voll auf seine Kosten. Das Centro verfügt über<br />

ein Basketballspielfeld und einen Tennisplatz,<br />

Tischtennis ist selbstverständlich. Im Umfeld<br />

der Ferienanlage ist auf den ebenen Wegen<br />

ein gutes Training für Handbiker<br />

möglich.<br />

Der Fahrdienst des Centro holt Gäste<br />

vom Flughafen oder Bahnhof<br />

(Rom) gegen Aufpreis zum Ferienzentrum.<br />

Mit dem Auto geht es<br />

natürlich auch, allerdings nicht in<br />

einem Rutsch. Wer über den Brenner<br />

fährt, dem steht ein herrliches<br />

Quartier – der Humlerhof<br />

– an der Ausfahrt<br />

Gries/Österreich<br />

zur Verfügung. Gerade<br />

mal 500 m hinter<br />

der Ausfahrt liegt der<br />

barrierefreie Gasthof<br />

mit ausreichend Parkplätzen.<br />

Man sollte bei<br />

der Fahrt bedenken,<br />

dass es in Österreich,<br />

Schweiz und Italien<br />

eine Geschwindigkeitsbegrenzung<br />

gibt<br />

und die Bußgelder<br />

gleich vor Ort fällig<br />

sind. Diese wiederum können die Urlaubskasse<br />

gewaltig reduzieren. Für den Brenner gibt es<br />

beim ADAC eine elektronische Mautcard (18 €)<br />

und die „Video Maut Card“ für die italienische<br />

Autobahn (50 €), die eine Zeitersparnis an der<br />

Mautstelle bringt. Wie viel Maut bezahlt werden<br />

muss, kann man sich im Internet berechnen<br />

lassen. Abgesehen von den Kosten ist die Fahrt<br />

nach San Felice schon ein unvergessliches Erlebnis,<br />

die folgenden Urlaubstage sind die Krönung.<br />

Text & Fotos: Johann Kreiter<br />

www.humlerhof.com/index.html<br />

www.centroferiesalvatore.com/ger/index.php<br />

www.traveda.de/reisetipps/maut-italien.htm<br />

unterwegs<br />

Altstadt von San Felice.<br />

An der Bar des Ferienzentrums.<br />

PARAPLEGIKER 4/10 49


unterwegs<br />

Anzeige<br />

Kleinod an der Adria:<br />

Venedig, Rimini und Ravenna<br />

werden erd rden den<br />

als erstes genannt, genannt wenn enn Urla Urlauber ber von on<br />

der italienischen Adria sprechen. Dabei ist die<br />

kleine Stadt Comacchio in der Emilia Romagna,<br />

am Po-Delta, mindestens ebenso interessant. Sie<br />

liegt inmitten einer einzigartigen Sumpflandschaft,<br />

durchzogen von zahlreichen Kanälen.<br />

Malerische Treppenbrücken und pastellfarbene<br />

Häuser prägen das Stadtbild. Doch während sich<br />

in Venedig die Touristen gegenseitig auf die Füße<br />

treten, herrscht hier noch beschauliche Ruhe.<br />

Einer der vielen Kanäle,<br />

die der Stadt ihr Gesicht geben.<br />

Die Anreise: Über den Brenner bis Verona und<br />

dann über Lugano nach Ferrara. Von da aus ist es nur<br />

noch ein Katzensprung bis Comacchio, das man auch<br />

gerne „Klein Venedig“ nennt. Wer das hört, denkt selbstverständlich<br />

auch gleich an die vielen Brücken, die unüberwindlich<br />

erscheinen; aber keine Sorge, es gibt gute<br />

Alternativen.<br />

MOTOmed ® Bewegungstherapie: bewegen Sie etwas für sich<br />

Trainieren Sie motorbetrieben (ohne eigene Kraft ), motorunterstützt<br />

(mit geringster Kraft ) oder mit eigener Muskelkraft (aktiv ) – auch in Kombination<br />

mit FES, Funktionelle Elektro-Stimulation möglich. Ihre Therapieziele:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

>> Testen Sie zuhause kostenlos Ihr MOTOmed.<br />

Rufen Sie an : Telefon gebührenfrei 0800 - 668 66 33<br />

Fordern Sie<br />

kostenlose<br />

Unterlagen an.<br />

Blick in die herrliche Altstadt von Comacchio.<br />

RECK Medizintechnik, Reckstraße 1- 5, 88422 Betzenweiler, www.MOTOmed.de<br />

Telefon 0 73 74-18 84, Fax 0 73 74-18 80, kontakt@MOTOmed.de<br />

Comacchio ist Stadt am Meer, Kunststadt und die Hauptstadt<br />

des Po-Deltas. Sie wurde geformt durch den riesigen<br />

Fluss Po und dem Meer mit seinem über 20 km<br />

langen Sandstrand. Dazu kommt noch ein riesiges Naturschutzgebiet,<br />

das man sowohl mit dem Handbike als<br />

auch mit dem Boot entdecken kann. Unterwegs kann<br />

man dann die Spezialitäten der Region genießen – wie<br />

den berühmten Aal.<br />

Comacchio ist eine kleine wunderschöne Lagunenstadt<br />

mit Kultur und Tradition. Die Treppontibrücke ist das<br />

Wahrzeichen dieses Ortes, an deren Fuße gleich der<br />

historische Fischmarkt liegt. Der Architekt Luca Danesi<br />

schuf diese monumentale Konstruktion 1634 aus fünf<br />

breiten Treppen, um gleich fünf Inseln miteinander zu<br />

verbinden. Wenn man Glück hat und Einheimische findet,<br />

die etwas Deutsch sprechen, erzählen sie gerne über<br />

ihre Stadt, über die Salzgewinnung aus dem Meer oder<br />

den Fischfang. Bei dem Spaziergang durch die Strassen,<br />

entlang am Canale Maggione,kommt man unweigerlich<br />

MOTOmed viva 2 Beintrainer<br />

(Auch mit Arm-/Oberkörpertrainer erhältlich.)<br />

Krankenkasse m iete n u n d k a u fe n<br />

e r st a tt u n gs f ä h i g<br />

Mein MOTOmed<br />

713.3ANZ50


auch zur Loggia del Grano, einem ehemaligen Kornspeicherhaus,<br />

und dem Alten Uhrenturm. Nur wenige<br />

Meter weiter ist die Kathedrale San Cassiano. Eine der<br />

Sehenswürdigkeiten ist die Marinadenmanufaktur,<br />

eine Fabrik, die cirka 100 Jahre alt ist und die Fische<br />

am Holzkocher zu wahren Leckerbissen gemacht<br />

hatte. Die Fabrikarbeiter begannen um 4.00 Uhr morgens<br />

mit ihrer Arbeit und drehten ihre Spiesse bis spät<br />

abends. In dem Film mit Sophia Loren „Die Frau vom<br />

Fluss“ findet Comacchio sozusagen ein ewiges Leben.<br />

Ein sicherlich interessantes Haus ist das „Museo della<br />

Nave Romana“, in dem ausgestellt wird, wie die Römer<br />

in der Region gelebt haben.<br />

Fisch bestimmt das Leben in Comacchio, und was<br />

liegt näher für den Urlauber in dieser Stadt, als Fisch<br />

zu essen. In den zahlreichen Restaurants (zehn davon<br />

barrierefrei) wird der frisch gefangene Fisch vom Koch<br />

variantenreich auf dem Teller serviert. Wer das Ganze<br />

noch etwas spannend machen möchte, kann bei einer<br />

Fischauktion zuschauen.<br />

In der Lagune von Comacchio besteht die Möglichkeit,<br />

mit einem Boot diesen herrlichen Naturpark und<br />

sein Lagunensystem kennen zu lernen. Etwas außerhalb<br />

der Stadt liegt die Fischstation Foce. Von dort aus<br />

kann man dann mit einem Boot den Valli di Comacchio<br />

befahren. Es geht vorbei an alten Kanälen und zu<br />

den alten Fischerhütten. Ein Prachtstück ist die Oase<br />

von Boscoforte. Dabei handelt es sich um eine Landzunge,<br />

die sich im Inneren des Lagunenbeckens erstreckt.<br />

Hier sind auch die mit viel Kreativität gebauten<br />

Fischfangstationen zu bestaunen. Das Ganze ist auch<br />

für Rollstuhlfahrer barrierefrei erreichbar. Die Fischerstation<br />

ist ebenfalls berollbar. Es ist schon erstaunlich<br />

Wer ein ruhiges und doch relativ nahe<br />

an den touristischen Sehenswürdigkeiten<br />

liegendes Urlaubsquartier sucht,<br />

der ist auf dem barrierefreien Campingplatz<br />

„Lido Florenz“ gut aufgehoben.<br />

wie diese Fischer unter härtesten Bedingungen ihrer<br />

Arbeit nachgingen. Aber auch dem Naturliebhaber<br />

wird einiges geboten. Von Flamingos bis hin zu Kormoranen<br />

ist alles zu sehen.<br />

Rund um Comacchio gibt es auch weitere schöne Sehenswürdigkeiten,<br />

zum Beispiel die Abtei von Pomposa,<br />

in der auch Dante verweilte. Das Kloster wurde<br />

schnell zu einem der bedeutendsten religiösen und<br />

kulturellen Zentren Italiens und erreichte nach dem<br />

Jahr 1000 seine größte Blütezeit. In dieser Phase erstreckte<br />

sich die spirituelle, politische und legislative<br />

Macht des jeweiligen Abtes auf sämtliche umliegenden<br />

Gemeinden. Den Höhepunkt ihrer kulturellen<br />

und spirituellen Entwicklung hatte die Abtei, als ihr<br />

Abt Guido von Pomposa vorstand.<br />

Eine Naturkatastrophe leitete den Niedergang von<br />

Pomposa ein: Im Jahre 1152 durchbrach der Po bei<br />

einer Überschwemmung oberhalb die Dämme und<br />

verlagerte sein Bett. Als Folge versumpfte das Gebiet<br />

um die Abtei. Die durch Mücken übertragene Malaria<br />

dezimierte die Bevölkerung. Von den Folgen ist heute<br />

zum Glück nichts mehr zu spüren.<br />

Im Gegenteil, heute spricht nichts dagegen, es sich<br />

an diesem schönen Flecken Erde richtig gut gehen zu<br />

lassen. Nicht vergessen sollte man das Schwimmen<br />

im Meer an den zahlreichen für behinderte Menschen<br />

zugänglichen Badestränden. Einer davon ist der Lido<br />

Florenz, der auf seinem Campingplatz mit 18 barrierefreien<br />

Mobilhomes wohl zu den besten gehört (siehe<br />

folgenden Beitrag).<br />

Text & Fotos: Johann Kreiter<br />

Der Campingplatz Lido Florenz liegt direkt<br />

am Meer, an einem schönen Privatstrand. Durch den<br />

Campingplatz führen asphaltierte Straßen, die dem<br />

Rollstuhlnutzer das Selbstfahren leichter machen<br />

und ebenso zulassen, dass der Platzmieter mit seinem<br />

Auto direkt zu seiner Unterkunft fahren kann.<br />

Es gibt aber auch Kieswege, die mit etwas mehr<br />

Aufwand zu bewältigen sind. Streckenweise sind<br />

unterwegs<br />

PARAPLEGIKER 4/10 51


unterwegs<br />

Der Miniclub<br />

ist für Kinder<br />

mit Behinderung<br />

bestens<br />

geeignet und<br />

hat barrierefreieSpielgeräte.<br />

52<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

etwas steiler verlaufende Wege, die<br />

aber mit deutlichen Orientierungsschildern<br />

gekennzeichnet sind, um<br />

Rollstuhlfahrern zu zeigen, hier<br />

funktioniert es und dort nicht.<br />

Siebzehn barrierefrei zugängliche<br />

Mobilheime, alle sind mit Grills ausgestattet.<br />

Fünf mit Meeresblick, der<br />

Rest ist in Strandnähe. Ein Camping<br />

Market, der barrierefrei ist und in<br />

dem auch Lebensmittelallergiker<br />

die richtigen Produkte finden, ist<br />

auch vor Ort. Zwei gute Restaurants<br />

mit besonderen Ernährungs- und Diätangeboten<br />

sowie Lieferservice ins Mobilhome runden<br />

das Angebot ab. Eine Bar sorgt dafür, dass es<br />

immer einen kühlen Drink am Strand gibt. Dazu<br />

gibt es an der Bar ein Eis, das dem Liebhaber auf<br />

der Zunge zergeht.<br />

Der Miniclub ist für Kinder mit Behinderung<br />

bestens geeignet und hat barrierefreie Spielgeräte.<br />

Der Animationsbereich ist auf Personen<br />

mit einer Behinderung bestens gerüstet. Das<br />

Schwimmbecken ist mit einem Lift ausgestattet<br />

und das Sanitärgebäude mit barrierefrei<br />

zugänglichen Toiletten und Duschen liegt in<br />

direkter Nähe.<br />

Zu den Mobilhomes ist zu sagen, dass die fünf<br />

direkt am Strand liegenden nicht für E-Stuhlnutzer<br />

geeignet sind, dafür aber die zwölf etwas<br />

dahinter liegenden. Mit einer kleinen Einschränkung,<br />

wer nur mit E-Stuhl unterwegs ist, muss<br />

auf die Schwimmbadtoilette gehen.<br />

Stellplatz direkt am Mobilhome.<br />

Strandrollstuhl mit<br />

Plastikmatte, die ein<br />

Befahren des Strandes<br />

möglich macht.<br />

Am Strand gibt es einen Rollstuhl für den Transfer<br />

ins Meer, den der aufmerksame Bademeister auf<br />

Handzeichen bringt. Plastikmatten lassen ein teilweises<br />

Berollen des Strandes zu. Der Schwimmbereich<br />

am Strand ist mit Wellenbrechern geschützt,<br />

so dass auch ein ruhiges Schwimmen<br />

möglich ist.<br />

Der Campingplatz hat eine sehr zentrale Lage,<br />

was ein Kombinieren von Ausflügen und Badeurlaub<br />

ermöglicht. Nach Ferrara (Weltkulturerbe)<br />

sind es gerade 50 km, Ravenna 30 km, Bologna<br />

100 km und Venedig 135 km. Selbst Verona ist mit<br />

170 km noch relativ nah. Dieses Rundumangebot<br />

lässt für den Urlaub kaum noch Wünsche offen,<br />

wenn doch – die Betreiber haben ein offenes Ohr<br />

für die Wünsche ihrer Gäste.<br />

Text & Fotos: Johann Kreiter<br />

www.campingflorenz.com/german/camping_<br />

florenz.htlm


Die stets wachsenden Anfragen nach barrierefreiem Tourismus und<br />

barrierefreien Sportangeboten werden bisher von behinderten Menschen in<br />

Italien gut angenommen. Diese Organisation gibt dem Kunden, der in den Urlaub<br />

fährt, die Sicherheit, indem sie für sämtliche zum Informations-Netzwerk<br />

gehörende und direkt von V4A kontrollierte Tourismusanbieter volle Gewährleistung<br />

bietet.<br />

Die Mitarbeiter gewähren eine sorgfältige, zuverlässige und genaue Information,<br />

die Menschen mit Behinderung oder besonderen Bedürfnissen in die Lage<br />

versetzt, das für ihr Wohlbefinden am besten geeignete Feriendorf zu wählen.<br />

Denn sie denken vor allem daran, den persönlichen Wünschen und Ansprüchen<br />

gerecht zu werden. Sie fördern bei den Mitgliedern eine innovative Kultur<br />

des Tourismus, die auch jene Bedürfnisse, die nicht offensichtlich sind oder<br />

als selbstverständlich betrachtet werden, zur Zufriedenheit aller sucht.<br />

Maßgeblich dafür eingesetzt hat sich Roberto Vitalli, ein Macher der besonderen<br />

Art. Ein typischer Italiener, der manchmal mit drei Handys telefoniert,<br />

im Auto aber nur mit zweien… Was für uns chaotisch aussieht ist ein wohl<br />

organisiertes Unternehmen. Roberto hat Kontakte zu allen wichtigen touristischen<br />

Organisationen. Die wichtigste ist wohl die zur Italienischen Zentrale<br />

für Tourismus (ENIT). Dort anerkannt zu sein ist der Schlüssel zum Erfolg. Dazu<br />

arbeitet Roberto eng mit dem italienischen Campingverband und mit den<br />

Betreibern von Ferienwohnungen zusammen und berät sie in Sachen „Barrierefreiheit“,<br />

was nicht mit den Ansprüchen an diese Kategorie hierzulande vergleichbar<br />

ist, aber durchaus die Einrichtungen nutzbar macht für behinderte<br />

Menschen aus Deutschland. Zumal Italien eines der beliebtesten Reiseziele<br />

der Deutschen ist – zu Recht!<br />

Text & Foto: Johann Kreiter<br />

www.villageforall.net<br />

Roberto Vitalli von<br />

Village for all.<br />

…ist eine No Profit<br />

Organisation, die<br />

sich dem barrierefreien<br />

Tourismus und<br />

der Förderung von<br />

Sportaktivitäten, die<br />

allen offenstehen,<br />

zum Ziel gesetzt hat.<br />

Village for All (V4A)<br />

hat in vielen Regionen<br />

Feriendörfer und Campingplätze<br />

geprüft<br />

und stellt seine Informationen<br />

im Internet<br />

zur Verfügung.<br />

Anzeige<br />

Ab Januar 2011<br />

verfügbar<br />

Die neue küschall® K-Series:<br />

Besonders vielseitig, widerstandsfähig<br />

und konfigurierbar<br />

– diese Rollstühle verfügen über<br />

eine große Auswahl an Optionen,<br />

um Ihren Wünschen und Anforderungen<br />

gerecht zu werden.<br />

Lieferbar in drei außergewöhnlichen<br />

Materialien:<br />

Aluminium, Titan und Carbon.<br />

Jedes mit seinen eigenen Qualitätsmerkmalen<br />

und Vorteilen.<br />

13<br />

AI<br />

Aluminium<br />

22<br />

Ti<br />

Titanium<br />

Vertrieb in Deutschland durch:<br />

6<br />

C<br />

Carbon<br />

INVACARE ® AQUATEC GmbH<br />

Alemannenstraße 10<br />

88316 Isny / Deutschland<br />

Tel. +49 (0) 75 62 / 7 00-0<br />

E-Mail info@invacare-aquatec.com<br />

Web www.invacare-aquatec.de<br />

küschall® ist ein registrierter Markenname.<br />

Copyright© <strong>2010</strong>, Küschall AG, Schweiz – Alle Rechte vorbehalten.


unterwegs<br />

Haben Sie schon mal<br />

eine angeblich rollstuhlgerechteFerienwohnung<br />

gemietet,<br />

wo die Tür zur Toilette<br />

dann doch zu schmal<br />

war? So eine Erfahrung<br />

braucht kein Mensch!<br />

Auf den Nordseeinseln<br />

Amrum und Föhr<br />

wird Sabine Dittmann,<br />

selbst Rollstuhlfahrerin,<br />

deshalb die tatsächlicheBarrierefreiheit<br />

vor Ort testen.<br />

54<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Amrum und Föhr:<br />

Ba rrie refre ie r Zu ga ng<br />

z u r N o rd see?<br />

Auf Bohlenwegen können Rollstuhlfahrer<br />

zumindest Teile der Dünenlandschaft erfahren.<br />

Auf den Inseln Amrum und Föhr nehmen die Touristikzentralen<br />

das Thema Barrierefreiheit ernst. Die<br />

Förderung des Gesundheitstourismus bildet einen<br />

Schwerpunkt der Tourismus-Arbeit vor Ort. Dazu gehört<br />

auch die Unterstützung barrierefreier Angebote.<br />

„Wir haben schon damit angefangen, barrierefreie<br />

Angebote zu realisieren“, erklärt Christian Johannsen<br />

von der Amrum Touristik, „aber es gibt noch viel zu<br />

tun“. Er verrät eine Vorstellung, die ihm manchmal in<br />

den Kopf kommt, wenn seine Pläne durch irgendwelche<br />

bürokratischen Hemmnisse ins Stocken geraten:<br />

„Manchmal wünsche ich mir tatsächlich, wir könnten<br />

alle Gemeinderatsmitglieder in Deutschland in Rollstühle<br />

setzen, aus denen sie für einen Tag nicht mehr<br />

aussteigen dürfen. Und dann würden wir ihnen viel<br />

zu trinken geben. Spätestens nach ein paar Stunden<br />

würden sie einsehen, wie wichtig barrierefrei zugängliche<br />

Toiletten sind!“ Kein Wunder, dass es auf Amrum<br />

bereits behindertengerechte Sanitäranlagen an mehreren<br />

Strandübergängen gibt.<br />

Auch die Anfahrt soll für Rollstuhlfahrer mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln demnächst bequem möglich<br />

sein: Der Bahnhof in Niebüll wird zurzeit für rund 7,5<br />

Millionen Euro saniert. Pünktlich zum Saisonbeginn<br />

2011 soll dann das Umsteigen von der Bahn auf die<br />

Fähre nach Föhr oder Amrum barrierefrei möglich sein.<br />

Die Fährschiffe selbst verfügen über rollstuhlgerechte<br />

Toiletten und Gastronomie. Auf den Inseln verkehren<br />

Niederflurbusse und es gibt auch ein paar Quartiere,<br />

die sich als barrierefrei einstufen.<br />

Blick bis nach Sylt<br />

Und die Strände? Die Amrumer Strände sind traumhaft<br />

schön. Mit dem Rollstuhl lassen sie sich naturgemäß<br />

nicht befahren. Aber es gibt mehrere betonierte Zugänge<br />

zum Strand und es wurden einige Strandrollis<br />

angeschafft, die man kostenlos ausleihen kann. Mit<br />

diesen leichten Rollis kann man sich übrigens auch ins<br />

Watt schieben lassen. Neu ist die „Badestelle der Zukunft“<br />

mit einer Plattform, die den Blick bis nach Sylt<br />

auch für Rollstuhlfahrer möglich macht. Auf der Insel<br />

gibt es mehrere stufenfreie Bohlenwege mit maximal<br />

sechs Prozent Steigung. Allerdings lassen sich nicht alle<br />

Wege durch die Dünen entsprechend abflachen und<br />

zu den Einstiegen der rollitauglichen Bohlenwege führen<br />

manchmal etwas holprige Wanderwege. Und den<br />

Leuchtturm mit seinen 295 Stufen wird Johannsen bei<br />

allem guten Willen nicht für Rollstuhlfahrer zugänglich<br />

machen können. In den nächsten Monaten soll jedoch<br />

auch das nördlichste Touristenbüro der Insel für Rollstuhlfahrer<br />

zugänglich werden und im nächsten Jahr<br />

wird – last not least – der Führer für Rollstuhlfahrer<br />

auf Föhr und Amrum als Online-Nachschlagewerk<br />

neu aufgelegt.<br />

Um hier wirklich stimmige Daten zu erhalten, wird ein


Weg eingeschlagen, der für andere Urlaubsorte bisher<br />

noch eher ungewöhnlich ist: Der Kieler Verein „Unterwegs<br />

ohne Grenzen e.V.“ bekam den Auftrag, die Barrierefreiheit<br />

der Insel-Angebote vor Ort zu testen.<br />

Mit iPad und Wasserwaage<br />

Zuständig für die Umsetzung ist Sabine Dittmann.<br />

„Meine Einstellungsvoraussetzung war, dass ich im<br />

Rollstuhl sitze“, erzählt sie. Wenn sie zum Testen nach<br />

Amrum fährt, sind Zollstock und Wasserwaage ganz<br />

sicher mit im Gepäck. Das Ausmessen ist ihre Hauptarbeit:<br />

die Breite von Türen, die Höhe von Schwellen oder<br />

die Größe von Behindertenparkplätzen. Als Arbeitsmittel<br />

erhält sie außerdem einen iPad. In diesen Computer<br />

gibt sie die ermittelten Werte ein, beispielsweise die<br />

Breite einer Tür oder die Steigung einer Rampe. Der<br />

iPad greift direkt auf ein spezielles Modul der Software<br />

acomodo zu, das die eingegebenen Werte in Symbole<br />

übersetzt. Die Bewertung wird auf Basis der neuen<br />

Kriterien der DeHoga durchgeführt. In Kiel gibt es seit<br />

über zehn Jahren einen Stadtführer für Rollstuhlfahrer,<br />

der nach diesem Prinzip aufgebaut ist, auch in Hamburg<br />

wird nach diesem System gearbeitet. Der Kieler<br />

Verein, bei dem die Rollstuhlfahrerin angestellt ist, erhält<br />

regelmäßig Aufträge von der Stadt. Im letzten Jahr<br />

hat Sabine Dittmann zum Beispiel Einrichtungen des<br />

Gesundheitswesens auf Barrierefreiheit getestet – mit<br />

einigermaßen erschreckenden Ergebnissen übrigens.<br />

Eigentlich könnte auch ein Fußgänger das Testen<br />

übernehmen. Das System ist durch einen Fragebogen<br />

vorgegeben, man muss sich nur daran halten. „Aber für<br />

die Außenwirkung spielt es eine ziemliche Rolle“, so Sabine<br />

Dittmann, „ob man nur erklärt, dass eine Rampe<br />

zu steil ist, oder ob man zeigt, dass man im Rollstuhl<br />

keine Chance hat, da hochzufahren“. Auf Amrum ist<br />

sie mit Assistenz unterwegs. Zu zweit geht zum Beispiel<br />

das Messen am Boden einfach schneller und es<br />

ist praktischer, wenn einer misst und einer schreibt. In<br />

Kiel unternimmt sie die Barrierefreiheitstestungen dagegen<br />

meistens alleine. Rund 800 Tests schafft sie pro<br />

Jahr. Trotzdem hat es sich offenbar immer noch nicht<br />

herumgesprochen, was barrierefrei ist und was nicht.<br />

Sabine Dittmann wird wohl weiter testen müssen...<br />

Text & Fotos: Ruth Auschra<br />

Weitere Infos: AmrumTouristik<br />

tel 0 46 82-94 03 12 • www.amrum.de<br />

Unterwegs ohne Grenzen e.V.<br />

c/o Der Paritätische SH • Beselerallee 57 • 24105 Kiel<br />

• tel 04 31-66 70 327 • eMail: uog_kiel@yahoo.de<br />

Anzeige<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

unterwegs<br />

Hier geht es<br />

zum Strand.<br />

Neu angelegter<br />

Bohlenweg<br />

an der Vogelkoje.<br />

Mit maximal<br />

sechs Prozent<br />

Steigung durch<br />

die Dünen.


unterwegs<br />

Otto-Bock-Outdoor-Challenge:<br />

Erlebnis Kaunertal<br />

Mai<br />

2008 startete die<br />

erste „Otto-Bock-<br />

Alpen-Challenge“ im österreichischen<br />

Kaunertal.<br />

Initiator war Wolfgang<br />

Raabe, Markt-Manager<br />

für die Rollstuhl-Sparte<br />

von Otto Bock. Die Veranstaltung<br />

war derart<br />

erfolgreich, dass spontan<br />

entsprechende Fortsetzungen<br />

geplant wurden.<br />

So gab es im Mai 2009<br />

die zweite „Otto-Bock-<br />

Outdoor-Challenge“ in<br />

der Kurt-Tucholsky-Stadt<br />

Rheinsberg im Bundesland<br />

Brandenburg. Ende<br />

Mai dieses Jahres dann<br />

am selben Ort und erneut<br />

mit der Basis im<br />

Hotel Haus Rheinsberg.<br />

Segelboote:<br />

Klasse: Mini 12er Racer<br />

Länge: 3,60 Meter<br />

Breite: 0,80 Meter<br />

Tiefgang: etwa 0,80 Meter<br />

Segelfläche: 6 m2<br />

Gewicht: 55 kg<br />

Bleiballast: etwa 115 kg<br />

Weitere Infos:<br />

www.segelzentrumschluchsee.de<br />

56<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Die Teilnehmer vor dem Hotel Weisseespitze, links Organisator Wolfgang Raabe und Hotelchef Charly Hafele.<br />

ie vierte Otto-Bock-Outdoor-Challenge war<br />

dann wieder eine Veranstaltung in Kaunertal und<br />

natürlich wieder in dem in Rolli-Kreisen bekannten<br />

und beliebten Vier-Sterne-Hotel Weisseespitze in der<br />

Nähe des Reschenpass. Mit Sekt, Saft und freundlichen<br />

Worten wurden am Abend des 23. September<br />

– einem Donnerstag – 26 fröhliche Menschen und<br />

VITA-Hund Stanley von Wolfgang Raabe und dem<br />

immer freundlichen Hotelchef Karl „Charly“ Hafele<br />

begrüßt.<br />

Dann wurde in einem separaten Raum des Hotel-<br />

Restaurants – wie auch an den beiden folgenden<br />

Abenden – ein ausgezeichnetes Vier-Gänge-Menü<br />

von freundlichen jungen Frauen in Landestracht serviert.<br />

Das anschließende Beisammensein in der sehr<br />

gemütlichen und natürlich rolligerechten Hotelbar<br />

war an diesem und den beiden folgenden Abenden<br />

der Tagesabschluss.<br />

Der Freitag begann mit einem Buffet-Frühstück. Ab<br />

10 Uhr konnte dann bei herrlichem Sonnenwetter<br />

das Outdoor-Mobil „SuperFour“ und auch andere<br />

Elektro-Rollis von Otto Bock getestet werden. Das<br />

ideale und sehr wellige Wiesen-Gelände dafür stand<br />

direkt neben dem Hotel zur Verfügung. Die Teilnehmer<br />

waren fasziniert von den Gelände-Möglichkeiten<br />

des SuperFour, der schaffte steile Anstiege,<br />

extreme Schräglagen und blieb bei schwierigen<br />

Abfahrten sicher auf seinen einzeln angetriebenen<br />

und mit griffigen Reifen bestückten Rädern. Zudem<br />

setzte die Wendigkeit des doch recht großen Mobils<br />

– bedingt durch die Vierrad-Lenkung – immer wieder<br />

in Erstaunen.<br />

Mittags lud Otto Bock zu einer zünftigen Jause ein,<br />

und dann wurde es ernst: Auf dem Trainingsgelände<br />

war inzwischen ein nur von Könnern schnell und<br />

fehlerfrei zu durchfahrender Parcours abgesteckt<br />

worden, hier kamen nur gute E-Rolli-Könner gut zurecht.<br />

Sieger wurde mit einer Zeit von 1:28 Minuten<br />

der Wiener Christian Krayler und damit ein absoluter<br />

Experte, denn Christian besitzt selbst einen Super-<br />

Four und hatte den im PKW-Anhänger mitgebracht.<br />

Aber auch der Zweitplatzierte Udo Jürgens aus Köln<br />

zeigte mit einem Rückstand von nur fünf Sekunden<br />

– also in 1:23 Minuten – eine bemerkenswerte Leistung.<br />

Die Offenburgerin Barbara Reiche als Dritte des<br />

Wettbewerbs war schon vorher durch außerordentlich<br />

präzises Steuern mit ihren Elektro-Rolli aufgefallen<br />

und schaffte den Parcours in bemerkenswerten<br />

1:30 Minuten. Das anschließende „Kaffeetrinken“ mit<br />

leckerem Kuchen war dann bei schönem Sonnenschein<br />

auf der Terrasse des Hotels. Am Abend wurde<br />

von Wolfgang Raabe in der großen Hotelbar die<br />

Siegerehrung zelebriert. Sieger und Platzierte bekamen<br />

bemerkenswerte Preise und jeder Teilnehmer<br />

ein ansehnliches Präsent-Paket von Otto Bock.


Am Samstagmorgen traute man seinen Augen nicht:<br />

Nach dem Sonnen-Freitag überraschte die Alpen-<br />

Region mit einen Schneegestöber. Da an diesem<br />

Tag Segeln auf dem Programm stand, freute sich der<br />

Fotograf schon auf ungewöhnliche Bilder. Das war allerdings<br />

zu früh gefreut, denn nach besonders lang<br />

ausgedehntem Frühstück hörte der ungewöhnliche<br />

September-Niederschlag bald auf. Als Segelrevier war<br />

der wunderbar blau leuchtende See am Reschenpass<br />

vorgesehen, erreicht wurde er mit Pkw und einem<br />

Kleinbus. Am See wartete schon der Segelmeister<br />

Rudolf Eisl, der mit drei Booten der Klasse Mini 12er<br />

Racer – siehe Kasten – vom Schluchsee im Schwarzwald<br />

angereist war. Außerdem hatte er mit dem „Alligator“<br />

noch ein originelles Boot mit Handkurbel-Antrieb<br />

mitgebracht. Rudolf Eisl demonstrierte dann das<br />

Segelsetzen und erklärte speziell Segelknoten, dann<br />

wurden die Boote ins Wasser gelassen. Nach kurzer<br />

Anleitung war dann der Umgang mit den Booten<br />

erstaunlich leicht, die Begeisterung wurde lediglich<br />

durch den sehr schwachen Wind etwas gedämpft.<br />

Viel Spaß brachte auch der Alligator, der – vergleichbar<br />

mit einem Handbike – die Arm-Muskulatur ordentlich<br />

strapazierte. Unterbrochen wurde der See-<br />

Betrieb durch eine herzhafte Alpen-Mahlzeit in einer<br />

Gasthütte neben dem See.<br />

Am späteren Nachmittag wurde wieder zum Kaffeetrinken<br />

ins Hotel geladen und auch an diesem<br />

letzten Abend traf man sich im Restaurant zum Viergänge-Menü.<br />

Dann wurde im Seminarraum des Hotels<br />

durch die Beamer-Schau von etwa 460 Bildern die<br />

Veranstaltung noch mal aufgerollt, es gab viele Lacher<br />

und viel Applaus. Die freundliche Verabschiedung<br />

gab es am Sonntagmorgen beim Frühstücks-Buffet.<br />

Die vierte Otto-Bock-Outdoor-Challenge war ein weiteres<br />

gutes Beispiel in die Erfolgsgeschichte dieser<br />

Veranstaltungsreihe. Alle Teilnehmer waren begeistert,<br />

die Organisatoren zufrieden. Bleibt zu hoffen,<br />

dass diese attraktive Veranstaltung weitergeführt<br />

wird, dann aber unter neuer Leitung. Wolfgang Raabe<br />

hat bereits ab dem 1. September die Leitung der bei<br />

Otto Bock neu geschaffenen „Academie Mobility Solutions“<br />

– zu deutsch Reha Akademie – mit Sitz in der<br />

thüringischen Kleinstadt Königsee übernommen.<br />

Weitere Infos:<br />

www.ottobock.de, www.weisseespitze.de<br />

Text & Fotos:<br />

Hermann Sonderhüsken<br />

Der Sieger Christian Krayler<br />

an der höchsten Stelle<br />

des Parcours.<br />

Sonja Thiele war die eifrigste<br />

Seglerin, sie saß als<br />

Erste im Boot und wollte<br />

gar nicht mehr an den<br />

Steg zurück.<br />

Der Alligator mit<br />

Udo Mannl an den<br />

Kurbeln, Passagier<br />

Harald Jüttner, Fotografin<br />

Nora Schünemann und<br />

Segler Gerd Petri.<br />

SuperFour<br />

Benzin-Motor 100 ccm, bis 3PS/ 2,2 kW<br />

Elektro-Motor vier Radnaben-Motoren<br />

Antrieb stufenlose Automatik,<br />

Rückwärtsgang, Allrad<br />

Länge/Breite/Höhe 198/110/175 cm<br />

Leergewicht ab 321 Kilo<br />

Geschwindigkeit bis 15 km/h<br />

Steigfähigkeit 40 Prozent<br />

Reichweite Benzin etwa 200 Kilometer<br />

mit Elektro-Motor 30-35 Kilometer<br />

Preis der Grundversion 32 000 €<br />

terwegs<br />

VITA-Hund Stanley<br />

war immer aktiv dabei.<br />

PARAPLEGIKER 4/10 57


sport sport<br />

Bronze für Christian Schad<br />

und Claudia Wulf<br />

Der Cha-Cha-Cha ist<br />

unbeschwert und amüsant.<br />

Christian Schad<br />

flirtet bei diesem lateinamerikanischen<br />

Tanz<br />

mit seiner Partnerin<br />

Claudia Wulf. Mit einem<br />

Lächeln rollt er immer<br />

wieder um sie herum.<br />

Beide halten Blickkontakt<br />

zueinander und berühren<br />

sich kokett. Sie<br />

heizen die Stimmung<br />

bei den Rollstuhltanz-<br />

Weltmeisterschaften in<br />

Hannover so richtig an.<br />

Mit pfiffigen Choreographien,<br />

einer gehörigen<br />

Portion Rhythmusgefühl<br />

und einer enormen<br />

Synchronität begeistern<br />

die beiden Elektro-Rollstuhlfahrer<br />

die Zuschauer<br />

in der bis auf den<br />

letzten Platz gefüllten<br />

Halle im Convention-<br />

Center der Deutschen<br />

Messe AG in Hannover.<br />

Tanz-WM: Siegerehrung.<br />

58<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Rollstuhltanz-WM:<br />

Dabei halten die mehrfachen Deutschen Meister<br />

erst seit etwa einer Woche ihre offizielle Nominierung<br />

in den Händen. Christian, der Diabetiker ist<br />

und Insulin spritzen muss, benötigte eine Ausnahmegenehmigung,<br />

da Insulin auf der Doping-Liste<br />

des IOC steht. Trotz dieser Unsicherheit haben sich<br />

die beiden das ganze Jahr über vorbereitet und<br />

hart trainiert. Unterstützt wurden sie dabei insbesondere<br />

von ihrer Trainerin Ines Tack. Sie leitet zusammen<br />

mit Tina Lorenz die Rollstuhltanzgruppen<br />

für Kinder und Erwachsene an der Landesschule<br />

für Körperbehinderte in Neubrandenburg sowohl<br />

im Breitensportbereich als auch im Leistungsbereich.<br />

Bundestrainer Michael Webel half, indem er<br />

mit den beiden gemeinsam die Choreographie<br />

des Cha-Cha-Cha einstudierte. Denn gerade für<br />

Elektro-Rollstuhltänzer ist es nicht unbedingt einfach,<br />

eine gute und interessante Choreographie<br />

zu entwickeln, sind doch die Tänzer aufgrund ihrer<br />

schweren Behinderung stark in ihren Bewegungsabläufen,<br />

auch der der Arme, eingeschränkt.<br />

So kann sich zunächst keiner wirklich vorstellen,<br />

wie das bei den beiden mit dem Tanzen funktionieren<br />

soll, als sie mit ihren schweren Elektro-Rollstühlen<br />

auf das Parkett in Hannover rollen. Doch<br />

bereits nach ein paar Sekunden wird klar: Hier geht<br />

es nicht um die exakte Abfolge von Schrittkombinationen.<br />

Hier werden vor allem Takt und Balance,<br />

Ausdruck und Technik sowie Harmonie bewertet.<br />

Und davon haben die beiden Neubrandenburger<br />

eine Menge zu bieten.<br />

Am Ende nehmen sie die Bronzemedaille in ihrer<br />

Leistungsklasse (LWD 1) in den Lateinamerikanischen<br />

Tänzen mit nach Hause. Die Paare sind<br />

entsprechend der Klassifikation des Nationalen Paralympischen<br />

Komitees Deutschland in zwei LWD-<br />

Gruppen (Level wheelchair dancing) eingeteilt,<br />

abhängig vom Grad ihrer Funktionseinschränkung.<br />

Die Silbermedaille geht an Aleksey Fotin und Ruzanna<br />

Kazaryan aus Russland. Ernesto Eduardo Nunez<br />

Medellin holt mit seiner Partnerin Maria Antonia<br />

Pana Anguiano Gold für Mexiko.<br />

Paralympischer Traum<br />

Drei Paare, die eigentlich nicht miteinander zu vergleichen<br />

sind, denn die Mexikaner und die Russen<br />

verfügen über eine viel größere Beweglichkeit im<br />

Oberkörper und tanzen deshalb in handbetriebenen<br />

Rollstühlen. So sind Christian und Claudia<br />

momentan das einzige Elektro-Rollstuhltanzpaar<br />

– sowohl in Deutschland als auch weltweit. Vor 13<br />

Jahren hat sich Trainerin Ines Tack in Holland vom<br />

Elektro-Rollstuhltanzen begeistern lassen und diese<br />

Idee mit nach Deutschland gebracht. Christian, der<br />

den Wunsch hatte, sich zu bewegen und zu tanzen,<br />

einfach Spaß zu haben, war schnell zu überzeugen.<br />

Und auch Claudia fing Feuer. So wurden die beiden


Claudia Wulf und Christian Schad während des Wettbewerbs.<br />

Rollstühle speziell für das Tanzen angefertigt, die über eine besondere<br />

Handsteuerung angetrieben werden. Denn Christian<br />

Schad ist seit einem Unfall vor über 35 Jahren vom Hals abwärts<br />

gelähmt, Claudia Wulf lebt mit einer zunehmenden Muskelschwäche<br />

(Muskelatrophie).<br />

Nun hoffen die Mecklenburger, dass es in der Zukunft möglich<br />

sein wird, die Wertungsrichter – und auch Trainer – mehr für diese<br />

Art des Rollstuhltanzens und ihre besonderen Erfordernisse<br />

zu sensibilisieren. Und sie hoffen, einmal an den Paralympics<br />

teilzunehmen. London 2012 wäre ein Traum, aber bis dahin, so<br />

glaubt Christian, wird Rollstuhltanzen wohl noch keine Paralympische<br />

Disziplin sein. So richten sich die Blicke der beiden erst<br />

einmal auf die Europa-Meisterschaften im nächsten Jahr.<br />

Showpotential<br />

Auch für die anderen deutschen Paare war die Weltmeisterschaft<br />

ein bedeutender Höhepunkt in ihrer sportlichen Laufbahn und<br />

ein Kräftemessen mit den Spitzentänzern aus der ganzen Welt.<br />

So konnten Erik Machens und Andrea Borrmann im Duo (LWD<br />

2) sowohl im Standard als auch in den Lateinamerikanischen<br />

Tänzen einen sehr guten vierten Platz ertanzen. Insgesamt beteiligten<br />

sich 115 Tänzerinnen und Tänzer aus 29 Nationen und<br />

zeigten tänzerisches Können auf höchstem Niveau. Die älteste<br />

Teilnehmerin war dabei die 80-jährige Takuya Ashikawa aus Japan.<br />

Ausgetanzt wurden insgesamt acht Weltmeistertitel in den<br />

Standard- und Lateinamerikanischen Tänzen, jeweils im Duo<br />

(zwei Rollstuhlfahrer) und im Combi (Rollstuhlfahrer und Fußgänger).<br />

Besonders die Osteuropäer zeigten sich in Topform.<br />

„Der Tanzsport“, so Michael Webel, Präsident des Organisationskomitees<br />

und Cheftrainer der Nationalmannschaft Rollstuhltanz,<br />

„bietet eine exzellente Möglichkeit für Menschen mit und<br />

ohne Behinderung, gemeinsam Sport zu treiben. Rollstuhlsport<br />

ist eine Sportart, die wie kaum eine andere Showpotential mit<br />

integrativen Aspekten verbindet.“ Der Verlauf der WM hat seine<br />

Worte belegt.<br />

Text und Fotos:<br />

Ulrike Talmann<br />

Anzeige


markt<br />

Bauen-wohnen-renovieren:<br />

Duschen ohne Barrieren<br />

Wenn es ums<br />

Wohnen ohne Barrieren<br />

geht, steht<br />

meist das schwellenlose<br />

Bad an erster<br />

Stelle der Bau-,<br />

Umbau- oder Sanierungsarbeiten.<br />

In<br />

der Regel ist das<br />

Badezimmer auch<br />

der dickste Brocken,<br />

wenn es ums<br />

Bezahlen geht.<br />

Elegant: Dallmer-Dusche.<br />

60<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Im Vordergrund steht die bodengleiche, befahrbare<br />

Dusche. Hierfür gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:<br />

Neben im Boden versenkt eingebauten,<br />

vorgefertigten Sanitärelementen werden geflieste<br />

Duschen vor allem aus ästhetischen Gründen immer<br />

beliebter, da das Badezimmer immer mehr als<br />

Wohnraum und Wellnessoase angesehen wird – ein<br />

Anspruch, dem herkömmliche „Nasszellen“ immer<br />

weniger gerecht werden. Häufig wird gewünscht,<br />

den Übergang vom Fußboden zum Duschbereich<br />

optisch unsichtbar zu machen. Eine gleichmäßig<br />

geflieste, ununterbrochene Fläche lässt den Raum<br />

auch großzügiger erscheinen. Neben Standardmaßen<br />

bieten sich ganz nach den eigenen Vorlieben<br />

auch Großformate an, ebenso Mosaik-, Flusskiesel-<br />

oder kleinformatige Fliesen an, mit denen ein Gefälle<br />

zum Abfluss angelegt wird.<br />

Egal welche Gestaltung bevorzugt umgesetzt werden<br />

soll: In jedem Fall ist der Einbau einer bodengleichen<br />

Dusche ein Fall für erfahrene Badplaner und<br />

Handwerker, welche die richtigen Verfahren zur Abdichtung<br />

kennen und das nötige technische Knowhow<br />

haben. Besonders die Übergänge von Duschtasse<br />

zu den Fliesen sind sorgfältig auszuarbeiten.<br />

Schon in der Planungsphase von Neubauten oder<br />

auch Renovierungen sollte das Bad frühzeitig mit<br />

einbezogen werden. Gerade bodengleiche Duschen<br />

lassen sich im Nachhinein nur mit Mehraufwand bewerkstelligen.<br />

In der Regel ist der Einbau einer bodengleichen<br />

Dusche von den Räumen abhängig, die<br />

unter dem Badezimmer liegen. Ein Ein- oder<br />

Umbau ist eben nur dann möglich, wenn<br />

hier eine Abwasserleitung verlegt werden<br />

kann oder dort bereits Leitungen vorhanden<br />

sind. Ausnahmen gibt es bei vorhandener<br />

Fußbodenheizung: Hier ist der Fußbodenaufbau<br />

höher und bietet daher Platz<br />

für Abwasserleitungen. „Leider gilt oft: Je<br />

älter das Bad, desto geringer die Chance, im<br />

gleichen Geschoss die Abwasserleitungen<br />

im Boden verlegen zu können,“ meint Thilo<br />

Dreyer, Spezialist für individuelle Premiumbäder<br />

und Gründungsmitglied sowie Sprecher<br />

von Aqua Cultura, dem Qualitätssiegel<br />

führender Badeinrichter, einer Initiative von<br />

21 Unternehmen, die Bäder der Premiumklasse realisieren<br />

und Endverbrauchern, Architekten und Bauherren<br />

einen Überblick über qualifizierte Badeinrichter<br />

vermitteln kann.<br />

Paketlösungen<br />

Verfliesungsfertige, bodenebene Duschwannensysteme<br />

ermöglichen also einen ebenen und einheitlichen<br />

Bodenbelag im ganzen Badezimmer.<br />

Sanitärspezialisten wie Saniku oder Repabad bieten<br />

Paketlösungen an, die perfekte Dichtigkeit und sicheren<br />

Wasserabfluss versprechen und dabei für den<br />

Belag mit Fliesen optimiert und sofort verfliesbar<br />

sein sollen, in verschiedenen Formaten lieferbar und<br />

auf jeden Fall Rollstuhl geeignet. Sämtliche erforderlichen<br />

Komponenten bietet auch das Point-Duschplatzsystem<br />

von Kermi, das alle Randdämmstreifen,<br />

Trittschalldämmung und Ausgleichsmasse bis hin<br />

zu Ablauf, Dichtset, befliesbares Board und Unterbauelemente<br />

enthält. Die Abläufe des befliesbaren<br />

Point-Duschplatzes mit Punktentwässerung sind<br />

individuell gestaltbar, und auch die Pflege kommt<br />

nicht zu kurz, denn die Ablaufabdeckung und der<br />

Geruchsverschluss sind für die Reinigung einfach zu<br />

entnehmen. Die Abläufe des Line-Duschplatzes vom<br />

gleichen Anbieter sind individuell gestaltbar – mit<br />

Rinne mittig oder wandseitig, aus Edelstahl oder alternativ<br />

nahezu unsichtbar verfliest.<br />

Bei Umbau und Renovierung muss vieles unter einen<br />

Hut gebracht werden: niedrige Aufbauhöhen,<br />

kleine Abmessungen, ausreichend Ablaufleistung<br />

und gut aussehen soll es auch. Dallmer hat dafür<br />

die unterschiedlichsten Problemlösungen entwickelt,<br />

etwa die neue Duschrinne CeraLine Plan mit<br />

nur 90 mm Bauhöhe, zum Einbau in der Fläche<br />

oder unmittelbar vor der Wand, die neue kompakte<br />

Duschrinne SimpliLine 300, nur 30 cm lang, 90 mm<br />

hoch und mit Abdeckungen in prämiertem Design,<br />

und den neuen Komplettablauf SimpliPrimus, nur<br />

69 mm hoch und ausgestattet mit einem Geruchverschluss,<br />

der mit und ohne Sperrwasser funktioniert,<br />

sowie den neuen Komplettablauf SimpliPlan<br />

mit senkrechtem Ablaufstutzen und optionalem<br />

Brandschutz.


Geberit: Ablauf durch die Wand.<br />

Alternativen<br />

Die innovativen Geberit Duschelemente für bodenebene<br />

Duschen verlegen den Wasserabfluss vom<br />

Boden in die Wand. Die neuen Wandelemente vereinfachen<br />

die Installation von gefliesten Duschen<br />

deutlich. Die Verarbeitung des Geberit GIS oder<br />

Duofix Montageelements ist für den Installateur<br />

gewohnt und sicher, die Schnittstellen zu anderen<br />

Gewerken optimal gelöst. Eine Duschrinne für<br />

die Wandmontage ist auch „TersoWall“ von Mepa.<br />

Sie steht – mit zusätzlichen Komponenten ergänzt<br />

– auch als Komplettlösung für den Installateur zur<br />

Verfügung. Darüber hinaus hat Mepa ein Trockenbau-Vorwandmodul<br />

entwickelt, das in Kombination<br />

mit dem „TersoWall“-System neue Freiräume bei der<br />

Planung und Gestaltung bodengleicher Duschen<br />

bietet. Mit „TersoSlim-70“ bietet der gleiche Anbieter<br />

zudem die Möglichkeit, bodengleiche, verflieste Duschen<br />

auch bei Altbauten mit niedrigen Estrichhöhen<br />

auszuführen. Die neue Systemlösung kann bei<br />

Estrichhöhen von 70 mm bis 190 mm mit einer Ab-<br />

Anzeige<br />

laufleistung von 0,5 l/s eingesetzt werden und ist als<br />

reine Estrich-Variante oder Panel-Variante lieferbar.<br />

Als ein Bodenablaufsystem zum einfachen und sicheren<br />

Erstellen von barrierefreien Duschen zeichnet<br />

sich auch Kerdi-Shower von Schlüter Systems<br />

durch eine geringe Aufbauhöhe von nur 100 mm<br />

aus. Ein 60 mm starkes Ausgleichboard ermöglicht<br />

den schnellen Höhenausgleich bei einer horizontalen<br />

Entwässerung, ohne die Verwendung von<br />

Mörtel. Das Gefälleboard weist bereits das<br />

notwendige Gefälle von ≥ 2% zur Entwässerung<br />

auf. Die Stärke des Gefälleboards (je<br />

nach Größe) beträgt 32-40 mm, so dass eine<br />

Gesamthöhe (ohne Belag) von unter 100 mm<br />

möglich ist. Bei vertikalen Ablauf-Anschlüssen<br />

durch die Bodenplatte kann auf das Ausgleichboard<br />

verzichtet werden. Hier werden<br />

noch geringere Aufbauhöhen erzielt (32-40<br />

mm plus Belagmaterial).<br />

Als preiswerte Alternative empfiehlt ACO das Produkt<br />

ShowerDrain C-line in zwei Edelstahl-Varianten<br />

mit geschliffener Oberfläche sowie befliesbarer Abdeckung.<br />

Sondermaße sind nicht lieferbar. Somit erweist<br />

sich die Duschrinne ACO ShowerDrain C-line<br />

als die optimale, funktional und ästhetisch überzeugende<br />

Entwässerungslösung für das Badezimmer,<br />

wenn der Preis Vorrang gegenüber Exklusivität, Design<br />

und Sonderbedarf hat.<br />

Text: Raimund Artinger<br />

Fotos: Anbieter<br />

markt<br />

Praktisch: Ablaufrinne von ACO.<br />

Weitere Informationen: www.aqua-cultura.de • www.saniku.de • www.repabad.de •<br />

www.kermi.de • www.dallmer.de • www.geberit.de • www.mepa.de • www.schlueter.de •<br />

www.aco-haustechnik.de


kleinanzeigen<br />

62<br />

PARAPLEGIKER 4/10<br />

Monoski<br />

Hersteller Richter, gebr., Sitz 36 cm, nagelneue<br />

Zugvorrichtung, plus 3 gebr. Carvingskis, ohne<br />

Stützhandskis. NP € 3 000, VP € 650.<br />

tel 0 88 56-93 56 73<br />

eMail: erichhubel@web.de<br />

Pflegebadewanne<br />

Mit Lifter unterfahrbar, ungebraucht, Neupreis<br />

1 600 €, Kaufpreis 399 €. Länge: 1,90 m, Gewicht<br />

ca. 30 kg, Griffmulden, Wannenverkürzer,<br />

Nackenkissen. Standort 08539 Leubnitz im<br />

Vogtland (bei Plauen in Sachsen). Transportkosten<br />

müssen übernommen werden, Hilfe<br />

wird zugesichert, Selbstabholung bevorzugt.<br />

tel 03 74 31-33 30<br />

eMail: ulmarei@gmx.de<br />

VW Caravelle TDI<br />

Bj. 1999; 88 PS, 150 t km, Verbrauch 8 l Diesel,<br />

Klimaanlage vorne u. hinten; Radio/CD, für<br />

Mitfahrer, Hinterachse hydraulisch absenkbar,<br />

Einfahrt über Heckrampe, automatische Rollstuhlhalterung,<br />

1 Sitzplatz neben dem Rolli,<br />

Stromanschluss im Heckraum, TÜV neu, unfallfrei<br />

1. Hd., VB 10 000 €.<br />

eMail: monika.koelsch@gmx.de<br />

Schwenksitz<br />

Auto Adapt Turnout 4, leichte manuelle Bedienung,<br />

Zustand neuwertig, nur kurz im Einsatz.<br />

Konsole für Toyota Corolla Verso vorhanden,<br />

kann auch in andere Fahrzeuge verbaut werden.<br />

Standort 74523 Schwäbisch Hall.<br />

tel 07 91-43 131 oder 0172/63 69 066<br />

eMail: hildegard.herb@googlemail.com<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

R O K O D A T<br />

0721-4 99 99 01<br />

die ROLLI-Hotline<br />

Magdeburg<br />

Rollifahrerin (QSL,43) möchte sich in naher<br />

Zukunft in Magdeburg häuslich einrichten.<br />

Wer kann mir nützliche Hinweise zwecks Wohnungssuche<br />

und Freizeitgestaltung geben?<br />

eMail: kerstin.keil.zi@web.de<br />

Florida<br />

Frisch renovierte Villa in Cape Coral an einem<br />

Kanal zu vermieten. Komplett mit Rollstuhl<br />

befahrbar. 3 Schlafzimmer, 2 Bäder, eins davon<br />

mit unterfahrbarer Dusche. Küchenbereich mit<br />

unterfahrbarem Herd. Pool mit Treppe und<br />

Rampe.<br />

tel 0 52 35-99 20 54<br />

eMail: turtle-house@t-online.de<br />

Kia Carnival HPDI LX<br />

EZ 03/2002, 54 809 km, Diesel, 106 kW (144 PS),<br />

Automatik, 7 Sitzplätze, 3 Türen u. 2 Schiebetüren,<br />

HU 03/11, Klimaanlage, Silber metallic,<br />

ABS, Handbedienung, el. Fensterheber, el. Wegfahrsperre,<br />

el. Fahrersitzverstellung, Scheckheft<br />

gepflegt, Servolenkung, Zentralverriegelung,<br />

Front-Airbags, behindertengerecht, Preis<br />

6 500 €.<br />

tel 0 57 44-92 00 84<br />

eMail: ml.rahe@web.de<br />

Sri Lanka<br />

Rollstuhlgerechte Ferienanlage bei Negombo<br />

(keine Tsunamiregion) zu vermieten.<br />

Wolf Odebralski.<br />

tel 0 23 52-54 91 88<br />

eMail: big.buddha@gmx.de<br />

www.srilanka-rosegarden.de<br />

Private Kleinanzeigen u. Stellenanzeigen für Behinderte<br />

sind kostenlos, bitte als eMail an peter.mand@t-online.de,<br />

nur wenn nicht anders möglich als (lesbares!)<br />

Fax an 0 21 51-62 17 004. Abdruck vorbehalten, ohne<br />

Gewähr. Beim Verkauf von Hilfsmitteln muss der Verkäufer<br />

auch der Eigentümer sein.


Rehadienstleister:<br />

Fluch oder Segen?<br />

Seit mehr als einem Jahrzehnt hat sich ein neuer Berufsstand<br />

etabliert, der des Rehadienstleisters, Rehamanagers<br />

oder Casemanagers. Welchen Nutzen hat dieser Berufsstand,<br />

wo liegen die Gefahren und Chancen, wenn man<br />

auf einen Rehadienstleister als Hilfestellung zurückgreift?<br />

Die Idee des Casemanagement stammt ursprünglich aus den Vereinigten<br />

Staaten und wurde hier vor etwa 15 Jahren von der deutschen Versicherungswirtschaft<br />

aufgegriffen. Die Versicherungswirtschaft verspricht sich<br />

vom Rehamanagement Hilfestellung beim Umgang mit schwerstverletzten<br />

Anspruchstellern, insbesondere auch Rollstullfahrern. Der Rehamanager<br />

soll dem jeweiligen Betroffenen auf Rechnung des Haftpflichtversicherers<br />

sowohl bei der medizinischen als auch bei der beruflichen<br />

Rehabilitation unterstützen.<br />

Einerseits kann dem Betroffenen so individuell und gut geholfen werden,<br />

da Rehamanager in der Regel durchaus in der Lage sind – meist besser als<br />

der Frischverletzte selbst – den Bedarf des Betroffenen zu ermitteln und<br />

auch der dahinter stehenden zahlungspflichtigen Haftpflichtversicherung<br />

schlüssig darzulegen, weswegen das eine oder andere Hilfsmittel<br />

notwendig ist, obwohl die Krankenkasse die Kostenübernahme insoweit<br />

abgelehnt hat.<br />

Andererseits – und auch deswegen wurde das Rehamanagement von<br />

der Versicherungswirtschaft ins Leben gerufen – erhofft sich die Versicherung<br />

von dem Rehamanagement auch die Minimierung der Kosten.<br />

Schafft es der Rehamanager nämlich, den Betroffenen durch Hilfsmittel<br />

einigermaßen selbstständig zu bekommen und ihm gar neue behinderungsgerechte<br />

Arbeit zu vermitteln, so sind die Kosten für Pflege und Verdienstausfall<br />

enorm gesunken, was unter dem Strich einen Gewinn für die<br />

Versicherung bedeutet.<br />

Anzeige<br />

Diese Doppelfunktion kann zu einem Interessenskonflikt des Rehamanagements<br />

führen, da ja einerseits ein Vertragsverhältnis zwischen der<br />

auftragsvergebenden Haftpflichtversicherung (mit entsprechender<br />

Hoffnung auf weitere Beauftragung) besteht, andererseits aber die Interessen<br />

des Anspruchstellers, der ja letztlich doch immer „Gegner“ des<br />

Haftpflichtversicherers sein wird, zu wahren sind.<br />

Grundregeln<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

recht recht<br />

Aus diesem Grunde wurden in einvernehmlicher Zusammenarbeit<br />

von der Rehacare GmbH – einem der führenden Rehabilitationsdienste<br />

in Deutschland (nicht zu verwechseln mit der Fachmesse) – und der<br />

Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltsvereins<br />

bereits im Jahr 2002 ein so genannter code of conduct (oder deutsch:<br />

Verhaltensmaßregeln) des Rehamanagements aufgestellt, der Grundregeln<br />

für die Tätigkeit des Rehadienstleisters aufstellt. Die wichtigsten<br />

Grundsätze des code of conduct sind zusammengefasst folgende:<br />

• Das Rehamanagement darf nicht vom Haftpflichtversicherer selbst<br />

durchgeführt werden, sondern liegt in der Hand eines Rehabilitationsdienstes.<br />

• Der Rehadienst ist personell und organisatorisch vom Haftpflichtversicherer<br />

unabhängig, weisungsfrei und neutral. Art und Umfang seiner<br />

Tätigkeit wird ausschließlich durch das Rehabilitationsziel bestimmt.<br />

• Er hat sich jeglicher Einflussnahme oder gar Beurteilung auf die<br />

Regulierung des Schadens zum Grund oder zur Höhe der Ansprüche<br />

zu enthalten und bereits der Möglichkeit des Entstehens eines<br />

dahin gehenden Anscheins entgegen zu wirken.<br />

• Der vom Haftpflichtversicherer zu beauftragende Rehadienst wird<br />

einvernehmlich mit dem Anwalt des Unfallopfers vorher bestimmt.


echt recht<br />

• Der Anwalt des Unfallopfers und der Haftpflichtversicherer legen das Rehabilitationsziel<br />

zuvor fest.<br />

• Die Kosten des Rehamanagements trägt, auch bei nur quotaler Haftung,<br />

der Haftpflichtversicherer.<br />

Den gesamten Text des code of conduct findet man relativ leicht im Netz,<br />

beispielsweise unter folgendem Link: http://verkehrsanwaelte.de/arbeitshilfen/rehabilitationsmanagement-code-of-conduct.pdf<br />

Hält sich ein Rehadienstleister an diese Vorgaben, kann das Experiment,<br />

einen von der Versicherung empfohlenen Rehadienstleister an sich heranzulassen,<br />

gewagt werden, weil gutes Casemanagement besonders bei<br />

Frischverletzten viele Irrwege und auch Streitigkeiten über die Angemessenheit<br />

von Ausgaben vermeiden kann.<br />

Seriöse Versicherungen zahlen<br />

Es gibt jedoch auch noch eine Alternative. Da der Casemanager per se<br />

keine geschützte Berufsbezeichnung ist, gibt es neben den großen institutionellen<br />

Rehadienstleistern, die regelmäßig von Versicherungen<br />

beauftragt werden, auch kleine unabhängige Rehamanager mit oft jahrzehntelanger<br />

Erfahrung im Bereich der Schwerverletzten, die ihre Aufträge<br />

nicht nur von den Versicherungen, sondern auch von spezialisierten<br />

Anwälten oder Betroffenen selbst erhalten.<br />

Anzeige<br />

Beauftragt man einen solchen Rehadienstleister, besteht meiner Auffassung<br />

nach obige Besorgnis der Befangenheit nicht. Auf jeden Fall empfiehlt<br />

es sich, vor Beauftragung eines Casemanagers mit diesem persönlich<br />

zu sprechen (oder seinen Anwalt sprechen zu lassen) und mit der<br />

Versicherung abzuklären, ob die Kosten des Managers getragen werden.<br />

Seriöse Versicherungen werden dem Wunsch des Betroffenen entsprechen,<br />

eher schwierige Versicherungen werden dies ablehnen und eigene<br />

Dienstleister empfehlen. Was man dann von diesen zu erwarten hat, wird<br />

dadurch offenbar und bedarf keiner weiteren Kommentierung.<br />

Zu guter Letzt soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Rehacare GmbH,<br />

welche sich stark für den code of conduct eingesetzt hat, seit dem Jahr<br />

<strong>2010</strong> Mitglied im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft<br />

e. V. ist, der Interessenvertreterin der deutschen Versicherungen.<br />

Anmerkung zum Autor: Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht<br />

Oliver Negele, Mitarbeiter der AG-Recht der FGQ, bearbeitet<br />

derzeit ca. 30 Fälle aus dem Bereich Großpersonenschaden im Jahr.<br />

Kontakt:<br />

RA Oliver Negele<br />

Bgm.-Fischer-Str. 12<br />

86150 Augsburg<br />

tel 08 21-32 79 88 10<br />

eMail: kontakt@arge-recht.de<br />

Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau<br />

Das qualifizierte Behandlungszentrum für Querschnittgelähmte im Süden<br />

Deutschlands zur<br />

• umfassenden Akutbehandlung bei Verletzungen und Erkrankungen des<br />

Rückenmarks<br />

• Frührehabilitation mit fachübergreifender ärztlicher Betreuung einschließlich<br />

der Neuro-Urologie<br />

• Behandlung aller lähmungsbedingten Komplikationen<br />

• lebenslange Nachsorge<br />

Ambulante Behandlung und umfassende Beratung über eine Spezialsprechstunde.<br />

Kontaktaufnahme: Telefon +49 (8841) 48-2940<br />

Fax +49 (8841) 48-2115<br />

e-mail dmaier@bgu-murnau.de<br />

Internet www.bgu-murnau.de


Arbeitsgemeinschaften (AG)<br />

Ambulante Dienste<br />

Milan Kadlec<br />

Bornberg 94<br />

42109 Wuppertal<br />

tel 02 02-45-02 71, Fax: -39 42<br />

eMail: info@isb-ggmbh.de<br />

Bauen & Umwelt<br />

Dipl. Ing. Dirk Michalski<br />

Im Hohnsiefen 1<br />

53819 Neunkirchen-Seelscheid<br />

tel 0 22 47-60 70<br />

eMail: DirkMichalski@t-online.de<br />

Internet: www.DirkMichalski.de<br />

Frank Opper, Architekt<br />

Auf der Wiese 20 • 41564 Kaarst<br />

tel 0 21 31-51 17 09<br />

eMail: frank@opper-architekten.de<br />

FGQ-Rechtsbeistand im Sozialrecht<br />

Herbert Müller<br />

Freiherr-vom-Stein-Straße 47<br />

56566 Neuwied-Engers<br />

tel 0 26 22-88 96-32; Fax -36<br />

eMail: h.mueller@engers.de<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Peter Mand<br />

Felbelstraße 15 • 47799 Krefeld<br />

tel 0 21 51-62 17 000<br />

eMail: peter.mand@t-online.de<br />

Recht / Schadensersatzrecht<br />

Gottfried Weller<br />

Oliver Negele<br />

Dr. Loeffelladstr. 127 • 86609 Donauwörth<br />

tel 09 06-83 34; Fax: 99 99 715<br />

eMail: gottfriedweller@arcor.de<br />

Schmerz bei Querschnittlähmung<br />

Margarete „Gritli“ Blickensdörfer<br />

Gottfried-Keller Str. 54 • 40474 Düsseldorf<br />

tel 02 11-38 73 69 67<br />

eMail: gblickensdoerfer@ish.de<br />

Neue Ansprechpartner gesucht!<br />

Anfragen bitte an<br />

eMail: FGQ-Moelsheim@t-online.de<br />

Schule & Studium<br />

Karen Fischer<br />

Auf der Kuhweide 1 • 44269 Dortmund<br />

tel 02 31-75 97 55<br />

Urlaub<br />

Johann Kreiter<br />

Laubeweg 1 • 70565 Stuttgart<br />

tel 07 11-7 15 64 90<br />

eMail: jnkreiter@aol.com<br />

Ich spende meinen Jahres- Mitgliedsbeitrag in Höhe<br />

von Euro<br />

(mindestens 30 Euro)<br />

Querschnittgelähmte 15 Euro, je Familienmitglied 15 Euro<br />

Ich zahle per: Abbuchung Rechnung<br />

Buchen Sie von folgendem Konto ab:<br />

Bank<br />

Bankleitzahl Konto-Nr.<br />

Datum Unterschrift<br />

Ich kann diese Anmeldung innerhalb von 10 Tagen bei der Fördergemeinschaft der<br />

Querschnittgelähmten in Deutschland e.V., Silcherstraße 15, 67591 Mölsheim schriftlich<br />

widerrufen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.<br />

Datum Unterschrift<br />

PARAPLEGIKER – Zeitschrift für Menschen<br />

mit Körperbehinderung<br />

Das offizielle Nachrichtenmagazin der Fördergemeinschaft<br />

der Querschnittgelähmten erscheint jetzt im<br />

vereinseigenen HUMANIS Verlag. Menschen mit Körperbehinderung<br />

haben viele gemeinsame Interessen, ,<br />

deshalb sollte der Blick auch über den Zaun der eigenen<br />

Betroffenheit hinausgehen. Der „Para“ bietet einen n<br />

Mix aus Information, Kultur, Politik und Unterhaltung.<br />

Ständige Themen<br />

Werden Sie Mitglied!<br />

Bitte ausschneiden und in einem ausreichend frankierten Umschlag senden an:<br />

Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V.<br />

Silcherstraße 15<br />

67591 Mölsheim<br />

Hilfsmittel Rollstuhl & Co – Test the Best<br />

Pflege Organisation, Finanzierung und Hilfsmittel tt el ell<br />

Urlaub In Nah und Fern<br />

Auto Solange es rollt – Vom kleinen Flitzer<br />

bis zum großen Van<br />

Recht Tipps vom Anwalt<br />

Menschen<br />

Planen und<br />

Portraits, Sport und Spiel, Beruf<br />

Bauen Barrierefrei und alltagstauglich<br />

Zu unserem Programm gehören auch<br />

»B-kids« für behinderte junge Menschen<br />

»K« - Journal Mensch und Krebs<br />

»FGQ-Info« Informationsbroschüren der<br />

Fördergemeinschaft für Querschnittgelähmte<br />

in Deutschland.<br />

Bei Interesse fordern Sie bitte ein Probeheft an<br />

oder informieren sich telefonisch beim Verlag.<br />

Bestellcoupon rückseitig<br />

28. Jahrgang<br />

Humanis Verlag für Gesundheit GmbH • Silcherstrasse 15 • D-67591 Mölsheim • Deutsche Post AG • Entgelt bezahlt • ZKZ D 05475 • ISSN 0723-5070 4/<strong>2010</strong><br />

Rückseite beachten!<br />

Vereint<br />

mit<br />

Diesen Abschnitt bitte ausfüllen,<br />

ausschneiden, in einen ausreichend<br />

frankierten Umschlag<br />

geben und einsenden an:<br />

Humanis<br />

Verlag für Gesundheit GmbH<br />

Silcher Straße 15<br />

67591 Mölsheim<br />

oder faxen an:<br />

0 62 43 - 90 35 69<br />

Abotelefon:<br />

0 62 43 - 90 07 04


PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER PARAPLEGIKER<br />

JA!<br />

Ich möchte »PARAPLEGIKER«, die Zeitschrift für Menschen mit<br />

Körperbehinderung abonnieren,<br />

4 Ausgaben jährlich für 15 € (Ausland 20 €) inkl. Porto & Versand.<br />

Vorname:<br />

Name:<br />

Straße / Hausnummer:<br />

PLZ / Ort:<br />

bargeldlos durch Bankeinzug<br />

Konto-Nr.:<br />

BLZ:<br />

94<br />

Ja!<br />

Name und Sitz der Bank:<br />

gegen Rechnung (bitte Rechnung abwarten)<br />

Unterschrift<br />

94<br />

Ich möchte Mitglied im Freundeskreis der<br />

Fördergemeinschaft der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V. werden.<br />

Ich erhalte 1/4 jährlich eine Informationsschrift, die mich unter anderem auch über alle<br />

laufenden Aktivitäten der Fördergemeinschaft informiert. Falls ich durch einen Unfall<br />

eine Querschnittlähmung erleide, erhalte ich als Soforthilfe 50.000 € mit entsprechender<br />

Abstufung bei Teilinvalidität.<br />

Name, Vorname<br />

Geb.-Datum<br />

Straße<br />

PLZ / Wohnort<br />

Folgende Familienangehörige melde ich für 15 Euro an:<br />

Name, Vorname Straße / Wohnort<br />

Geb.-Datum<br />

Name, Vorname Straße / Wohnort<br />

Geb.-Datum<br />

Ich bin querschnittgelähmt ja nein<br />

Andere Behinderung:<br />

Werden Sie Mitglied!<br />

Spendenkonto 0 179 200, Deutsche Bank Ludwigshafen, BLZ 545 700 94<br />

Ihr Rücktrittsrecht: Diese Bestellung kann innerhalb von 8 Tagen (Poststempel) schriftlich widerufen<br />

werden. Diesen Hinweis habe ich zur Kenntnis genommen und bestätige dies durch meine<br />

2. Unterschrift.<br />

Unterschrift.<br />

Gewünschte Zahlungsweise (bitte ankreuzen)<br />

Beantworten Sie bitte noch diese zwei Fragen bevor Sie die Abo-Karte ausgefüllt<br />

an uns senden:<br />

Wo haben Sie den »<strong>Paraplegiker</strong>« kennengelernt?<br />

Welche Ausgabe des »<strong>Paraplegiker</strong>« liegt Ihnen vor?<br />

Rückseite beachten<br />

Rückseite beachten<br />

I M P R E S S U M<br />

PARAPLEGIKER – Zeitschrift für Menschen mit Körperbehinderung<br />

HUMANIS Verlag GmbH<br />

Silcherstraße 15 · D-67591 Mölsheim<br />

Telefon: 0 62 43-900 704<br />

Telefax: 0 62 43-903 569<br />

info@humanis-verlag.de<br />

www.humanis-verlag.de<br />

ISSN 0723-5070<br />

HERAUSGEBER<br />

Fördergemeinschaft<br />

der Querschnittgelähmten<br />

in Deutschland e.V.<br />

Eingetragen ins Vereinsregister Mannheim Nr. 11844<br />

GESCHÄFTSFÜHRER<br />

Roger Kniel<br />

MARKETINGLEITUNG<br />

Gisela Werner<br />

ANZEIGENBETREUUNG<br />

POINT63 Media- und Verlagsservice<br />

Andreas Stoßberg<br />

Telefon: 02 12-2 33 52 65<br />

Telefax: 02 12-2 33 52 66<br />

a.stossberg@arcor.de<br />

ABOBETREUUNG<br />

Probeheft<br />

Telefon: 0 62 43-900 704<br />

REDAKTIONSLEITUNG<br />

(v.i.S.d.P.) Peter Mand<br />

MITARBEIT AN DIESER AUSGABE<br />

Ulrike Talmann, Reinhard Wylegalla, Ralf Kirchhoff,<br />

Kasia, Dr. Andrea Flemmer, Heike Stüvel, Ruth Auschra,<br />

Hermann Sonderhüsken, Barbara Früchtel, Herbert Müller,<br />

Arndt Krödel, Wiltrud Grosse, Johann Kreiter,<br />

Raimund Artinger, RA Oliver Negele.<br />

LAYOUT<br />

Eickhoff – Grafik & Design - Speyer<br />

Telefon: 0 62 32-62 93 20<br />

DRUCK<br />

NINO Druck GmbH<br />

Im Altenschemel 21<br />

67435 Neustadt/Weinstraße<br />

ERSCHEINUNGSWEISE<br />

vierteljährlich<br />

ANZEIGENSCHLUSS<br />

3 Wochen vor Erscheinen. Anzeigen erscheinen unter Verantwortung<br />

der Auftraggeber.<br />

Es gelten die Mediadaten Nr.9 ab 1. Dezember 2008<br />

BEZUGSBEDINGUNGEN<br />

Inland 15 EURO jährlich, Ausland 20 EURO jährlich, Einzelheft:<br />

Deutschland 4 EURO (jeweils inkl. Versand und Mwst.); Ausland 4<br />

EURO (+Versandkosten). Das Abonnement wird im voraus in Rechnung<br />

gestellt, Bezugszeitraum ist das Kalenderjahr. Das Abonnement<br />

verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht mindestens 8<br />

Wochen vor Ablauf beim Verlag schriftlich gekündigt wurde.<br />

Der gesamte Inhalt der Zeitschrift ist urheberrechtlich geschützt, jede<br />

unzulässige Verwertung ohne Einwilligung des Verlages wird verfolgt.<br />

Die Autoren erklären sich mit der redaktionellen Bearbeitung ihrer<br />

Beiträge einverstanden. Haftung für zugesandte Texte oder Bilder<br />

wird ausgeschlossen.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge stimmen nicht zwangsläufig<br />

mit Meinung des Verlages und der Redaktion überein.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!