Paraplegiker 2/2009
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markt<br />
Zukunft mit Behinderung:<br />
Erfolgreich<br />
im Job<br />
trotz MS<br />
Jeder Patient macht<br />
seine eigenen Erfahrungen<br />
mit Multipler<br />
Sklerose. Deren Ursache<br />
ist noch ein großes<br />
Rätsel, genetische<br />
und Umweltfaktoren<br />
sind beteiligt. Sie trifft<br />
bevorzugt junge Erwachsene.<br />
Der Verlauf<br />
ist nicht vorhersehbar.<br />
Ausbildung und Karriere<br />
scheinen in weite<br />
Ferne zu rücken. Dabei<br />
schließen sich MS und<br />
ein aktives Berufsleben<br />
nicht aus.<br />
44<br />
PARAPLEGIKER 2/09<br />
Jung, hübsch und rundum gesund denkt<br />
man, wenn man die 24-jährige Jaqueline C.<br />
sieht. Doch vor ca. sechs Jahren erwachte<br />
die Bremerin mit einem Feind, den sie nicht<br />
besiegen kann. Er heißt „Multiple Sklerose“<br />
und ihr bis dahin rosarotes Leben änderte<br />
sich schlagartig. „Ich stand vorm Fachabitur,<br />
jobbte nebenbei, um meine erste Wohnung<br />
zu finanzieren. Abends ging ich in die Cocktailbar<br />
oder Disco“, erzählt die Fachangestellte<br />
für Arbeitsförderung. „Zwei Tage vor dem<br />
Jahreswechsel kamen unglücklicherweise<br />
die ersten Gefühlsstörungen.“ Sie begannen<br />
am Bauch und setzten sich am Rücken fort.<br />
Bleierne Müdigkeit lähmte sie. Trotzdem arbeitete<br />
Jaqueline weiter. Erst als ihr zu Hause<br />
schwarz vor Augen wurde, ließ sie sich in die<br />
Klinik bringen.<br />
Da die Ärzte in der Neurologie davon ausgingen,<br />
dass es sich bei den erschreckenden<br />
Gefühlsstörungen und Lähmungen um eine<br />
einmalige Infektion handelte, beruhigten sie<br />
die Schülerin. Sie tippten auf eine Entzündung<br />
im Rückenmark. Jaqueline kommt an<br />
den Kortisontropf. Und tatsächlich wirkt das<br />
antientzündliche Medikament. Doch leider<br />
hielt die Erleichterung nicht lange an. Im Juni<br />
wacht die junge Frau auf, und spürte ihre linke<br />
Körperhälfte nicht mehr. Diesmal trifft sie<br />
die Diagnose in der Klinik brutal: „Sie haben<br />
Multiple Sklerose, eine chronisch entzündliche<br />
Erkrankung des zentralen Nervensystems.<br />
Und damit eine zehn Jahre geringere<br />
Lebenserwartung,“ diagnostiziert wenig sensibel<br />
der behandelnde Oberarzt.<br />
„Das war ein Schock“ erinnert sich Jaqueline.<br />
Sie dachte an die Entzündungen im<br />
Kopf oder Rückenmark und daran, dass sie<br />
irgendwann im Rollstuhl sitzen würde. Die<br />
ganze Nacht lag sie damals wach. Sie konnte<br />
es nicht glauben, es ging ihr von Tag zu Tag<br />
schlechter. „Doch nach einer gewissen Zeit<br />
habe ich aber die Krankheit angenommen“,<br />
sagt Jaqueline nachdenklich.<br />
Damit das Immunsystem zur Ruhe kommt,<br />
spritzte Jaqueline täglich die „Basistherapie“<br />
Interferon. Dennoch verkürzten sich die<br />
Schub-Abstände. Während im ersten Jahr<br />
der Erkrankung zunächst nur die linke Schulter<br />
betroffen war, erleidet sie 2005 fünf Attacken.<br />
Jetzt auch rechts sowie links an Armen,<br />
Beinen, Rumpf und im Gesicht. Zur Erholung<br />
blieb der jungen Frau keine Zeit. 2006 zog sie<br />
bei ihrer Mutter ein, da sie zunehmend Hilfe<br />
braucht. Früher hätte sie gesagt: Im Rollstuhl?<br />
Nein, das ist kein Leben! Aber inzwischen hat<br />
sie viel dazu gelernt. „Ich kenne viele Menschen,<br />
die glücklich sind in hoffnungslosen<br />
Situationen, grausame Pflegefälle, und diese<br />
Leute meistern ihr Leben trotzdem großartig.“<br />
Mitten im Leben<br />
Aufgrund des hochaktiven Verlaufs<br />
schlugen die Ärzte Jaqueline eine neue, gerade<br />
zugelassene Antikörper-Therapie vor.<br />
Das Wunder geschieht: nach nur zwei der<br />
allmonatlichen Infusionen kann sie 500 Meter<br />
gehen und die Schübe bleiben aus. Bei