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Paraplegiker 2/2009

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q – querschnitt spezial<br />

Dr. Gabriele Kirchmair:<br />

Behandlung chronischer<br />

Schmerzen immer noch<br />

unzureichend.<br />

40<br />

PARAPLEGIKER 2/09<br />

bleme können beispielsweise der Grund<br />

für – die häufig vorkommenden – Rückenschmerzen<br />

sein, die aber auch durch<br />

schlechte Stimmung oder Depressionen<br />

verursacht sein können, wie Kirchmair<br />

erläuterte. Findet man die so genannten<br />

Triggerpunkte heraus, unter denen die<br />

Mediziner tastbar verhärtete Stellen im<br />

Muskelgewebe verstehen, die auf Druck<br />

schmerzhaft reagieren, ist zum Beispiel<br />

eine Akupunktur als Schmerzbehandlung<br />

möglich.<br />

Der zweite Schritt im Schmerzmanagement<br />

ist der Versuch herauszufinden,<br />

wie stark der Schmerz ist. Die individuelle<br />

Wahrnehmung von Schmerz ist so<br />

komplex, dass man ihn nicht einfach mit<br />

einem Gerät „messen“ kann. Allerdings<br />

kann der oder die Betroffene anhand der<br />

so genannten visuellen Analogskala, die<br />

von 1 (kein Schmerz) bis 10 (maximal vorstellbarer<br />

Schmerz) reicht, seine persönliche<br />

Schmerzempfindung angeben.<br />

Übersicht durch ein<br />

Schmerztagebuch<br />

Darüber hinaus ist das Führen eines<br />

Schmerztagebuchs sinnvoll: Hier trägt<br />

man täglich ein, welche Schmerzmedikamente<br />

man genommen hat und wie man<br />

sich fühlt. Die Spalte „Bemerkungen“<br />

dient dazu herauszufinden, was einem an<br />

diesem Tag gut getan hat oder was den<br />

Schmerz verschlimmert hat. Vielleicht hat<br />

man einen angenehmen Konzertabend<br />

verbracht und konnte sagen: Dieser Tag<br />

war gut.<br />

Die Behandlung chronischer Schmerzen<br />

ist immer noch unzureichend, bemängelte<br />

die Referentin: Der Schmerz wird in seinen<br />

komplexen Formen nicht vollständig verstanden<br />

und es fehlt an einem standardisierten<br />

Rahmen, mit dem Schmerzen nach<br />

einer Rückenmarkverletzung eingeordnet<br />

und behandelt werden können. Als sinnvolles<br />

Behandlungskonzept für chronische<br />

Schmerzen stellte Kirchmair die „biopsychosoziale<br />

Therapie“ vor. „Bio“ steht dabei<br />

für Bewegungstherapie, zum Beispiel<br />

Physiotherapie; „psycho“ meint eine psychologische<br />

Behandlung, einzeln oder in<br />

der Gruppe; „sozial“ spricht den richtigen<br />

Umgang mit dem Alltag an, zum Beispiel<br />

wie man korrekt am Arbeitsplatz sitzt oder<br />

wie man Sport treibt.<br />

Die biopsychosoziale Therapie dauert<br />

mehrere Wochen und wird im günstigsten<br />

Fall ambulant in der Klinik durchgeführt,<br />

wo alle entsprechenden Spezialisten<br />

vorhanden sind. In dieser Phase wird<br />

die medizinische Behandlung reduziert.<br />

Die Betroffenen erhalten Hilfe und lernen<br />

zugleich, wieder Verantwortung für ihr Leben<br />

zu übernehmen. „Sie sollen lernen,<br />

mit dem Schmerz zu leben“, fasste Kirchmair<br />

das Konzept zusammen.<br />

Was ist bei Schmerzmitteln zu<br />

beachten?<br />

Natürlich gibt es einen Bedarf an Schmerzmitteln.<br />

Dabei ist allerdings wichtig, drei<br />

Punkte zu beachten: Am Anfang einer Behandlung<br />

sollten die Medikamente immer<br />

oral, also durch den Mund eingenommen<br />

werden. Viele Schmerzmittel wirken unterschiedlich<br />

lange, daher müssen bei der<br />

Einnahme bestimmte Uhrzeiten eingehalten<br />

werden. Dritter Punkt: nach einem Stufenschema<br />

vorgehen, das der Arzt festlegt.<br />

Das Schlucken verschiedener Schmerzmittel,<br />

die man selbst rezeptfrei erworben<br />

hat, ist keine richtige Therapie und problematisch<br />

wegen der Nebenwirkungen, wie<br />

Kirchmair betonte.<br />

Mit dem leitliniengerechten Drei-Stufen-<br />

Schema der WHO (Weltgesundheitsorganisation)<br />

kann man bzw. der Arzt nichts<br />

falsch machen. Es sieht auf der ersten<br />

Stufe den Einsatz von Schmerzmitteln vor,<br />

die noch keine Opioide (= synthetische<br />

Schmerzmedikamente mit morphinartiger<br />

Wirkung) sind, zum Beispiel Aspirin. Auf<br />

der zweiten Stufe werden schwache Opioide<br />

verabreicht (zum Beispiel Tramadol),<br />

auf der dritten Stufe starke Opioide (zum<br />

Beispiel Fentanyl). Dazu können jeweils<br />

unterstützende Medikamente, so genannte<br />

Adjuvanzien gegeben werden. Wichtig

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