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Nietzsche, Friedrich - Di...

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Religionskriege. − Der grösste Fortschritt der Massen war bis jetzt der Religionskrieg:<br />

denn er beweist, dass die Masse angefangen hat, Begriffe mit Ehrfurcht zu behandeln.<br />

Religionskriege entstehen erst, wenn durch die feineren Streitigkeiten der Secten die<br />

allgemeine Vernunft verfeinert ist: sodass selbst der Pöbel spitzfindig wird und<br />

Kleinigkeiten wichtig nimmt, ja es für möglich hält, dass das "ewige Heil der Seele" an den<br />

kleinen Unterschieden der Begriffe hängt.<br />

145.<br />

Gefahr der Vegetarianer. − Der vorwiegende ungeheure Reisgenuss treibt zur Anwendung<br />

von Opium und narkotischen <strong>Di</strong>ngen, in gleicher Weise wie der vorwiegende ungeheure<br />

Kartoffelgenuss zu Branntwein treibt −: er treibt aber, in feinerer Nachwirkung, auch zu<br />

Denk− und Gefühlsweisen, die narkotisch wirken. Damit stimmt zusammen, dass die<br />

Förderer narkotischer Denk− und Gefühlsweisen, wie jene indischen Lehrer, gerade eine<br />

<strong>Di</strong>ät preisen und zum Gesetz der Masse machen möchten, welche rein vegetabilisch ist: sie<br />

wollen so das Bedürfniss hervorrufen und mehren, welches sie zu befriedigen im Stande<br />

sind.<br />

146.<br />

Deutsche Hoffnungen. − Vergessen wir doch nicht, dass die Völkernamen gewöhnlich<br />

Schimpfnamen sind. <strong>Di</strong>e Tartaren sind zum Beispiel ihrem Namen nach "die Hunde": so<br />

wurden sie von den Chinesen getauft. <strong>Di</strong>e "Deutschen": das bedeutet ursprünglich "die<br />

Heiden": so nannten die Gothen nach ihrer Bekehrung die grosse Masse ihrer ungetauften<br />

Stammverwandten, nach Anleitung ihrer Uebersetzung der Septuaginta, in der die Heiden<br />

mit dem Worte bezeichnet werden, welches im Griechischen "die Völker" bedeutet: man<br />

sehe Ulfilas. − Es wäre immer noch möglich, dass die Deutschen aus ihrem alten<br />

Schimpfnamen sich nachträglich einen Ehrennamen machten, indem sie das erste<br />

unchristliche Volk Europa's würden: wozu in hohem Maasse angelegt zu sein<br />

Schopenhauer ihnen zur Ehre anrechnete. So käme das Werk Luther's zur Vollendung, der<br />

sie gelehrt hat, unrömisch zu sein und zu sprechen: "hier stehe ich! Ich kann nicht anders!"−<br />

147.<br />

Frage und Antwort. − Was nehmen jetzt wilde Völkerschaften zuerst von den Europäern<br />

an? Branntwein und Christenthum, die europäischen Narcotica. − Und woran gehen sie am<br />

schnellsten zu Grunde? − An den europäischen Narcoticis.<br />

148.<br />

<strong>Nietzsche</strong><br />

Wo die Reformationen entstehen. − Zur Zeit der grossen Kirchen−Verderbniss war in<br />

Deutschland die Kirche am wenigsten verdorben: desshalb entstand hier die Reformation,<br />

als das Zeichen, dass schon die Anfänge der Verderbniss unerträglich empfunden wurden.<br />

145. 93

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