Nietzsche, Friedrich - Di...
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Zustände der Gesellschaft denkbar, wo nicht verkauft und gekauft wird und wo die<br />
Nothwendigkeit dieser Technik allmählich ganz verloren geht: vielleicht, dass dann<br />
Einzelne, welche dem Gesetze des allgemeinen Zustandes weniger unterworfen sind, sich<br />
dann das Kaufen und Verkaufen wie einen Luxus der Empfindung erlauben. Dann erst<br />
bekäme der Handel Vornehmheit, und die Adeligen würden sich dann vielleicht ebenso<br />
gern mit dem Handel abgeben, wie bisher mit dem Kriege und der Politik: während<br />
umgekehrt die Schätzung der Politik sich dann völlig geändert haben könnte. Schon jetzt<br />
hört sie auf, das Handwerk des Edelmannes zu sein: und es wäre möglich, dass man sie<br />
eines Tages so gemein fände, um sie, gleich aller Partei− und Tageslitteratur, unter die<br />
Rubrik "Prostitution des Geistes" zu bringen.<br />
32.<br />
Unerwünschte Jünger. − Was soll ich mit diesen beiden Jünglingen machen! rief mit<br />
Unmuth ein Philosoph, welcher die Jugend "verdarb", wie Sokrates sie einst verdorben hat,<br />
− es sind mir unwillkommene Schüler. Der da kann nicht Nein sagen und jener sagt zu<br />
Allem: "Halb und halb." Gesetzt, sie ergriffen meine Lehre, so würde der Erstere zu viel<br />
leiden, denn meine Denkweise erfordert eine kriegerische Seele, ein Wehethun−Wollen,<br />
eine Lust am Neinsagen, eine harte Haut, − er würde an offenen und inneren Wunden<br />
dahin siechen. Und der Andere wird sich aus jeder Sache, die er vertritt, eine<br />
Mittelmässigkeit zurecht machen und sie dergestalt zur Mittelmässigkeit machen, − einen<br />
solchen Jünger wünsche ich meinem Feinde.<br />
33.<br />
Ausserhalb des Hörsaales. − "Um Ihnen zu beweisen, dass der Mensch im Grunde zu den<br />
gutartigen Thieren gehört, würde ich Sie daran erinnern, wie leichtgläubig er so lange<br />
gewesen ist. Jetzt erst ist er, ganz spät und nach ungeheurer Selbstüberwindung, ein<br />
misstrauisches Thier geworden, − ja! der Mensch ist jetzt böser als je." − Ich verstehe diess<br />
nicht: warum sollte der Mensch jetzt misstrauischer und böser sein? − "Weil er jetzt eine<br />
Wissenschaft hat, − nöthig hat!" −<br />
34.<br />
<strong>Nietzsche</strong><br />
Historia abscondita. − Jeder grosse Mensch hat eine rückwirkende Kraft: alle Geschichte<br />
wird um seinetwillen wieder auf die Wage gestellt, und tausend Geheimnisse der<br />
Vergangenheit kriechen aus ihren Schlupfwinkeln − hinein in seine Sonne. Es ist gar nicht<br />
abzusehen, was Alles einmal noch Geschichte sein wird. <strong>Di</strong>e Vergangenheit ist vielleicht<br />
immer noch wesentlich unentdeckt! Es bedarf noch so vieler rückwirkender Kräfte!<br />
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