finale Version des Vorlesungsskripts - ZIB

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3.3 Graphentheoretische Optimierungsprobleme: Beispiele (3.11) Wälder, Bäume, Branchings, Arboreszenzen. Gegeben sei ein Graph G = (V, E) mit Kantengewichten ce ∈ R für alle e ∈ E. Die Aufgabe, einen Wald W ⊆ E zu finden, so dass c(W ) maximal ist, heißt Problem des maximalen Waldes. Die Aufgabe einen Baum T ⊆ E zu finden, der G aufspannt und dessen Gewicht c(T ) minimal ist, heißt Problem des minimalen aufspannenden Baumes (minimum spanning tree problem). Diese beiden Probleme haben auch eine gerichtete Version. Gegeben sei ein Digraph D = (V, A) mit Bogengewichten ca ∈ R für alle a ∈ A. Die Aufgabe, ein Branching B ⊆ A maximalen Gewichts zu finden, heißt maximales Branching-Problem, die Aufgabe, eine Arboreszenz (mit vorgegebener Wurzel r) von D minimalen Gewichts zu finden, heißt minimales Arboreszenz-Problem (r-Arboreszenz- Problem). △ Die im folgenden Punkt zusammengefassten Probleme gehören zu den am meisten untersuchten und anwendungsreichsten Problemen. (3.12) Routenplanung. Gegeben seien n Städte und Entfernungen cij zwischen diesen, gesucht ist eine Rundreise (Tour), die durch alle Städte genau einmal führt und minimale Länge hat. Haben die Entfernungen die Eigenschaft, dass cij = cji gilt, 1 ≤ i < j ≤ n, so nennt man dieses Problem symmetrisches Travelling-Salesman-Problem (TSP), andernfalls heißt es asymmetrisches TSP. Graphentheoretisch läßt sich das TSP wie folgt formulieren. Gegeben sei ein vollständiger Graph (oder Digraph) G mit Kantengewichten (oder Bogengewichten), gesucht ist ein (gerichteter) hamiltonscher Kreis minimaler Länge. Beim TSP geht man durch jeden Knoten genau einmal, beim (gerichteten) Chinesischen Postbotenproblem (Chinese postman problem) durch jede Kante (jeden Bogen) mindestens einmal, d. h. in einem Graphen (Digraphen) mit Kantengewichten (Bogengewichten) wird eine Kette (gerichtete Kette) gesucht, die jede Kante (jeden Bogen) mindestens einmal enthält und minimale Länge hat. Zu diesen beiden Standardproblemen gibt es hunderte von Mischungen und Varianten. Z. B., man sucht eine Kette, die durch einige vorgegebene Knoten und Kanten mindestens einmal geht und minimale Länge hat; man legt verschiedene Ausgangspunkte (oder Depots) fest, zu denen man nach einer gewissen Streckenlänge wieder zurückkehren muss, etc. Eine relativ allgemeine Formulierung ist die folgende. Gegeben ist ein gemischter Graph mit Knotenmenge V , Kantenmenge E und Bogenmenge A. Ferner sind eine Menge von Depots W ⊆ V , von denen aus Reisen gestartet werden müssen, eine Menge U ⊆ V von Knoten, die mindestens einmal besucht werden müssen, und eine Menge B ⊆ E ∪ A von Kanten und Bögen, die mindestens einmal durchlaufen werden müssen. Gesucht sind geschlossene Ketten von Kanten und gleichgerichteten Bögen, so dass jede dieser Folgen mindestens (oder genau) einen der Knoten aus W enthält und die Vereinigung dieser Ketten jeden Knoten aus U und jede Kante (Bogen) aus B mindestens einmal enthält und minimale Länge hat. △ Anwendungen dieser Probleme in der Routenplanung von Lieferwagen, von Straßenkehrmaschinen, der Müllabfuhr, von Speditionen etc. sind offensichtlich. Aber auch bei der Steuerung von NC-Maschinen (zum automatischen Bohren, Löten oder Schweißen) oder der Verdrahtung von Leiterplatten (z. B. von Testbussen) tritt das TSP (oder eine 47

3 Diskrete Optimierungsprobleme Abbildung 3.7: Optimaler Weg auf einer Leiterplatte um 441 Löcher zu bohren. Abbildung 3.8: Optimale Tour für 666 Städte weltweit. seiner Varianten) auf. Abbildung 3.7 zeigt eine Leiterplatte, durch die 441 Löcher gebohrt werden müssen. Links unten ist der Startpunkt, an den der Bohrkopf nach Beendigung des Arbeitsvorganges zurückkehrt, damit eine neue Platte in die Maschine eingelegt werden kann. Abbildung 3.7 zeigt eine optimale Lösung dieses 442-Städte-TSP. Die Bohrmaschine muss eine Weglänge von 50.069 Einheiten zurückzulegen. 48

3.3 Graphentheoretische Optimierungsprobleme: Beispiele<br />

(3.11) Wälder, Bäume, Branchings, Arboreszenzen. Gegeben sei ein Graph G =<br />

(V, E) mit Kantengewichten ce ∈ R für alle e ∈ E. Die Aufgabe, einen Wald W ⊆ E zu<br />

finden, so dass c(W ) maximal ist, heißt Problem <strong>des</strong> maximalen Wal<strong>des</strong>.<br />

Die Aufgabe einen Baum T ⊆ E zu finden, der G aufspannt und <strong>des</strong>sen Gewicht c(T )<br />

minimal ist, heißt Problem <strong>des</strong> minimalen aufspannenden Baumes (minimum spanning<br />

tree problem). Diese beiden Probleme haben auch eine gerichtete <strong>Version</strong>.<br />

Gegeben sei ein Digraph D = (V, A) mit Bogengewichten ca ∈ R für alle a ∈ A.<br />

Die Aufgabe, ein Branching B ⊆ A maximalen Gewichts zu finden, heißt maximales<br />

Branching-Problem, die Aufgabe, eine Arboreszenz (mit vorgegebener Wurzel r) von<br />

D minimalen Gewichts zu finden, heißt minimales Arboreszenz-Problem (r-Arboreszenz-<br />

Problem). △<br />

Die im folgenden Punkt zusammengefassten Probleme gehören zu den am meisten<br />

untersuchten und anwendungsreichsten Problemen.<br />

(3.12) Routenplanung. Gegeben seien n Städte und Entfernungen cij zwischen diesen,<br />

gesucht ist eine Rundreise (Tour), die durch alle Städte genau einmal führt und minimale<br />

Länge hat. Haben die Entfernungen die Eigenschaft, dass cij = cji gilt, 1 ≤ i < j ≤ n,<br />

so nennt man dieses Problem symmetrisches Travelling-Salesman-Problem (TSP), andernfalls<br />

heißt es asymmetrisches TSP. Graphentheoretisch läßt sich das TSP wie folgt<br />

formulieren. Gegeben sei ein vollständiger Graph (oder Digraph) G mit Kantengewichten<br />

(oder Bogengewichten), gesucht ist ein (gerichteter) hamiltonscher Kreis minimaler<br />

Länge. Beim TSP geht man durch jeden Knoten genau einmal, beim (gerichteten) Chinesischen<br />

Postbotenproblem (Chinese postman problem) durch jede Kante (jeden Bogen)<br />

min<strong>des</strong>tens einmal, d. h. in einem Graphen (Digraphen) mit Kantengewichten (Bogengewichten)<br />

wird eine Kette (gerichtete Kette) gesucht, die jede Kante (jeden Bogen)<br />

min<strong>des</strong>tens einmal enthält und minimale Länge hat.<br />

Zu diesen beiden Standardproblemen gibt es hunderte von Mischungen und Varianten.<br />

Z. B., man sucht eine Kette, die durch einige vorgegebene Knoten und Kanten min<strong>des</strong>tens<br />

einmal geht und minimale Länge hat; man legt verschiedene Ausgangspunkte (oder Depots)<br />

fest, zu denen man nach einer gewissen Streckenlänge wieder zurückkehren muss,<br />

etc. Eine relativ allgemeine Formulierung ist die folgende. Gegeben ist ein gemischter<br />

Graph mit Knotenmenge V , Kantenmenge E und Bogenmenge A. Ferner sind eine Menge<br />

von Depots W ⊆ V , von denen aus Reisen gestartet werden müssen, eine Menge<br />

U ⊆ V von Knoten, die min<strong>des</strong>tens einmal besucht werden müssen, und eine Menge<br />

B ⊆ E ∪ A von Kanten und Bögen, die min<strong>des</strong>tens einmal durchlaufen werden müssen.<br />

Gesucht sind geschlossene Ketten von Kanten und gleichgerichteten Bögen, so dass jede<br />

dieser Folgen min<strong>des</strong>tens (oder genau) einen der Knoten aus W enthält und die Vereinigung<br />

dieser Ketten jeden Knoten aus U und jede Kante (Bogen) aus B min<strong>des</strong>tens<br />

einmal enthält und minimale Länge hat. △<br />

Anwendungen dieser Probleme in der Routenplanung von Lieferwagen, von Straßenkehrmaschinen,<br />

der Müllabfuhr, von Speditionen etc. sind offensichtlich. Aber auch bei<br />

der Steuerung von NC-Maschinen (zum automatischen Bohren, Löten oder Schweißen)<br />

oder der Verdrahtung von Leiterplatten (z. B. von Testbussen) tritt das TSP (oder eine<br />

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