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Manfred Balzer - Taucher.Net

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FEATURE<br />

Nicht jedem ist eine<br />

natürliche Gelassenheit<br />

gegeben, wenn er<br />

mit kritischen Berichten<br />

konfrontiert<br />

wird...<br />

Nestbeschmutzer?<br />

Wie man aus Kritik dennoch Gewinn ziehen kann<br />

Von Linus Geschke<br />

Drei Tage ist es jetzt her, dass die<br />

Tauchbranche mit etwas konfrontiert<br />

wurde, was ihr bisher beinahe so<br />

fremd erschien wie außerirdisches<br />

Leben. Ein kritisch recherchierter<br />

Bericht, veröffentlicht in einem klei-<br />

nen, unspektakulären<br />

Messemagazin, löste in<br />

Halle 3 ein mittleres Erdbeben<br />

aus: Wie konnten wir es<br />

wagen, öffentlich Fakten auszusprechen,<br />

die den meisten Beteiligten<br />

zwar durchaus bekannt sind, bisher<br />

aber in dieser Form noch in keinem<br />

Tauchmagazin veröffentlicht wurden?<br />

(siehe Ausgabe Eins, „Philippinen:<br />

Der gewollte Schein“)<br />

Die Reaktionen gingen von „das<br />

gehört doch in kein Tauchmagazin“<br />

über „Nestbeschmutzer“ bis hin zu<br />

einem lauthals in die Diskussion<br />

geworfenen „Arschlöcher!“. Neben<br />

der Erkenntnis, wie dünnhäutig,<br />

empfindlich und in höchstem Maße<br />

4<br />

Vom Umgang<br />

mit der Kritik<br />

unsouverän einige Zeitgenossen reagieren,<br />

sobald man an ihrer heiligrosafarbenen<br />

Fassade rüttelt, hat uns<br />

noch stärker in Erstaunen versetzt,<br />

dass eine große Anzahl an Personen<br />

solchen Themen nicht ausweicht und<br />

bereit ist, sich mit ihnen<br />

auseinander zu setzen.<br />

Die auf dem Bericht folgende<br />

Gesprächsrunde (siehe Ausgabe<br />

Zwei, „Talk am Tisch“) hat gezeigt,<br />

dass die Augen nicht auf breiter Front<br />

geschlossen wurden, dass eine unerwartet<br />

hohe Bereitschaft vorhanden<br />

ist, Dinge offen zu diskutieren.<br />

Probleme gibt es in allen Bereichen,<br />

Menschen machen Fehler und der<br />

Idealzustand ist eine nicht zu erreichende<br />

Utopie. Aber in der Art und<br />

Weise, wie die Betroffenen mit Kritik<br />

oder Fakten umgehen, trennt sich<br />

die Spreu vom Weizen. Länder wie<br />

Ägypten oder die Malediven verfallen<br />

bei kritischen Fragen gerne in die<br />

Rolle von Leugnern oder Empörten.<br />

Auch Venus Tan und Daks Gonzales<br />

vom Philippine Department of Tourism<br />

hätten im Anschluss an den<br />

Bericht empört abblocken oder mauern<br />

können. Stattdessen haben sie<br />

sich jedoch der Diskussion gestellt,<br />

Missstände offen eingestanden und<br />

gleichzeitig sachlich auf die vielen<br />

Verbesserungen vor Ort hingewiesen.<br />

Hier kann man öffentlich dann auchden<br />

Hut ziehen und sagen: „Wow,<br />

Philippines!“ Insbesondere dann,<br />

wenn auf Worte weiterhin auch Taten<br />

folgen.<br />

Aber wie sehen Reiseveranstalter,<br />

Tauchbasenbetreiber und Hotelbesitzer<br />

neutrale Äußerungen? Erwarten<br />

diese von Tauch- und Reisejournalis-<br />

ten wirklich eine „alles paradiesisch<br />

hier“-Berichterstattung, wie ihnen<br />

oftmals unterstellt wird? Üben sie auf<br />

Magazine gar Druck aus, wenn diese<br />

Erwartungshaltung nicht befriedigt<br />

wird? Hier muss man deutlich unterscheiden:<br />

Bei semiprofessionellen<br />

Anbietern mag dieses öfter mal der<br />

Fall sein. Der Eine lädt ein, der Journalist<br />

reist kostenlos und im Gegenzug<br />

hat er dann bitte auch zu schreiben,<br />

was dem Gastgeber gefällt<br />

(siehe auch www.DiveInside.de, Ausgabe<br />

Juli 2007, „Der gekaufte Journalismus)<br />

Dass der Leser bei aber weitem<br />

nicht so dumm ist, auch dem<br />

hundertsten gleich formulierten<br />

Jubelbericht noch glauben zu schenken,<br />

interessiert dabei weniger:<br />

Hauptsache, das Ego ist befriedigt!<br />

Wir haben in den<br />

letzten Tagen<br />

aber auch mit vielen<br />

Anbietern<br />

gesprochen, die<br />

eine ganz andere<br />

Meinung vertreten.<br />

Bei denen nicht nur die Einsicht<br />

zur Kritik vorhanden ist, sondern oftmals<br />

sogar der Wunsch, möglichst<br />

authentische Berichte zu erhalten.<br />

Berichte, deren Hauptsinn eben nicht<br />

darin besteht, Dinge pauschal hochzujubeln<br />

oder niederzumachen, sondern<br />

so neutral wiederzugeben, wie<br />

es bei subjektiven Eindrücken eben<br />

möglich ist. Berichte, die dem Leser<br />

ein Bild zeichnen, das auch gerne<br />

mal mehrere Facetten abdecken kann<br />

und das es ihm ermöglicht, sich<br />

anschließend eine eigene Meinung<br />

zu bilden. Andrea Jasper vom Tauchreiseveranstalter<br />

Sub Aqua bringt es<br />

offen auf den Punkt: „Wenn ich als<br />

Veranstalter einen Kunden langfristig<br />

an mich binden will, dann muss ich<br />

ihm ja auch die Wahrheit sagen. Sollte<br />

dieser sich von uns als Veranstalter<br />

angelogen fühlen, bucht er beim<br />

nächsten Mal sicher woanders. Diese<br />

Verpflichtung sollte verschärft natürlich<br />

auch für Redakteure gelten, für<br />

Magazine und deren Leser. Deshalb<br />

begrüße ich auch eine offene Berichterstattung,<br />

weil alle davon profitieren:<br />

Veranstaltern, Magazine und<br />

Kunden!“<br />

Ebenso differenziert<br />

möchte auch<br />

Sabine Hauke<br />

von Barakuda Travel<br />

die Thematik<br />

verstanden wissen:<br />

„Ich kann es<br />

nur nicht leiden, wenn pauschal kritisiert<br />

wird. Berechtigte Kritik, die sich<br />

an Fakten orientiert, finde ich dagegen<br />

durchaus in Ordnung. Wenn man<br />

alles immer nur schön färbt, ist das<br />

sicher nicht im Sinne des Lesers.“<br />

Für viele liegt in<br />

ihrem persönlichen<br />

Umgang<br />

mit Schwierigkeiten<br />

sogar eine<br />

große Chance:<br />

Der Hersteller von<br />

Trockentauchanzügen dive2gether/<br />

Scubaforce, der mit den ersten<br />

Modellen seines Trilaminatanzuges<br />

„Explorer“ stark unter Verarbeitungsschwankungen<br />

litt, ist den Problemen<br />

sofort aggressiv entgegen getreten:<br />

Neben einer Verlagerung der<br />

Produktionsstätte, durch welche die<br />

Schwachpunkte behoben wurden,<br />

äußerte er sich öffentlich dazu und<br />

entschädigte Kunden durch einen<br />

ebenso guten wie kulanten Service.<br />

Ergebnis: Heute ist der Explorer, trotz<br />

aller Anlaufprobleme, einer der<br />

besten und meistverkauften Trilaminatanzüge<br />

auf dem deutschen Markt.<br />

Geschäftsführer Horst Dederichs: „Es<br />

trifft einen natürlich immer hart,<br />

wenn öffentlich kritisiert wird. Gute<br />

journalistische Arbeit vorausgesetzt –<br />

5

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