Download - wortundtat
Download - wortundtat
Download - wortundtat
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Es gab eine Predigt ... ‚natürlich müssen sie uns ihren Irrglauben predigen,<br />
bevor sie uns zu Essen geben’ ... er ließ die Lider wieder sinken.<br />
Bemühte, zufriedene – zu zufriedene – Leute verteilten wahllos Teller<br />
mit Brot, Oliven, eine Schüssel mit gewürztem Fleisch und Reis. Der r r<br />
Geschmack versetzte ihn weit, weit weg in einen Raum, in dem sich einst t t<br />
Familie und Freunde versammelten, um mit ihrem Lachen das<br />
Dunkel der Nacht und den Hunger des Ramadan zu verdrängen.<br />
Trotz der glücklichen Erinnerung und des Geschmacks (den er gern<br />
länger bewahrt hätte) konnte er nicht anders, als alles herunterzuschlingen<br />
und anderen neidisch beim Essen zuzusehen. Seine Augen<br />
wanderten neugierig zur Bühne zurück. Die Füße folgten dem Blick, ,<br />
der – vorn angekommen – hungrig hinter die erste Falte des grünen<br />
Vorhangs spähte: ein Klavier! Es wartete geduldig und schien doch<br />
unerreichbar.<br />
‚Was suchst du?’ fragte jemand auf Griechisch. Er konnte seine Sehnsucht<br />
nicht in der eigenen Sprache ausdrücken, geschweige denn<br />
in den frustrierend scharfen Silben des Griechischen. So zeigte er<br />
auf das, was sein Herz im tiefsten Innern begehrte. Der Mann nickte<br />
zustimmend. Ungläubig, zögernd ging er zum Flügel ... setzte sich, seine<br />
Finger berührten die Tasten. Der lärmende Raum gebrochener Herzen<br />
und halbvoller Mägen füllte sich mit einem Klang ... seinem Klang –<br />
seine Seele fand ihren Weg in die Finger, bis auf die Tasten.<br />
Erstmals seit Monaten waren Sorgen und Entbehrungen, Not und<br />
seltene Freuden, Erinnerungen und Lebenswünsche einfach nur:<br />
schwarz und weiß. Kein Spektrum von Grautönen, kein Gefühl der<br />
Verwirrung, kein dumpfer Schmerz ausgelöst von Unverständnis und<br />
Nichtbegreifen. Kein Grau, das die kalten Straßen der fremden<br />
Stadt wie ein Schleier überzieht. Nur der scharfe Kontrast von<br />
schwarz und weiß unter den Fingern. Sein Spiel begann zurückhaltend,<br />
seine Muskeln und das Klavier fanden ihren Rhythmus,<br />
gewöhnten sich aneinander und es war ihm, als hätten sie sich nie<br />
getrennt. Seine Gedanken wanderten zum Gott der Andersgläubigen.<br />
Und er wunderte sich ...<br />
Griechenland<br />
Brittany Michelle Cox,<br />
19 Jahre, studiert zurzeit<br />
in Griechenland an einer<br />
Bibelschule. In ihrer Freizeit<br />
hilft sie regelmäßig bei<br />
den Mahlzeiten für die<br />
Flüchtlinge. Nach einem<br />
solchen Einsatz schrieb sie<br />
diese Kurzgeschichte.<br />
http://pose4actuation.<br />
wordpress.com<br />
| 19