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Amphibien-Schutzmaßnahmen an bestehenden Straßen - ökoplan

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Zeitschrift für Feldherpetologie, Supplement 2: 1!22 November 2003<br />

D. GLANDT, N. SCHNEEWEIß, A. GEIGER & A. KRONSHAGE (Hrsg.): Beiträge zum Technischen <strong>Amphibien</strong>schutz<br />

<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –<br />

Anspruch und Wirklichkeit<br />

Konzeptionelle Defizite, Akzept<strong>an</strong>z- und Umsetzungsprobleme<br />

aus der Sicht der Praxis<br />

THOMAS KORDGES<br />

Subsequent amphibi<strong>an</strong> protection measures on roads –<br />

pretention <strong>an</strong>d reality<br />

Contrary to roads just beeing build the subsequent construction of amphibi<strong>an</strong> tunnels<br />

reveals numerous problems, that are considered insufficiently within the public<br />

discussion. Nevertheless, there is still a serious need for protection measures, that are<br />

proved by m<strong>an</strong>y voluntary protection activities along the roads working with provisional<br />

mobile fences. On the other h<strong>an</strong>d m<strong>an</strong>y amphibi<strong>an</strong> populations seem able to<br />

exist despite a serious <strong>an</strong>nual loss of traffic victims. Thus due to the lack of m<strong>an</strong>power<br />

<strong>an</strong>d fin<strong>an</strong>cial ressources protection measures have to be concentrated on those<br />

populations, that are in <strong>an</strong> urgent need. There are m<strong>an</strong>y local situations, where st<strong>an</strong>dardized<br />

conservation instruments <strong>an</strong>d concepts do not work well, depending on<br />

specific details of l<strong>an</strong>d use, topography, ground water etc. Thus compromises may be<br />

necessary <strong>an</strong>d alternative conservation strategies must be examined. The author<br />

misses <strong>an</strong> honest <strong>an</strong>d serious discussion about the targets <strong>an</strong>d restrictions of protection<br />

measures along roads. This is supposed to be the main reason for exaggeratet<br />

expectations by persons dealing with amphibi<strong>an</strong> protection, both by voluntary but<br />

even professional reasons.<br />

Key words: Amphibi<strong>an</strong> tunnel, amphibi<strong>an</strong> fence, alternatives, conservation strategies,<br />

efficiency control.<br />

Zusammenfassung<br />

Die nachträgliche Errichtung von <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lagen <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> stößt im Pl<strong>an</strong>ungsalltag<br />

auf zahlreiche Probleme, die bei <strong>Straßen</strong>neubauten in dieser Form nicht<br />

auftreten und weder im Merkblatt zum <strong>Amphibien</strong>schutz <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> (MAmS) noch<br />

in der allgemeinen Schutzdiskussion hinreichend thematisiert werden. Gleichzeitig<br />

ist <strong>an</strong> zahlreichen W<strong>an</strong>derkorridoren ein erheblicher H<strong>an</strong>dlungsbedarf festzustellen,<br />

der seitens der Naturschutzverbände durch aufwändige <strong>Schutzmaßnahmen</strong> mittels<br />

l<strong>an</strong>gjährig betriebener mobiler F<strong>an</strong>gzäune belegt werden k<strong>an</strong>n. Dessen ungeachtet<br />

sind viele <strong>Amphibien</strong>-Populationen offensichtlich auch trotz alljährlicher <strong>Straßen</strong>verluste<br />

überlebensfähig, weshalb fachlich abgesicherte Kriterien für eine Priorisierung<br />

von <strong>Schutzmaßnahmen</strong> und -projekten eingefordert werden müssen. Neben einer<br />

populationsökologisch orientierten Bedarfsprüfung kommt der Eignungsprüfung<br />

fraglicher W<strong>an</strong>derkorridore eine entscheidende Bedeutung zu, da die klassischen<br />

St<strong>an</strong>dardlösungen <strong>an</strong> vielen Streckenabschnitten nicht greifen. Hier müssen entweder<br />

Kompromisse eingeg<strong>an</strong>gen oder alternative Schutzstrategien geprüft werden, bei<br />

deren Abwägung die zuständigen Fachbehörden aber oftmals überfordert sind. Vor<br />

diesem Hintergrund wird eine offene Diskussion über Grenzen, Möglichkeiten, al-


2 KORDGES<br />

ternative Schutzstrategien sowie realistische Zielsetzungen des <strong>Amphibien</strong>schutzes<br />

<strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> gefordert, um den im Pl<strong>an</strong>ungsalltag bei Fachbehörden wie auch Naturschutzverbänden<br />

weit verbreiteten falschen Erwartungshaltungen zu begegnen.<br />

Schlüsselbegriffe: <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lagen, F<strong>an</strong>gzäune, Umsetzungsprobleme, Alternativen,<br />

Schutzstrategien, Effizienz, Erfolgskontrolle.<br />

1 Einleitung<br />

Der <strong>Amphibien</strong>schutz <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> hat in den letzten 25 Jahren einen Bedeutungszuwachs<br />

und gesellschaftlichen Stellenwert erfahren, der inzwischen weit über den<br />

ehrenamtlichen und amtlichen Naturschutz hinausreicht (z. B. WOIKE & NEUMANN<br />

1980, GROSSENBACHER 1981). Sichtbare Zeichen dieser Entwicklung sind u. a. zahlreiche<br />

Publikationen und H<strong>an</strong>dlungs<strong>an</strong>weisungen der zuständigen Ministerien und<br />

Fachbehörden (z. B. MAmS 1987, 2000, VERKEHRSMINISTERIUM BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

1991, SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND ARBEIT 2000), die zunehmende<br />

Berücksichtigung in entsprechenden Fachpl<strong>an</strong>ungen sowie die rasche Entstehung<br />

völlig neuer Marktsegmente und einer breiten Produktpalette seitens der Zulieferindustrie<br />

(z. B. FREY & NIEDERSTRAßER 2000).<br />

Die gesetzliche Verpflichtung zur Vermeidung oder Minderung von Eingriffen in den<br />

Naturhaushalt resultiert u. a. aus dem Bundesnaturschutzgesetz und der Eingriffsregelung<br />

und ist hinsichtlich dauerhafter <strong>Amphibien</strong>schutzmaßnahmen <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> auf<br />

<strong>Straßen</strong>neubauten beschränkt. Diese Einschränkung ist ökonomisch verständlich, aus<br />

naturschutzfachlicher Sicht und unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips<br />

hingegen inakzeptabel. Die »Nachrüstung« von <strong>Straßen</strong> im Einzugsbereich stark<br />

frequentierter W<strong>an</strong>derkorridore entsprechend dem St<strong>an</strong>d der Technik sollte daher<br />

heute eine Selbstverständlichkeit für den <strong>Straßen</strong>baulastträger sein (vgl. BITZ & THIELE<br />

1996, BEUTLER et al. 1998) und darf nicht nur auf solche Streckenabschnitte beschränkt<br />

bleiben, wo die Verkehrssicherheit wegen massenhaft zerquetschter Tierkörper gefährdet<br />

ist. Gleiches gilt für m<strong>an</strong>che großdimensionierte Baumaßnahmen, die zwar<br />

formal als Ausbau bestehender <strong>Straßen</strong> deklariert werden, faktisch oft aber Neubauten<br />

gleichzusetzen sind.<br />

Die nachträgliche Realisierung dauerhafter Schutz<strong>an</strong>lagen stößt im Pl<strong>an</strong>ungsalltag<br />

jedoch auf zahlreiche Probleme, die sowohl auf Seiten des ehrenamtlichen Naturschutzes<br />

als auch der zuständigen Fachbehörden oft unterschätzt werden. Vor diesem<br />

Hintergrund zeigt der vorliegende Beitrag Akzept<strong>an</strong>z- und Umsetzungsprobleme aus<br />

dem Pl<strong>an</strong>ungsalltag auf, die nicht zuletzt aus falschen Erwartungshaltungen der<br />

Beteiligten sowie aus konzeptionellen Defiziten bezüglich der Zielsetzungen und<br />

Schutzstrategien resultieren.<br />

2 Mobile F<strong>an</strong>gzäune<br />

Aufgrund der weitgehenden Beschränkung dauerhafter <strong>Amphibien</strong>schutzmaßnahmen<br />

auf <strong>Straßen</strong>neubauten ist <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> ein erheblicher Nachhol- und<br />

H<strong>an</strong>dlungsbedarf festzustellen, der l<strong>an</strong>desweit alljährlich durch zahlreiche personal-


<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –Anspruch und Wirklichkeit 3<br />

intensive Schutzaktivitäten <strong>an</strong> mobilen F<strong>an</strong>gzäunen seitens des ehrenamtlichen Naturschutzes<br />

dokumentiert werden k<strong>an</strong>n (in NRW z. B. FELDMANN 1986, FELDMANN &<br />

GEIGER 1987, GEIGER 1995, 2001, GEIGER & FISCHER 1998).<br />

Obwohl mittels <strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> mobilen F<strong>an</strong>gzäunen oft nur die Anw<strong>an</strong>derung<br />

der früh laichenden und damit meist noch weit verbreiteten Arten wie Grasfrosch und<br />

Erdkröte gesichert wird und die Rückw<strong>an</strong>derung der Adulti, insbesondere aber die<br />

Abw<strong>an</strong>derung der Jungtiere in aller Regel ungesichert bleibt (KUHN 1987a), sind derartige<br />

Aktionen im Naturschutz populär und zumindest vordergründig erfolgreich.<br />

Tatsächlich werden <strong>an</strong> den F<strong>an</strong>gzäunen vor Ort oft Hunderte, z. T. sogar Tausende<br />

Tiere alljährlich vor dem möglichen <strong>Straßen</strong>tod gerettet. Darüber hinaus sind derartige<br />

Aktionen hervorragend für die Mobilisierung ehrenamtlicher Helfer, die Öffentlichkeitsarbeit<br />

und für umweltpädagogische Zwecke geeignet.<br />

So berichtet z. B. LOOS (2001) von einem seit 1981 kontinuierlich in jedem Frühjahr<br />

betriebenen F<strong>an</strong>gzaun in der Mühlhauser Mark (Stadt Unna), <strong>an</strong> dem während der 21<br />

Anw<strong>an</strong>derungsphasen insgesamt über 80 000 Erdkröten erfasst und umgesetzt wurden.<br />

Welche <strong>an</strong>deren Naturschutzaktivitäten liefern auch nur <strong>an</strong>nähernd vergleichbare<br />

qu<strong>an</strong>titativ dokumentierbare Erfolgsbil<strong>an</strong>zen?<br />

Der tatsächliche Einfluss dieser Schutzaktivitäten auf die lokale Best<strong>an</strong>dssituation ist<br />

in den meisten Fällen aber nicht belegt und wird trotz einzelner beeindruckender<br />

Beispiele qu<strong>an</strong>titativ vermutlich oft überschätzt.<br />

Tab. 1: Jahresstatitistik <strong>an</strong> einem <strong>Amphibien</strong>f<strong>an</strong>gzaun von 1985–2002, Huxel, Felderbachtal (Hattingen).<br />

Tv Triturus vulgaris, Ta Triturus alpestris, Th Triturus helveticus, Rt R<strong>an</strong>a temporaria, Bb Bufo bufo,<br />

Ss Salam<strong>an</strong>dra salam<strong>an</strong>dra, Ao Alytes obstetric<strong>an</strong>s.<br />

Records at <strong>an</strong> amphibi<strong>an</strong> fence between 1985 <strong>an</strong>d 2002, Huxel, Felderbachtal, (Hattingen).<br />

Jahr Tv Ta Th Rt Bb Ss Ao St<strong>an</strong>dzeit Tage Eimer ∑<br />

1985 22 44 222 50 400 - 3 02.03.–10.04. 39 20 741<br />

1986 11 12 297 110 652 1 3 28.02.–24.04. 55 23 1086<br />

1987 ? 26 453 55 1054 2 - 13.03.–19.04. 37 22 1590<br />

1988 2 41 646 85 510 2 - 13.03.–19.04. 37 23 1286<br />

1989 8 39 563 110 1301 1 - 25.02.–01.04. 35 23 2022<br />

1990 18 38 308 66 1498 - - 25.02.–25.03. 28 23 1928<br />

1991 10 91 582 216 2799 - - 04.03.–26.03. 21 18 3698<br />

1992 20 44 307 176 2202 - - 01.03.–08.04. 39 22 2749<br />

1993 5 83 605 297 5559 - - 12.03.–17.04. 35 22 6549<br />

1994 58 53 506 108 3361 2 - 27.02.–09.04. 41 24 4189<br />

1995 35 77 405 175 5481 4 - 26.02.–13.04. 46 26 6185<br />

1996 24 36 226 120 3564 2 - 29.02.–23.04. 54 22 3958<br />

1997 20 59 221 9 6046 1 - 01.03.–18.03. 16 27 6356<br />

1998 53 39 120 37 5307 - - 01.03.–01.04. 32 30 5556<br />

1999 7 51 194 79 3080 2 - 28.02.–07.04. 40 30 3413<br />

2000 2 15 146 86 2064 2 - 26.02.–14.04. 49 25 2315<br />

2001 1 13 142 31 1494 2 - 24.02.–07.04 43 25 1683<br />

2002 2 36 182 35 759 - - 04.03.–17.04 45 30 1014<br />

∑ 273 746 6125 1845 47.131 21 6 56.023<br />

∅ 15 41 340 103 2618 1


4 KORDGES<br />

<strong>Amphibien</strong> (gesamt)<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 2000 2001 2002<br />

Abb. 1: Entwicklung der F<strong>an</strong>gzahlen am <strong>Amphibien</strong>zaun Huxel zwischen 1985 und 2002.<br />

Development of the amphibi<strong>an</strong> records at Huxel between 1985 <strong>an</strong>d 2002.<br />

Um Missverständnissen vorzubeugen sei betont, dass ich derartige <strong>Schutzmaßnahmen</strong><br />

ausdrücklich begrüße und selbst mit dem BUND-Hattingen seit 1985 jedes Frühjahr<br />

einen mobilen F<strong>an</strong>gzaun betreue, der damals von mir initiiert wurde (KORDGES<br />

1997). Wir haben seitdem über 55 000 Tiere über die Straße gesetzt und insbesondere<br />

die Anzahl der Erdkröten vorübergehend auf das 15-fache des Ausg<strong>an</strong>gsbest<strong>an</strong>des<br />

steigern können (Tab. 1).<br />

Dennoch halte ich die umweltpädagogische Wirkung unserer l<strong>an</strong>gjährigen Öffentlichkeitsarbeit<br />

entl<strong>an</strong>g des F<strong>an</strong>gzaunes aufgrund zahlreicher Führungen von VHS-<br />

Gruppen, Schulklassen und Kindergartengruppen sowie begleitender Diavorträge<br />

und Zeitungsartikel für nachhaltiger als den tatsächlichen Einfluss auf die lokale<br />

Best<strong>an</strong>dssituation der <strong>Amphibien</strong>. So konnten wir den Eigentümer der lokalen Fischzucht<strong>an</strong>stalt<br />

nicht dazu bewegen, das trocken gefallene Hauptlaichgewässer wieder<br />

Inst<strong>an</strong>d zu setzten, sodass der Tierbest<strong>an</strong>d in den letzten Jahren wieder auf das ursprüngliche<br />

Ausg<strong>an</strong>gsniveau zurückging (Abb. 1).<br />

Hinsichtlich der fachlichen Begründung und Erfolgsaussichten derartiger <strong>Schutzmaßnahmen</strong><br />

wird immer wieder von der Grund<strong>an</strong>nahme ausgeg<strong>an</strong>gen, dass je weniger<br />

<strong>Straßen</strong>verluste auftreten um so mehr Alttiere reproduzieren und um so mehr Jungtiere<br />

aufwachsen und die Stabilität der Population somit zunimmt. Diese plakative<br />

Kausalkette ist in der Öffentlichkeit gut vermittelbar, stellt aber aus syn- und populationsökologischer<br />

Sicht eine unzulässige Vereinfachung dar. Vielmehr zeigen aktuelle<br />

Studien, dass die Metamorphoserate in den Laichgewässern in keinem Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

mit der Größe der Laichpopulation stehen muss (z. B. HACHTEL 2001, STOEFER<br />

2001).<br />

Tatsächlich ist die verkehrsbedingte Mortalität der Adulten auf der Laichw<strong>an</strong>derung<br />

nur einer von mehreren best<strong>an</strong>dslimitierenden Faktoren, wenngleich ein oft wesentlicher<br />

und vor allem sicht- und beeinflussbarer. Populationsökologisch vermutlich viel<br />

wichtigere, für den Beobachter aber kaum wahrnehmbare Schlüsselfaktoren für die<br />

weitere Best<strong>an</strong>dsentwicklung sind z. B. die Emergenzraten der frisch metamorphosierten<br />

Tiere sowie deren Mortalitätsraten während der Abw<strong>an</strong>derung, die <strong>an</strong> den<br />

meisten W<strong>an</strong>derkorridoren ungesichert bleibt.


<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –Anspruch und Wirklichkeit 5<br />

Schon die in der Regel ungesicherte Rückw<strong>an</strong>derung der Alt- und abw<strong>an</strong>dernden<br />

Jungtiere macht deutlich, dass Schutzaktivitäten mittels mobiler F<strong>an</strong>gzäune nur als<br />

zeitlich befristete Provisorien im Sinne einer temporären Konfliktminderung, nicht<br />

aber als dauerhafte Problemlösung verst<strong>an</strong>den werden können (KUHN 1987a). Die<br />

l<strong>an</strong>gjährigen und personalintensiven Schutzaktivitäten <strong>an</strong> mobilen F<strong>an</strong>gzäunen durch<br />

den ehrenamtlichen Naturschutz dürfen daher nicht über den aktuellen H<strong>an</strong>dlungsbedarf<br />

zur Realisierung dauerhafter und wartungsarmer <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lagen<br />

hinwegtäuschen. Zudem ist die Betreuung der F<strong>an</strong>gzäune selten l<strong>an</strong>gfristig gesichert<br />

und hängt oft vom kontinuierlichen Engagement weniger Einzelpersonen ab, sodass<br />

eine Erschöpfung dieser ehrenamtlichen Ressourcen droht (SCHNEEWEIß 1994).<br />

3 Dauerhafte <strong>Amphibien</strong>-Schutz<strong>an</strong>lagen<br />

3.1 Bedarfsermittlung<br />

Beim <strong>Straßen</strong>neubau sollte die Entscheidung zur Errichtung einer dauerhaften<br />

Schutz<strong>an</strong>lage auf Voruntersuchungen, zumindest aber auf einer vorhabensbedingten,<br />

präventiven Konflikt<strong>an</strong>alyse beruhen (z. B. JUNGELEN 1997). Sie ist damit im Idealfall<br />

das Ergebnis einer vorausschauenden Pl<strong>an</strong>ung. Baukosten können als Maßnahmen<br />

zur Konfliktvermeidung oder -minderung verrechnet werden, sind durch das Vorhaben<br />

abgedeckt und darüber hinaus, im Vergleich zu den Gesamtkosten von<br />

<strong>Straßen</strong>neubauten, relativ gering.<br />

Völlig <strong>an</strong>ders sieht die Situation <strong>an</strong> bereits <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> aus, wo die gesetzliche<br />

Verpflichtung zur Konfliktvermeidung oder -minderung nicht mehr besteht und<br />

die nachträgliche Errichtung einer notwendigen Schutz<strong>an</strong>lage oft bereits <strong>an</strong> der<br />

schwierigen Fin<strong>an</strong>zierung scheitert. Um so wichtiger ist hier eine gezielte Bedarfsermittlung,<br />

nicht zuletzt, um den Personal- und Mitteleinsatz gegenüber konkurrierenden<br />

Vorhaben rechtfertigen und durchsetzen zu können.<br />

Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass eine gezielte Bedarfsermittlung, die<br />

als fachlich begründete Entscheidungshilfe einen vergleichenden Überblick über<br />

verlustreiche <strong>Amphibien</strong>w<strong>an</strong>derkorridore und Streckenabschnitte im Zuständigkeitsbereich<br />

eines <strong>Straßen</strong>baulastträgers oder einer Fachbehörde liefert, noch immer die<br />

seltene Ausnahme darstellt (z. B. ÖKOPLAN 1997a, 1999a, vgl. auch BITZ & THIELE<br />

1996). Vielmehr resultiert der H<strong>an</strong>dlungsbedarf zur nachträglichen Errichtung einer<br />

dauerhaften Schutz<strong>an</strong>lage in aller Regel nicht aus der pl<strong>an</strong>erischen Einsicht oder<br />

Eigeninitiative des <strong>Straßen</strong>baulastträgers sondern aus dem Druck der Naturschutzverbände<br />

und -behörden sowie einer über die lokalen Medien mobilisierten und ggf.<br />

emotionalisierten Öffentlichkeit.<br />

In der Pl<strong>an</strong>ungspraxis erweisen sich Angaben über vermeintliche Best<strong>an</strong>dsgefährdungen,<br />

belegt mit der Höhe der Tierverluste und oft verbunden mit einer intensiven<br />

Öffentlichkeitsarbeit, als wirkungsvolle Argumente, die je nach Situation auch durch<br />

weitere Aspekte ergänzt werden können (Abb. 2).


6 KORDGES<br />

Abb. 2: Unterschiedliche Akteure, Argumentations- und Motivationsebenen begründen und beeinflussen<br />

vor Ort den Bedarf einer Schutz<strong>an</strong>lage.<br />

Different groups, arguments <strong>an</strong>d motivations influence the need of conservation measures.<br />

Dazu sei <strong>an</strong>gemerkt, dass ein nachweisbarer Best<strong>an</strong>dsrückg<strong>an</strong>g der betroffenen Populationen<br />

oft gar nicht belegt ist. Während viele Populationen durch den <strong>Straßen</strong>bau<br />

zweifellos erloschen sind, konzentriert sich das lokale Interesse oft auf Bestände, die<br />

sich offensichtlich trotz alljährlicher verkehrsbedingter Verluste halten können (s. u.).<br />

Streng betrachtet h<strong>an</strong>delt es sich daher bei nicht wenigen der geforderten Schutz<strong>an</strong>lagen<br />

um vorr<strong>an</strong>gig vom Tierschutz motivierte Anlagen, was ich <strong>an</strong>gesichts massenhafter<br />

verkehrsbedingter Tierverluste <strong>an</strong> vielen W<strong>an</strong>derkorridoren nicht nur für verständlich<br />

sondern auch für völlig legitim halte.<br />

Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass populationsökologische Kenngrößen<br />

als fachlich begründete Kriterien für eine Gefährdungs<strong>an</strong>alyse vor Ort in der<br />

Regel nicht verfügbar sind. Dabei h<strong>an</strong>delt es sich nicht etwa um lokale Defizite, die<br />

ggf. den jeweiligen Fachbehörden <strong>an</strong>zulasten wären, sondern vielmehr um ein grundsätzliches<br />

Problem. Während die l<strong>an</strong>gjährigen Bemühungen um technische Details des<br />

<strong>Amphibien</strong>schutzes <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> inzwischen ein hohes Niveau erreicht haben, wurde<br />

versäumt, parallel dazu pl<strong>an</strong>ungsrelev<strong>an</strong>te Entscheidungskriterien zu erarbeiten,<br />

unter welchen Umständen eine Nachrüstung von Streckenabschnitten nicht nur wünschenswert,<br />

sondern auch naturschutzfachlich notwendig ist. Im Zweifelsfall bleiben<br />

die Fachbehörden mit diesem Problem allein, und es verwundert nicht, dass sich<br />

behördlicher <strong>Amphibien</strong>schutz <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> oft auf ein reagierendes Krisenm<strong>an</strong>agement<br />

beschränkt.<br />

Eine theoretische Ableitung bedarfsorientierter fachlicher Gefährdungskriterien mag<br />

auf den ersten Blick akademisch und überflüssig wirken, insbesondere wenn verkehrsbedingte<br />

Tierverluste auf einer W<strong>an</strong>derstrecke einen unmittelbaren und für


<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –Anspruch und Wirklichkeit 7<br />

jeden erkennbaren H<strong>an</strong>dlungsbedarf <strong>an</strong>zuzeigen scheinen. Tatsächlich sind im Praxisalltag<br />

aber u. U. sehr unterschiedliche Personenkreise mit dem <strong>Amphibien</strong>schutz<br />

<strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> befasst, deren Motive, Ziele und Grund<strong>an</strong>sätze weniger Gemeinsamkeiten<br />

aufweisen, als m<strong>an</strong> erwarten sollte. So ist zwischen den Beteiligten oft nicht klar, ob<br />

eventuelle <strong>Schutzmaßnahmen</strong> eher auf den klassischen Tierschutz (Individuum), den<br />

Populationsschutz oder den Schutz gefährdeter Arten (z. B. Rote Liste-Arten) abzielen<br />

sollen, ob vorr<strong>an</strong>gig die Öffentlichkeit ruhiggestellt werden soll und welche praktischen<br />

Konsequenzen sich daraus jeweils ergeben.<br />

3.2 Bedarfskriterien<br />

Lokalisierung und Qu<strong>an</strong>tifizierung von <strong>Straßen</strong>verlusten<br />

Auffälligster Indikator für den möglichen H<strong>an</strong>dlungsbedarf zur Errichtung einer<br />

Schutz<strong>an</strong>lage ist das wiederholte, räumlich und zeitlich konzentrierte Auftreten verkehrsbedingter<br />

Totfunde von <strong>Amphibien</strong> auf einem Streckenabschnitt. Für das Hattinger<br />

Stadtgebiet sind z. B. auf einer Fläche von ca. 70 km2 mindestens 27 W<strong>an</strong>derkorridore<br />

mit jährlich zwischen wenigen Dutzend und z. T. über hundert Totfunden je<br />

St<strong>an</strong>dort bek<strong>an</strong>nt (KORDGES 1997). Nur einer der W<strong>an</strong>derkorridore ist mit einer wenig<br />

wirksamen (vgl. BOI 1996) dauerhaften Schutz<strong>an</strong>lage ausgestattet, während einige<br />

weitere durch mobile F<strong>an</strong>gzäune oder nächtliche <strong>Straßen</strong>sperrungen zumindest provisorisch<br />

berücksichtigt werden.<br />

Obwohl somit die Mehrzahl der bek<strong>an</strong>nten W<strong>an</strong>derstrecken ungeschützt bleibt und<br />

aufsummiert jährlich erhebliche Tierverluste entstehen, bestehen Zweifel, ob daraus<br />

für alle Streckenabschnitte automatisch ein dringender H<strong>an</strong>dlungsbedarf zur Errichtung<br />

dauerhafter Schutz<strong>an</strong>lagen abzuleiten ist.<br />

Vielmehr ist zu beobachten, dass trotz nennenswerter alljährlicher Verluste mehrere<br />

der l<strong>an</strong>gjährig kontrollierten Populationen relativ stabil bleiben, und es somit offensichtlich<br />

vitale Populationen gibt, die sich diese wiederkehrenden Verluste scheinbar<br />

»leisten« können. Ferner fällt auf, dass sich darunter auch Bestände <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong>abschnitten<br />

befinden, die aufgrund der Verkehrsdichte schon längst erloschen sein<br />

müssten (vgl. KUHN 1987b, HEINE 1987).<br />

Populationsgrößen<br />

Die Beobachtungen zeigen, dass auch erhöhte verkehrsbedingte Tierverluste nicht<br />

automatisch ein Beleg für die unmittelbare Best<strong>an</strong>dsgefährdung von <strong>Amphibien</strong>populationen<br />

sein müssen. Voraussetzung für eine bedarfsorientierte Gefährdungseinschätzung<br />

ist daher die Kenntnis des Verhältnisses zwischen der Anzahl (Größenordnung)<br />

der alljährlichen Verkehrsverluste und der Gesamtpopulation.<br />

Unter reinen Tierschutzaspekten ist es unerheblich, ob 100 Totfunde <strong>an</strong> einer W<strong>an</strong>derstrecke<br />

einer Gesamtpopulation von 150 oder 1500 Alttieren entstammen. Hinsichtlich<br />

einer naturschutzfachlichen Gefährdungs<strong>an</strong>alyse ergeben sich aber gravierende Unterschiede,<br />

da im ersten Fall eine akute Best<strong>an</strong>dsgefährdung (Verlustrate 66,6 %), im<br />

zweiten hingegen empfindliche, die Gesamtpopulation aber vermutlich nicht ernsthaft<br />

gefährdende Verluste (6,6 %) auftreten würden.


8 KORDGES<br />

Anzahl Grasfrösche<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 2000 2001 2002<br />

Jahr<br />

Abb. 3: F<strong>an</strong>gzahlen des Grasfrosches am F<strong>an</strong>gzaun Huxel von 1985 bis 2002<br />

Records of R<strong>an</strong>a temporaria from the amphibi<strong>an</strong> fence at Huxel between 1985 <strong>an</strong>d 2002<br />

Tatsächlich beschränken sich die qu<strong>an</strong>titativen Erkenntnisse <strong>an</strong> vielen W<strong>an</strong>derkorridoren<br />

auf die Registrierung der für jeden Laien sichtbaren Totfunde (meistens beschränkt<br />

auf größere Froschlurche, da Molche schon nach kurzer Zeit nicht mehr<br />

erkennbar sind), während die Größe der Gesamtpopulation erfahrungsgemäß unterschätzt<br />

wird oder unbek<strong>an</strong>nt bleibt. Eine Gefährdungsabschätzung bezogen auf die<br />

Population ist in solchen Fällen nicht möglich.<br />

Nicht selten sind die Totfunde Anlass zur spont<strong>an</strong>en Errichtung eines F<strong>an</strong>gzaunes,<br />

dessen Ergebnisse oft alle Erwartungen übertreffen (insbesondere bei Molchen) und<br />

d<strong>an</strong>n zu einer Relativierung der Gefährdungseinschätzung führen können. Selbst<br />

scheinbar objektiv mittels F<strong>an</strong>gzaun erhobene Best<strong>an</strong>dsgrößen sind kritisch zu hinterfragen.<br />

Tatsächlich geben diese Daten weder Auskunft über die Existenz, Lage und<br />

Bedeutung möglicher weiterer, m<strong>an</strong>gels <strong>Straßen</strong> und Verkehrsopfer nicht erk<strong>an</strong>nter<br />

W<strong>an</strong>derkorridore noch über W<strong>an</strong>deraktivitäten außerhalb der üblichen Betreuungszeiten<br />

während der Laichw<strong>an</strong>derungen im Frühjahr.<br />

Beispielhaft sei hier auf die stark schw<strong>an</strong>kenden F<strong>an</strong>gzahlen (Min. 9, Max. 297 Ex.)<br />

des Grasfrosches <strong>an</strong> dem oben erwähnten F<strong>an</strong>gzaun im Hattinger Felderbachtal verwiesen,<br />

die als Hinweise auf erhebliche Best<strong>an</strong>dsschw<strong>an</strong>kungen fehlinterpretiert<br />

werden können (Abb. 3).<br />

Tatsächlich ist die betreffende Laichpopulation aber deutlich größer und beträgt seit<br />

vielen Jahren regelmäßig zwischen 400 und mehr als 700 Alttieren. Nachweislich<br />

w<strong>an</strong>dert ein Teil der Gesamtpopulation nicht über den mittels Zaun<strong>an</strong>lage gesicherten<br />

<strong>Straßen</strong>abschnitt <strong>an</strong> und bleibt damit am F<strong>an</strong>gzaun unberücksichtigt. Gleiches gilt für<br />

adulte Männchen, die verstärkt im Oktober wieder über die Straße <strong>an</strong> die Laichgewässer<br />

zurückw<strong>an</strong>dern und am F<strong>an</strong>gzaun während der Laichw<strong>an</strong>derungen im Frühjahr<br />

deutlich unterrepräsentiert sind. Ausnahmsweise k<strong>an</strong>n sich bei milder Witterung<br />

fast die gesamte Anw<strong>an</strong>derung der Population in den Herbst vorverlagern. So wurden<br />

1997 lediglich 9 adulte Grasfrösche am F<strong>an</strong>gzaun registriert, während im Laichgewässer<br />

erneut eine Laichgesellschaft aus weit über 500 Alttieren ermittelt wurde.<br />

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass mittels F<strong>an</strong>gzaun gewonnene Daten


<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –Anspruch und Wirklichkeit 9<br />

bestenfalls gesicherte Mindestgrößen der Populationen dokumentieren, die Gesamtpopulation<br />

aber wesentlich größer sein k<strong>an</strong>n.<br />

Raumnutzung<br />

Eng verknüpft mit dem oft unzureichenden Kenntnisst<strong>an</strong>d über die tatsächlichen<br />

Populationsgrößen ist in vielen Fällen das m<strong>an</strong>gelnde Wissen über die Raumnutzung<br />

und die Lage der Sommer- und Winterhabitate der Bestände. So verleiten verlustreiche<br />

Streckenabschnitte dazu, den L<strong>an</strong>dlebensraum der betreffenden Gesamt-<br />

Population auf der dem Laichgewässer gegenüberliegenden <strong>Straßen</strong>seite zu vermuten.<br />

Dieser Überlegung liegt ein stark vereinfachtes aber einprägsames Raum-Zeit-Modell<br />

der Population zugrunde (z. B. STOLZ & PODLOUCKY 1983, vgl. Abb. 4), das offensichtlich<br />

aus didaktischen Gründen in den meisten einschlägigen Arbeiten bis heute skizziert<br />

wird. Andererseits wies bereits GLANDT (1986) auf die je nach Art und lokaler<br />

Population sehr unterschiedlichen Raum-Zeit-Muster heimischer <strong>Amphibien</strong>arten<br />

hin, die sich in dem oben gen<strong>an</strong>nten »Grundmodell« nur bedingt wiederfinden (vgl.<br />

KLEIN & VEITH 1997, VEITH 1992).<br />

Abb. 4a zeigt eine vermeintliche St<strong>an</strong>dardsituation, wo der Betrachter aufgrund zahlreicher<br />

<strong>Straßen</strong>opfer die Lage der Sommer- und Winterhabitate der Gesamtpopulation<br />

jenseits der Straße vermutet. In diesem Fall wäre die Gefährdungsexposition der<br />

Gesamtpopulation sehr hoch einzustufen. Völlig <strong>an</strong>ders ist die Situation einzuschätzen,<br />

wenn es sich bei den über die Straße w<strong>an</strong>dernden Tieren lediglich um eine zwar<br />

stark gefährdete Teilpopulation h<strong>an</strong>delt, die Hauptpopulation lagebedingt aber ungefährdet<br />

ist (Abb. 4b).<br />

Derartige Verhältnisse scheinen insbesondere bei solchen W<strong>an</strong>derstrecken vorzuliegen,<br />

die trotz l<strong>an</strong>gjährig hoher Verluste keine Best<strong>an</strong>dseinbrüche erkennen lassen<br />

a b<br />

Abb. 4: Unterschiedliche Beeinträchtigungen von <strong>Amphibien</strong>populationen in Abhängigkeit von der<br />

Lage der Sommer- und Winterhabitate. L = Laichgewässer; S/W = Sommer-/Winterhabitate; % =<br />

prozentualer Anteil <strong>an</strong> der Gesamtpopulation.<br />

Different degrees of end<strong>an</strong>gering depending on the position of summer <strong>an</strong>d winter habitats. L =<br />

breeding pond; S/W = summer/winter habitats; % = percentage of the population.


10 KORDGES<br />

Abb. 5: Unterschiedliche Intensität der Zerschneidung der Jahreslebensräume.<br />

Different degrees of habitat fragmentation.<br />

(s. o.) und wo starke Tierverluste durch eine vitale Hauptpopulation kompensiert<br />

werden können. Ein unmittelbarer H<strong>an</strong>dlungsbedarf wegen akuter Best<strong>an</strong>dsgefährdung<br />

wäre in diesem Fall nicht gegeben.<br />

Ein <strong>an</strong>deres Szenario ist in Abbildung 5 dargestellt, wo das Laichgewässer einer<br />

Population inmitten der L<strong>an</strong>dhabitate liegt und <strong>an</strong>stelle eines räumlich und zeitlich<br />

eng begrenzten W<strong>an</strong>derkorridores nahezu g<strong>an</strong>zjährig diffuse Bewegungen über einen<br />

breiten Streckenabschnitt stattfinden.<br />

Je nach Lage der Straße durch den Lebensraum der Gesamtpopulation ergeben sich<br />

hier völlig unterschiedliche Situationen hinsichtlich der Betroffenheit, der Gefährdungseinschätzung<br />

und dem daraus resultierenden H<strong>an</strong>dlungsbedarf. Während in<br />

einem Falle der Abbildung 5 für 50 % der Population eine Gefährdungsexposition<br />

vorliegt sind im zweiten Fall der Abbildung lediglich 10 % betroffen, sodass hier eine<br />

akute Best<strong>an</strong>dsgefährdung wohl zu verneinen wäre.<br />

Artenschutz<br />

Streng genommen sind nach den obigen Ausführungen erst bei Kenntnis qu<strong>an</strong>titativer,<br />

populationsökologisch relev<strong>an</strong>ter Daten sowie der Raum-Zeit-Nutzung der jeweiligen<br />

Populationen verlässliche Aussagen über den H<strong>an</strong>dlungsbedarf ableitbar.<br />

Dessen ungeachtet sind auch d<strong>an</strong>n <strong>Schutzmaßnahmen</strong> wünschenswert, wenn keine<br />

unmittelbare Best<strong>an</strong>dsgefährdung besteht. Dies wird insbesondere d<strong>an</strong>n der Fall sein,<br />

wenn die Höhe der alljährlichen Tierverluste unabhängig von der Größe der Gesamtpopulation<br />

eine gewisse Grenze überschreitet. Fachliche Empfehlungen oder Anhaltswerte,<br />

ab welcher Größenordnung H<strong>an</strong>dlungsbedarf besteht, existieren bisher<br />

nicht. Es bleibt daher den lokalen Fachbehörden überlassen, den H<strong>an</strong>dlungsbedarf<br />

z. B. bei 50, 250 oder erst bei 500 Tieren <strong>an</strong>zusetzen.<br />

Eine weitere Rolle spielt der Status und die regionale Häufigkeit der betroffenen<br />

Arten. Nach BITZ & THIELE (1996) sind in Rheinl<strong>an</strong>d-Pfalz individuenstarke Erdkröten-Populationen<br />

<strong>an</strong> 96 % aller registrierten W<strong>an</strong>derwege Grund für <strong>Schutzmaßnahmen</strong>,<br />

was in ähnlicher Dimension auch für <strong>an</strong>dere Bundesländer wie z. B. Nordrhein-<br />

Westfalen gelten dürfte. Während allerdings 50 pro Jahr überfahrene Erdkröten oder


<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –Anspruch und Wirklichkeit 11<br />

Teichmolche <strong>an</strong> einem <strong>Straßen</strong>abschnitt in der Regel keinen dringenden H<strong>an</strong>dlungsbedarf<br />

begründen dürften, wäre die Situation bei 50 Exemplaren einer Art der Roten<br />

Liste (z. B. Kreuzkröte, vgl. ÖKOPLAN 1999b) sicherlich <strong>an</strong>ders einzuschätzen. Insbesondere<br />

wenn geschützte Arten des Anh<strong>an</strong>g II der FFH-Richtlinie betroffen sind (bzgl.<br />

der <strong>Straßen</strong>problematik ist hier insbesondere der Kammmolch zu erwähnen), dürfte<br />

es zukünftig zu einer Neubewertung m<strong>an</strong>cher Streckenabschnitte führen.<br />

Unabhängig vom Schutzstatus einer Art können auch die artspezifisch unterschiedlichen<br />

Populationsgrößen zu einer individuellen Bewertung führen. So ist ein Streckenabschnitt<br />

mit alljährlich 50 überfahrenen Erdkröten sicherlich <strong>an</strong>ders einzuschätzen<br />

als ein solcher mit 50 Geburtshelferkröten oder Feuersalam<strong>an</strong>dern.<br />

3.3 Eignungsprüfung<br />

Falsche Erwartungshaltungen<br />

Wird der Bedarf einer Schutz<strong>an</strong>lage bejaht, ist damit noch keine Aussage über die<br />

Eignung des betreffenden <strong>Straßen</strong>abschnittes und somit über die Realisierbarkeit<br />

einer wirksamen Anlage getroffen.<br />

So stellt sich in vielen Fällen die Frage, ob ein von einer Straße zerschnittener W<strong>an</strong>derkorridor<br />

überhaupt geeignet ist, um mittels <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lage wirkungsvoll<br />

gesichert zu werden. Dennoch suggeriert der H<strong>an</strong>dbuch- und Rezeptcharakter m<strong>an</strong>cher<br />

werbewirksamer Farbbroschüren, dass für alle denkbaren Problemfälle geeignete<br />

Lösungen vorh<strong>an</strong>den sind. Erstaunlicherweise beschränkt sich dieser Eindruck aber<br />

nicht nur auf kommerziell motivierte Produktinformationen einzelner Firmen sondern<br />

betrifft auch m<strong>an</strong>che Fachpublikationen.<br />

So werden beispielsweise gut funktionierende Schutz<strong>an</strong>lagen eindrucksvoll dokumentiert,<br />

während m<strong>an</strong> über die in Insiderkreisen durchaus bek<strong>an</strong>nten nicht funktionierenden<br />

Anlagen öffentlich kaum etwas erfährt. Auf einen l<strong>an</strong>des- oder gar bundesweiten<br />

Überblick über Erfolgs- oder Wirkungskontrollen der oft kostenintensiven<br />

Anlagen wartet m<strong>an</strong> vergebens obwohl derartigen Kontrollinstrumenten im Naturschutz<br />

eine wachsende Bedeutung zukommt (z. B. BLAB et al. 1994).<br />

Umsetzungs- und Akzept<strong>an</strong>zprobleme<br />

Dass z. B. hoch <strong>an</strong>stehendes Grundwasser, die notwendige Oberflächenentwässerung,<br />

die Lage in Überschwemmungsgebieten, topographische, nutzungs- und lagebedingte<br />

oder eigentumsrechtliche Gründe die Errichtung einer MAmS-gerechten Schutz<strong>an</strong>lage<br />

unmöglich machen können, liest m<strong>an</strong> oft nur zwischen den Zeilen. Immer wieder<br />

stehen die Fachbehörden daher vor dem Problem, entweder auf die Errichtung einer<br />

Anlage g<strong>an</strong>z zu verzichten (Vorwurf der Untätigkeit) oder aber eine nicht MAmSgerechte<br />

Anlage (Vorwurf der Inkompetenz) konzipiert zu haben.<br />

So beklagt beispielsweise MÜNCH (1999) die Anlage einer formal nicht MAmSgerechten<br />

<strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lage in Essen und schließt daraus, gestützt auf die<br />

fragwürdigen Angaben Dritter, auf eine m<strong>an</strong>gelnde Akzept<strong>an</strong>z der Anlage. DAM-<br />

MANN & POTTHOFF (1999) belegen hingegen im Rahmen einer mehrwöchigen Erfolgs-


12 KORDGES<br />

kontrolle der Universität Essen die erfolgreiche Nutzung der gleichen Anlage durch<br />

über 1 700 Erdkröten, über 3 000 Teichmolche sowie Grasfrösche und Bergmolche.<br />

Akzept<strong>an</strong>zprobleme <strong>an</strong> Schutz<strong>an</strong>lagen tauchen offensichtlich nicht nur bei Fröschen,<br />

Kröten und Molchen auf, sondern auch bei m<strong>an</strong>chen Aktivisten und selbstern<strong>an</strong>nten<br />

Experten. So reagieren l<strong>an</strong>gjährig <strong>an</strong> »ihren« F<strong>an</strong>gzäunen engagierte Naturschützer<br />

oft mit Unverständnis und Verärgerung auf fachlich begründete Bedenken hinsichtlich<br />

der Realisierbarkeit von <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lagen <strong>an</strong> den von ihnen betreuten<br />

W<strong>an</strong>derstrecken.<br />

Eine Ursache für diese Akzept<strong>an</strong>zprobleme sehe ich u. a. in unrealistischen Erwartungshaltungen,<br />

die aus der oben erwähnten m<strong>an</strong>gelnden öffentlichen Fachdiskussion<br />

über Ziele, Möglichkeiten und Grenzen von <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lagen resultieren.<br />

Limitierende Rahmenbedingungen1 Die »Nachrüstung« bestehender <strong>Straßen</strong> mit einer <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lage ist mit<br />

vielen limitierenden Rahmenbedingungen konfrontiert, die in dieser Form beim <strong>Straßen</strong>neubau<br />

nicht auftreten. So schaffen z. B. beim Neubau allein schon die Eigentumsverhältnisse<br />

und die Breite des Pl<strong>an</strong>ungskorridors Gestaltungsspielräume, die <strong>an</strong><br />

bereits <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> so nicht vorliegen. Vielmehr existieren <strong>an</strong> vorh<strong>an</strong>denen<br />

<strong>Straßen</strong> zahlreiche gewachsene, eigentums- und nutzungsbedingte Faktoren, die die<br />

Errichtung einer MAmS-gerechten Schutz<strong>an</strong>lage verhindern können. Besonders deutlich<br />

wird dieser Sachverhalt bei den <strong>Amphibien</strong>durchlässen, die bei rechtzeitiger<br />

Berücksichtigung beim Neubau weitgehend problemlos in den <strong>Straßen</strong>körper integriert<br />

werden können, während ein nachträglicher Einbau auf z. T. erhebliche Probleme<br />

stößt (baustellenbedingte <strong>Straßen</strong>sperrung, Lage von Versorgungsleitungen, Entwässerung,<br />

Felsarbeiten etc.).<br />

Insbesondere im Siedlungsraum und in Siedlungsr<strong>an</strong>dlagen erwachsen aus der geringen<br />

Flächenverfügbarkeit entl<strong>an</strong>g der <strong>Straßen</strong> Probleme für die Realisierung von<br />

Schutz<strong>an</strong>lagen, die in vielen Fällen eine zumindest r<strong>an</strong>dliche Einbeziehung von Privatgrundstücken<br />

notwendig macht. Dabei erweisen sich die erforderlichen und privatrechtlich<br />

abzusichernden Duldungsverträge für die Errichtung von Leit<strong>an</strong>lagen<br />

Abb. 6: Beispiel für die nachträgliche Realisierung einer <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lage. Oben: Beim Bau der<br />

K18, einer Südumgehung der Stadt Mettm<strong>an</strong>n, lagen Ende der 1970er Jahre keine Informationen über<br />

lokale <strong>Amphibien</strong>-W<strong>an</strong>derungen vor. Mitte: Seit 1987 wurde der gefährdete W<strong>an</strong>derkorridor durch<br />

lokale Naturschutzgruppen mittels eines mobilen F<strong>an</strong>gzaunes betreut. Jährlich dokumentierte F<strong>an</strong>gzahlen<br />

von bis zu 1500 Erdkröten, Grasfröschen sowie Teich- und Bergmolchen belegten den H<strong>an</strong>dlungsbedarf<br />

und lieferten wichtige Informationen über die Lage für die gepl<strong>an</strong>ten <strong>Amphibien</strong>durchlässe.<br />

Unten: Im Frühjahr 2001 wurde nach 15-jähriger Betreuung durch den ehrenamtlichen Naturschutz<br />

eine zeitgemäße und offensichtlich gut funktionierende Schutz<strong>an</strong>lage durch den Kreis Mettm<strong>an</strong>n<br />

errichtet. Die Baukosten für die ca. 400 m l<strong>an</strong>ge Anlage betrugen ca. 100000 €.<br />

Example for the subsequent construction of <strong>an</strong> amphibi<strong>an</strong> tunnel system. Top: At the end of the<br />

seventies when constructing the K 18, a bypass road of the city of Mettm<strong>an</strong>n, there were no informations<br />

about local migrating routes of amphibi<strong>an</strong>s. Centre: Since 1987 voluntaries took care of the<br />

d<strong>an</strong>gerous migrating route with mobile fences. Seasonal records of up to 1500 Bufo bufo, R<strong>an</strong>a temporaria,<br />

Triturus vulgaris <strong>an</strong>d Triturus alpestris proofed the need of protection measures <strong>an</strong>d provided<br />

import<strong>an</strong>t informations for the location of the pl<strong>an</strong>ed tunnel constructions. Bottom: In spring 2001<br />

after 15 years of voluntary activities a modern <strong>an</strong>d effective amphibi<strong>an</strong> tunnel system was realized by<br />

the Kreis Mettm<strong>an</strong>n. The costs were about 100000 €.


<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –Anspruch und Wirklichkeit 13


14 KORDGES<br />

oder die bauliche Integration von Wegezufahrten auf Privatgrundstücken oft als<br />

massives Hindernis, selbst wenn die Eigentümer dem Vorhaben positiv gegenüberstehen.<br />

Schutz<strong>an</strong>lagen, die die privatrechtlich abgesicherte Zustimmung gleich mehrerer<br />

Eigentümer erfordern, sind daher nicht selten zum Scheitern verurteilt.<br />

Dass die gen<strong>an</strong>nten Realisierungsprobleme keine Ausnahmen sondern die Regel sind<br />

zeigen einige Beispiele aus dem Pl<strong>an</strong>ungsalltag. So wurden im Rahmen von Auftragsarbeiten<br />

für die ULB Mettm<strong>an</strong>n 24 im Außenbereich gelegene, als W<strong>an</strong>derkorridore<br />

bek<strong>an</strong>nte Streckenabschnitte geprüft (ÖKOPLAN 1997a, 1999a). Ein fachlich begründeter<br />

H<strong>an</strong>dlungsbedarf war für 16 Lokalitäten gegeben, von denen allerdings nur acht<br />

aufgrund der Geländesituation für die Anlage einer Schutz<strong>an</strong>lage als geeignet gelten<br />

konnten. Im Rahmen einer Detailprüfung ergaben sich inzwischen bei drei der vier<br />

zur Realisierung vorgesehenen Streckenabschnitte so gravierende Schwierigkeiten,<br />

dass trotz gesicherter Fin<strong>an</strong>zierung und bester Absicht der Fachbehörden bisher lediglich<br />

eine Schutz<strong>an</strong>lage realisiert werden konnte (die streng genommen nicht in allen<br />

Details MAmS-konform ist).<br />

Auch <strong>an</strong> drei weiteren W<strong>an</strong>derkorridoren in den Städten Wuppertal und Hattingen,<br />

für die ein dringender H<strong>an</strong>dlungsbedarf festgestellt wurde, erwiesen sich die Rahmenbedingungen<br />

(Topographie, Nutzungen, Besitzverhältnisse etc.) als so problematisch,<br />

dass auf eine Realisierung der Schutz<strong>an</strong>lagen bisher verzichtet wurde (ÖKOPLAN<br />

2001, 1999b, KORDGES 1997).<br />

Schlussfolgerungen<br />

Zusammenfassend lassen sich aus den Erfahrungen zur Eignungsprüfung folgende<br />

Kernaussagen formulieren:<br />

• Das MAmS (2000) besitzt Modellfunktion für die Errichtung von <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lagen<br />

<strong>an</strong> <strong>Straßen</strong><br />

aber:<br />

• es gibt W<strong>an</strong>derkorridore <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong>, die nicht MAmS-gerecht nachgerüstet werden<br />

können und eine Einzelfallprüfung möglicher Alternativlösungen erfordern,<br />

• es gibt W<strong>an</strong>derkorridore, <strong>an</strong> denen nur Teilziele erreichbar sind und die<br />

Entscheidungen über Kompromisslösungen erfordern und<br />

• es gibt W<strong>an</strong>derkorridore, die trotz dringenden H<strong>an</strong>dlungsbedarfs nicht sinnvoll<br />

nachgerüstet werden können und für die daher keine realistische Problemlösung<br />

<strong>an</strong>geboten werden k<strong>an</strong>n.<br />

4 Das MAmS in der Diskussion<br />

Strategisch-konzeptionelle Defizite, Kompromisse und Alternativensuche<br />

Der Kenntnisst<strong>an</strong>d zum technischen <strong>Amphibien</strong>schutz <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> hat in den letzten<br />

20 Jahren ein beachtliches Niveau erreicht, das durch einen Blick auf das MAmS<br />

(2000) sowie eine breite und ständig verbesserte Produktpalette seitens der Hersteller<br />

belegt werden k<strong>an</strong>n. Auch <strong>an</strong>dere Tiergruppen profitieren inzwischen erheblich von


<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –Anspruch und Wirklichkeit 15<br />

der ursprünglich g<strong>an</strong>z auf <strong>Amphibien</strong> konzentrierten Diskussion und Weiterentwicklung<br />

von Schutz<strong>an</strong>lagen. Ihnen fällt somit eine wichtige »Schlüssel- und Vorreiterposition«<br />

im Konfliktbereich »Tierwelt und Straße« zu (vgl. z. B. den Begriffs- und Bedeutungsw<strong>an</strong>del<br />

vom Krötentunnel zur Kleintier-Schutz<strong>an</strong>lage, die Errichtung von Reptilien-Schutz<strong>an</strong>lagen<br />

(LENZ & SCHMIDT 2002) sowie die Diskussion um Grünbrücken<br />

(z. B. ROTH & KLATT 1991) und Wilddurchlässe (z. B. KRAMER & ROWOLD 2001)).<br />

Eine konzeptionelle Weiterentwicklung von Schutzstrategien und H<strong>an</strong>dlungsprämissen<br />

beim <strong>Amphibien</strong>schutz <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> steht jedoch noch aus, sieht m<strong>an</strong> einmal<br />

von den Erkenntnissen zur Funktion von Gewässerneu<strong>an</strong>lagen als Ersatzhabitate ab<br />

(z. B. OERTER 1994). Dort, wo die Zerschneidungen von Lebensräumen und verkehrsbedingte<br />

Tierverluste mittels funktionierender Schutz<strong>an</strong>lagen wenn nicht gänzlich<br />

verhindert, so doch deutlich gemindert werden, mögen die auf Wiedervernetzung<br />

abzielenden klassischen Schutzinstrumente für St<strong>an</strong>dardsituationen ausreichen.<br />

Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die vielfach propagierten St<strong>an</strong>dardlösungen<br />

in zahlreichen Alltagssituationen nicht greifen, der individuellen Anpassung<br />

<strong>an</strong> die lokalen Rahmenbedingungen bedürfen (z. B. BOLZ 1995, PODLOUCKY 1990) und<br />

wobei vor Ort erhebliche Kompromisse erforderlich sind. Kompromisslösungen bedeuten<br />

die Abweichung von den MAmS-Vorgaben, was die Funktion einer Schutz<strong>an</strong>lage<br />

nicht schmälern muss, wie das geschilderte Beispiel aus Essen (s. o.) zeigt. Vielfach<br />

sind damit auch Zugeständnisse <strong>an</strong> die Effektivität einer Schutz<strong>an</strong>lage verbunden,<br />

z. B. wenn nur ein Teil des W<strong>an</strong>derkorridores geschützt werden k<strong>an</strong>n, Durchlässe<br />

nicht in ausreichender Zahl, Dimensionierung und optimaler Positionierung <strong>an</strong>geboten<br />

werden können oder die Rückw<strong>an</strong>derung insbesondere der Jungtiere nicht<br />

gesichert werden k<strong>an</strong>n. Mit der fachlichen Abwägung, wie weit derartige Kompromisse<br />

gehen dürfen, sind die personell oft unterbesetzten Fachbehörden häufig überfordert.<br />

Ohne das MAmS als fachliche Zielvorgabe infrage zu stellen bedarf es dringend<br />

einer Diskussion über Ziele, Kriterien und mögliche Schwellenwerte, mittels<br />

derer Lösungsmöglichkeiten für nicht MAmS-konforme Schutz<strong>an</strong>lagen erarbeitet und<br />

kritisch hinterfragt werden können. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g wird auch die Suche<br />

und Diskussion nach strategisch-konzeptionellen Alternativen für Situationen eingefordert,<br />

die nicht mit St<strong>an</strong>dardlösungen be<strong>an</strong>twortbar sind.<br />

Offene Fragen und Fallbeispiele aus der Praxis<br />

Abst<strong>an</strong>d der Durchlässe<br />

Im Hauptbereich der W<strong>an</strong>derkorridore soll der Abst<strong>an</strong>d der Durchlässe gemäß<br />

MAmS (2000) ca. 30 m betragen. Da der nachträgliche Einbau von Durchlässen hohe<br />

Kosten verursacht, ist deren Anzahl in der Praxis immer ein zentraler Streitpunkt.<br />

Folglich wird die Abst<strong>an</strong>dsempfehlung in der Realität regelmäßig großzügig überschritten.<br />

Diese Praxis wird begünstigt durch Schwierigkeiten, wie der »Hauptbereich«<br />

der W<strong>an</strong>derkorridore definiert ist. H<strong>an</strong>delt es sich dabei um den Streckenabschnitt<br />

des W<strong>an</strong>derkorridors, in dem 50, 75 oder 90 % der Population <strong>an</strong>w<strong>an</strong>dert? Bei<br />

27 von mir näher untersuchten W<strong>an</strong>derstrecken lag die Breite der W<strong>an</strong>derkorridore<br />

bei 41 % unter 250 m, bei 48 % über 250 m und bei 11 % über 500 m, sodass die Definition<br />

des Hauptw<strong>an</strong>derkorridors erhebliche Konsequenzen für die Pl<strong>an</strong>ung haben k<strong>an</strong>n.


16 KORDGES<br />

Ein besonderes Problem sind <strong>Straßen</strong>abschnitte, auf denen auch außerhalb der klassischen<br />

W<strong>an</strong>derzeiten nahezu g<strong>an</strong>zjährig räumlich und zeitlich diffuse Aktivitäten von<br />

<strong>Amphibien</strong> auftreten und wo über das Jahr ebenfalls erhebliche Verlustraten zu verzeichnen<br />

sind. Beispielhaft gilt dies für viele Bachtäler in collinen L<strong>an</strong>dschaftsräumen<br />

mit kilometerl<strong>an</strong>gen, parallel zu den Fließgewässern verlaufenden Streckenführungen,<br />

die großflächig die Sommerhabitate von <strong>Amphibien</strong>-Populationen zerschneiden.<br />

Welche Abstände für Durchlässe wären hier zu empfehlen, vorausgesetzt entsprechende<br />

Leit<strong>an</strong>lagen wären realisierbar?<br />

»Klimatunnel«<br />

Sogen<strong>an</strong>nte Klimatunnel, d. h. mit Gitterrosten abgedeckte Kastenprofile oder ähnliche<br />

Modelle, die von oben bündig in die <strong>Straßen</strong>decke eingesenkt sind, werden im<br />

MAmS (2000) als Nachrüstungsmethode <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> abgelehnt. Die gen<strong>an</strong>nten<br />

Gründe sind einleuchtend, zumal größer dimensionierte, in den <strong>Straßen</strong>unterbau<br />

eingebrachte Rahmendurchlässe, Rechteckhauben und ähnliche Durchlassbauwerke<br />

höhere Akzept<strong>an</strong>zwerte erwarten lassen und grundsätzlich Vorr<strong>an</strong>g vor<br />

<strong>an</strong>deren Lösungsalternativen besitzen müssen. Dabei wird aber übersehen, dass der<br />

grundsätzliche Verzicht auf oberflächennahe Durchlässe <strong>an</strong> vielen Kleinstraßen und<br />

schmalen Nebenstrecken voreilig eine kostengünstige Option aufgibt, die <strong>an</strong>gesichts<br />

der Fin<strong>an</strong>zlage der Kommunen oft die einzige realisierbare H<strong>an</strong>dlungsmöglichkeit ist.<br />

Gleiches gilt für <strong>Straßen</strong>körper, in die aufgrund der Entwässerungssituation oder<br />

zahlreicher Versorgungsleitungen keine großdimensionierten Kastenprofile eingebracht<br />

werden können, ohne damit umf<strong>an</strong>greiche Mehrkosten zu verursachen. Vor<br />

diesem Hintergrund sind oberflächennahe Durchlasssysteme zumindest bei hoch<br />

<strong>an</strong>stehendem Grundwasser und <strong>an</strong> schmalen, wenig frequentierten <strong>Straßen</strong> auch<br />

weiterhin als H<strong>an</strong>dlungsalternative zu betrachten (vgl. JUNGELEN 1996), zumal die<br />

Akzept<strong>an</strong>z derartiger Systeme wiederholt belegt wurde (MEINIG & WEBER 1987, PO-<br />

LIVKA et al. 1991).<br />

Umlenkung gefährdeter Teilpopulationen<br />

Zahlreiche W<strong>an</strong>derkorridore sind aufgrund lokaler Rahmenbedingungen mit einer<br />

klassischen Schutz<strong>an</strong>lage nicht zu sichern. Zwecks Vermeidung der alljährlichen<br />

Tierverluste stellt sich dem Betrachter daher die Frage, ob es nicht besser sei, vom<br />

Laichgewässer abw<strong>an</strong>dernde Tiere vor der Straße mittels Leitelementen (einseitig von<br />

der Straße aus übersteigbar) abzuf<strong>an</strong>gen, »zurückzuschicken« und sie zu nötigen, sich<br />

räumlich umzuorientieren. Während der Erfolg dieser Zw<strong>an</strong>gsumlenkung bei adulten<br />

Tieren aufgrund gewachsener Raumbindungen fragwürdig erscheint, dürften Jungtiere<br />

relativ problemlos darauf reagieren und sich verstärkt in Richtungen mit geringerem<br />

Raumwiderst<strong>an</strong>d umorientieren. Nach wenigen Jahren sollte der Gesamtlebensraum<br />

der betreffenden Population gewässerseitig liegen, während die ehemals verlustreich<br />

über die Straße w<strong>an</strong>dernde Teilpopulation erloschen ist (Abb. 7a, b).<br />

Ein derartiges Szenario ist nur d<strong>an</strong>n sinnvoll, wenn es sich bei den »<strong>Straßen</strong>querern«<br />

um eine kleinere Teilpopulation h<strong>an</strong>delt, während die Hauptpopulation gewässerseitig<br />

lebt und damit gewährleistet ist, dass hier geeignete L<strong>an</strong>dhabitate existieren. Auch<br />

geht das Szenario von der Grund<strong>an</strong>nahme aus, dass die abw<strong>an</strong>dernden Jungtiere


<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –Anspruch und Wirklichkeit 17<br />

a b<br />

Abb. 7: Einseitig errichtetes Leitelement zwecks Lenkung und Aktionsverlagerung gefährdeter<br />

Teilpopulationen. Eine sinnvolle Alternative zur Konfliktminderung bei m<strong>an</strong>gelnder Realisierbarkeit<br />

klassischer Schutz<strong>an</strong>lagen?<br />

If traditonal tunnel systems are not realizeable: one side barrier to enforce new migrating routes in<br />

order to prevent <strong>an</strong>nual traffic victims<br />

nicht auf eine Abw<strong>an</strong>derungsrichtung geprägt sind und ihr Umfeld vorr<strong>an</strong>gig entl<strong>an</strong>g<br />

von mikroklimatisch geeigneten Flächen mit geringem Raumwiderst<strong>an</strong>d erschließen.<br />

Die Konsequenzen einer solchen Strategie bedürfen einer sorgfältigen Prüfung: Einerseits<br />

könnten die alljährlichen verkehrsbedingten Tierverluste deutlich reduziert<br />

werden, was zu einer Stärkung der Population beitragen sollte. Andererseits ist der<br />

Verlust der Teilpopulation jenseits der Straße sowie die verstärkte Habitatfragmentierung<br />

negativ zu bil<strong>an</strong>zieren. Darüber hinaus sind Folgewirkungen der Leitelemente<br />

als Ausbreitungsbarrieren für <strong>an</strong>dere Org<strong>an</strong>ismengruppen zu berücksichtigen.<br />

Ein <strong>an</strong>deres, aktuelles Szenario ist in Abbildung 8 skizziert, wo eine Straße zwischen<br />

zwei Laichgewässern verläuft. An- und Abw<strong>an</strong>derungen der jeweiligen Laichpopulationen<br />

erfolgen teilweise wechselseitig, sodass sich die W<strong>an</strong>derrichtungen kreuzen.<br />

Auch hier war eine Sicherung der verlustreichen W<strong>an</strong>derstrecke mittels Schutz<strong>an</strong>lage<br />

Abb. 8: Mittels Leitelementen erzwungene räumliche Umorientierung der beiden Teilpopulationen<br />

zwecks Vermeidung alljährlicher Tierverluste?<br />

Enforced m<strong>an</strong>ipulation of traditional migrating routes by barriers in order to prevent <strong>an</strong>nual traffic<br />

victims.


18 KORDGES<br />

Abb. 9: Einseitige Leit<strong>an</strong>lage als Alternative zur aufwändigen und vor Ort nicht zwingend notwendigen<br />

klassischen Schutz<strong>an</strong>lage?<br />

One side barrier as <strong>an</strong> alternativ conservation strategy, if the urgency of <strong>an</strong> expensive traditional<br />

tunnel system is doubtful.<br />

m<strong>an</strong>gels Realisierung von Durchlässen nicht möglich, sodass zu diskutieren ist, ob<br />

eine dauerhafte räumliche Neuorientierung mittels Leitelementen eine Lösung <strong>an</strong>bietet<br />

(Abb. 8).<br />

Ein weiteres aktuelles Szenario ist in Abbildung 9 dargestellt. Es h<strong>an</strong>delt sich dabei<br />

um eine Straße, die den Jahreslebensraum einer individuenstarken Kreuzkröten-<br />

Population r<strong>an</strong>dlich zerschneidet. Zwar kommt es hier zu keinen klassischen, gerichteten<br />

W<strong>an</strong>derungen, wohl aber regelmäßig zu Verkehrsopfern unter den ungerichtet<br />

abw<strong>an</strong>dernden Jungtieren und halbwüchsigen Exemplaren (ÖKOPLAN 1999b).<br />

Die Errichtung einer herkömmlichen Schutz<strong>an</strong>lage würde das Problem der <strong>Straßen</strong>mortalität<br />

lösen, bliebe aber mit zahlreichen Fragen behaftet. Wie viele Durchlässe<br />

sind auf der ca. 1 km l<strong>an</strong>gen Strecke vorzusehen (s. o.) und rechtfertigt sich der Aufw<strong>an</strong>d<br />

zur Wiedervernetzung des Hauptlebensraumes der Population mit einem kleinen,<br />

inzwischen nachweislich unbesiedelten Teilhabitat? Kreuzkröten sind klassische<br />

r-Strategen (SINSCH 1998) und besiedeln bek<strong>an</strong>ntlich Sekundärlebensräume (z. B.<br />

KORDGES 1994), die oft einer ras<strong>an</strong>ten sukzessionsbedingten Veränderung unterliegen.<br />

Parallel dazu sind artspezifisch hohe Best<strong>an</strong>dsschw<strong>an</strong>kungen bek<strong>an</strong>nt, die zum kurzfristigen<br />

Erblühen und raschen Erlöschen sowie zur räumlichen Aktionsraumverlagerung<br />

der Bestände führen können. Dauerhafte Schutz<strong>an</strong>lagen sind hingegen auf stabile<br />

Umweltbedingungen ausgerichtet, die eine Voraussetzung zur Etablierung l<strong>an</strong>gjährig<br />

tradierter und räumlich fixierter W<strong>an</strong>derkorridore darstellen. Sind derartige<br />

Schutzstrategien aber auch auf hochmobile Arten in dynamischen Lebensräumen<br />

übertragbar?<br />

In letztgen<strong>an</strong>ntem Fall bietet sich theoretisch die einseitige Errichtung einer Leit<strong>an</strong>lage<br />

(straßenseitig übersteigbar) als ausreichend <strong>an</strong>, um den Schutz der Kreuzkröten zu<br />

gewährleisten (Abb. 9). Es stellt sich aber die Frage, ob die gezielte Errichtung zusätzlicher<br />

Ausbreitungshindernisse zum Schutz von (Teil-)Populationen den ursprünglichen,<br />

auf Wiedervernetzung von Funktionsräumen abzielenden Grundged<strong>an</strong>ken von<br />

Schutz<strong>an</strong>lagen nicht konterkariert, zumal auch <strong>an</strong>dere bodengebundene Org<strong>an</strong>ismengruppen<br />

von einer solchen Maßnahmen betroffen wären.


<strong>Amphibien</strong>-<strong>Schutzmaßnahmen</strong> <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> –Anspruch und Wirklichkeit 19<br />

Angesichts der zahlreichen Ausbreitungsbarrieren in unserer Kulturl<strong>an</strong>dschaft erscheint<br />

es in begründeten Ausnahmefällen und als letztes Mittel durchaus vertretbar,<br />

Umlenkungen auch zu Schutzzwecken einzusetzen. Andererseits ist die räumliche<br />

Ausbreitung von Individuen eine Voraussetzung für den zur l<strong>an</strong>gfristigen Aufrechterhaltung<br />

von (Meta-)Populationen notwendigen Genfluss (KLEIN & VEITH 1997) – ein<br />

Aspekt, der bei der Einzelfallbetrachtung <strong>an</strong> der Straße rasch in Vergessenheit gerät.<br />

In diesem Zielkonflikt bedarf es daher jeweils der Abwägung, ob mit dem Verzicht<br />

auf lokale Ausbreitungsbarrieren die Inkaufnahme dauerhafter Tierverluste akzeptabel<br />

und vor Ort in der Öffentlichkeit auch durchsetzbar ist.<br />

Schlussbetrachtung<br />

Die Anwendung der MAmS-Vorgaben stößt bei der nachträglichen Errichtung von<br />

Schutz<strong>an</strong>lagen <strong>an</strong> <strong>bestehenden</strong> <strong>Straßen</strong> immer wieder auf erhebliche Probleme. Es<br />

stellt sich daher die Frage nach einem vergleichbaren Regelwerk, das speziell auf<br />

bereits bestehende <strong>Straßen</strong> zugeschnitten ist. Primäre Zielsetzung eines solchen Regelwerkes<br />

k<strong>an</strong>n weder die Aufweichung mühsam akzeptierter St<strong>an</strong>dards zwecks<br />

Realisierung von »Billiglösungen« noch die Suche nach noch ausgereifteren Techniken<br />

oder Produkten sein. Vielmehr besteht Bedarf nach der Ableitung und praxisgerechten<br />

Aufbereitung von verbindlichen, fachlich begründeten Entscheidungskriterien, die<br />

zu einer Objektivierung nicht st<strong>an</strong>dardisierbarer Einzelfallentscheidungen für oder<br />

gegen die Errichtung einzelner Schutz<strong>an</strong>lagen beitragen. Patentlösungen für alle<br />

Eventualitäten der Alltagspraxis zu erwarten wäre wirklichkeitsfremd. Eine entsprechende<br />

Vorlage könnte aber den dringend notwendigen Diskussionsprozess über<br />

Ziele und realistische Erwartungen gegenüber Schutz<strong>an</strong>lagen wieder in G<strong>an</strong>g setzen,<br />

der – nicht zuletzt durch das l<strong>an</strong>ge Warten auf das Erscheinen der bereits über viele<br />

Jahre hinweg <strong>an</strong>gekündigten MAmS (2000) – in der Fachwelt weitgehend erlahmt<br />

scheint.<br />

Beispielhaft werden nachfolgend einzelne Fragen formuliert, die einer verstärkten<br />

und selbstkritischen Betrachtung bedürfen:<br />

• W<strong>an</strong>n schützen wir (Totfunde als emotional begründete Auslöser)?<br />

• Wen oder was schützen wir (Auswahl der Zielorg<strong>an</strong>ismen, Ubiquisten, Spezialisten,<br />

gefährdete Arten, Metapopulationen)?<br />

• Warum schützen wir (Zweck, Ziel, Erwartung, fachlich / emotional begründete<br />

Motivation)?<br />

• Wie schützen wir (Instrumente, Strategien, Konzepte)?<br />

• Mit welchem Aufw<strong>an</strong>d und Erfolg schützen wir (Nachhaltigkeit, Mitteleinsatz,<br />

Personaleinsatz, Effizienz)?<br />

Abschließend werden folgende Arbeitsschritte für die Entscheidungsfindung und ggf.<br />

nachträgliche Realisierung von <strong>Amphibien</strong>schutz<strong>an</strong>lagen <strong>an</strong> <strong>Straßen</strong> empfohlen:<br />

• Bedarfsprüfung (qu<strong>an</strong>titative Dimension der Tierverluste, Verhältnis Tierverluste/<br />

Populationsgrößen, reale Best<strong>an</strong>dsgefährdung, lokale/regionale Bedeutung; Vernetzungsaspekte)<br />

• Eignungsprüfung (Besitzverhältnisse, Nutzungen, Topographie, <strong>Straßen</strong>breite,<br />

<strong>Straßen</strong>profil, Lage und Breite des W<strong>an</strong>derkorridores)


20 KORDGES<br />

• Erfolgsprognose (voraussichtliche Realisierbarkeit/funktionale Wirksamkeit)<br />

• Kostenschätzung<br />

• Effizienzeinschätzung (Verhältnis Aufw<strong>an</strong>d/Wirkung)<br />

• H<strong>an</strong>dlungsentscheidung/Prioritätenliste (fachliche oder strategische Dringlichkeit)<br />

• Vorpl<strong>an</strong>ung (z. B. Ermittlung von Hauptw<strong>an</strong>derkorridoren mittels F<strong>an</strong>gzaun)<br />

• Detailpl<strong>an</strong>ung<br />

• Umsetzungspl<strong>an</strong>ung, Ausschreibung, Bauleitung<br />

• Umsetzungskontrolle<br />

• Erfolgskontrolle<br />

D<strong>an</strong>ksagung<br />

Meinem Arbeitskollegen Herrn D. HENGESBACH d<strong>an</strong>ke ich für die Erstellung der Grafiken und<br />

den Herren Dr. D. GLANDT, Dr. N. SCHNEEWEIß, A. GEIGER sowie Dr. B. THIESMEIER für kritische<br />

und konstruktive Anregungen zu meinem M<strong>an</strong>uskript. Ein besonderer D<strong>an</strong>k gilt – beispielhaft<br />

für viele <strong>an</strong>dere ehrenamtliche Betreuer von F<strong>an</strong>gzäunen – Herrn M. GÖRLER, BUND-Hattingen,<br />

für die l<strong>an</strong>gjährige Org<strong>an</strong>isation und Betreuung des F<strong>an</strong>gzaun-Projektes im Felderbachtal, ohne<br />

dessen unermüdlichen Einsatz das Schutzprojekt zweifellos bereits zum Erliegen gekommen<br />

wäre.<br />

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Anschrift des Verfassers:<br />

Dipl.-Ökol. THOMAS KORDGES, ökopl<strong>an</strong> – Bredem<strong>an</strong>n, Fehrm<strong>an</strong>n, Kordges & Partner, Savignystr.<br />

59, D-45147 Essen, E-Mail: thomas.kordges@oekopl<strong>an</strong>-essen.de

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