bei der Amphibienerfassung - ökoplan
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Zeitschrift für Feldherpetologie, Supplement 15: 327–340 November 2009<br />
M. Hachtel, M. Schlüpmann, B. Thiesmeier & K. Weddeling (Hrsg.): Methoden <strong>der</strong> Feldherpetologie<br />
Zum Einsatz künstlicher Verstecke (KV)<br />
<strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Amphibienerfassung</strong><br />
THOMAS KORDGES<br />
Ökoplan – Bredemann, Fehrmann, Hemmer und Kordges, Savignystr. 59, D-45147 Essen<br />
thomas.kordges@oekoplan-essen.de<br />
On the application of artificial refuges for amphibian recording<br />
During control of success visits at newly created ponds in a quarry complex in 2000,<br />
2001 and 2004, migration and species composition of amphibians were recorded using<br />
artificial cover boards. Adults and especially toadlets of natterjack toad, midwife<br />
toad as well as efts of smooth newt and Alpine newt frequently used the artificial<br />
shelter. Cover boards proved to be very time effective with respect to species detection<br />
as well as analysis of phenology, local migration and reproductive success. Pros<br />
and cons of this method are discussed. Especially at newly created ponds with few<br />
natural shelter cover boards are very useful to increase amphibian detection rate<br />
while they are less successful at ol<strong>der</strong> ponds with a high portion of natural shelter<br />
due to vegetation succession. Within this framework, cover boards can be recommended<br />
to increase detection of Bufo, Alytes, Triturus, Lissotriton und Mesotriton species,<br />
while their use does not amend recording of the species of the genera Rana,<br />
Pelophylax und Hyla.<br />
Key words: Amphibia, Bufo calamita, Alytes obstetricans, Lissotriton vulgaris, Mesotriton<br />
alpestris, artificial refuges, field recording, control of success, quarry.<br />
Zusammenfassung<br />
Im Rahmen von Erfolgskontrollen an zwei in einem Steinbruchkomplex in Wuppertal-Dornap<br />
(NRW) als Kompensationsmaßnahmen neu angelegten Gewässern wurden<br />
An- und Abwan<strong>der</strong>ung adulter sowie metamorphosierter Amphibien mittels im<br />
Uferbereich ausgelegter künstlicher Verstecke (KV) in den Jahren 2000, 2001 und<br />
2004 dokumentiert. Die KV zeigten eine hohe Akzeptanz als Tagesverstecke für<br />
Kreuzkröten, Geburtshelferkröten sowie Teich- und Bergmolche und wurden sowohl<br />
von Alt-, insbeson<strong>der</strong>e aber von frisch metamorphosierten Jungtieren regelmäßig<br />
frequentiert. Der Einsatz <strong>der</strong> KV erwies sich als sehr effektive und zeitsparende Methode,<br />
die nicht nur Aussagen über den qualitativen Besatz <strong>der</strong> Gewässer (Artenspektrum),<br />
son<strong>der</strong>n auch über phänologische Aspekte, saisonale Wan<strong>der</strong>bewegungen<br />
sowie über den Reproduktionserfolg <strong>der</strong> jeweiligen Arten lieferte. Die Möglichkeiten<br />
und Grenzen des Einsatzes von KV für die Geländeerfassung werden diskutiert.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e an neuen Gewässern mit einem noch deckungsarmen Umfeld<br />
wird den KV eine hohe methodische Eignung attestiert, die mit <strong>der</strong> sukzessionsbedingten<br />
Reifung <strong>der</strong> Flächen aber nach wenigen Jahren deutlich verblasst. Die Methode<br />
ist vorrangig für die Erfassung <strong>der</strong> Gattungen Bufo, Alytes, Triturus, Lissotriton<br />
und Mesotriton geeignet, nicht hingegen für die Gattungen Rana, Pelophylax und Hyla.<br />
Schlüsselbegriffe: Amphibien, Kreuzkröte, Geburtshelferkröte, Teichmolch, Bergmolch,<br />
künstliche Verstecke, Fel<strong>der</strong>fassung, Erfolgskontrolle, Steinbruch.<br />
© Laurenti-Verlag, Bielefeld, www.laurenti.de
328 KORDGES<br />
Einleitung<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Geländeerfassung von Reptilien hat sich <strong>der</strong> gezielte Einsatz künstlicher<br />
Verstecke (KV) seit den 1990er Jahren zunehmend als sehr erfolgreiche Methode<br />
bewährt. Da<strong>bei</strong> kommen unterschiedliche Materialien zum Einsatz (Holzbretter,<br />
Bleche, Dachpappe etc.), die den Tieren thermisch begünstigte Strukturen und gleichzeitig<br />
Schutz vor Prädatoren sowie ungünstiger Witterung bieten (z. B. BLOSAT 1993,<br />
1998, ECKSTEIN et al. 1996, BARKER & HOBSON 1996, READING 1997, WALTER & WOLTERS<br />
1997). Wenngleich die Erfahrungen hinsichtlich <strong>der</strong> Materialien und artspezifischen<br />
Wirksamkeit z. T. noch wi<strong>der</strong>sprüchlich sind, hat sich <strong>der</strong> Einsatz von KV vor allem<br />
für die Erfassung von Blindschleichen (Anguis fragilis), Schlingnattern (Coronella<br />
austriaca), Kreuzottern (Vipera berus) und Ringelnattern (Natrix natrix) inzwischen fest<br />
etabliert (Z. B. MUTZ & GLANDT 2004, BLANKE 2006, HACHTEL et al. 2008, HACHTEL et<br />
al. 2009).<br />
Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass KV <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Amphibienerfassung</strong> bisher<br />
selten zur Anwendung kamen (z. B. KORDGES & THIESMEIER 2000, KORDGES 2003,<br />
SPECHT 2009). Nachfolgend wird daher über Erfahrungen <strong>bei</strong>m Einsatz von KV sowie<br />
<strong>der</strong>en Eignung für feldherpetologische Fragestellungen <strong>bei</strong> Amphibien berichtet, v. a.<br />
mit Blick auf die Nachweiswahrscheinlichkeit von Arten und Altersklassen, den Einfluss<br />
von Strukturen im Umfeld <strong>der</strong> Gewässer und <strong>der</strong> Liegezeit <strong>der</strong> KV.<br />
Untersuchungsgebiet und Methode<br />
Die vorliegenden Daten stammen von zwei Gewässerneuanlagen, die in einem großen<br />
Abgrabungskomplex <strong>der</strong> Kalkindustrie in Wuppertal-Dornap liegen (NRW; MTB-Nr.<br />
4708/1 bzw. 4708/3, Naturraum Nie<strong>der</strong>bergisches Land, ca. 150 m NN). Das mit ca.<br />
1 ha größere <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den Untersuchungsgewässer (nachfolgend Gew. A) wurde im<br />
Herbst 1998 im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen durch den Steinbruchbetreiber<br />
angelegt. Das Gewässer war damals unbeschattet, maximal 1,5 m tief und durch<br />
ausgedehnte Flachwasserzonen gekennzeichnet (Abb. 1).<br />
Da die Uferbereiche des Gewässers anfangs großflächig aus deckungsarmen, vegetationslosen<br />
Rohböden bestanden, die bewusst <strong>der</strong> Sukzession überlassen werden sollten,<br />
wurden 1999 auf Veranlassung des Autors mehrere KV (Schaltafeln, Gerüstbohlen,<br />
Dielenbretter u. a.) unterschiedlicher Stärke und Größe in den Uferbereichen<br />
ausgelegt. Sie fanden als Tagesverstecke spontan eine hohe Akzeptanz, sowohl <strong>bei</strong><br />
adulten, als auch juvenilen Amphibien. Im Folgejahr 2000 wurden zehn KV im Rahmen<br />
einer faunistischen Erfolgskontrolle zwischen Ende Februar und Ende Oktober<br />
regelmäßig (meist 2–4 Begehungen/Monat) kontrolliert und die unter den KV befindlichen<br />
Amphibien dokumentiert. Im Jahr 2001 wurde die Erfolgskontrolle zwischen<br />
Anfang April und Ende Oktober <strong>bei</strong> reduzierter Anzahl <strong>der</strong> Begehungen fortgesetzt.<br />
Das zweite Gewässer (Gew. B) liegt etwa 200 m von Gew. A entfernt, ist mit einer<br />
Fläche von ca. 250 m2 und Wassertiefe von bis zu 1,2 m deutlich kleiner und wurde im<br />
März 2003 hergerichtet (Abb. 2). Hier wurden sechs KV im Uferbereich ausgelegt, die<br />
in 2004 regelmäßig kontrolliert wurden.
Zum Einsatz künstlicher Verstecke (KV) <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Amphibienerfassung</strong> 329<br />
Abb. 1: Gewässer A mit Gerüstbohle am Ufer. Beachte das deckungsarme Gewässerumfeld.<br />
Pond A with a cover board at the shoreline. Note low vegetation cover around.<br />
Anzahl <strong>der</strong> im Folgenden ausgewerteten Kontrollgänge:<br />
Gewässer A: von Februar bis Oktober 2000, n = 28; von April bis Oktober 2001, n = 18.<br />
Gewässer B: von März bis Oktober 2004 , n = 18.<br />
Die KV wurden an den Gewässern in einem Abstand von 1–10 m vom Ufer ausgelegt.<br />
Bedingt durch saisonale Wasserstandsschwankungen an dem Flachgewässer A lagen<br />
einzelne KV zeitweise bis ca. 15 m vom Ufer entfernt, während <strong>bei</strong> hohem Wasserstand<br />
einzelne KV auftrieben.<br />
Abb. 2: Gewässer B mit Dielenbrett am Ufer.<br />
Pond B with a cover board at the shoreline.
330 KORDGES<br />
Um zu überprüfen, ob es sich <strong>bei</strong> den zahlreichen unter den Brettern an Gew. A angetroffenen<br />
frisch metamorphosierten Teich- und Bergmolchen (Lissotriton vulgaris,<br />
Mesotrion alpestris) jeweils um die gleichen o<strong>der</strong> aber um inzwischen zugewan<strong>der</strong>te<br />
Exemplare handelt, wurden die Jungtiere an einzelnen Tagen abgesammelt, gewogen<br />
und vermessen (vgl. KORDGES & THIESMEIER 2000) und in das weitere Gewässerumfeld<br />
zurückgesetzt.<br />
Ergebnisse und ausgewählte Diskussionspunkte<br />
Artenspektrum – qualitativer Nachweis<br />
Durch die Kontrolle <strong>der</strong> Amphibienbretter wurden mit Teich- und Bergmolch, Erdkröte<br />
(Bufo bufo), Kreuzkröte (B. calamita) und Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans)<br />
sowie dem Grasfrosch (Rana temporaria) an Gewässer A sechs (2000) bzw. fünf (2001)<br />
und an Gew. B sechs Arten nachgewiesen, was dem typischen Artenspektrum <strong>der</strong><br />
Tab. 1: Amphibiennachweise unter den KV an Gewässer A im Jahr 2000. x = adulte, subadulte o<strong>der</strong><br />
juvenile Tiere, grau = Nachweis von Metamorphlingen. TM = Teichmolch, BM = Bergmolch, KK =<br />
Kreuzkröte, GK = Geburtshelferkröte, EK = Erdkröte, GF = Grasfrosch, AZ = Artenzahl, ∅ = Mittelwert<br />
<strong>der</strong> Artenzahl.<br />
Amphibian records un<strong>der</strong> the cover boards at pond A in the year 2000. x = record of adult, subadult<br />
or juvenile specimen, shaded = records of metamorphs. TM = smooth newt, BM = Alpine newt, KK =<br />
natterjack, GK = midwife toad, EK = common toad, GF = common frog, ∅ = average value of the<br />
species number.<br />
Feb. März April Mai Juni Juli August September Oktober<br />
26. 9. 19. 29. 7. 14. 22. 28. 10. 15. 23. 31. 5. 9. 19. 30. 7. 11. 21. 27. 14. 23. 31. 7. 22. 29. 16. 20.<br />
TM x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x<br />
BM x x x x x x x x x x x x x x x<br />
KK x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x<br />
GK x x x x x<br />
EK x x x x x x x x x x x x x x<br />
GF x x x x x x x<br />
AZ 2 2 2 3 2 2 5 5 4 3 3 4 4 5 5 5 4 5 4 4 4 4 4 4 4 3 1 0<br />
∅ 2 2,3 3,5 3,5 4,75 4,25 4 3,6 0,5<br />
Tab. 2: Amphibiennachweise unter den KV an Gewässer A im Jahr 2001, grau = Nachweis von Metamorphlingen.<br />
Amphibian records un<strong>der</strong> the cover boards at pond A in the year 2001, shaded = records of metamorphs.<br />
April Mai Juni Juli August September Oktober<br />
3. 11. 24. 4. 23. 25. 5. 20. 26. 5. 23. 2. 17. 10. 19. 30. 2. 26.<br />
Teichmolch X X X X X X X X X X X X X X X X X X<br />
Bergmolch X X X X X X X X X X X X X X<br />
Kreuzkröte X X X X X X X X X X X X X X X X X X<br />
Geburtshelferkr. X X X X X X X X X<br />
Erdkröte X X X X X X X X X<br />
Artenzahl 4 4 5 5 4 2 3 3 4 3 2 4 5 4 5 5 4 2<br />
∅ 4,3 3,6 3,3 2,5 4,5 4,7 3
Zum Einsatz künstlicher Verstecke (KV) <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Amphibienerfassung</strong> 331<br />
Tab. 3: Amphibiennachweise unter den KV an Gewässer B im Jahr 2004, grau = Nachweis von Metamorphlingen.<br />
Ampbibian records un<strong>der</strong> the cover boards at pond B in the year 2004, shaded = records of metamorphs.<br />
März April Mai Juni Juli August September Oktober<br />
18. 26. 02. 14. 4. 12. 27. 12. 20. 29. 5. 23. 6. 12. 2. 28. 06. 14.<br />
Teichmolch X X X X X X X X X X X X X X X X X X<br />
Bergmolch X X X X X X X X X X X X X X X<br />
Kreuzkröte X X X X X X X X X X X X X X X<br />
Geburtshelferkr. X X X X X X X X X<br />
Erdkröte X X X X X X X X X X X<br />
Grasfrosch X X X X X X X X<br />
Artenzahl 5 3 4 5 6 6 6 6 5 4 4 2 3 4 5 4 3 2<br />
∅ 4 4,5 6 5 3 3,5 4,5 2,5<br />
Dornaper Kalksteinbrüche entspricht (vgl. KORDGES 2001) (Tab. 1–3). Von Kammmolch<br />
(Triturus cristatus) und Teichfrosch (Pelophylax esculentus) liegen aus dem Jahr<br />
1999 am Gew. A darüber hinaus jeweils Einzelfunde aus dem weiteren Umfeld zugewan<strong>der</strong>ter<br />
adulter Einzeltiere vor, wo<strong>bei</strong> <strong>der</strong> einzige Kammmolchfund unter einem<br />
KV gelang.<br />
Die Nachweisquote einer Art lag während <strong>der</strong> Geländetermine im Zeitraum April bis<br />
September <strong>bei</strong> allen Arten mit Ausnahme des Grasfrosches <strong>bei</strong> Werten zwischen 55<br />
und 80 %, z.T. auch deutlich darüber (vgl. Tab. 4).<br />
Erwartungsgemäß schwankt die Anzahl <strong>der</strong> je Kontrollgang nachgewiesenen Arten<br />
saisonal und stieg im Jahr 2000 von 2,0 (Ende Februar) über durchschnittlich 2,3 bis<br />
3,5 (März bis Mai) und erreichte im Juni mit 4,75 Arten/Begehung ihren Höhepunkt.<br />
Auch in den Folgemonaten Juli bis September wurden noch hohe Artenzahlen registriert.<br />
Der letzte Nachweis datiert von Mitte Oktober.<br />
Ein davon deutlich abweichendes Bild ergab sich im Folgejahr, als die mit 4,3 bis 4,7<br />
Arten je Kontrollgang erfolgreichsten Begehungen in die Monate April, August und<br />
September fielen. Das Ergebnis ist um so höher einzustufen, als das aktuelle Artenspektrum<br />
an Gew. A durch den Ausfall <strong>der</strong> im Vorjahr noch festgestellten kleinen<br />
Grasfrosch-Population auf fünf Arten reduziert war.<br />
Auch <strong>bei</strong> dem jahreszeitlich spätesten Kontrolltermin (26.10.) konnten mit Teichmolch<br />
und Kreuzkröte noch zwei Arten nachgewiesen werden.<br />
Bemerkenswert gute qualitative Ergebnisse ergaben sich auch an Gew. B im Jahr 2004,<br />
als die durchschnittlich registrierte Artenzahl währen 16 Kontrollterminen im Zeitraum<br />
Mitte März bis Ende September <strong>bei</strong> 4,5 und in den Monaten Mai und Juni sogar<br />
<strong>bei</strong> 6 bzw. 5 Arten/Kontrollgang lagen.<br />
Tab. 4: Artspezifische Antreffwahrscheinlichkeit<br />
in % (April bis<br />
September).<br />
Species specific record probability<br />
in % (April to September).<br />
Art Gew. A 2000 Gew. A 2001 Gew. B 2004<br />
Teichmolch 90,9 100,0 100,0<br />
Bergmolch 50,0 81,3 78,6<br />
Kreuzkröte 90,9 100,0 92,9<br />
Geburtshelferkröte 72,7 56,3 64,3<br />
Erdkröte 59,1 56,3 71,4<br />
Grasfrosch 31,8 - 50,0
332 KORDGES<br />
Artspezifische Antreffwahrscheinlichkeit<br />
Die methodische Eignung <strong>der</strong> KV für die Erfassung fällt artspezifisch unterschiedlich<br />
aus. Eine sehr hohe Antreffwahrscheinlichkeit wurde im Zeitraum April bis September<br />
für Teichmolch und Kreuzkröte registriert, die in allen drei Untersuchungsjahren<br />
<strong>bei</strong> ≥ 90 % aller Begehungen nachweisbar waren. Gute bis mittlere Werte liegen für<br />
Bergmolch, Geburtshelfer- und Erdkröte (> 50–80 %) vor, während die Werte für den<br />
Grasfrosch (30–50 %) eine eher geringe methodische Eignung erkennen lassen.<br />
Reproduktionsnachweise<br />
Der Nachweis einer erfolgreichen Reproduktion ist für Erfolgskontrollen von Kompensationsmaßnahmen<br />
oft ein entscheidendes Kriterium, das durch den Nachweis<br />
von Larven nur unzureichend erfüllt ist. So sind z. B. Larven <strong>der</strong> Arten mit Präferenz<br />
für temporäre Gewässer (z. B. Kreuzkröte) natürlicherweise einem hohen Austrocknungsrisiko<br />
ausgesetzt, weshalb alleinige Larvennachweise nicht als Beleg für eine<br />
erfolgreiche Reproduktion gewertet werden können. Diese For<strong>der</strong>ung stößt in <strong>der</strong><br />
Praxis hingegen oft auf Schwierigkeiten, da die Suche nach Metamorphlingen sehr<br />
zeitaufwändig sein kann.<br />
Auch vor diesem Hintergrund erweist sich <strong>der</strong> Einsatz von KV als sehr effiziente<br />
Methode, die aus <strong>der</strong> hohen Akzeptanz <strong>der</strong> angebotenen Verstecke durch Jungtiere<br />
resultiert. Gerade frisch metamorphosierte Tiere sind in hohem Maße von rasch erreichbaren<br />
Versteckplätzen abhängig, die gleichermaßen Schutz vor Austrocknung als<br />
auch vor Prädatoren bieten. Insbeson<strong>der</strong>e von Teichmolch, Kreuzkröte und Geburtshelferkröte<br />
konnten im Zeitraum Juni bis September regelmäßig frisch metamorphosierte<br />
Jungtiere registriert werden. Deutlich seltener wurden hingegen diesjährige<br />
Bergmolche, Erdkröten und Grasfrösche nachgewiesen (Tab. 5). Im Falle des Bergmolches<br />
beruht dies einerseits auf dem gegenüber dem Teichmolch späteren Landgang<br />
<strong>der</strong> Larven (vgl. Tab. 1–3 sowie KORDGES & THIESMEIER 2000), vermutlich aber auch<br />
auf <strong>der</strong> geringeren Verweildauer unter den Brettern, da die zum Zeitpunkt des Landganges<br />
deutlich kräftigeren Bergmolche (vgl. KORDGES & THIESMEIER 2000) offensichtlich<br />
rascher abwan<strong>der</strong>n.<br />
An<strong>der</strong>s ist die Situation <strong>bei</strong> Grasfrosch und Erdkröte: Während die Metamorphlinge<br />
letzterer Art noch relativ regelmäßig unter den Brettern nachweisbar waren, scheinen<br />
junge Grasfrösche <strong>der</strong>artige Versteckplätze eher zufällig aufzusuchen.<br />
Tab. 5: Artspezifische Antreffwahrscheinlichkeit frisch metamorphosierter Jungtiere in % (Juni bis<br />
September); (+ = Reproduktionsnachweise liegen auch aus den Monaten Mai und/o<strong>der</strong> Oktober vor).<br />
Species specific record probability (%) of newly metamorphosed specimens (June to September);<br />
+ = reproduction evidence also in the months May and/or October).<br />
Art Gew. A 2000 Gew. A 2001 Gew. B 2004<br />
Teichmolch 78,6 + 80 + 88,9<br />
Bergmolch 50,0 40 33,3<br />
Kreuzkröte 64,3 70 88,9 +<br />
Geburtshelferkröte 78,6 + 40 55,6 +<br />
Erdkröte 50,0 + 10 + 44,4<br />
Grasfrosch 21,4 - 11,1
Zum Einsatz künstlicher Verstecke (KV) <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Amphibienerfassung</strong> 333<br />
Tab. 6: Durchschnittliche Anzahl<br />
<strong>der</strong> pro Kontrolltermin angetroffenen<br />
Adulti.<br />
Average number of recorded<br />
adult specimens per control date.<br />
Quantitative Nachweise<br />
Tabelle 6 gibt einen Überblick über die durchschnittliche Anzahl <strong>der</strong> pro Kontrolltermin<br />
unter den KV erfassten Subadulti und Adulti, da eine gemeinsame Darstellung<br />
mit den diesjährigen Jungtieren eine Verzerrung <strong>der</strong> Zahlen bewirken würde. Auffallend<br />
sind die an Gew. A von Jahr zu Jahr stark schwankenden Fangzahlen (Bestandszunahme?)<br />
<strong>der</strong> Molche und die auf den ersten Blick niedrig scheinenden durchschnittlichen<br />
Nachweise von z. B. Kreuz- und Geburtshelferkröte. Da<strong>bei</strong> ist allerdings zu<br />
berücksichtigen, dass hier auch die Frühjahrsbegehungen mitberücksichtigt wurden,<br />
als die <strong>bei</strong>den Arten noch gar nicht aktiv waren. Sehr bemerkenswert sind hingegen<br />
die hohen durchschnittlichen Fundzahlen von fast 60 adulten Tieren pro Begehung<br />
am Gew. B, die hier allerdings vorrangig aus den ungewöhnlich zahlreichen Nachweisen<br />
<strong>der</strong> <strong>bei</strong>den Molcharten resultieren.<br />
Wie<strong>der</strong>holte Nachweise von z. T. deutlich über 100 adulten Teich- und Bergmolchen<br />
je Kontrolltermin sind hervorzuheben (z. B. 18.3.2004 Gew. B 133 Bergmolche;<br />
30.9.2001 Gew. A 180 Teichmolche) die als sichere Hinweise auf größere Populationen<br />
gelten können; noch höhere Fundzahlen liegen von frisch metamorphosierten Teichmolchen<br />
vor. So wurden im Jahr 2000 am Gew. A mit 260 (7.7.) sowie 367 (14.8.) (vgl.<br />
KORDGES & THIESMEIER 2000) und im Folgejahr 2001 erneut 256 (23.5.), 230 (26.6.) und<br />
320 (2.8.) Jungtieren Spitzenwerte registriert, die in dieser Größenordnung methodisch<br />
sonst nur von wartungsintensiven Fangzäunen erreicht, dann allerdings auch noch<br />
deutlich überschritten werden können (vgl. z. B. HACHTEL et al. 2006).<br />
Phänologie<br />
Art Gew. A 2000 Gew. A 2001 Gew. B 2004<br />
Teichmolch 5,5 19,1 26,2<br />
Bergmolch 0,6 6,1 27,8<br />
Kreuzkröte 2,8 4,4 3,4<br />
Geburtshelferkröte 0,4 0,2 0,6<br />
Erdkröte 0,4 0,4 0,9<br />
Grasfrosch < 0,1 - 0,7<br />
∅ 9,7 30,2 59,6<br />
Bemerkenswert und in dieser Form unerwartet sind die phänologischen Daten, die<br />
sich aus den laufenden Untersuchungen ergaben. So liefern die Kontrollen erwartungsgemäß<br />
Auskunft über den Beginn <strong>der</strong> Jahresaktivität sowie Beginn und Ende<br />
<strong>der</strong> An- und Abwan<strong>der</strong>ung an die Laichgewässer, die in ähnlicher Form auch von<br />
Fangzäunen vorliegen.<br />
Darüber hinaus lassen sich aber zahlreiche weitere Details zum Raum-Zeit-Verhalten<br />
<strong>der</strong> Arten im unmittelbaren Gewässerumfeld ableiten. Beson<strong>der</strong>s bemerkenswert war<br />
z. B. 2001 am Gew. A eine stetige Zunahme adulter Teichmolche im September, die<br />
offensichtlich auf eine gezielte Anwan<strong>der</strong>ung an das Laichgewässer und eine Überwinterung<br />
entwe<strong>der</strong> im unmittelbaren Uferbereich o<strong>der</strong> in diesem selbst schließen<br />
lässt. Noch ungewöhnlicher war die sprunghafte Anwan<strong>der</strong>ung im Falle des Bergmolches,<br />
<strong>der</strong> am 30.9. mit 84 Alttieren (in Landtracht) registriert wurde, während vorund<br />
nachher nur Einzeltiere notiert werden konnten (vgl. Tab. 7).
334 KORDGES<br />
Tab. 7: Anzahl von Teich- und Bergmolchen unter<br />
den KV im Herbst 2001 an Gewässer A.<br />
Number of smooth and Alpine newts un<strong>der</strong> the<br />
cover boards at pond A in autumn 2001.<br />
2001<br />
September Oktober<br />
10. 19. 30. 2. 26.<br />
Teichmolch ! 4 12 93 10 22<br />
Teichmolch " 6 10 87 18 25<br />
Metamorphlinge 10 26 49 9 4<br />
Bergmolch ! - - 45 1 -<br />
Bergmolch " - 1 39 - -<br />
Metamorphlinge 3 - 30 - -<br />
Das gilt auch für die starke Präsenz<br />
juveniler Molche im Frühjahr des gleichen<br />
Jahres am gleichen Laichgewässer,<br />
als im Mai bis zu 256 junge Teichmolche<br />
unter den Brettern registriert wurden<br />
(vgl. Tab. 8).<br />
Zwar kann nicht sicher ausgeschlossen<br />
werden, dass sich unter den Jungtieren<br />
auch frisch metamorphosierte, erfolgreich<br />
im Gewässer überwinterte Larven<br />
befanden, ganz überwiegend handelte<br />
es sich da<strong>bei</strong> aber offensichtlich um<br />
Metamorphlinge des Sommers 2000. Die ersten frisch geschlüpften Jungtiere des<br />
Sommers 2001 wurden damals am 26.6. registriert, was übrigens sehr gut mit den<br />
Daten des Vorjahres übereinstimmt, als die ersten Metamorphlinge am 28.6. notiert<br />
wurden (KORDGES & THIESMEIER 2000).<br />
Für alle sechs Amphibienarten lieferte die Kontrolle <strong>der</strong> Amphibienbretter wertvolle<br />
Informationen zum Landgang <strong>der</strong> ersten Larven, <strong>der</strong>en Beginn in den drei Untersuchungsjahren<br />
um vier bis fünf Wochen schwankte<br />
Tab. 8: Anzahl juveniler Teichmolche<br />
unter den KV im Mai 2001 an<br />
Gewässer A.<br />
Number of smooth newt efts un<strong>der</strong><br />
the cover boards at pond A in May<br />
2001.<br />
2001, Mai: 4. 23. 25.<br />
Metamorphlinge 82 256 64<br />
Tab. 9: Metamorphosebeginn in den drei Untersuchungsjahren.<br />
Metamorphosis onset in the three investigation years.<br />
(Tab. 9). Beson<strong>der</strong>s informativ waren die Daten<br />
bezüglich <strong>der</strong> Geburtshelferkröte, <strong>der</strong>en diesjährige<br />
Larven frühestens zwischen Ende Juli und Mitte<br />
August die Metamorphose abschlossen, während<br />
<strong>der</strong> Landgang überwinterter Larven in 2000 und<br />
2004 jeweils Ende Mai einsetzte; in 2001 fand in<br />
Gew. A hingegen offensichtlich keine Larvalüberwinterung<br />
statt (vgl. KORDGES 2003).<br />
2000 2001 2004<br />
Teichmolch Ende Juni Ende Juni Mitte Juli<br />
Bergmolch Mitte Juli Anfang August Mitte August<br />
Kreuzkröte Ende Juni Anfang Juli Ende Mai<br />
Geburtshelferkröte Ende Mai/Ende Juli Anfang August Ende Mai/Mitte August<br />
Erdkröte Ende Mai Ende Juni Ende Mai<br />
Grasfrosch Ende Juni - Anfang Juni<br />
Zusammenfassende Diskussion<br />
Akzeptanz: Die geschil<strong>der</strong>ten Beispiele zeigen, dass <strong>der</strong> Einsatz und die Kontrolle von<br />
KV eine sehr Zeit sparende, effektive Erfassungsmethode sein kann, die weitgehend<br />
witterungsunabhängig, sowohl wertvolle phänologische, als auch qualitative und<br />
quantitative Daten zum Besatz eines Gewässers liefert, vor allem vergleichend o<strong>der</strong><br />
ergänzend zur Sichtbegehung und zum Verhören.
Zum Einsatz künstlicher Verstecke (KV) <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Amphibienerfassung</strong> 335<br />
Abb. 3: Einzelne Geburtshelferkröten können sich mehrere Wochen unter den KV aufhalten; im Bild<br />
auch zwei Männchen mit reifen Eipaketen.<br />
Single midwife toads can use the cover boards over several weeks; at the picture also two males with<br />
egg clutches are shown.<br />
Die Auswertungen zur Phänologie lassen darauf schließen, dass die An- und Abwan<strong>der</strong>ung<br />
von Molchen relativ komplex ablaufen kann, was bisher meist nur mit permanenten<br />
Fangzäunen nachweisbar war (z. B. HACHTEL et al 2006).<br />
Dessen ungeachtet bedarf es <strong>der</strong> Diskussion einzelner Rahmenbedingungen, da die<br />
Erfahrungen an den Gewässerneuanlagen nicht ohne Einschränkungen auf an<strong>der</strong>e<br />
Standorte übertragbar sind.<br />
Die gute Akzeptanz <strong>der</strong> KV beruht darauf, dass diese das Requisitenangebot im unmittelbaren<br />
Gewässerumfeld spürbar erhöhen können und von adulten und subadulten,<br />
insbeson<strong>der</strong>e aber auch von Metamorphlingen als willkommene Tagesverstecke<br />
angenommen werden, die gleichzeitig Schutz vor Prädatoren und widrigen Witterungseinflüssen<br />
(Austrocknung, Starkregen, Hitze, Kälte) bieten. Sehr wahrscheinlich<br />
kann auf diese Weise die hohe Mortalität frisch metamorphosierter und noch wenig<br />
mobiler Jungtiere wirkungsvoll reduziert werden.<br />
Nachweislich nutzen auch einzelne adulte Tiere diese künstlichen Tagesverstecke<br />
über längere Zeit. So konnten z. B. individuell wie<strong>der</strong> erkennbare, Gelege tragende<br />
Männchen <strong>der</strong> Geburtshelferkröte, männliche Kreuzkröten (vgl. SPECHT 2009) sowie<br />
eine weibliche Erdkröte z. T. über mehrere Wochen unter den selben KV angetroffen<br />
werden.<br />
Die hohe Akzeptanz <strong>der</strong> KV resultierte offensichtlich nicht zuletzt aus dem anfangs<br />
noch sehr strukturarmen, von frischen, vegetationsarmen Rohbodenflächen dominiertem<br />
Gewässerumfeld, in dem Deckung bietende Tagesverstecke im unmittelbaren<br />
Nahbereich <strong>der</strong> Gewässerufer weitgehend fehlten. Mit zunehmen<strong>der</strong> Sukzession und<br />
<strong>der</strong> daraus wachsenden Strukturvielfalt an potenziellen Tagesverstecken nahm die
336 KORDGES<br />
Abb. 4: Geburtshelferkröten, Kreuzkröten und Teichmolche unterschiedlicher Altersklassen sowie<br />
eine Nacktschnecke unter einem KV am Gew. A.<br />
Midwife toads, natterjack toads and smooth newts of different ages a s well as a slug un<strong>der</strong> a cover<br />
board at pond A.<br />
Akzeptanz <strong>der</strong> KV in den Folgejahren spürbar ab; die zunehmende Verrottung <strong>der</strong><br />
Holzbretter dürfte die nachlassende Frequentierung <strong>der</strong> KV zusätzlich beför<strong>der</strong>t<br />
haben.<br />
Artenspektrum: Der Einsatz von KV ist nicht für alle Arten gleichermaßen erfolgversprechend<br />
und lässt vielmehr deutliche artspezifische Unterschiede erkennen. Ähnliche<br />
Beobachtungen liegen dem Verfasser auch aus an<strong>der</strong>en eigenen Untersuchungen<br />
vor, wo<strong>bei</strong> die lokale Nachweiswahrscheinlichkeit auch immer mit den tatsächlichen<br />
Populationsgrößen korreliert ist und lokal häufige Arten zwangsläufig eher nachweisbar<br />
sind. Die Anzahl <strong>der</strong> pro Kontrolltermin unter den KV erfassten Individuen<br />
schwankt naturgemäß in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Jahreszeit, <strong>der</strong> Gewässergröße, <strong>der</strong><br />
tatsächlichen Populationsgröße und zahlreichen weiteren Faktoren (z. B. Anzahl,<br />
Größe und Material <strong>der</strong> KV), die einen direkten Rückschluss auf die lokalen Populationsgrößen<br />
meist verhin<strong>der</strong>n.<br />
So ist die Methode neben den oben aufgeführten Arten auch für die Erfassung von<br />
Kammmolch und Wechselkröte gut geeignet (eigene Daten, unveröff.). Gleiches gilt<br />
auch für metamorphosierte, subadulte und adulte Gelbbauchunken, die sich v. a. im<br />
Herbst in größerer Zahl und auch längere Zeit unter Brettern direkt am Gewässer<br />
aufhalten, während weiter weg gelegene Bretter nicht genutzt werden (M. HACHTEL<br />
schriftl. Mitt.). Kröten und Molche sind thigmophil und suchen enge Spaltenquartiere<br />
als Tagesverstecke auf, die dorsal und ventral direkten Substratkontakt gewährleisten.<br />
Braun-, Wasser- und Laubfrösche bevorzugen hingegen eher offenere Standorte, die<br />
notfalls mit einem weiten Sprung fluchtartig verlassen werden können. Vor diesem<br />
Hintergrund sind die Arten <strong>der</strong> Gattungen Rana, Pelophylax und Hyla für die Erfassung<br />
mittels Amphibienbrettern nicht geeignet.
Zum Einsatz künstlicher Verstecke (KV) <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Amphibienerfassung</strong> 337<br />
Einsatzmöglichkeiten: Der Nachweis <strong>der</strong> in Tabelle 4 genannten sechs Arten unter<br />
den Amphibienbrettern wäre <strong>bei</strong> <strong>der</strong> hohen Anzahl <strong>der</strong> Begehungen allein wenig<br />
bemerkenswert, wohl hingegen die Regelmäßigkeit, mit <strong>der</strong> dies gelang. Trotz <strong>der</strong><br />
genannten Einschränkungen ist die hohe Antreffwahrscheinlichkeit, mit <strong>der</strong> die meisten<br />
Arten (je Begehung mit mindestens einem Individuum) nachgewiesen werden<br />
konnten, methodisch bemerkenswert. Dies gilt umso mehr, als die Methode (gegenüber<br />
aktiven Fangmethoden) Zeit sparend, weitgehend tageszeiten- und witterungsunabhängig<br />
und darüber hinaus nicht invasiv ist (kein Einsatz von Bodenfallen, Keschern<br />
o<strong>der</strong> Reusen; vgl. z. B. SCHMIDT et al. 2009, keine Beifänge o<strong>der</strong> Tierverluste).<br />
Ein beson<strong>der</strong>er methodischer Vorteil ist, dass die KV nicht regelmäßig in vorgegebenen<br />
Zeitabständen kontrolliert werden müssen, wie dies <strong>bei</strong> Fangzäunen mit Eimerfallen,<br />
Reusen o<strong>der</strong> Flaschenfallen notwendig ist. Dass dennoch eine hohe Antreffwahrscheinlichkeit<br />
und somit auch eine gute Verfügbarkeit <strong>der</strong> lokalen Arten gegeben<br />
sind, macht diese Methode in hohem Maße geeignet für z. B. didaktisch orientierte<br />
Führungen (Tiere sind gezielt vorführbar) aber auch an<strong>der</strong>e Untersuchungen (Fang-<br />
Wie<strong>der</strong>fang, Fotodateien, biometrische Untersuchungen etc.).<br />
Ein aktuelles Einsatzfeld im Rahmen genehmigungsrechtlicher Fragestellungen resultiert<br />
aus <strong>der</strong> Notwendigkeit, z. B. Lebensräume streng geschützter Arten ausweisen<br />
zu müssen. Während dies für die entsprechenden Laichgewässer noch relativ unproblematisch<br />
ist, ist <strong>der</strong> Nachweis <strong>der</strong> entsprechenden Arten in den terrestrischen Habitaten<br />
oft sehr zeitaufwändig und die Ergebnisse eher zufällig. Sofern ein ausreichen<strong>der</strong><br />
zeitlicher Vorlauf besteht, bietet es sich daher an, die entsprechenden Arten durch die<br />
Auslage und Kontrolle von KV nachzuweisen.<br />
Auch für das gezielte Absammeln von Tieren bieten sich KV an, wenn z. B. im Rahmen<br />
einer genehmigten Baumaßnahme besetzte Habitate definitiv verloren gehen und<br />
als letzte Maßnahme eine Baufeldräumung und Umsiedlung <strong>der</strong> Tiere vorgesehen ist<br />
(KYEK et al. 2007). Da<strong>bei</strong> ist in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Flächengröße und dem Lebensraum<br />
auf eine ausreichende Zahl von KV und eine mindestens mehrwöchige Kontrolle<br />
mit zwei Kontrollterminen pro Woche zu achten.<br />
Ausblick und praktische Empfehlungen<br />
Der Einsatz von KV stellt für Amphibien eine bisher wenig beachtete Erfassungsmethode<br />
dar, die die klassischen Erfassungsinstrumente <strong>bei</strong> bestimmten Rahmenbedingungen,<br />
Fragestellungen und Artengemeinschaften wirkungsvoll ergänzen, aber<br />
keinesfalls ersetzen kann. Bereits <strong>der</strong> Einsatz mehrerer großformatiger Bretter pro<br />
Gewässer macht deutlich, dass <strong>der</strong>artige Untersuchungen nur für ausgewählte Standorte,<br />
Arten und Fragestellungen, nicht aber für großräumige Übersichtskartierungen<br />
sinnvoll sind. Darüber hinaus ist ihr Einsatz nur dann effektiv und sinnvoll, wenn<br />
möglichst mehrmonatige Liegezeiten im Gelände realisierbar sind und mindestens<br />
monatliche Kontrollen erfolgen.<br />
Aus den mehrjährigen Erfahrungen werden abschließend einige Empfehlungen für<br />
die praktische Geländear<strong>bei</strong>t mitgeteilt, <strong>der</strong>en kritische Überprüfung und Diskussion<br />
seitens des Verfassers ausdrücklich erwünscht ist.
338 KORDGES<br />
Abb. 5: Unter ausrangierten Transportbän<strong>der</strong>n einer Abgrabungsfläche in Bornheim (NRW) fanden<br />
sich Dutzende Wechselkröten sowie einzelne Teichmolche und Zauneidechsen; aufgrund <strong>der</strong> Materialstärke<br />
erhitzen sich die dicken Matten nicht so stark und sind sowohl für Amphibien als auch<br />
Reptilien hervorragende Tagesverstecke.<br />
Un<strong>der</strong> discarded belts in a pit at Bornheim (North-Rhine Westphalia) dozens of Bufo viridis and single<br />
Lissotriton vulgaris and Lacerta agilis were found. Because of the material thickness, the belts do not<br />
heat very much and therefore are most suitable refuges for both amphibians and reptiles.<br />
Zum Einsatz kamen anfangs unbehandelte Bretter unterschiedlicher Breite und Länge,<br />
später verstärkt gebrauchte Schaltafeln und Gerüstbohlen verschiedenster Holzstärken.<br />
Grundsätzlich haben sich stärkere und größere Bretter als besser geeignet erwiesen,<br />
als kleine dünnere, da erstere flächenbedingt ein größeres Hohlraum- und Spaltenangebot<br />
aufweisen, das mikroklimatisch (Luftfeuchtigkeit, Temperatur) deutlich<br />
stabiler ist. Ein weiterer Vorteil schwererer Bretter ist, dass diese aufgrund ihres Gewichtes<br />
enger und stabiler (Wind, Vegetation, Viehtritt) aufliegen. Nach Möglichkeit<br />
sollten die Bretter auf vegetationsfreien o<strong>der</strong> -armen Untergrund (ggf. freimachen)<br />
aufliegen, da faulende Vegetation unter den KV von Amphibien eher gemieden wird.<br />
Die meisten Tiere wurden unter Brettern auf trockenen bis mäßig frischen Standorten<br />
angetroffen, lediglich Molche suchten auch Bretter auf nassen Standorten auf. Sofern<br />
sich Ameisenkolonien unter den Brettern ansiedeln, werden die Bretter von Amphibien<br />
gemieden; die Bretter sind dann an einen benachbarten Standort zu versetzen.<br />
Anfängliche Versuche, den Tieren durch Abstandshalter – zu diesem Zweck wurde<br />
eine Dachlatte unter den Brettern angeschraubt – ein breiteres Spektrum an Hohlräumen<br />
unter den Brettern anzubieten, wurden schnell wie<strong>der</strong> aufgegeben. Derartig<br />
präparierte Bretter wurden zwar von den wenigen meist juvenilen Grasfröschen<br />
bevorzugt, von den an<strong>der</strong>en deutlich thigmophilen Arten aber eher gemieden. Aus<br />
gleichem Grund sollten die Bretter an möglichst ebenen Stellen ausgelegt werden, wo<br />
die Tiere auch ohne Hilfe fast immer ausreichend Zugang finden. Sofern die Böden
Zum Einsatz künstlicher Verstecke (KV) <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Amphibienerfassung</strong> 339<br />
das zulassen, schaffen sich zumindest Kreuz-, Wechsel- und Geburtshelferkröte durch<br />
grabende Tätigkeiten gezielt kleine Hohlräume, die ihnen Bauchkontakt zum Boden<br />
und Rückenkontakt zum Brett gewährleisten.<br />
Als ein akzeptabler Kompromiss an die Alltagstauglichkeit haben sich handelsübliche<br />
Schaltafeln erwiesen, <strong>der</strong>en geringe Stärke mit 2 cm (und Gewicht) zwar nicht ganz<br />
befriedigt, <strong>der</strong>en standardisierte Flächengröße mit 60 x 150 cm aber ausreichend und<br />
noch handhabbar und <strong>der</strong>en universelle Beschaffbarkeit ein wichtiges Kriterium für<br />
größere Untersuchungen ist. Die Bretter sind im Baustoffhandel für < 10,- € erhältlich,<br />
aber meist vorbehandelt und z. T. grell leuchtend imprägniert, ge<strong>bei</strong>zt o<strong>der</strong> geölt.<br />
Besser und deutlich kostengünstiger sind ausgeblichene gebrauchte Schaltafeln, die<br />
weniger auffällig im Gelände sind, weniger Anreiz zum Diebstahl bieten und keine<br />
Materialausdünstungen mehr erwarten lassen. Neue Bretter sind aus gleichem Grund<br />
<strong>bei</strong> den ersten Kontrollen jeweils zu wenden, werden aber oft schon nach wenigen<br />
Tagen angenommen.<br />
Sofern die Bretter nicht in abgezäuntem Gelände exponiert werden, empfiehlt es sich,<br />
diese mit einem z. B. laminierten Infoschild und mit einer Kontaktadresse und Telefonnummer<br />
zu versehen, da an<strong>der</strong>enfalls oft Missverständnisse (Müll?) entstehen und<br />
die Tafeln zerstört o<strong>der</strong> gestohlen werden. Ferner sollten die KV durchnummeriert<br />
und kartographisch o<strong>der</strong> per GPS lokalisiert werden, um das Auffinden im Gelände<br />
und die spätere Auswertung zu erleichtern.<br />
Alternativ zu den hier vorgestellten Schaltafeln sind natürlich auch an<strong>der</strong>e Materialien<br />
denkbar. Sehr vielversprechend sind z. B. auf einen Quadratmeter geschnittene<br />
Stücke ausrangierter Transportbän<strong>der</strong>, die in Abgrabungsbetrieben anfallen; diese<br />
sind witterungsresistent und dick genug, um sich nicht übermäßig aufzuheizen. So<br />
registrierte <strong>der</strong> Autor z. B. am 31.7.2009 unter einem 55 x 125 cm großen Stück eines<br />
Transportbandes in einer Kiesgrube <strong>bei</strong> Bornheim (Abb. 5) > 40 meist einjährige, aber<br />
auch subadulte und adulte Wechselkröten zzgl. einer adulten männlichen Zauneidechse.<br />
Gute Erfahrungen liegen auch <strong>bei</strong>m Einsatz von Vliesen vor, die z. B. <strong>bei</strong>m<br />
Gewässerbau als Schutz unter Folien Verwendung finden. Das Material saugt sich mit<br />
Wasser voll, bleibt über längere Zeit feucht und bietet insbeson<strong>der</strong>e Amphibien damit<br />
einen guten Verdunstungsschutz (M. HACHTEL schriftl. Mitt.).<br />
Für zukünftige Untersuchungen an Amphibien mit KV wären für Vergleichszwecke<br />
methodische Standards wünschenswert, die z. B. den Bretttyp, die Anzahl <strong>der</strong> zu<br />
verwendenden Bretter pro laufende Meter Uferlänge o<strong>der</strong> pro ha Untersuchungsfläche<br />
näher definieren könnten.<br />
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