Die CE-Kennzeichnung - Mosca

Maschinenrichtlinie und CE-Kennzeichnung
sind den meisten, die mit der Herstellung oder
dem Betreiben von Maschinen zu tun haben,
ein Begriff. Experten wie Dipl.-Ing. Hans J.
Ostermann gibt es jedoch nur wenige.
Herr Ostermann, viele Kunden im Maschinenbereich
wollen nur noch Produkte mit
CE-Kennzeichen kaufen. Woran liegt das?
Vorrangig geht es hierbei um Verantwortung, die
keiner gerne tragen möchte. Kunden glauben,
dass sie CE-gekennzeichnete Maschinen quasi
unbesehen einsetzen können. Sie fühlen sich
deshalb nicht verantwortlich, wenn es aufgrund
mangelnder Sicherheit einer Maschine bei deren
Benutzung zu Personenschäden kommt. Der
Hersteller hat schließlich bescheinigt, dass mit der
Maschine alles in Ordnung ist. Das ist jedoch so
nicht richtig. Die Betriebssicherheitsverordnung
schreibt vor, dass jeder Arbeitgeber seinen Mitarbeitern
nur Maschi-
Vor Inbetriebnahme selbst nen bereitstellen darf,
die dem EG-Recht ent-
auf Konformität mit den
sprechen. Von einer
EG-Richtlinien prüfen CE-Kennzeichnung
steht hier nichts. Deshalb
muss er jede Maschine, auch wenn er sie
mit CE-Kennzeichnung erworben hat, vor Inbetriebnahme
selbst überprüfen, ob die behauptete
Konformität mit den EG-Richtlinien plausibel ist.
6 MOSCA Quarterly 5/2012
Interview Ostermann
„Ich bin kein
Bankräuber“
Auf der anderen Seite scheuen sich manche Hersteller,
ihre Maschinen mit CE-Kennzeichnung zu
verkaufen. Sie denken, dass sie sich damit ein
Stück weit ihrer Verantwortung entziehen können.
Aber: Das ist ebenfalls falsch. Jeder, der Produkte
auf den Markt bringt, ist für diese verantwortlich.
Stehen Sie hinter der CE-Kennzeichnung?
Wenn ich ein Produkt mit einem CE-Zeichen sehe
– und da steht nicht nur CE drauf, sondern da ist
auch CE drin – dann bin ich überzeugt davon.
Das kann ich dem Zeichen allein nur leider nicht
ansehen und darin liegt das zentrale Problem.
Man muss lernen, das CE-Zeichen so zu lesen,
wie es gemeint ist. Es ist in erster Linie ein „Freiverkehrszeichen“
für den europäischen Binnenmarkt.
Es ist nur in Anführungszeichen ein
Sicherheitszeichen: Ein Hersteller behauptet
damit nämlich lediglich – und dazu ist er laut Gesetz
ja auch verpflichtet – dass er das EG-Recht
eingehalten hat. Das gilt bis zum Beweis des Gegenteils.
CE richtet sich in erster Linie an die Behörde. Die
Marktüberwachungsbehörde und auch der Zoll
beispielsweise müssen mit CE gekennzeichnete
Maschinen, denen eine EG-Konformitätserklärung
beigefügt ist, grundsätzlich als EG-konform
betrachten. Sie dürfen diese nicht systematisch
prüfen, sondern müssen sich – zunächst – auf
Stichproben beschränken. Das Problem: Wenn
ein Käufer das CE-Zeichen auf einer Maschine
sieht, geht er häufig davon aus, dass die Maschine
von einem Dritten geprüft und für in Ordnung
befunden wurde. Aber das ist nicht so.
Warum nicht?
Weil jeder Hersteller das CE-Zeichen nicht auf
freiwilliger Basis anbringen darf, sondern bei vollständigen
Maschinen anbringen muss. Ich beschreibe
das gerne mit einem Vergleich: Stellen
sie sich vor, wir alle in Europa müssten uns, solange
wir noch keine Bank überfallen haben, ein
Schild umhängen mit der Aufschrift „Ich bin kein
Bankräuber.“ Gut – aber welches Schild würden
dann die Bankräuber um den Hals tragen? Dasselbe
geschieht für mich mit CE. Jeder bringt es
an seinen Maschinen an, weil er muss, egal ob
CE auf der Maschine nur drauf oder auch drin ist.
Deshalb lässt sich an der Kennzeichnung allein
nichts wirklich festmachen.