Handlungsempfehlungen Ess-Störungen - Kreis Paderborn
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<strong>Paderborn</strong>, September 2008<br />
Einführung in das Thema<br />
Allgemeine Hintergründe<br />
<strong>Ess</strong>störungen gehören in der westlichen Gesellschaft<br />
zu den häufigsten psychischen <strong>Störungen</strong><br />
mit körperlichen Symptomen– mit mehr<br />
oder weniger deutlichem Suchtcharakter (Kontrollverlust).<br />
<strong>Ess</strong>störungen äußern sich durch ein<br />
gestörtes Verhältnis zum <strong>Ess</strong>en und zum eigenen<br />
Körper. Es gibt verschiedene Formen von<br />
<strong>Ess</strong>störungen, wobei Mischformen häufig und<br />
die Übergänge fließend sind. <strong>Ess</strong>störungen<br />
führen zu gravierenden gesundheitlichen, seelischen<br />
und sozialen Folgen. Gerade in den letzten<br />
Jahren haben sich diese Erkrankungen –<br />
nicht nur bei Frauen, sondern zunehmend auch<br />
bei Männern und auch bei Kindern - zu einer<br />
Problematik mit hoher sozial- und gesundheitspolitischer<br />
Relevanz entwickelt.<br />
<strong>Ess</strong>störungen sind häufig von anderen seelischen<br />
Beschwerden begleitet. Wenn sie nicht<br />
rechtzeitig angemessen behandelt werden,<br />
führen sie zu dauerhaften, erheblichen körperlichen,<br />
seelischen und sozialen Schädigungen,<br />
die in Todesfälle durch die körperlichen Beeinträchtigungen<br />
oder durch Suizid münden können.<br />
Da <strong>Ess</strong>störungen sehr stark mit Selbstwert- und<br />
Autonomiekonflikten verbunden sind, begeben<br />
sich viele Betroffene aus Gründen der Scham<br />
nicht von selbst bzw. nicht aus eigenem Antrieb<br />
bzw. nicht rechtzeitig in Beratung oder Behandlung.<br />
Zum Zeitpunkt des Erstkontakts zu einer<br />
Fachberatung oder -behandlung ist das Krankheitsstadium<br />
oft chronifiziert. Daher wird aus<br />
Sicht spezialisierter medizinischer Einrichtungen<br />
ein Bedarf gesehen, das vorklinische Umfeld<br />
problematischen <strong>Ess</strong>verhaltens in Beratung und<br />
Hilfe einzubeziehen.<br />
Ein Großteil der essgestörten Personen sind<br />
weibliche Jugendliche und junge erwachsene<br />
Frauen. Für Kinder und Jugendliche ist <strong>Ess</strong>en<br />
noch in viel höherem Maße als für Erwachsene<br />
mit Gefühlen verbunden und stellt viel mehr als<br />
reine Nahrungsaufnahme dar. Es bedeutet<br />
Trost, Geborgenheit und Sicherheit. Für Kinder<br />
ist es daher in schwierigen Situationen noch<br />
nahe liegender als für Erwachsene, sich über<br />
das <strong>Ess</strong>en abzureagieren. Kinder und Jugendliche<br />
verweigern das <strong>Ess</strong>en im stummen Protest,<br />
zum Beispiel, weil sie sich von ihrer Umwelt<br />
überfordert fühlen, sie beruhigen sich mit <strong>Ess</strong>en,<br />
wenn sie Ängste haben und trösten sich mit<br />
Süßigkeiten über Enttäuschungen und Verluste<br />
hinweg. <strong>Ess</strong>störungen stehen ursächlich bei<br />
Kindern und Jugendlichen in engem Zusammenhang<br />
mit der Familie und ihrer sozialen<br />
Umwelt. Insofern kann es in der Behandlung<br />
von <strong>Ess</strong>störungen nicht alleine darum gehen,<br />
gegen die akuten Symptome der Nahrungsverweigerung<br />
oder des Überessens und Erbrechens<br />
anzugehen. <strong>Ess</strong>störungen entstehen aus<br />
dem Zusammenspiel biologischer, soziokultureller,<br />
persönlicher und familiär bedingter Faktoren.<br />
Hauptformen der <strong>Ess</strong>störungen<br />
Magersucht – Anorexia Nervosa<br />
Magersucht ist durch einen absichtlichen und<br />
selbst herbeigeführten Gewichtsverlust gekennzeichnet.<br />
Durch Hungern, Kalorienzählen und<br />
sportliche Aktivitäten wird versucht, dem Körper<br />
wenig Nahrung zuzuführen und den Energieverbrauch<br />
zu steigern. Die betroffene Person<br />
findet sich zu dick, obwohl sie schon extremes<br />
Untergewicht hat (Körperschemastörung). Die<br />
Anorexie entsteht meist in der Phase der Adoleszenz,<br />
überwiegend (bis zu 95%) sind Mädchen<br />
betroffen.<br />
Die anfängliche Euphorie über den Gewichtsverlust<br />
schlägt rasch in Depression um. Die<br />
Betroffenen leiden unter starken Wahrnehmungsstörungen<br />
des eigenen Körperbildes.<br />
Weitere gesundheitliche Folgen sind Verringerung<br />
des Grundstoffwechsels, Veränderung des<br />
Hormonhaushaltes, trockene Haut, Unterernährung,<br />
Muskelschwund und Vitamin- und Mineralstoffmangel.<br />
Die Langzeitfolgen sind beispielsweise<br />
Osteoporose und Unfruchtbarkeit.<br />
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