Mehr als nur Kampfsport Heisskalt rockt Interview ... - PIGmagazin
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MAgAZIN | KOLUMNE<br />
Überschätzt!<br />
Ausrasten<br />
In dieser Reihe schreibt unser Kolumnist über aus<br />
seiner Sicht völlig überschätzte Dinge. Dieses Mal hat er drei Leute getroffen, die ihm<br />
nicht <strong>nur</strong> dieses Thema lieferten, sondern auch eine Lehre waren.<br />
Da sitze ich nun. Ich hatte dummerweise<br />
versprochen diesen Text schon vor zwei<br />
Tagen abzugeben. Ich habe meinen Laptop<br />
vor mir, ein kühles Bier neben mir und guten<br />
Sound um mich herum. Ein gutes „Überschätzt“-<br />
Thema? Leider noch nicht. Semioptimal. Beinahe<br />
ein Grund sich aufzuregen. Hätte ich bloß, wär’<br />
ich <strong>nur</strong> – an einem schlechten Tag reicht das<br />
bei mir, um auch mal gepflegt auszurasten. Dabei<br />
habe ich mir das eben erst<br />
abgewöhnt. Ich war zwar nie<br />
der klassische Choleriker, aber<br />
Marc Eppler studiert in<br />
Freiburg IberoCultura und<br />
inzwischen Geschichte.<br />
doch gerne mal ein Freund des<br />
verbalen Blitzkriegs. Aufplustern,<br />
fluchen, gut is’. Ich glaube<br />
dagegen ist auch gar nichts<br />
einzuwenden. Ab und zu. Doch. Nein!<br />
Jedenfalls bin ich in letzter Zeit Zeuge einiger<br />
absurder Ausraster geworden, dass ich mir des<br />
Komischen an der Sache bewusst geworden bin<br />
und seitdem nicht mehr ausrasten kann, ohne<br />
zu Lachen. Hier <strong>als</strong>o meine Top 3 der skurrilsten<br />
Emotions-Komödien des ersten Quart<strong>als</strong> 2013.<br />
Menschen, die mir die Augen geöffnet haben.<br />
Auf Platz drei, der klassische Fall des übergelaufenen<br />
Fasses. Es ist ein kühler Wintertag<br />
in Stuttgart, die Dämmerung legt<br />
sich langsam über den Bahnhof. Alles ist friedlich.<br />
Bis auf Friedrich, so nennen wir ihn mal, der sich<br />
hochroten Kopfes seinen Weg durch die Menge<br />
bahnt, sein Ziel fest im Blick: Der Bus. Ich würde<br />
die Geschichte nicht erzählen, wenn Friedrich ihn<br />
noch erwischt hätte. Was <strong>als</strong>o folgt, ist ein Wutausbruch<br />
übelster Sorte. Der Bus wird verflucht,<br />
der Busfahrer sowieso und wenn er schon dabei<br />
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ist, holt Friedrich gleich zum Rundumschlag aus.<br />
Er wünscht seinem Chef, seinen Kollegen und,<br />
warum auch nicht, seiner Frau die Pest an den<br />
H<strong>als</strong> und überhaupt: „So ein scheiß Tag!“ Der<br />
nächste Bus kommt in sieben Minuten.<br />
Den zweiten Platz erreicht eine Dame<br />
mit einer Einlage à la „Is’ nich ihr ernst,<br />
oder?“ So versetzte neulich – wie mag sie<br />
wohl geheißen haben? – etwa Barbara die Fahrgäste<br />
der U-Bahn in ungläubiges Kopfschütteln.<br />
Die Bahn will eben in den Bahnhof einfahren und<br />
gibt das obligatorische Warnsignal zum Besten<br />
um größere Sauereien zu vermeiden. Ein älterer<br />
Herr verfällt genau in diesem Moment dem Größenwahn<br />
und wackelt noch schnell über die Schienen.<br />
Der Fahrer bremst sachte, lässt noch mal die<br />
Glocken läuten und fährt dann in den Bahnhof ein.<br />
Dem Alten geht es gut, der Bahn auch, aber Barbara<br />
entgleist total. Der „verrückte alte Sack“ wird<br />
kurzerhand zur Projektionsfläche ihres offensichtlich<br />
aus den Fugen geratenen Lebens: „Rhabarberrhabarbara.“<br />
Sie schüttelt noch den roten Kopf und<br />
strickt dann weiter ihren pastellfarbenen Schal.<br />
Bleibt noch unsere Quart<strong>als</strong>siegerin. Wir sind<br />
in der Bibliothek der Uni Freiburg. Klausurenphase,<br />
Konzentration, Koffeintabletten<br />
und dann – der Kollaps. Silvia, womöglich<br />
auch Rebecca, legt ihre dreihundert Bücher auf den<br />
freien Tisch und lässt dabei ihr Sony Ericsson-Mobiltelefon<br />
fallen. Davon abgesehen, dass das Ding<br />
unkaputtbar ist, nicht weiter tragisch. Tragisch jedoch<br />
die Reaktion unserer „Rebel(l)via“: „Fackkkkk“<br />
– Pause – „Scheiße“ – Pause – „Aaaaaarrgghh“.<br />
Danach folgen einige Wiederholungen in verschiedenen<br />
Lautstärkevarianten. Mir fehlen derweil die<br />
Worte. Schnaubend verlässt der fleischgewordene<br />
Jähzorn den Saal. Lautes Gelächter, dann Stille. Im<br />
Großen und Ganzen <strong>als</strong>o, besten Dank, ihr drei!<br />
Ausrasten wird nicht <strong>nur</strong> überschätzt, sondern<br />
kann auch unfassbar lächerlich sein und Themen<br />
für Kolumnen liefern. •