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DAS MAGAZIN 07/08 2009 - Kölner Philharmonie

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Wer Gautier Capuçon auf der Bühne erlebt,<br />

ist überzeugt, dass sein Credo, das Erlebnis<br />

Musik müsse man teilen, mit den Musikern<br />

und mit dem Publikum, kein Lippenbekenntnis<br />

ist: Während des Orchestervorspiels<br />

zu Dvořáks Cellokonzert neigt er sich den<br />

Musikern zu, als sei er ein Teil des mal Aufbrausenden,<br />

mal Sanften dieser Musik. In<br />

der Abo-Reihe „Sonntags um vier“ wird er<br />

Haydns Cellokonzert in C-Dur, begleitet von<br />

Concerto Köln, spielen. Gefragt, ob er eines<br />

der beiden Konzerte favorisiere, reagiert er<br />

unschlüssig.<br />

„Das ist schwierig zu sagen, denn es ist, als würde<br />

man Kammermusik mit Sinfonik vergleichen.<br />

Natürlich sind sie verschieden, aber beide<br />

ein wichtiger Teil des Repertoires. Für mich sind<br />

sie beide sehr wichtig. Mit beiden verbindet<br />

mich eine lange Geschichte, denn sie sind die<br />

Pflichtstücke für einen jeden Wettbewerb und<br />

die Haydn-Konzerte waren mein CD-Debüt. Im<br />

Gegensatz zu Dvořák spielt man Haydn natürlich<br />

mit einem kleineren Ensemble. Wenn man<br />

beide vergleicht, liegt der Unterschied vermutlich<br />

in der Art der Energie, in der Atmosphäre.<br />

Das C-Dur-Konzert von Haydn ist ein wirklich<br />

phantastisches, für diese Periode typisches<br />

Stück und hat eine Menge großartiger Energie.<br />

Die letzten Takte sind für mich wie ein Feuerwerk.“<br />

Sechs Jahre ist die Einspielung her, mit der<br />

er zusammen mit dem Mahler Chamber<br />

Orchestra unter Daniel Harding seine erste<br />

Haydn-Interpretation verewigte. An eine<br />

neue Aufnahme dieser Konzerte denkt er zunächst<br />

noch nicht.<br />

„Es gibt noch viele andere Stücke, die ich aufnehmen<br />

möchte, bevor ich vielleicht noch eine<br />

weitere Aufnahme mit Haydn mache. Eine<br />

Aufnahme ist wie ein Foto. Morgen kann ich<br />

schon ganz anders aussehen. Eine CD ist eine<br />

Momentaufnahme, die deine Art zu spielen<br />

festhält.“<br />

Als der 1981 geborene Franzose seine Karriere<br />

einläutete, wurde die Hoffnung verkündet,<br />

eine lange Zeit vernachlässigte französische<br />

IM GESPRÄCH<br />

Cello-Tradition würde wieder aufleben. Capuçon<br />

hat einen gemäßigteren Blick darauf.<br />

„Zunächst einmal bin ich ja ganz offensichtlich<br />

ein französischer Cellist. In Bezug auf die französische<br />

Cello-Schule ist es für mich aber schwierig<br />

zu sagen, ob ich dazu gehöre. Vermutlich<br />

ja. Aber heutzutage sind wir auch mit so vielen<br />

Einflüssen konfrontiert, dass dieser klassische<br />

Schul-Begriff relativiert wird. Wir haben viele<br />

Aufnahmen, CDs, DVDs; während man früher<br />

immer nur an einem Ort studiert hat, ist es heute<br />

viel einfacher zu reisen, nach New York, Paris<br />

oder Wien, und bei verschiedenen Lehrern zu<br />

studieren. Philippe Muller ist einer der wichtigsten<br />

Nachfahren der französischen Cello-Schule.<br />

Er hat in Paris bei André Navarra gelernt.<br />

Heinrich Schiff hat aber ebenfalls bei Navarra<br />

studiert, hat zwar einen anderen Stil entwickelt<br />

als Muller, aber auf der gleichen Grundlage. Ich<br />

bin in Frankreich geboren und aufgewachsen,<br />

Musik muss man teilen<br />

Gautier Capuçon spielt Haydn im Abonnement „Sonntags um vier“<br />

hatte eine französische Ausbildung, aber dann<br />

habe ich bei Heinrich Schiff in Wien studiert,<br />

habe viel von der Kultur dort mitgenommen.<br />

Was ich vor allem will, ist, mit meiner Kunst,<br />

meinem Cello und der Musik, so weit zu gehen<br />

wie ich kann. Was ich wirklich möchte, ist, immer<br />

glücklich mit der Musik zu sein.“<br />

Ein Statement, das sich in seinem Credo niederschlägt,<br />

zu dem er jetzt noch steht. Für<br />

ihn sei es das Wichtigste, Musik mit all ihren<br />

Emotionen zu teilen, mit dem Publikum, mit<br />

den anderen Musikern auf dem Podium.<br />

Auch wenn nur ein Zuhörer von seinem Spiel<br />

berührt würde, hätte alles seinen Sinn gehabt.<br />

Der Umkehrschluss, dass bspw. 1.999<br />

Zuhörer nicht von seinem Spiel berührt wären,<br />

würde ihn nur aus einem Grunde nachdenklich<br />

stimmen:<br />

„Ich würde mir wohl Gedanken machen, ob<br />

ich in die richtige Richtung gehe, ob ich immer<br />

noch ich selbst bin. Man macht sich immer<br />

Gedanken, hat auch Zweifel, aber es gibt kein<br />

richtig oder falsch. Das gibt es nur, wenn man<br />

nicht aufrichtig, nicht man selbst ist. Wenn ich<br />

feststellen würde, dass ich das nicht mehr bin,<br />

dann würde ich mich natürlich ändern. Aber<br />

ich würde sicher nicht etwas werden, das ich<br />

„Ich kann sehr weit gehen,<br />

in den Dingen, die ich tun will, aber<br />

ich bleibe immer ich selbst.“

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