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Kölner Museums Bulletin €8,50<br />

Neues Mittelalter im Wallraf<br />

Seidenstraße im Blick<br />

San Francisco in Köln<br />

Spurensuche im Museum<br />

0 3 8


Neumarkt 18 - 24 · 50667 Köln · Tel. (0221) 227 - 2899 / - 2602 · Fax (0221) 227 - 3762<br />

Di - Fr 10 - 18 Uhr · Sa / So und an Feiertagen 11 - 18 Uhr<br />

Karneval <strong>ist</strong> das Museum vom 19. - 23.2.2009 geschlossen<br />

Öffentliche Führungen sonntags 15 Uhr · www.kollwitz.de · museum@kollwitz.de<br />

LITHOGRAPHIEN<br />

UND SKULPTUREN<br />

23. JANUAR BIS<br />

5. APRIL 2009<br />

In Zusammenarbeit mit der<br />

Honoré-Daumier-Gesellschaft


editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser, Dear Reader,<br />

Stefan Lochners ‚Madonna im Rosenhag‘ <strong>ist</strong> immer einen<br />

Museumsbesuch wert – zumal das Werk jetzt neu<br />

inszeniert wurde. Die gesamte Mittelalterabteilung im<br />

Wallraf wurde neu konzipiert, gehängt und gestaltet, so<br />

dass die Werke der Kölner Malerei, aber auch die Tafeln<br />

von Albrecht Dürer, Lukas Cranach oder Simone Martini<br />

nicht nur in modernem Licht strahlen, sondern völlig<br />

anders erlebbar sind. Diese Inszenierung hat uns so sehr<br />

gefallen, dass wir sie auf den Titel genommen haben.<br />

Vielleicht bekommen Sie ja Lust auf einen Besuch.<br />

Durchaus lohnend sind aber auch andere Themen im<br />

aktuellen Bulletin. Wir berichten über die derzeitige<br />

Ausstellung Looking for Mushrooms im Museum Ludwig<br />

und werfen ein Licht auf die <strong>Kunst</strong> der 1960er in San<br />

Francisco. Wir beleuchten ein eher düsteres Kapitel der<br />

Kölnischen Geschichte, nämlich die Kolonialzeit, und<br />

erhellen die Bedeutung des Ursula-Antependiums im<br />

Museum Schnütgen.<br />

Zu Gast haben wir diesmal das H<strong>ist</strong>orische Archiv. Ein<br />

Beitrag über den Architekten Karl Band liefert wertvolle<br />

Informationen über den Kölner Wiederaufbau nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg. Und schließlich berichten wir in eigener<br />

Sache von einer Spurensuche in Kölner Museen und<br />

religiösen Stätten, auf die wir uns zusammen mit einer<br />

Hauptschulklasse im Vorgriff auf die Eröffnung unseres<br />

Juniormuseums begeben haben. Das Ergebnis wird in einer<br />

Ausstellung münden – doch lesen Sie selbst.<br />

Eine schöne Weihnachtszeit und ein gutes Neues Jahr<br />

wünscht Ihnen<br />

Matthias Hamann<br />

Dr. Matthias Hamann<br />

Direktor Museumsdienst<br />

Stefan Lochner’s ‘Madonna in the Rose Bower’ is always<br />

worth a visit to the Museum, and with the masterpiece<br />

given its redesigned setting, that is truer than ever. The<br />

entire Medieval Department at the Wallraf has been<br />

rethought, rehung and redesigned, so that the works of<br />

the Cologne School of painting and with them, those of<br />

an Albrecht Dürer, Lucas Cranach or Simone Martini now<br />

shine in a modern light, new, too, in the sense that seeing<br />

them now is a wholly new experience. The presentation<br />

appealed to us so much that we put it on our cover.<br />

Perhaps it will whet your appetite for a visit.<br />

That is not the only rewarding topic in store in this<br />

issue. We report on Looking for Mushrooms, the current<br />

exhibition at the Museum Ludwig, and spotlight the<br />

art of 1960s San Francisco. We shed light on a more<br />

sombre chapter in Cologne’s h<strong>ist</strong>ory, to whit the colonial<br />

period, and illuminate the significance of the S. Ursula<br />

Antependium now at the Museum Schnütgen.<br />

Our guest for this issue is the H<strong>ist</strong>orisches Archiv. An<br />

article on the architect, Karl Band, reveals valuable information<br />

on the reconstruction of Cologne after the<br />

Second World War. Finally, we report on our own home<br />

ground, namely of “Spurensuche”, a search for marks and<br />

traces in Cologne’s museums and sacred sites, a quest<br />

we have undertaken together with a secondary-modern<br />

class in advance of the opening of our Juniormuseum. The<br />

discoveries made will culminate in an exhibition – but<br />

‘dear Reader, read on.’<br />

Wishing you a good Chr<strong>ist</strong>mas season and a happy<br />

New Year<br />

Matthias Haman<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

editorial<br />

1


Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Blick in die<br />

südliche Enfilade der neugestalteten Mittelalterabteilung.


Kölner Museums Bulletin<br />

Berichte, Forschungen und Aktuelles aus den Museen der stadt Köln<br />

s eite 4<br />

Ausstellungen Dezember 2008 bis April 2009<br />

s eite 6<br />

neues Mittelalter im Wallraf<br />

Roland Krischel<br />

PAGe 16 Middle Ages Anew at the Wallraf<br />

s eite 18<br />

Von der liebe zur <strong>Kunst</strong><br />

Barbara Schaefer<br />

PAGe 27 Of love, of Art. Art<strong>ist</strong> couples:<br />

love, Art and Passion<br />

s eite 28<br />

looking for Mushrooms. Beat Poets, hippies, Funk,<br />

Minimal art – San Francisco 1955-1968<br />

Jee-Hae Kim<br />

PAGe 32 looking for Mushrooms. Beat Poets, Hippies,<br />

Funk, Minimal Art – san Francisco 1955-1968<br />

s eite 34<br />

Feuer & erde: Chinesische Frühkeramik im Museum<br />

für ostasiatische <strong>Kunst</strong><br />

Adele Schlombs<br />

PAGe 41 Fire and earth: early Chinese Ceramics in the<br />

Museum of east Asian Art Cologne<br />

s eite 42<br />

„Spurensuche“ – ein interkulturelles lern- und ausstellungsprojekt<br />

Peter Mesenhöller<br />

PAGe 44 ‘City scouts’: exhibiting Cultural Diversity in<br />

Cologne’s new Juniormuseum<br />

s eite 46<br />

Köln Postkolonial<br />

Marianne Bechhaus-Gerst<br />

PAGe 49 Post-Colonial Cologne – a Memory Work<br />

project in local H<strong>ist</strong>ory<br />

s eite 50<br />

<strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek –<br />

ein dokumentationszentrum zur <strong>Kunst</strong><br />

Elke Purpus<br />

PAGe 55 <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek –<br />

a Documentary-Centre on Art<br />

s eite 58<br />

die Goldene tafel aus St. Ursula im Museum<br />

Schnütgen<br />

Hiltrud Westermann-Angerhausen<br />

PAGe 70 the golden panel of st. ursula in the Museum<br />

schnütgen<br />

s eite 74<br />

„Schatzkammer des Wiederaufbaus“ – der nachlass<br />

des architekten Karl Band<br />

Jochen Roessle<br />

PAGe 83 the treasury of reconstruction – the estate of<br />

Cologne Architect Karl Band at the H<strong>ist</strong>orical<br />

Archives of the City of Cologne<br />

s eite 84<br />

Conrad Fiedler und irene Koppel als venezianisches<br />

hirtenpaar?<br />

Nicole Hartje-Grave<br />

PAGe 91 Conrad Fiedler and irene Koppel as a Venetian<br />

shepherd and shepherdess?<br />

s eite 92<br />

„Wir wollen etwas tun...“<br />

Richard Kreidler<br />

PAGe 95 At thirty: the Arbeitskreis Wallraf-richartz-<br />

Museum & Fondation Corboud and Museum<br />

ludwig<br />

s eite 96<br />

impressum<br />

0 3 8<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

inhalt<br />

3


Museen der stadt Köln<br />

Ausstellungen Dezember 2008 - April 2009<br />

Wallraf-richartz-Museum & Foundation Corboud<br />

bis 8. Februar 2009 Aus der Sammlung Boisserée: Lithographien für Johannes Nepomuk Strixner<br />

bis 8. Februar 2009 Künstlerpaare – Liebe, <strong>Kunst</strong> und Leidenschaft<br />

3. März bis 17. Mai 2009 Rheinromantik – Aquarelle von Caspar Scheuren<br />

26. März bis 16. August 2009 Der Mond<br />

Museum Ludwig<br />

bis 18. Januar 2009 Thomas Bayrle<br />

bis 25. Januar 2009 RUHE 1. Hörspiel im Raum von Paul Plamper<br />

bis 1. Februar 2009 Gerhard Richter. Abstrakte Bilder<br />

bis 1. März 2009 Jonas Mekas<br />

bis 1. März 2009 Looking for Mushrooms – Auf der Suche nach... Beat Poets, Hippies, Funk und<br />

Minimal Art: San Francisco 1955-1968<br />

14. März bis 14. Juni 2009 Maria Lassnig<br />

14. März bis 26. Juli Lucy McKenzie<br />

21. April bis 12. Juli 2009 Chr<strong>ist</strong>opher Wool. Wolfgang-Hahn-Preis 2009<br />

Museum für Angewandte <strong>Kunst</strong><br />

bis 1. Februar 2009 Nico – Köln, Berlin, Paris, New York. Stationen einer Popikone<br />

9. Januar bis 1. März 2009 In deutschen Reihenhäusern. Familienleben in der Stadt.<br />

Photographien von Albrecht Fuchs und Marc Räder<br />

19. Januar bis 26. April 2009 Felsen aus Beton und Glas. Die Architektur von Gottfried Böhm<br />

14. März bis 17. Mai 2009 „Netzwerke“ – <strong>Kunst</strong> auf der Spitze<br />

Römisch-Germanisches Museum<br />

bis März 2009 Erlebnisraum Römerstraße / Via Belgica. Eine Bilderfolge zur Regionale 2010<br />

bis Juni 2009 Auge in Auge. Kaiserbilder aus einer norddeutschen Privatsammlung<br />

Archäologische Zone / Praetorium<br />

bis 1. Februar 2009 Marmor. Luxus und Symbol von der Antike bis zum Mittelalter<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

4<br />

aUSStellU n GGSKalender en U nd aKt U elleS


Kölnisches Stadtmuseum<br />

bis 21. Februar 2009 Köln Postkolonial<br />

bis 1. März 2009 Die vergessenen Europäer: <strong>Kunst</strong> der Roma – Roma in der <strong>Kunst</strong><br />

28. März bis 10. Mai 2009 Gerd Baukhage und Freunde<br />

4. April bis 10. Mai 2009 Zu den Heiligen Drei Königen<br />

NS-Dokumentationszentrum<br />

bis 18. Januar 2009 Jüdisches Leben in Köln<br />

Museum für Ostasiatische <strong>Kunst</strong><br />

bis 26. April 2009 Feuer und Erde. Chinesische Frühkeramik<br />

bis 29. März 2009 <strong>Kunst</strong> des esoterischen Buddhismus<br />

artothek<br />

bis 23. Dezember 2008 Ralph Merschman<br />

15. Januar bis 20. Februar 2009 Mirko Tschauner<br />

<strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek<br />

bis 30. Januar 2009 K13+. Künstlerbücher aus Deutschland<br />

ab 7. Februar 2009 Heinrich Küpper: Künstlerbücher<br />

ab 3. April 2009 Künstlerbücher von Studenten der Alanus-Hochschule<br />

Kölnischer <strong>Kunst</strong>verein<br />

7. Februar bis 5.April 2009 „Après Crépuscule – Na Schemering – After Twilight – Nach Dämmerung“<br />

nähere informationen und aktuelle Öffnungszeiten im internet: www.museenkoeln.de<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU aUSStellU n G en U nd n GSKalender<br />

aKt U elleS<br />

5


neues Mittelalter im Wallraf<br />

von Roland Krischel<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

6 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Mit der neupräsentation seiner Mittelalterabteilung<br />

schließt das Wallraf-richartz-<br />

Museum die Umstrukturierung seiner<br />

ständigen Sammlung – vorerst – ab. auch<br />

die spätmittelalterliche Kölner Malerei erstrahlt<br />

nun im Glanz der neuen Beleuchtung<br />

und vor unterschiedlich getönten Wänden.<br />

die Werkbeschriftungen wurden auf den<br />

jüngsten wissenschaftlichen Stand gebracht.<br />

Zusammen mit den Saaltexten folgen<br />

sie jetzt in duktus und layout dem Vorbild<br />

der beiden anderen etagen. die in der<br />

Barockabteilung bereits praktizierte dekoration<br />

einzelner Säle wurde konsequent<br />

fortgeführt und ermöglicht künftig ein intensiveres<br />

erleben der mittelalterlichen tafelbilder<br />

(abb. 1). eine Überraschung bietet<br />

sich im Mittelsaal, wo neueste erkenntnisse<br />

zu den Kölner altarbildern dreidimensional<br />

veranschaulicht werden.<br />

ein Schatzhaus kölnischer identität.<br />

Hatte Johan Huizinga 1919 noch den Herbst des Mittelalters<br />

beleuchtet, so prophezeite 1925 der russische Philosoph<br />

Nikolai Berdjajew ein Neues Mittelalter. 1973 griff<br />

Umberto Eco das Schlagwort unter anderen Vorzeichen<br />

auf. Das Mittelalter hat schon begonnen, betitelte er einen<br />

damals publizierten Essay. Soeben konstatiert nun gar der<br />

Mediäv<strong>ist</strong> Valentin Groebner: Das Mittelalter hört nicht auf.<br />

In der Tat erfreut sich seit der Romantik kaum eine andere<br />

Epoche einer so dauerhaften Präsenz im öffentlichen Bewusstsein.<br />

Dabei dient das Mittelalter wechselweise der<br />

künstlerischen Inspiration und Imagination, der gesellschaftlichen<br />

Projektion, der politischen Instrumentalisierung<br />

und dem Marketing der Freizeitindustrie.<br />

Die Musealisierung des Mittelalters hat ihre ganz eigene<br />

Geschichte. In Köln beginnt sie mit der Rettung säkularisierten<br />

Kirchenbesitzes im Ge<strong>ist</strong> der Romantik und der<br />

aufkeimenden Nationalstaatlichkeit. Hier sind neben<br />

Ferdinand Franz Wallraf vor allem Sulpiz und Melchior<br />

Boisserée zu nennen. Erzielten die Brüder Boisserée durch<br />

Verkauf ihrer Gemälde-Kollektion an den bayerischen König<br />

einen wirtschaftlichen Gewinn, so sammelte der uneigennützige<br />

Wallraf für die Vaterstadt. Seine Sammlung<br />

spätmittelalterlicher Kölner Malerei bildet den materiellen<br />

und ideellen Kern des Wallraf-Richartz-Museums,<br />

dessen erstes eigenes Gebäude an der Minoritenkirche<br />

zu Recht in neugotischen Formen errichtet wurde. Während<br />

der 1957 eröffnete Museumsneubau in gänzlich verändertem<br />

Gewand den genius loci bewahren konnte, war<br />

im nachfolgenden Doppelmuseum am Rhein der Kontakt<br />

zur mittelalterlichen Stadtgeschichte nur noch über wenige<br />

Ausblicke auf den Domchor herstellbar.


Abb. 1: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud,<br />

Blick in die östliche Enfilade (Säle 10-13) der neugestalteten<br />

Mittelalterabteilung.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

7


Abb. 2: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud,<br />

Blick in den Altarraum (Saal 2) der neugestalteten<br />

Mittelalterabteilung.


Der Auszug des Wallraf-Richartz-Museums in sein nun<br />

wieder ganz eigenes, von Oswald Mathias Ungers entworfenes<br />

Domizil (2000) bot bessere Voraussetzungen.<br />

In Steinwurfnähe zur einstigen Wohnadresse von Stefan<br />

Lochner und Barthel Bruyn konnte – vor allem dank einer<br />

beträchtlich vergrößerten Hängefläche und eines<br />

harmonischen, auf die Bedürfnisse der Sammlung abgestimmten<br />

Grundrisses – die Abteilung spätmittelalterlicher<br />

Malerei neu zur Geltung gebracht werden. Wie<br />

das Raster der Lichtdecke huldigte allerdings auch die,<br />

innerhalb einer jeden Etage vollkommen einheitliche<br />

Wandgestaltung der neuen Galerie einer letztlich noch<br />

in der Minimal Art wurzelnden Ästhetik. Die allgemeine,<br />

erlebnis- und serviceorientierte Fortentwicklung<br />

auf museologischem Gebiet, nicht zuletzt auch das<br />

Bedürfnis nach flexibler und zugleich sicherer Hängung<br />

der <strong>Kunst</strong>werke führten zu einer sukzessiven, von oben<br />

nach unten erfolgenden Neupräsentation aller drei<br />

Galerie-Etagen des Wallraf: Dem 19. Jahrhundert (2006)<br />

und der Barockabteilung (2007) folgt nun konsequenterweise<br />

das Mittelalter. Mit der Firma TRANSPORTdesign<br />

(Daniel Schäfers) konnte ein Gestalter gewonnen<br />

werden, dessen Sensibilität und Geschmackssicherheit<br />

sich bereits bei der Neupräsentation der Barockabteilung<br />

bewährt hatte. Für die Mittelalterabteilung wurde<br />

ein Gestaltungskonzept entwickelt, dass den Ansprüchen<br />

der Besucher, der <strong>Kunst</strong> und der Architektur gleichermaßen<br />

gerecht wird.<br />

Da der zentrale und größte Saal mit seinem kreuzförmigen<br />

Grundriß in besonderer Weise h<strong>ist</strong>orische Architektur<br />

zitiert, wurde ihm als einzigem Raum der<br />

Abteilung eine steingraue Wandfarbe zugeordnet (Abb.<br />

2). Mit diesem Verweis auf das Gebautsein des Raumes<br />

geht eine Sichtbarmachung der verborgenen architektonischen<br />

Struktur einher. Die in den Raum ragenden<br />

Ecken wurden mit einem helleren Grau abgesetzt und<br />

– in Fortsetzung des Deckenspiegels – durch gemalte<br />

Schattenfugen von den eigentlichen Wandflächen abgesetzt.<br />

Auf diese Weise treten die in den Ausstellungswänden<br />

verborgenen Stützpfeiler wieder in Erscheinung,<br />

während zugleich die dunkleren Wandflächen<br />

hinter den hier aufgestellten Retabeln ‚zurückweichen‘,<br />

um den Altarbildern optisch mehr Raum zu geben. Im<br />

Resultat werden die chromatischen Charakter<strong>ist</strong>ika<br />

der einzelnen Künstler und Werke vor der steingrauen<br />

Wand besser erfahrbar denn je zuvor – vom graugrünen<br />

Akkord des ‚Franziskaneraltars‘ über die auf Rot<br />

gestimmten Werke des Jüngeren Sippenme<strong>ist</strong>ers bis<br />

hin zu den kühl funkelnden Farbschätzen des Bartholomäusme<strong>ist</strong>ers.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

10 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Die im Grundriß bereits anklingende, durch die steingraue<br />

Wandfarbe nun verstärkte Evokation des Kirchenraumes<br />

setzt sich in der neuen Möblierung des Saales mit<br />

sechs Kirchenbänken aus Eichenholz (ehemals St. Benno,<br />

München) fort. Ihre Aufstellung bleibt flexibel, so dass<br />

etwa zu kleineren Eröffnungen und ähnlichen Anlässen


Abb. 3: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud,<br />

Blick von Saal 1 in den Altarraum (Saal 2) der neugestalteten<br />

Mittelalterabteilung.<br />

eine parallele Reihung hintereinander möglich <strong>ist</strong>, bei<br />

normalem Publikumsbetrieb hingegen eine Ausrichtung<br />

auf die drei kapellenartigen Nischen des Raumes erfolgen<br />

kann. Die stählernen Altarsockel wurden hier wie in den<br />

anderen Sälen mit einer seidenmatten Lackierung in Umbragrau<br />

versehen, die bei aller farblichen Zurückhaltung<br />

den Objekten einen auch optisch festen Stand verleiht.<br />

Als Grundton für die um den Mittelraum gelagerten<br />

kleineren Säle wurde ein erdiges Grün gewählt, das jedoch<br />

in unterschiedlichen Variationen beziehungsweise<br />

Abschattierungen Verwendung fand. Bei der Zuordnung<br />

der verschiedenen, wärmeren oder kälteren, helleren<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

11


oder dunkleren Grüntöne zu den jeweiligen Räumen wurde<br />

größte Sorgfalt auf die Abstimmung mit den jeweils<br />

dort präsentierten Gemälden und den darin enthaltenen<br />

Farbklängen verwandt. Im Zusammenspiel mit der nun<br />

auch auf dieser Etage eingesetzten Beleuchtung durch<br />

SoLux-Deckenstrahler geben die neuen Wandfarben der<br />

teils sehr bunten Farbpalette des Spätmittelalters einen<br />

schönen Resonanzraum und unterstützen andererseits<br />

die Wirkung farblich verhaltenerer Werke. Blickt man in<br />

die Enfilade der den Altarsaal umgebenden Räume, so<br />

wirkt der subtile Wechsel zwischen den diversen Grüntönen<br />

besonders reizvoll. Eine rhythmische Unterbrechung<br />

entsteht durch die Einfügung je eines gänzlich andersfarbigen<br />

Saales pro Raumflucht: Zwei blaue (im Norden und<br />

Süden) und zwei purpurrote Säle (im Westen und Osten)<br />

setzen das kreuzförmige Schema des Mittelsaals in der<br />

ihn umkreisenden Raumfolge fort (Cover, Abb. 1, 4).<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

12 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 4: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud,<br />

Blick in Saal 8 der neugestalteten Mittelalterabteilung.<br />

Saal 1 empfängt den Besucher mit einem dunklen Blau,<br />

das an die gealterten Azuritpigmente in mittelalterlichen<br />

Gemälden erinnert. Die mit Goldbronze aufgetragenen<br />

sechszackigen Sterne zitieren einerseits die Hintergründe<br />

früher Kölner Malerei (Beispiel ‚Kleine Passion‘); andererseits<br />

verwe<strong>ist</strong> dieser Wandschmuck aber auch auf die<br />

frühe italienische <strong>Kunst</strong> – etwa die Decke der von Giotto<br />

ausgemalten Arenakapelle in Padua – und damit auf den<br />

Inhalt dieses Saales selbst. Für den in der Galerie ankommenden<br />

Besucher übernimmt der Eingangsraum eine<br />

Schleusenfunktion, indem er ihn bewusst der Alltagswelt<br />

enthebt und auf die Betrachtung der religiösen Malerei<br />

des Mittelalters sowohl emotional als auch motivisch<br />

einstimmt (Abb. 3).<br />

Saal 8 wurde – als symmetrisches, nördliches Gegenstück<br />

zum Eingangsraum – mit derselben dunkelblauen


Abb. 5: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud,<br />

Blick in Saal 11 der neugestalteten Mittelalterabteilung.<br />

Farbe gestrichen (Abb. 4). Sie erwe<strong>ist</strong> sich dort als idealer<br />

Hintergrund für die großflächigen Vergoldungen etwa in<br />

den Werken des Me<strong>ist</strong>ers der Verherrlichung Mariens. Die<br />

ambivalente Thematik von Saal 8 (Diesseits und Jenseits,<br />

Erde und Himmel, Materie und Ge<strong>ist</strong>) wird in der Wandgestaltung<br />

durch ein gemaltes Zitat aus der Kathedralarchitektur<br />

aufgegriffen: Unterhalb der Lichtdecke und genauestens<br />

abgestimmt auf deren modulare Struktur <strong>ist</strong><br />

ein grauer Fries aus Maßwerkbögen angebracht.<br />

Zu den erklärten Zielen der Neugestaltung gehörte<br />

es, für die berühmten und kostbaren Kleinformate der<br />

Mittelalterabteilung ein Schatzkammer-Ambiente zu<br />

schaffen. Die Exklusivität der Ausstattung sollte dabei<br />

den Glanz der ausgestellten Objekte nicht überstrahlen,<br />

sondern deren Wirkung im Gegenteil verstärken<br />

und unterstützen. Deshalb war von vornherein daran<br />

gedacht, der Wand eine gewisse Tiefe und vibrierende<br />

Transparenz zu verleihen. Als Vorbild für die Lösung dieser<br />

komplexen Aufgabe diente eine Lüstertechnik, die<br />

aus der mittelalterlichen Faßmalerei (der Bemalung von<br />

Skulptur also), aber auch aus der Kölner Domchorschrankenmalerei<br />

bekannt <strong>ist</strong>. In Analogie zu dieser Technik erhielten<br />

die beiden würfelförmig proportionierten Säle<br />

im Westen und Osten der Galerie eine ganz besondere<br />

und aufwendige Ausstattung (Abb. 5). Ihre Wände wurden<br />

zunächst in mehreren Schichten mit purpurroter<br />

Farbe gestrichen. Sodann wurde in echtem Blattgold<br />

ein regelmäßiges, durch kleine Abweichungen belebtes<br />

Muster aus jeweils zwei sich abwechselnden Motiven<br />

aufgetragen. Anschließend wurde diese Vergoldung<br />

mit der – diesmal zu transparentem Lack verarbeiteten<br />

– Wandfarbe übergangen. Der Effekt <strong>ist</strong> frappierend:<br />

Das geheimnisvolle, unter den neuen Deckenstrahlern<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

13


geradezu mystische Glimmen der Schmuckmotive wäre<br />

mit keiner anderen Technik zu erreichen gewesen.<br />

Inhaltlich verwe<strong>ist</strong> die Ornamentik der beiden ‚Schatzkammern‘<br />

auf die dort ausgestellten Werke. Die heraldisch<br />

stilisierte Lilie in Saal 5 <strong>ist</strong> hier ein Symbol für die<br />

Unschuld Mariens. Sie findet sich ganz ähnlich im Heiligenschein<br />

von Lochners ‚Muttergottes in der Rosenlaube‘,<br />

die diesen Raum als zentrales Werk beherrscht.<br />

Der ebenfalls heraldische, steigende Löwe in Saal 11 bezieht<br />

sich als Löwe Judas auf das Alte Testament, aber<br />

zugleich auch auf Chr<strong>ist</strong>us: „Hör auf zu weinen! Siehe,<br />

der Löwe aus dem Stamme Juda, der Sproß Davids, hat<br />

gesiegt…“, heißt es in der Geheimen Offenbarung des<br />

Johannes (5,5). Just das in diesem Saal gezeigte Bild von<br />

Jacob Jansz ‚Die Heilige Familie beim Mahl‘ rückt einen<br />

geschnitzten Löwen als Hinweis auf den Thron Salomonis<br />

(1 Könige, 10,19-20) absichtsvoll in die unmittelbare<br />

Nähe des Chr<strong>ist</strong>uskindes.<br />

Wie schon die Neuaufstellung der ‚Muttergottes in der<br />

Rosenlaube‘ vor zwei Jahren macht auch die Neupräsentation<br />

der kompletten Abteilung jüngste Forschungsergebnisse<br />

sichtbar. Ausgangspunkt der betreffenden<br />

Untersuchungen war eine irritierende Beobachtung an<br />

bestimmten Stifterportraits. Grundsätzlich gehören<br />

Stifter ebenso selbstverständlich zur spätmittelalterlichen<br />

<strong>Kunst</strong> wie die Künstler. Manche kölnische Werke<br />

weisen aber eine Besonderheit auf: In diesen Altarbil-<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

14 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 6: Me<strong>ist</strong>er der Georgslegende, Georgsaltar (geschlossen),<br />

um 1460, je 122 x 75 cm (Malfläche Flügelaußenseite),<br />

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud,<br />

Photomontage mit Altarkreuz.<br />

Abb. 7: Me<strong>ist</strong>er der Georgslegende,<br />

Georgsaltar, Mitteltafel (Malfläche: 122 x 164,5 cm),<br />

Photomontage mit Altarkreuz.<br />

dern <strong>ist</strong> kein Verehrungsgegenstand für die andächtig<br />

knienden Stifter vorhanden. Ihre Andacht geht ins<br />

Leere, ja es wirkt bisweilen, als beteten die einander<br />

gegenüber knienden Männer und Frauen sich gegenseitig<br />

an. Ein gutes Beispiel <strong>ist</strong> der um 1460 entstandene<br />

Abb. 8: Me<strong>ist</strong>er der Hl. Sippe d.J., Altar der Heiligen Sippe<br />

(geschlossen), um 1503, 141,5 x 86 cm (Bildgröße linke<br />

Flügelaußenseite), 141,5 x 85,5 (Bildgröße rechte Flügelaußenseite),<br />

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud,<br />

maßstabgetreue Photomontage mit Altarkreuz.


‚Georgsaltar‘. Das geschlossene Retabel zeigt im unteren<br />

Abschnitt der Flügelaußenseiten die Stifterfamilie<br />

Kannegießer. Diese Personen erscheinen durch Körpergröße,<br />

Terraingestaltung und Blickrichtung von den<br />

im Hintergrund dargestellten Szenen und Figuren des<br />

Neuen Testaments vollkommen getrennt. Stellt man<br />

sich genau vor der Mittelfuge der geschlossenen Altarflügel<br />

ein Altarkreuz vor (Abb. 6), so erhalten die Stifter<br />

mit einem Schlag einen formal wie inhaltlich überzeugenden<br />

Blick- und Verehrungsgegenstand. Macht man<br />

vor dem geöffneten Altarbild die Gegenprobe (Abb. 7),<br />

so erwe<strong>ist</strong> sich das Altarkreuz als Bildteiler der dort dargestellten<br />

Georgslegende: Das Kreuz als Maßstab und<br />

Richtschnur für das Leben des Heiligen Georg. Wie erst<br />

die Ergänzung des fehlenden Altarkreuzes zeigt, <strong>ist</strong> die<br />

Nachfolge Chr<strong>ist</strong>i, die Chr<strong>ist</strong>usähnlichkeit des Blutzeugen<br />

Georg, das Hauptthema des Georgsaltars.<br />

Der Jüngere Sippenme<strong>ist</strong>er experimentierte ebenfalls<br />

mehrfach mit 3D-Altarbildern. Sein namengebendes<br />

Werk, der ‚Altar der Heiligen Sippe‘, rechnet sowohl in<br />

geschlossenem als auch geöffnetem Zustand mit der<br />

Aufstellung eines Altarkreuzes. Auf den Flügelaußenseiten<br />

(Abb. 8) wird der Altartisch quasi ins Bild hinein verlängert.<br />

Er verwandelt sich in eine Bühne, auf der Stifter<br />

und Heilige gemeinsam mit dem Altarkreuz agieren.<br />

Auf der Mitteltafel des geöffneten Retabels <strong>ist</strong> nicht nur<br />

Abb. 9: Me<strong>ist</strong>er der Hl. Sippe d.J., Altar der Heiligen Sippe<br />

(geöffnet), um 1503,141,5 x 185 cm (Bildgröße Mitteltafel),<br />

141,5 x 85 cm (Bildgröße linke Flügelinnenseite), 141 x 85 cm<br />

(Bildgröße rechte Flügelinnenseite), Wallraf-Richartz-Museum<br />

& Fondation Corboud, maßstabgetreue Photomontage mit<br />

Altarkreuz.<br />

eine Lücke für das Kreuz vorgesehen. Auch die traurigen<br />

Blicke mehrerer heiliger Frauen sind auf das Altarkreuz<br />

gerichtet. Ergänzt man es in einer Photomontage (Abb.<br />

9), so wird sogar deutlich, dass ein Granatapfel-Ast im<br />

Teppich des Hintergrundes unmittelbar aus dem Kreuzstamm<br />

hervorwächst – das Kreuz als Baum des Lebens<br />

und Stamm-Baum der Heiligen Familie.<br />

Während sich in Italien noch viele multimediale Altarbilder<br />

erhalten haben, wurden sie in Köln und in<br />

den benachbarten Niederlanden vollständig zerstört.<br />

Teilweise noch im Spätmittelalter, in den folgenden<br />

Jahrhunderten dann durch Bildersturm oder Barockisierung,<br />

Säkularisation und Musealisierung wurden die<br />

Mediensynthesen aus Malerei und Skulptur aufgelöst.<br />

Zahllose Altarkreuze wurden – als Goldschmiedearbeiten<br />

– eingeschmolzen. Da das Altarbild nördlich der<br />

Alpen oft auf- und zuklappbar war, konnten die Kreuze<br />

me<strong>ist</strong> nicht – wie in Italien – auf die Bildfläche montiert<br />

werden, sondern waren frei aufgestellt.<br />

Nur so <strong>ist</strong> wohl zu erklären, wie ein wichtiges Kapitel der<br />

Vor- und Frühgeschichte multimedialer <strong>Kunst</strong> in völlige<br />

Vergessenheit geraten konnte. Bislang wären allenfalls<br />

die Dioramen naturgeschichtlicher Museen als ‚entfernte<br />

Verwandte‘ dieser Tradition erkennbar gewesen.<br />

In der neuen Mittelalter-Abteilung des Wallraf wurden<br />

die alten Zusammenhänge jetzt wieder sichtbar<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

15


gemacht: Vor dem Georgsaltar, dem Sippenaltar (Abb.<br />

10) und einer Tafel von Barthel Bruyn rufen steingrau<br />

lackierte Podeste mit transparenten Kreuzen den einstigen<br />

ästhetischen und liturgischen Zusammenhang<br />

von Altarmensa, Altarkreuz und Retabel behutsam in<br />

Erinnerung.<br />

Weiterführende Literatur:<br />

R. Krischel: Mediensynthesen in der spätmittelalterlichen<br />

Sakralkunst. Das Altarbild als Kulisse für liturgische<br />

Gegenstände und Handlungen. Mit einem Beitrag<br />

von Tobias Nagel, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 69,<br />

2008, 73 - 168.<br />

Autor:<br />

Dr. Roland Krischel<br />

Leiter der Abteilung Mittelalterliche Malerei<br />

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

16 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 10: Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud,<br />

Blick in Saal 2 der neugestalteten Mittelalterabteilung,<br />

Neuaufstellung des Jüngeren Sippenaltars.<br />

Middle ages anew at the Wallraf<br />

Following the department of nineteenth-century<br />

Paintings and sculpture (2006) and the Baroque<br />

(2007), this year the gallery of late Medieval<br />

Painting joins the Wallraf’s set of redesigned<br />

displays. the approach to lighting and didactics<br />

follows their lead. the colours and patterns<br />

of the walls have been finely attuned not only<br />

to the works on show, but also to the museum<br />

architecture. Apart from enhancing the space<br />

by furnishing it with old pews, the innovations<br />

in setting also concern selected altarpieces: as in<br />

the new installation of stefan lochner’s Madonna<br />

in the Rose Bower, the latest research findings are<br />

visibly integrated in situ. Visitors will now notice,<br />

for example, that there is a gap in composition<br />

and content in several Cologne altarpieces of the<br />

late Medieval period. it would once have taken<br />

account of the altar crucifix placed before the<br />

retable in question.


FEUER & ERDE / FIRE & EARTH<br />

Chinesische Frühkeramik im Museum für Ostasiatische <strong>Kunst</strong> Köln<br />

Early Chinese Ceramics in the Museum of East Asian Art Cologne<br />

Der Preis beträgt 32,80 € zuzügl. Versand und Mwst.<br />

Katalogbestellung: mok@mok.museenkoeln.de<br />

The price is 32, 80 € plus mailing and VAT.<br />

Catalogue order: mok@mok.museenkoeln.de<br />

Feuer & Erde gehören in der dao<strong>ist</strong>ischen Philosophie zu den<br />

“Fünf Wirkkräften” oder “Wandlungsenergien” (wu xing),<br />

durch die der Kosmos und alle Naturphänomene erzeugt,<br />

kontinuierlich verwandelt und in der Balance gehalten werden.<br />

Feuer und Erde lassen aber auch Keramik entstehen. Dies war<br />

eine geniale Ent deckung, die in China schon sehr früh zur<br />

Perfektion gelangte.<br />

Die chinesische Frühkeramik (ca. 3500 v. Chr. – 1400)<br />

zählt zu den Sammlungsschwerpunkten des Museums für<br />

Ostasiatische <strong>Kunst</strong> in Köln, das im Jahr 2009 sein 100-jähriges<br />

Gründungs jubiläum feiert. Jiena Huo, Absolventin der Beijing<br />

Universität und Spezial<strong>ist</strong>in auf dem Gebiet der Keramik, hat<br />

die rund 1200 Stücke umfassende Kollektion über einen Zeit-<br />

raum von drei Jahren ge sichtet, selektiert und systematisch<br />

bearbeitet. Das Ergebnis <strong>ist</strong> eine Auswahl von 214 Objekten,<br />

die mit diesem Katalog erstmalig zusammenhängend publiziert<br />

werden.<br />

Museum für<br />

Ostasiatische <strong>Kunst</strong> Köln<br />

Der deutsch / englische Katalog<br />

begleitet die Ausstellung “Feuer & Erde”<br />

(18. Oktober 08 – 26. April 09).<br />

The German / English catalogue<br />

accompanies the exhibition “Fire & Earth”<br />

(October 18, 2008 – April 26, 2009).<br />

Universitätsstraße 100 (am Aachener Weiher)<br />

50674 Köln / www.museenkoeln.de<br />

Fire & earth in Dao<strong>ist</strong> philosophy belong to the Five Elements<br />

or Five Agents (wu xing) by which the cosmos and all natural<br />

phenomena are generated, continuously transformed and<br />

kept in a balance. Fire and earth are also the elements of<br />

which ceramics are constituted. This ingenious discovery was<br />

brought to perfection in China at a very early date.<br />

Early Chinese ceramics (c. 3500 B.C. – 1400 A.D.)<br />

represent one of the major areas of collecting of the Cologne<br />

Museum of East Asian Art, which in 2009 will celebrate its<br />

centenary. Huo Jiena, graduate of Beijing University specialized<br />

in Chinese ceramics, engaged for three years in sifting,<br />

selecting and systematically recording the approximately<br />

twelve hundred pieces in the collection. The result is the<br />

selection of 214 objects, which for the first time are published<br />

in this catalogue in a coherent format.<br />

Geöffnet dienstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr,<br />

donnerstags bis 20 Uhr


Von der liebe zur <strong>Kunst</strong><br />

von Barbara Schaefer<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

18 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Claudel & rodin, Kahlo & riviera oder<br />

Münter & Kandinsky, so heißen die Künstlerpaare,<br />

die fast jeder <strong>Kunst</strong>interessierte<br />

kennt. Bis heute steht jedoch eine umfassende<br />

ausstellung, die das thema „Paare in<br />

der <strong>Kunst</strong>“ anhand einer größeren anzahl<br />

von Künstlern und ihrer Werke in den Mittelpunkt<br />

stellt und in einer Überblicksdarstellung<br />

die arbeits- und Beziehungsmuster<br />

bedeutender Künstlerpaare beleuchtet,<br />

noch aus. „Künstlerpaare – liebe, <strong>Kunst</strong> und<br />

leidenschaft“ blickt daher auf das leben,<br />

die liebe und das Werk von 13 berühmten<br />

Künstlerpaaren. Über 100 exponate erzählen<br />

vom 31. oktober 2008 bis zum 8. Februar<br />

2009 im Wallraf vom einfluss der liebe auf<br />

die <strong>Kunst</strong> – und umgekehrt. die ausstellung<br />

bietet einen Blick hinter die Kulissen dieses<br />

faszinierenden themas und führt die Besucher<br />

dabei durch verschiedene epochen der<br />

<strong>Kunst</strong>geschichte.<br />

Künstlerpaare: liebe, <strong>Kunst</strong> und leidenschaft.<br />

Tragische Liebesgeschichten wie die des Paares Claudel<br />

– Rodin sind hinlänglich bekannt. Publikumsträchtig<br />

vermarktet, mit internationaler Starbesetzung verfilmt,<br />

sind sie im Gedächtnis einer breiten Öffentlichkeit haften<br />

geblieben. Während also einzelne, me<strong>ist</strong> ‚prominente‘<br />

Künstlerverbindungen entsprechend ihrer Popularität<br />

eingehend in Ausstellungen wie auch in Publikationen<br />

Berücksichtigung gefunden haben, steht eine Ausstellung,<br />

die eine übergreifende Darstellung zum Thema<br />

„Paare in der <strong>Kunst</strong>“ bietet, noch aus.<br />

Künstlerpaare. Liebe, <strong>Kunst</strong> und Leidenschaft rückt deshalb<br />

das Paarthema anhand einer größeren Anzahl von Künstlern<br />

in den Mittelpunkt und untersucht – im h<strong>ist</strong>orischen<br />

und soziokulturellen Kontext – deren Arbeits- und Beziehungsmuster.<br />

Beginnend mit Claudel und Rodin, spannt<br />

sich dabei der Bogen über den Expressionismus und die<br />

Künstlergemeinschaft „Der Blaue Reiter“, über den russischen<br />

Primitivismus und Rayonismus, über Dadaismus<br />

und Orphismus bis hin zum amerikanischen Realismus<br />

und zum Action Painting.<br />

Der methodische Ansatz des Projektes musste sein, den<br />

‚Quertext‘ lesen zu lernen, d. h. Leben und Werk der<br />

Künstler nicht getrennt zu betrachten – und zwar sowohl<br />

im Hinblick auf jeden einzelnen der vorgestellten<br />

Künstler als auch bezogen auf seine Rolle als künstlerisch<br />

tätiger Partner innerhalb einer Paargemeinschaft.<br />

Bewusst stellen die Künstlerpaare deshalb die Frage nach<br />

den persönlichen Lebensumständen der einzelnen Paare,<br />

genauer: welche unterschiedlichen Vorstellungen und<br />

Rollenmuster die Verbindung von Leben und <strong>Kunst</strong> jeweils<br />

geprägt haben, welche Chancen sich boten, welche<br />

Abhängigkeiten zwischen den Partnern entstanden und<br />

welchen Einfluss dies letztlich auf die künstlerische Produktion<br />

hatte (Abb. 1). Wie zu sehen sein wird, waren einige<br />

Künstler dauerhaft – im Leben wie in der <strong>Kunst</strong> – eng<br />

verbunden, und ihre künstlerische Entwicklung verlief<br />

in vielen Phasen parallel und in enger Anlehnung an das<br />

Schaffen des anderen. Daneben treten aber auch Paare<br />

in den Fokus, deren Lebensweg nicht frei von Skandalen


Abb. 1: Frida Kahlo (1907-1954): Diego und Frida 1929-1944 (I)<br />

oder Doppelbildnis Diego und ich (I), 1944, Öl auf Hartfaser,<br />

12,3 x 7,4 cm (Muschelrahmen: 26 x 18,5 cm),<br />

private collection, courtesy: GALERÍA ARVIL, México.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

19


lieb, Ausschweifungen oder Verzweiflungstaten, die auf<br />

künstlerische Selbstkritik oder privates oder berufliches<br />

Scheitern zurückzuführen waren.<br />

Die junge Camille Claudel (1864-1943) etwa wurde zunächst<br />

Schülerin und Gehilfin, schon bald aber auch Geliebte<br />

des berühmten Me<strong>ist</strong>ers Auguste Rodin (1840-1917),<br />

als beider Wege 1882 in Paris zusammenführten (Abb. 2).<br />

Deutlich legten Claudels Werke zunächst Zeugnis ab vom<br />

Einfluss des Älteren, ehe sich ihre <strong>Kunst</strong> ab etwa 1893 vom<br />

Vorbild des überstarken Me<strong>ist</strong>ers zu emanzipieren und zu<br />

eigenständiger Identität zu gelangen vermochte. Dass<br />

diese Entwicklung mit dem Ende dieser aufs Engste verknüpften<br />

Liebes- und Arbeitsgemeinschaft zusammenfällt,<br />

mutet tragisch an, doch will der zugegebenermaßen<br />

anrührende Mythos von der jungen Frau, die nach dem<br />

Scheitern der Liebesbeziehung – vom Geliebten und von<br />

der eigenen Familie im Stich gelassen – dem Wahnsinn<br />

anheim fällt, kritisch hinterfragt sein.<br />

Mit dem Paar Paula Modersohn-Becker (1876-1907) und<br />

Otto Modersohn (1865-1943) kehren wir dann zurück<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

20 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 2: Auguste Rodin (1840–1917): Maske von Camille<br />

Claudel, um 1884, Gips, 22,8 x 17 x 16 cm, Musée Rodin, Paris,<br />

Inv.-Nr. S. 1763.<br />

Abb. 3: Paula Modersohn-Becker (1876–1907): Selbstbildnis<br />

mit Hut und Schleier, 1906/07, Öl auf Leinwand, aufgezogen<br />

auf Holz, 68,8 x 58,9 cm, Collection Gemeentemuseum Den<br />

Haag, The Hague, The Netherlands.<br />

nach Deutschland und besuchen die Künstlerkolonie<br />

Worpswede an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.<br />

Hier begegnen wir mit Paula einer Künstlerin, deren Berühmtheit<br />

zum heutigen Tage die ihres Mannes bei weitem<br />

überstrahlt. War Otto Modersohn zu Lebzeiten auch<br />

der bekanntere Künstler, so hatte auch er die Besonderheit<br />

und Einzigartigkeit der <strong>Kunst</strong> seiner Frau bereits erkannt.<br />

Mit ihrer an den Errungenschaften der modernen<br />

<strong>Kunst</strong> der Zeit orientierten, absolut selbstbestimmten<br />

Malerei nimmt Paula unzweifelhaft eine Ausnahmestellung<br />

ein (Abb. 3).<br />

Das Paar Marianne von Werefkin (1860-1938) und Alexej<br />

von Jawlensky (1864-1941) wiederum macht uns mit einer<br />

höchst komplizierten Paarkonstellation bekannt. Als sich<br />

beide 1892 in St. Petersburg begegneten, konnte die Repin-Schülerin<br />

bereits auf bemerkenswerte künstlerische<br />

Erfolge zurückblicken, zählte zu den großen Talenten der<br />

russischen <strong>Kunst</strong>szene. Jawlensky, einige Jahre jünger<br />

als Werefkin, steckte erst in den Anfängen seiner Ausbildung<br />

und folgte der Älteren bereitwillig nach, als diese<br />

1896 in die lebendige <strong>Kunst</strong>stadt München übersiedelte.<br />

Dort geschah dann das Erstaunliche: Werefkin legte Zeichenstift<br />

und Pinsel beiseite und suchte durch Jawlensky<br />

– sozusagen als Medium – ihren Vorstellungen von einer<br />

neuen, emotionalen <strong>Kunst</strong> Gestalt zu geben: „Mir fehlen<br />

die Worte, um mein Ideal auszudrücken. Ich suche den<br />

Menschen, den Mann, der diesem Ideal Gestalt geben


würde.“ Bald jedoch musste sie erkennen, dass Jawlensky<br />

als Medium ‚versagte‘; ihrem Ideal einer ge<strong>ist</strong>igen <strong>Kunst</strong><br />

konnte oder wollte er nicht folgen. Menschlich und künstlerisch<br />

resigniert, griff sie daraufhin selbst wieder zur Palette.<br />

Als beider Haushälterin Helene Nesnakomoff, mit<br />

der Jawlensky einen Sohn hatte, ihre Heiratsabsichten<br />

nach langen Jahren endlich durchsetzte, fand die menage<br />

à trois ein Ende. Jawlensky, der bereits als Mitglied<br />

der Künstlerguppe „Der Blaue Reiter“ bekannt geworden<br />

war, zählte auch noch nach dem Ersten Weltkrieg zu den<br />

erfolgreichen und anerkannten Künstlern in Deutschland.<br />

Währenddessen blieb es um Werefkin bis zu ihrem Tode<br />

1938 eher still; erst in jüngerer Zeit fand ihr Schaffen wieder<br />

gebührende Würdigung.<br />

Werefkin und Jawlensky verband eine enge Freundschaft<br />

mit Gabriele Münter (1877-1962) und Wassily Kandinsky<br />

(1866-1944), die sich 1902 kennen gelernt hatten,<br />

als ‚Ellchen‘ in München Schülerin Kandinskys an<br />

der von ihm mitgegründeten progressiven <strong>Kunst</strong>schule<br />

Phalanx wurde. Schon bald verliebten sich die beiden ineinander.<br />

Der gebürtige Russe Kandinsky war allerdings<br />

Abb. 4: Wassily Kandinsky (1866–1944): Murnau,<br />

Häuser am Obermarkt, 1908, Öl auf Karton, 64,5 x 50,2 cm,<br />

Colección Carmen Thyssen-Bornemisza en depósito en el<br />

Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid.<br />

Abb. 5: Gabriele Münter (1877–1962): Landschaft mit Kirche,<br />

1910, Öl auf Malkarton, 33 x 44,8 cm, Sammlung Ströher,<br />

Darmstadt.<br />

verheiratet. Ungeachtet dessen währte die Beziehung zwischen<br />

ihm und der mehr als zehn Jahre jüngeren Münter<br />

bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. In beider<br />

künstlerischer Entwicklung bedeutete ein Aufenthalt im<br />

bayerischen Murnau im Spätsommer 1908 einen entscheidenden<br />

Wendepunkt. In allerkürzester Zeit gelangten<br />

sie dort zu ganz neuartigen malerischen Ausdrucksmitteln,<br />

nach denen sie lange gesucht hatten – zu einem<br />

farbenstarken und expressiven Stil mit flüssigem und<br />

spontanem Duktus. Nicht zuletzt in dieser nah verwandten<br />

Maltechnik äußert sich die enge gemeinsame Arbeit<br />

Münters und Kandinskys in jenen Jahren (Abb. 4 und 5).<br />

Die Zeit seit dem Murnau-Aufenthalt gestaltete sich für<br />

beide Künstler äußerst produktiv; durch große Schaffenskraft<br />

beider sind diese Jahre gekennzeichnet, wobei Münters<br />

künstlerische Entwicklung parallel zu der Kandinskys<br />

verlief, aber durchaus eigenständig. Die ausgestellten<br />

Werke legen hiervon Zeugnis ab. Wie der erhaltene<br />

Briefwechsel allerdings verrät, scheint eine allmähliche<br />

Entzweiung beider Künstler bereits in jenen Jahren ihren<br />

Anfang genommen zu haben. Kandinsky erklärte damals<br />

die Entwicklung der Malerei hin zur Gegenstandslosigkeit<br />

zu seiner neuen Lebensaufgabe und revolutionierte die<br />

<strong>Kunst</strong> mit einer ganz neuen Bildsprache; Münters Schaffenskraft<br />

ließ nach 1913 hingegen nach. Mit Ausbruch des<br />

Ersten Weltkriegs emigrierten die Künstler gemeinsam in<br />

die Schweiz, doch kurze Zeit später verließ der Maler die<br />

Lebensgefährtin und ging zurück in seine Heimat Russland.<br />

Dass Kandinsky sich schließlich von ihr trennte, ließ<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

21


Münter verzweifeln; sie stürzte in eine Schaffenskrise.<br />

Nach Jahren der Depression begann sie erst am Ende der<br />

1920er Jahre wieder zu arbeiten. Ihr ehemaliger Lebensgefährte<br />

ging als einer der bedeutendsten Künstler des 20.<br />

Jahrhunderts in die <strong>Kunst</strong>geschichte ein.<br />

Weiter führt uns die Ausstellung nach Russland, wo<br />

Frauen am Vorabend des Ersten Weltkrieges an den<br />

künstlerischen Neuerungen der Avantgarde maßgeblichen<br />

Anteil hatten und schon vergleichsweise früh in<br />

Künstlerpaar-Beziehungen eine ganz eigenständige und<br />

gleichberechtigte Rolle spielten. Die Gründe für diese<br />

emanzipierte Konstellation sind im Frauenbild der russischen<br />

Gesellschaft zu suchen. Gleichberechtigung in<br />

der Ehe war seit den 1860er Jahren unter liberalen Ge<strong>ist</strong>ern<br />

eine Selbstverständlichkeit, was die Grundlage für<br />

partnerschaftliches Engagement bildete. Dies wiederum<br />

spiegelte sich auch im Zusammenhalt der Künstlerpaare,<br />

wovon die Beziehung Natalia Gontscharowas (1881-1962)<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

22 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 6: Natalia Gontscharowa (1881–1962): Arbeiten auf einem<br />

Kartoffelacker (Kartoffelernte), um 1908/09, Öl auf Leinwand,<br />

111 x 131 cm, Centre Pompidou, Musée national d’art moderne<br />

– Centre de création industrielle, Paris, Inv.-Nr. AM 1988-879,<br />

Donation de l’Etat soviétique en 1988, En dépôt, Strasbourg,<br />

Musée d’art moderne et contemporain, 1998.<br />

und Michail Larionows (1881-1964) wie auch ihre <strong>Kunst</strong><br />

eindrucksvoll Zeugnis ablegen (Abb. 6 und 7). Im Leben<br />

wie in der <strong>Kunst</strong> verstanden sich beide als gleichberechtigte<br />

Streiter für ein gemeinsames Ziel.<br />

Die Ausstellung widmet sich des weiteren Hannah Höch<br />

(1889-1978) und Raoul Hausmann (1886-1971). Sieben Jahre<br />

lang waren die beiden ein Paar; im April des Jahres 1915<br />

lernten sie sich kennen, als Höch in Berlin an der Staatlichen<br />

Lehranstalt des <strong>Kunst</strong>gewerbemuseums studierte.<br />

Bis 1922 währte beider Lebens- und Arbeitsgemeinschaft<br />

– eine Beziehung, die stets ebenso leidenschaftlich und<br />

problematisch wie künstlerisch produktiv war. Über


Hausmann kam Höch in Kontakt mit jenen Künstlerkreisen,<br />

die eine ‚neue <strong>Kunst</strong>‘ für einen ‚neuen Menschen‘<br />

schaffen wollten; Aufbruchstimmung in eine ‚neue Zeit‘<br />

herrschte zu Beginn des Ersten Weltkrieges in den Zirkeln<br />

der Berliner Avantgarde. In den Jahren nach 1918,<br />

der Geburtsstunde der Berliner Dada-Bewegung, standen<br />

Hausmann und Höch im Zentrum des dada<strong>ist</strong>ischen<br />

Geschehens. Außer in Zürich und Berlin gründeten sich<br />

auch in Hannover, Köln und Paris Dada-Bewegungen.<br />

Ihnen allen gemein war die grundsätzliche Kritik an jeglichen<br />

bestehenden Konzepten<br />

in <strong>Kunst</strong>, Literatur und<br />

Gesellschaft, eine gezielt<br />

angewendete Banalität des<br />

künstlerischen Ausdrucks<br />

sowie spielerischer Einsatz<br />

des Zufälligen. Mit der Ersten<br />

Internationalen Dada-Messe<br />

im Juli 1920 hatte die Bewegung<br />

in Berlin ihren Zenith<br />

aber auch schon überschritten,<br />

und mit Dada starb sozusagen<br />

auch die Liebe zwischen<br />

Höch und Hausmann.<br />

1922 endete die Beziehung.<br />

Nach zehnjähriger Pause<br />

traten beide dann wieder in<br />

Kontakt und blieben zeitlebens<br />

in Verbindung.<br />

Auch das Paar Hans Arp<br />

(1886-1966) und Sophie<br />

Taeuber-Arp (1889-1943), das<br />

28 produktive und von gegenseitiger<br />

menschlicher<br />

und künstlerischer Wertschätzung<br />

geprägte Jahre<br />

miteinander verlebte,<br />

gehörte in jenen Jahren<br />

dem Dada-Zirkel an. Hans<br />

arbeitete als Maler, Zeichner,<br />

Bildhauer und Dichter,<br />

während Sophie im Bereich<br />

der angewandten <strong>Kunst</strong><br />

überaus erfolgreich war. Sie<br />

leitete an der <strong>Kunst</strong>gewerbeschule<br />

in Zürich die Textilklasse,<br />

und ihre Design-<br />

und Architektur-Entwürfe<br />

setzten Maßstäbe. Zusammen gehörten die Arps später<br />

zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe „Cercle<br />

et Carré“ und traten auch gemeinsam der Bewegung<br />

„Abstraction-Création“ bei. Eine Besonderheit in beider<br />

Œuvre stellen die sogenannten ‚Duo-Arbeiten‘ dar – Gemälde,<br />

Zeichnungen und Collagen, auch Textilarbeiten,<br />

die Hans und Sophie als Gemeinschaftsarbeiten schufen<br />

(Abb. 8). Um den Aspekt der gemeinschaftlichen<br />

Schöpfung zu unterstreichen, suchten beide in diesen<br />

Werken jegliche persönliche Handschrift zu vermei-<br />

Abb. 7: Michail Larionow (1881-1964): Portrait eines Athleten<br />

(Der Maler Wladimir Burljuk), 1910, Öl auf Leinwand,<br />

132 x 104 cm, Musée des Beaux-Arts de Lyon.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

23


den – ein eindrucksvolles Zeugnis für eine Lebens- und<br />

Liebesgemeinschaft, deren Harmonie und absolutes Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

ihre Fortführung in der ‚gemeinsamen‘<br />

<strong>Kunst</strong> fanden. Und auch nachdem Sophie<br />

1943 bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen<br />

war, führte Hans den künstlerischen Dialog mit seiner<br />

Frau bis zu seinem Lebensende fort. So zitierte er in seinen<br />

‚re-créations‘ Werke seiner verstorbenen Frau und<br />

setzte sie in den ihm vertrauten <strong>Kunst</strong>formen in einen<br />

neuen Bedeutungszusammenhang. Von einer großen<br />

Liebe, die über den Tod der Partnerin Bestand hatte, zeugen<br />

nicht zuletzt auch seine zahlreichen Gedichte.<br />

Fast paradox mutet hingegen die Geschichte Sonia Delaunay-Terks<br />

(1885-1979) an, einer vielversprechenden<br />

jungen Künstlerin, die ihrem Mann Robert (1885-1941)<br />

das Feld überließ. Um den Lebensunterhalt der kleinen<br />

Familie zu sichern, schuf sie Mode, Stoffmuster und<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

24 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 8: Sophie Taeuber-Arp (1889–1943) und Hans Arp<br />

(1886–1966): Duo-Collage, 1918, Papier, Karton und Silberfolie<br />

auf Pappe, 82 x 62 cm, Staatliche Museen zu Berlin,<br />

Nationalgalerie.<br />

<strong>Kunst</strong>handwerk und machte sich schließlich auf diesem<br />

Gebiet wiederum einen besonderen Namen als Künstlerin.<br />

Erst nach Schließung von Atelier und Werkstatt<br />

1931 wandte Sonia sich wieder verstärkt der Malerei zu.<br />

In den Gemälden dieser Jahre, wie schon in den frühen<br />

Bildern vor dem Ersten Weltkrieg und ihren Arbeiten<br />

aus dem Bereich der angewandten <strong>Kunst</strong>, erkennen wir<br />

eine deutliche Nähe zur <strong>Kunst</strong> ihres Mannes. Dieser hatte<br />

über seine berühmten Serien der Eiffelturm-, der Saint-<br />

Séverin- und der Fenster-Bilder ganz neue Wege in der<br />

Malerei eingeschlagen. Seine mit der Zeit gegenstandslos<br />

gewordene <strong>Kunst</strong> des Orphismus – eine durch Licht<br />

und befreite Farbe gekennzeichnete Malerei – fand ein<br />

Pendant in Sonias abstrakten, aus rhythmischen Farbharmonien<br />

gebildeten Werken. Sonia überlebte Robert,<br />

der 1941 einem Krebsleiden erlag, um fast 40 Jahre, die sie<br />

weiterhin in großer Produktivität verbrachte. Zunächst<br />

widmete sie sich jedoch der Regelung des Nachlasses<br />

ihres Mannes und sorgte durch Organisation zahlreicher<br />

Ausstellungen mit seinen Werken für eine stetige Würdigung<br />

seines Schaffens.<br />

Die Ausstellung Künstlerpaare beschreibt auch die Beziehung<br />

der bildenden <strong>Kunst</strong> zu den anderen Künsten. Neben<br />

der Malerei und der Skulptur <strong>ist</strong> dabei an die angewandte<br />

<strong>Kunst</strong> zu denken oder auch an die Photographie<br />

– womit wir amerikanischen Boden betreten.<br />

Als sich die Malerin Georgia O‘Keeffe (1887-1986) und<br />

der Photograph Alfred Stieglitz (1864-1946) in New York<br />

kennen lernten, war sie eine unbekannte junge Schönheit<br />

aus der Provinz – er, mehr als 20 Jahre älter, ein arrivierter<br />

Künstler, der die europäische Avantgarde in<br />

Amerika durch innovative Ausstellungen in seinen Galerien<br />

erst bekannt gemacht hatte. Die folgenden Jahre<br />

waren ein Geben und Nehmen zwischen den beiden Liebenden.<br />

Alfred Stieglitz organisierte Ausstellungen mit<br />

Werken O‘Keeffes und sorgte dafür, dass die junge Frau<br />

Eingang zu den avantgard<strong>ist</strong>ischen Kreisen der amerikanischen<br />

Metropole New York erhielt. Georgia wiederum<br />

inspirierte Alfred Stieglitz, dessen künstlerische Ambitionen<br />

zum Zeitpunkt beider Begegnung ihren Zenith<br />

bereits überschritten zu haben schienen, zu neuen,<br />

überzeugenden Le<strong>ist</strong>ungen. In seinen zahllosen Portraitphotographien<br />

näherte er sich seiner Frau auf unterschiedlichste<br />

Art und hielt ihre faszinierende Persönlichkeit<br />

in eindrucksvoller Weise für die Nachwelt fest (Abb.<br />

10). Und seine ‚Equivalents‘, in denen er verschiedenste<br />

Wolkenformationen zeigt, stehen wiederum den frühen<br />

abstrakten Werken seiner Frau nahe. Nach Stieglitz‘ Tod<br />

und der Regelung seines Nachlasses zog sich O‘Keeffe<br />

völlig in die Einsamkeit der Wüste New Mexicos zurück,


die ihr bereits in den Jahren der Ehe Rückzugsort vor dem<br />

lärmenden Großstadtleben gewesen war – wie wohl auch<br />

vor ihrem Mann, dessen lebhaftes Naturell sich von dem<br />

ihren so sehr unterschieden hatte. Sie hinterließ ein Gesamtwerk,<br />

dem die <strong>Kunst</strong> des amerikanischen Realismus<br />

des 20. Jahrhunderts entscheidende Impulse verdankt<br />

(Abb. 9). Stieglitz wiederum trug mit seinem Werk dazu<br />

bei, der Photographie zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum<br />

Rang einer eigenständigen <strong>Kunst</strong>gattung zu verhelfen.<br />

Von Amerika nach Mexiko – von O‘Keeffe und Stieglitz<br />

zu Frida Kahlo (1907-1954) und Diego Rivera (1886-1957):<br />

Deren Lebensgeschichte zählt ohne Zweifel zu den bekanntesten<br />

der <strong>Kunst</strong>geschichte. Daneben steht ihr<br />

Schaffen, das – zumindest auf den ersten Blick – so verschieden<br />

<strong>ist</strong> wie beider Äußeres: Diego, hünenhaft groß<br />

und wohlbeleibt, erlangte vor allem mit monumentalen<br />

Wandmalereien Berühmtheit. Seine <strong>Kunst</strong> widmete er<br />

überwiegend den ‚großen‘ Themen: der H<strong>ist</strong>orie seines<br />

mexikanischen Heimatlandes wie auch den wirtschaftlichen<br />

und technischen Errungenschaften Amerikas.<br />

Frida hingegen, eine zarte, kränkliche Person, schuf<br />

me<strong>ist</strong> kleinformatige Werke, in denen sie sich fast aus-<br />

Abb. 9: Georgia O’Keeffe (1887–1986): Mohnblumen, 1927,<br />

Öl auf Leinwand, 76,2 x 101,6 cm, lent by the Frederick R.<br />

Weisman Art Museum, University of Minnesota, Minneapolis,<br />

Museum purchase.<br />

nahmslos mit ihrem eigenen Leben auseinandersetzte.<br />

Eine stetige Selbstreflexion, verbunden mit einem<br />

starken Hang zur Selbstinszenierung: Dies sind denn<br />

wohl auch die wichtigsten Charakter<strong>ist</strong>ika der <strong>Kunst</strong> Frida<br />

Kahlos (Abb. 1) – Merkmale wiederum, die in Riveras<br />

Werk fast gänzlich fehlen. Denn er malte für das Volk,<br />

sie malte für sich, für Diego, ihre Freunde und einen kleinen<br />

Kreis von Käufern. Bei näherer Betrachtung lassen<br />

sich in beider Schaffen – neben allen Unterschieden –<br />

aber auch wesentliche Gemeinsamkeiten ausmachen,<br />

etwa die tiefe Verbundenheit mit dem Heimatland Mexiko<br />

oder die politische Gesinnung beider, die ein enges<br />

Band zwischen den Partnern war und Widerhall in ihrer<br />

<strong>Kunst</strong> fand. Trotz aller Höhen und Tiefen, die das Paar<br />

durchlebte, müssen sich beide – auf ihre jeweilige Art<br />

– abgöttisch geliebt haben. Anders ließe sich kaum erklären,<br />

warum sie die Eskapaden des anderen ertrugen.<br />

Seit beider Tod haben sich zahlreiche Mythen um Leben<br />

und Schaffen gerankt. Dabei gilt, dass diese Mythen die<br />

Rezeption ihrer Werke genauso beeinflussen, wie die<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

25


Bilder selbst zur Mythenbildung anregen.<br />

Wohl nicht minder bekannt sind Lee Krasner (1908-1984)<br />

und Jackson Pollock (1912-1956) – wobei die lange Zeit<br />

vorherrschende Lesart ihrer Geschichte revidiert werden<br />

muss. Das alkoholkranke Genie Pollock und die im Schatten<br />

seiner Kreativität dilettierende Krasner: Diese – hier<br />

bewusst überspitzt ausgedrückte – Wertung <strong>ist</strong> längst<br />

überholt. Nach Ausbildungen an der Women‘s Art School<br />

of Cooper Union und an der National Academy of Design<br />

hatte Krasner die fortschrittliche Hans Hofmann School<br />

of Fine Arts besucht, wo sie mit den Strömungen der europäischen<br />

Moderne bekannt geworden war. Mitglied der<br />

Gruppe „American Abstract Art<strong>ist</strong>s“ war sie bereits zum<br />

Zeitpunkt des Kennenlernens eine ernstzunehmende<br />

Künstlerin, die sich in den Kreisen der amerikanischen<br />

Avantgarde viel selbstverständlicher bewegte, als Pollock<br />

dies zum damaligen Zeitpunkt tat. Dass er – ebenso<br />

hochbegabt wie exzentrisch – zu den Ausnahmeerscheinungen<br />

der <strong>Kunst</strong> der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

26 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 10: Alfred Stieglitz (1864–1946): Georgia O’Keeffe, um<br />

1920, Originalabzug, Palladiumdruck, 25 x 20 cm, Collection of<br />

Michael Mattis and Judith Hochberg, New York.<br />

zählt, bleibt unbestritten. Davon, dass der ‚einsame Wolf‘<br />

einen durchaus produktiven künstlerischen Dialog mit<br />

seiner Partnerin Krasner führte, erzählt die Ausstellung<br />

– wobei auffällig <strong>ist</strong>, dass beide Künstler ihre kreativsten<br />

Phasen keineswegs parallel durchlebten. Vielmehr waren<br />

künstlerische Fortschritte des einen häufig begleitet von<br />

wenig produktiven Phasen des Partners. Ein Phänomen,<br />

das bislang vielfach zu Lasten der künstlerischen Eigenständigkeit<br />

Krasners ausgelegt worden <strong>ist</strong> – ganz zu Unrecht,<br />

wie ihre Werke belegen.<br />

Mit Ray (1912-1988) und Charles Eames (1907-1978) begegnen<br />

wir einem Paar, dessen innovatives Möbeldesign<br />

bis heute Wertschätzung findet. Im idealen Zusammenspiel<br />

von Lebens- und Arbeitsgemeinschaft schufen<br />

Eames & Eames gemeinsam ein beeindruckendes Lebenswerk,<br />

für das noch heute der Doppelname Synonym<br />

<strong>ist</strong>. In der amerikanischen Nachkriegsgesellschaft standen<br />

ihre Möbel für ebenso zweckmäßiges wie ansprechendes<br />

Design. Dass das Paar dabei seinen ganzen Ehrgeiz<br />

daran setzte, seine Möbel industriell herstellbar zu<br />

machen – das heißt in Massenanfertigung zu produzieren<br />

–, zahlte sich in den geringeren Produktionskosten<br />

aus. Entsprechend konnten Stühle, Tische, Regale etc.<br />

zu vergleichsweise niedrigen Preisen angeboten werden.<br />

Die amerikanische Mittelstandsgesellschaft dankte<br />

es den Eames. Diese experimentierten stetig weiter,<br />

nicht nur mit Schichtholz, sondern auch mit Materialien<br />

wie <strong>Kunst</strong>stoff und Draht. Daneben konzipierte das Paar,<br />

um das mit der Zeit ein gewaltiger Mitarbeiterstab zum<br />

Eames Office anwuchs, Ausstellungen und Publikationen,<br />

drehte Filme, widmete sich Architekturentwürfen<br />

und produzierte Spielzeug. Ein Objekt wie der ausgestellte<br />

‚Lounge Chair‘ (Abb. 11) gehört zweifelsohne zu<br />

den Klassikern unter den Möbeln der Nachkriegszeit.<br />

Am Ende der Ausstellung kehren wir zurück nach Europa,<br />

in die Pariser <strong>Kunst</strong>szene der 1960er Jahre, als deren<br />

‚Bonnie und Clyde‘ das exzentrische Künstlerpaar Niki<br />

de Saint Phalle (1930-2002) und Jean Tinguely (1925-1991)<br />

galt. 1956 lernten sich die beiden in der französischen<br />

Hauptstadt kennen. Vier Jahre später wurden Niki und<br />

Jean ein Paar, bezogen in Paris eine gemeinsame Wohnung<br />

und teilten fortan Bett und Atelier. Tinguely hatte<br />

zu diesem Zeitpunkt schon nennenswerte Erfolge als<br />

Künstler zu verzeichnen und pflegte enge Kontakte zur<br />

Pariser <strong>Kunst</strong>szene. Seine Verbindungen erleichterten<br />

Niki ab 1960 den Einstieg in die <strong>Kunst</strong>szene. In den nachfolgenden<br />

Jahren bere<strong>ist</strong>en die beiden Europa, die USA<br />

und Mexiko, wobei sie am Ort ihres Besuches nicht selten<br />

auch künstlerisch tätig waren. Das umfangreiche Ge-


Abb. 11: Ray Eames (1912–1988) und Charles Eames<br />

(1907–1978) [Entwurf]; Herman Miller Collection Vitra,<br />

Weil am Rhein [Herstellung]: Lounge Chair und Ottoman,<br />

(Entw.: 1956, Herst.: 1987), Schichtholzschalen, Palisanderfurnier,<br />

Schwarzes Leder, Aluminium-Druckguß,<br />

H. 80 x B. 80 x T. 89 cm (Lounge Chair), H. 43 x B. 64 x T 44 cm<br />

(Ottoman), Museum für Angewandte <strong>Kunst</strong> Köln,<br />

Inv.-Nr. A 1733 a und b.<br />

samtwerk Niki de Saint Phalles <strong>ist</strong> äußerst vielgestaltig;<br />

besonders bekannt wurden ihre aus unterschiedlichsten<br />

Alltagsfundstücken zusammengefügten Assemblagen,<br />

die ‚Nana‘-Skulpturen wie auch ihre großformatigen<br />

Außenskulpturen. Jean, der sich selbst als ‚Technikkünstler‘<br />

bezeichnete, erlangte Berühmtheit vor allem als<br />

Konstrukteur höchst eigenwilliger kinetischer Maschinen-<br />

und Klangskulpturen, die als spielerisch-skurrile Figurenwelt<br />

ebenso zu faszinieren vermögen wie als interaktives<br />

Ereignis. Dass das Paar gerne die Interaktion mit<br />

dem Publikum suchte, mündete in zahlreichen Gemeinschaftsprojekten.<br />

Nicht zuletzt in diesen bedeutenden<br />

Skulpturenprojekten kommt denn auch jene besonders<br />

geartete Form der privaten und künstlerischen Verbindung<br />

zum Ausdruck, die Saint Phalle und Tinguely mit<br />

Beginn der 1960er-Jahre eingingen – ein Zusammen und<br />

Miteinander, das beide Künstler nachweislich als Privileg<br />

empfanden und lebenslang pflegten, und das auf hoher<br />

gegenseitiger menschlicher wie künstlerischer Wertschätzung<br />

basierte.<br />

Den Besuchern der Ausstellung die genannten 13 Paare<br />

nahe zu bringen, als Künstler und als Menschen, <strong>ist</strong> die<br />

Intention der Künstlerpaare. Dazu erzählt die Ausstellung<br />

von deren Leben, richtet den Fokus auf das künstlerische<br />

Schaffen der gemeinsam verbrachten Jahre und zeigt die<br />

unterschiedlichen Strukturen der Paarkonstellationen auf<br />

– im Fluss zwischen <strong>Kunst</strong> und Leben. Dabei bedeuten 13<br />

Paare immer auch 26 Künstler, jeder von ihnen eine singuläre<br />

Künstlerpersönlichkeit mit einem ganz eigenstän-<br />

digen Œuvre.<br />

Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museums &<br />

Fondation Corboud:<br />

Künstlerpaare. Liebe, <strong>Kunst</strong> & Leidenschaft<br />

31. Oktober 2008 bis 08. Februar 2009<br />

Autorin:<br />

Barbara Schaefer M. A.<br />

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud<br />

of love, of art.<br />

art<strong>ist</strong> couples: love, art and Passion<br />

Claudel & rodin, Kahlo & riviera or Münter & Kandinsky<br />

– for almost anyone with an interest in art,<br />

these are the familiar names of art<strong>ist</strong> couples. to<br />

this day, however, there has been no comprehensive<br />

show to place the theme of ‘couples in art’ centrestage<br />

with a larger number of art<strong>ist</strong>s and their works<br />

and by means of a general survey, to illuminate the<br />

ways eminent art<strong>ist</strong> couples have worked and related.<br />

now, Künstlerpaare – Liebe, <strong>Kunst</strong> und Leidenschaft<br />

contemplates the life, loves and work of thirteen<br />

renowned art<strong>ist</strong> couples. From 31 October, 2008 to<br />

8 February, 2009 at the Wallraf, over one hundred<br />

exhibits tell of the influence of love on art and viceversa.<br />

the exhibition offers a view behind the scenes<br />

of this fascinating topic and in the process takes the<br />

visitor through various eras in the h<strong>ist</strong>ory of art.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

27


looking for Mushrooms. Beat Poets,<br />

Hippies, Funk, Minimal Art –<br />

san Francisco 1955-1968<br />

von Jee-Hae Kim<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

28 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Bereits die umfassende Künstlerl<strong>ist</strong>e lässt<br />

den Facettenreichtum der ausstellung<br />

„looking for Mushrooms. Beat Poets, hippies,<br />

Funk, Minimal art – San Francisco 1955-1968“<br />

erahnen. hier stehen die namen bildender<br />

Künstler neben denen von Filmemachern,<br />

dichtern, Schauspielern, Photographen, tänzern,<br />

Musikern und Comiczeichnern. tatsächlich<br />

waren für das <strong>Kunst</strong>schaffen der 1950er<br />

und 1960er Jahre in und um San Francisco<br />

vor allem die vielfältigen Kooperationen und<br />

der rege austausch der in verschiedenen Bereichen<br />

tätigen Künstler kennzeichnend. in<br />

einem Kreis von Gleichgesinnten wurde ein<br />

Verständnis von <strong>Kunst</strong> entwickelt, das Gattungsgrenzen<br />

auflöste, sich von tradierten<br />

Kategorien befreite und über die Stadtgrenzen<br />

hinaus wichtige impulse setzte.<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg zog es viele<br />

Künstler und dichter nach San Francisco.<br />

Die Stadt galt als liberal und offen, viele von ihnen sahen<br />

hier die Möglichkeit, relativ unbeeinflusst von der<br />

herrschenden repressiven Politik und ihren Maßnahmen,<br />

wie den anti-kommun<strong>ist</strong>ischen Kampagnen des<br />

US-Senators Joseph McCarthy, alternative Lebens- und<br />

<strong>Kunst</strong>formen zu erproben. Von den Künstlern selbst betriebene<br />

Galerien, Zeitschriften und Buchhandlungen<br />

wurden als Plattform des künstlerischen Ausdrucks und<br />

gegenseitigen Austausches genutzt. Diese blieben jedoch<br />

von der allgemeinen Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet.<br />

Ohnehin waren viele künstlerische Aktivitäten<br />

in den eher privaten Bereich verlagert und entzogen sich<br />

somit der öffentlichen Aufmerksamkeit, denn die Künstler<br />

arbeiteten nicht nur zusammen, sondern waren oftmals<br />

durch familiäre Strukturen auch privat miteinander<br />

verbunden.<br />

Wallace Bermans (1926-1976) ‚Semina‘ (Abb. 1) konnte<br />

weder gekauft noch bestellt werden. Die aus eigenen<br />

Arbeiten und denen befreundeter Künstler und Dichter,<br />

als auch Texten geschätzter Schriftsteller zusammengestellte<br />

Zeitschrift wurde von Berman handgefertigt und<br />

dann an Freunde und Bekannte versandt. Auf diese Weise<br />

unterlief Berman die Prinzipien einer kommerziellen<br />

Vermarktung und brach die Spielregeln des Konsums.<br />

Zwischen 1955 und 1964 entstanden so neun Ausgaben,<br />

von denen fünf in San Francisco gefertigt wurden. Die mit<br />

dem Kreieren von Semina verbundenen Prozesse waren<br />

dabei wesentlicher Bestandteil der Zeitschrift.<br />

Die Bedeutung von Prozessen, aber auch der performative<br />

Charakter, der bei vielen Werken der Künstler in San<br />

Francisco jener Zeit zu beobachten <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> auch für das


Abb. 1: Wallace Berman: Semina Suitcase, ca. 1960,<br />

Collection of Shirley Berman.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

29


Verständnis der Slant Step Show wichtig. Die Ausstellung,<br />

die 1966 in der Berkeley Gallery eröffnet wurde, wurde um<br />

ein gefundenes Objekt, dem ‚Slant Step‘ (Abb. 2), konzipiert.<br />

William T. Wiley (geb. 1937), der den ‚Slant Step‘ entdeckt<br />

und dann Bruce Nauman (geb. 1941) geschenkt hatte,<br />

initiierte die Ausstellung. Die Anekdoten, die sich um<br />

das Objekt und die Ausstellung ranken, zeigen, dass es bei<br />

der Slant Step Show weniger um das Schaffen eigenständiger<br />

<strong>Kunst</strong>werke ging, als vielmehr um die Aktivitäten<br />

und Geschichten, die sich aus der gemeinschaftlichen Beschäftigung<br />

mit diesem Objekt heraus entwickelten.<br />

Ein weiteres Feld für Kooperationen stellte das Medium<br />

Film dar. Bei den Filmen The Cage (1947), The Flower Thief<br />

(1960) und The Great Blondino (1967) (Abb. 3) handelt es<br />

sich um Gemeinschaftsarbeiten, dessen Antihelden mit<br />

ihren infantilen und ziellosen Handlungen so gar nicht<br />

in die auf Effizienz und Le<strong>ist</strong>ung ausgerichtete damalige<br />

Gesellschaft passten. Diese Filme waren somit Provokation<br />

als auch ironischer Kommentar zu den bestehenden<br />

Verhältnissen.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

30 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 2: Anonym: The Original „Slant Step“, undatiert,<br />

New York Society for Preservation of the Slant Step.<br />

Eine Reihe von Filmen bezieht die alltägliche Handlung<br />

mit in die künstlerische Arbeit ein bzw. macht Alltagsgeschehen<br />

zum Motiv der <strong>Kunst</strong>. Der Film Five Art<strong>ist</strong>s. BILL-<br />

BOBBILLBILLBOB (1971) von Gunvor Nelson (geb. 1931) und<br />

Dorothy Wiley portraitiert fünf befreundete Künstler in<br />

ihrem persönlichen Umfeld mit Familie und Freunden.<br />

Die Aufnahmen zeigen alltägliche Handlungen wie Rauchen<br />

oder Fischen.<br />

Die Verschränkung von <strong>Kunst</strong> und Alltag oder Leben <strong>ist</strong><br />

auch ein wichtiges Anliegen bei Anna Halprin (geb. 1920).<br />

Halprin hatte mit ihrem 1955 gegründeten „San Francisco<br />

Dancer’s Workshop“ nicht nur wesentlich zur Entwicklung<br />

des neuen amerikanischen Tanzes beigetragen,<br />

sondern setzte sich mit Stücken wie Blank March Protest<br />

aus dem Jahre 1967 (Abb. 4) oder Right On. Ceremony of US<br />

(1969) mit der politischen Situation Amerikas auseinander.<br />

Die „R. G. Davis Mime Troupe“ (später umbenannt in:<br />

„The San Francisco Mime Troupe“) war in ihren Ansätzen<br />

noch radikaler. Sie wollten nicht nur kommentieren, sondern<br />

mit ihrem Straßentheater tatsächliche gesellschaftliche<br />

Veränderungen bewirken.<br />

Abb. 3: Robert Nelson: „The Great Blondino“ (Chuck Wiley)<br />

im San Francisco Zoo, Still aus dem Film „Blondino“, 1967.


Abb. 4: Anna Halprin: A Blank March Protest, 1967.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

31


Zeitgleich zu diesen diversen Strömungen im Bereich der<br />

Künste entwickelte sich in den 1960ern eine vielfältige Kultur<br />

des Protestes und der Rebellion. 1955, bei der ersten<br />

Lesung von Allen Ginsbergs (1926-1997) Howl (1955) hatte<br />

das Publikum in der Six Gallery aus einem überschaubaren<br />

Kreis befreundeter Künstler und Dichter bestanden. Zwölf<br />

Jahre später beim Human Be-in des Summer of Love 1967<br />

lauschten mehrere Tausend diesem wohl populärsten Gedicht<br />

der Beatgeneration (Abb. 5).<br />

Die „Black Panther“ setzten sich für die Rechte der afroamerikanischen<br />

Bevölkerung ein, im Umfeld der University<br />

of California, Berkeley, kämpfte die „Free Speech Movement“<br />

für das Recht auf freie Meinungsäußerung auch an<br />

den Universitäten. Ken Kesesy und die Merry Pranksters<br />

fuhren in einem umgebauten Schulbus durch Amerika<br />

und propagierten die Einnahme von LSD.<br />

In der Ausstellung Looking for Mushrooms werden nun<br />

diese kulturellen und gesellschaftlichen, politischen,<br />

künstlerischen Entwicklungen anhand eines vielseitigen<br />

Ausstellungsprogrammes, zu dem auch ein ausführliches<br />

Filmprogramm zählt, wieder lebendig gemacht. Des Weiteren<br />

wird hier der Blick auf einen blinden Fleck der <strong>Kunst</strong>geschichte<br />

gerichtet. Denn im Gegensatz zur <strong>Kunst</strong> New<br />

Yorks <strong>ist</strong> noch wenig bekannt über die <strong>Kunst</strong> der Westküste<br />

Amerikas.<br />

Der Titel der Ausstellung <strong>ist</strong> dem Film Looking for<br />

Mushrooms (1959-1967) von Bruce Conner (1933-2008)<br />

entlehnt; und genauso kaleidoskopisch wie der aus bunten<br />

Filmsequenzen zusammengesetzte Film dürfte auch<br />

die Ausstellung sein.<br />

Ausstellung des Museum Ludwig Köln:<br />

Looking for Mushrooms. Beat Poets, Hippies, Funk,<br />

Minimal Art – San Francisco 1955-1968<br />

8. November 2008 bis 1. März 2009<br />

Literatur:<br />

Looking for mushrooms. Beat Poets, Hippies, Funk, Minimal<br />

Art – San Francisco 1955-1968, Ausst.-Kat., Museum<br />

Ludwig (Köln 2008).<br />

Autorin:<br />

Jee-Hae Kim<br />

Kuratorische Ass<strong>ist</strong>enz der Ausstellung<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

32 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

looking for Mushrooms. Beat Poets,<br />

hippies, Funk, Minimal art - San Francisco<br />

1955-1968<br />

the fact that the l<strong>ist</strong> of art<strong>ist</strong>s extends over<br />

several lines already suggests the wealth of aspects<br />

considered in the exhibition, Looking for<br />

Mushrooms. Beat Poets, Hippies, Funk, Minimal<br />

Art – San Francisco 1955-1968. the names of visual<br />

art<strong>ist</strong>s stand beside those of film-makers, poets,<br />

actors/actresses, photographers, dancers, musicians<br />

and cartoon<strong>ist</strong>s – not surprisingly, since<br />

a definitive feature of the art generated in and<br />

around san Francisco in the 1950s and 1960s was<br />

the art<strong>ist</strong>s’ manifold co-operation and lively exchange<br />

out of the different fields in which they<br />

were primarily active. largely unnoticed by the<br />

public at large, an understanding evolved in the<br />

small circle of like minds that erased the confines<br />

of genre, broke free of received categories and<br />

also made more than ephemeral waves beyond<br />

the city limits. in fact this was the laying of the<br />

critical foundation stone for counter-culture movements<br />

to come.<br />

the current show brings the cultural and social,<br />

political and art<strong>ist</strong>ic developments of the time<br />

back to life in a highly varied exhibition programme<br />

which also includes a comprehensive selection<br />

of films. in the process it also draws attention<br />

to a blind spot in the h<strong>ist</strong>ory of art, for, unlike the<br />

new York art scene, the art of the u.s. West Coast<br />

is still far from part of general knowledge.<br />

the exhibition title has been borrowed from the<br />

film, Looking for Mushrooms (1959-67) by Bruce<br />

Conner (1933-2008), and visitors to the show<br />

should find it every bit as kaleidoscopic as the vivid<br />

patchwork of sequences making up the film.


Abb. 5: Lisa Law: Allen Ginsberg, Human Be-In, San Francisco,<br />

14.01.1967, 1967.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

33


Feuer & erde: Chinesische Frühkeramik<br />

im Museum für Ostasiatische <strong>Kunst</strong><br />

von Adele Schlombs<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

34 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

die chinesische Frühkeramik (ca. 4000<br />

v. Chr. - 1400 n. Chr.) zählt zu den Sammlungsschwerpunkten<br />

des Museums für ostasiatische<br />

<strong>Kunst</strong> in Köln, das im Jahr 2009<br />

sein 100-jähriges Gründungsjubiläum feiert.<br />

Jiena huo, absolventin der Beijing Universität<br />

und Spezial<strong>ist</strong>in auf dem Gebiet der Keramik,<br />

hat die Sammlung systematisch gesichtet,<br />

selektiert und bearbeitet. das ergebnis<br />

<strong>ist</strong> eine auswahl von 214 objekten, die in der<br />

Sonderausstellung „Feuer und erde“ erstmalig<br />

zusammenhängend präsentiert werden.<br />

darüber hinaus enthält die Sonderausstellung<br />

dauerleihgaben der Sammlung ludwig<br />

sowie spektakuläre chinesische Grabkeramik<br />

des 6.-8. Jahrhunderts aus einer Kölner<br />

Privatsammlung. Zur ausstellung <strong>ist</strong> ein<br />

reich bebilderter deutsch-englischer Katalog<br />

unter dem titel „Feuer und erde: Chinesische<br />

Frühkeramik im Museum für ostasiatische<br />

<strong>Kunst</strong> Köln“ erschienen.<br />

eine Sammlung, die alle entscheidenden entwicklungsstufen<br />

chinesischer Frühkeramik<br />

repräsentiert.<br />

Weniger als ein Jahr vor seinem 100-jährigen<br />

Gründungsjubiläum zeigt das Museum für Ostasiatische<br />

<strong>Kunst</strong> mit „Feuer und Erde“ eine Auswahl seiner<br />

besten chinesischen Keramik (Abb. 1). Die 214<br />

Stücke decken eine Zeitspanne von rund 5000 Jahren<br />

ab, vom Neolithikum bis zur Yuan-Dynastie<br />

(ca. 4000 v. Chr. - 1400 n. Chr.). Die Archäologin Jiena<br />

Huo, Absolventin der Beijing Universität und Spezial<strong>ist</strong>in<br />

auf dem Gebiet der Keramik, konnte die umfangreiche<br />

Sammlung dank des Stipendiums des Fördererkreises<br />

zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

über drei Jahre sichten, selektieren und wissenschaftlich<br />

bearbeiten. Frau Huo hat zahlreiche atemberaubende<br />

Entdeckungen im Depot gemacht und Stücke, die in<br />

ihrer Bedeutung unterschätzt oder bisher falsch zugeordnet<br />

waren, regelrecht neu hinzu gewonnen. Große<br />

Teile der Sammlung wurden von Pionieren wie dem Museumsgründer<br />

Adolf Fischer (1857-1914) oder Hans Wilhelm<br />

Siegel (1903-1997) mehr oder weniger unsystematisch<br />

und zufällig in China zu einer Zeit zusammengetragen, als<br />

auch dort das Wissen über die chinesische Keramik noch<br />

sehr begrenzt war. Erst durch die archäologischen Ausgrabungen<br />

alter Brennöfen und datierter Gräber in den<br />

vergangenen Jahrzehnten <strong>ist</strong> es heute möglich, Stücke<br />

spezifischen Öfen zuzuordnen und relativ präzise zu datieren.<br />

Mit großem Stolz legt das Museum den von Jiena<br />

Huo bearbeiteten deutsch-englischen Katalog vor, der die<br />

Kölner Sammlung erstmalig zusammenhängend im großen<br />

Netzwerk der chinesischen Keramikgeschichte verortet<br />

und international zugänglich macht. Bisher gibt es nur<br />

sehr wenige westliche Museen mit alten, umfangreichen<br />

Sammlungen chinesischer Keramik, die diesen Meilenstein<br />

erreicht haben. Denn echte Spezial<strong>ist</strong>en, die sich an<br />

Ort und Stelle umfassend mit der archäologischen Materie<br />

vertraut machen konnten und diese aus eigener Anschauung<br />

kennen, sind im Westen nach wie vor selten.


Abb. 1: Raumaufnahme „Feuer und Erde“,<br />

Vitrine mit Nackenstützen des Cizhou-Typs.


Die Frühkeramik Chinas überrascht mit ungewöhnlicher<br />

Kreativität und einer Vielzahl beeindruckender Innovationen.<br />

Sie alle können durch die Kölner Sammlung repräsentiert<br />

und dokumentiert werden. Bereits im späten<br />

Neolithikum war in Ostchina die schnell rotierende Töpferscheibe<br />

bekannt. Mit ihr ließen sich außerordentlich<br />

dünnwandige Gefäßteile drehen , die man vor dem Brand<br />

zu imposanten Ritualkelchen (Abb. 2) zusammenfügte.<br />

Schon im 8. Jahrhundert v. Chr. tauchten in Südchina die<br />

weltweit ersten bei hoher Temperatur gebrannten Protoporzellane<br />

auf, deren Rohmaterial aus gemahlenem<br />

Vulkangestein, dem sog. Kaolin (gaoling), gewonnen<br />

wurde. Ab dem 1. Jahrhundert entwickelte sich in der Provinz<br />

Zhejiang das mit grünen Ascheglasuren versehene,<br />

bei hoher Temperatur gebrannte südliche Steinzeug, das<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

36 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 2: Ein Paar Eierschalenbecher, Irdenware,<br />

Provinz Shandong, Longshan-Kultur,<br />

3. oder 2. Jahrtausend v. Chr., H. 21,2 cm, H. 19,7 cm.<br />

Sammlung Peter und Irene Ludwig.<br />

Abb. 4a: Henkeltasse, Porzellan, Ding-Öfen, Provinz Hebei,<br />

10. Jh., H. 4,2 cm, D. 8,2 cm. Inv.-Nr. F 73,42.<br />

Abb. 3: Weihrauchbrenner, Steinzeug, Yue-Öfen,<br />

Provinz Zhejiang, 10. - 11. Jh., H. 18,6 cm. Inv.-Nr. F 91,33.<br />

zur Herausbildung der späteren ‚Seladonkeramik‘ in den<br />

Yue-Öfen führte (Abb. 3). Auch die Anfänge des für Nordchina<br />

typischen weißen Porzellans sind in der Sammlung<br />

bestens vertreten, darunter die berühmte Xing-Ware,<br />

die von Lu Yu, dem Autor des Tee-Klassikers (chajing)<br />

Mitte des 8. Jahrhunderts als „weiß wie Schnee und<br />

glänzend wie Silber“ beschrieben wurde. Die elegante<br />

Henkeltasse (Abb. 4 a), wohl ein Produkt der Ding-Öfen,<br />

trägt am Boden die Inschrift „neue offizielle Ware“ (xinguan,<br />

Abb. 4 b). Sie wurde als Tributgabe für den Kaiserhof<br />

hergestellt und deutet auf die Anfänge des Systems<br />

der unter kaiserlicher Aufsicht stehenden Manufakturen<br />

hin. Weltweit <strong>ist</strong> nur ein einziges Vergleichsstück dokumentiert,<br />

das Anfang der 1990er Jahre in dem in das Jahr<br />

901 datierten Grab der Mutter des Königs von Wuyue in<br />

Abb. 4b: Inschrift „neue offizielle Ware“<br />

(xinguan), Detail. Inv.-Nr. F 73,42.


Abb. 5a: Schale, Porzellan, Ding- oder Jingxingöfen,<br />

11. – 12. Jh., H. 4,5 cm, D. 15,9 cm. Inv.-Nr. F 10,108.<br />

der Provinz Zhejiang ausgegraben wurde. Die Ding-Öfen<br />

produzierten aber auch rostfarbene Glasuren, was die<br />

extrem seltene Schale (Abb. 5 a) belegt, die der Museumsgründer<br />

im Jahr 1910 in die Sammlung einbrachte.<br />

Sie war ursprünglich mit einem Blattgolddekor von alternierenden<br />

Blüten und Schmetterlingen geschmückt.<br />

Die Spuren des Dekors sind nur noch schemenhaft zu erkennen<br />

(Abb. 5 b). Stücke wie dieses beweisen, dass man<br />

schon im 11. Jahrhundert begann, mit Golddekoren zu<br />

experimentieren, die erst viel später in den kaiserlichen<br />

Manufakturen der Ming- (1368-1644) und Qing-Dynastie<br />

(1644-1911) zu voller Reife gelangen sollten.<br />

Die verfeinerte Geschmackskultur der Song-zeitlichen<br />

(960-1279) Beamten- und Gelehrten-Elite spiegelte sich<br />

Abb. 6: Teeschale, Steinzeug, Jian-Öfen, Provinz Fujian,<br />

13. Jh., H. 7,2 cm, D. 12,2 cm. Inv.-Nr. F 10,107.<br />

Abb. 5b: Schale, Detail mit Spuren<br />

des ursprünglichen Golddekors.<br />

Inv.-Nr. F. 10,108.<br />

auch in der Tee-Zeremonie wider, die sich seit dem 11.<br />

Jahrhundert großer Beliebtheit erfreute. Schwarze Teeschalen<br />

galten als besonders geeignet für den Teegenuss,<br />

an oberster Stelle rangierten die Jian-Waren der Provinz<br />

Fujian mit ‚Hasenfellglasur‘, ein Begriff, der von einem<br />

Song-Kaiser geprägt wurde. Die im Jahr 1910 durch Adolf<br />

Fischer in die Sammlung eingebrachte Schale (Abb. 6) <strong>ist</strong><br />

ein Musterbeispiel der Jian-Keramik. Am Boden trägt sie<br />

das eingeschnittene Schriftzeichen sa, das für die Zahl 30<br />

steht. In jüngerer Zeit ausgegrabene Vergleichsstücke<br />

mit Inschriften wie „Tribut“ oder mit Zahleninschriften<br />

legen den Schluss nahe, dass es sich um ein Stück aus<br />

einem größeren Satz handelt, der als Tributgabe für den<br />

Kaiserhof gefertigt wurde. Den zweiten Rang nahmen<br />

die Teeschalen der Jizhou-Öfen ein, die ausgefallene<br />

Abb. 7: Zwei Teeschalen, Steinzeug, Jizhou-Öfen,<br />

Provinz Jiangxi, 13. Jh., H. 5,1 cm, D. 11 cm, H. 5,1 cm,<br />

D. 11 cm. Inv.-Nr. F 23,1; F 23,1b.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

37


Abb. 8: Kanne, Steinzeug,<br />

Longquan-Öfen, Provinz Zhejiang,<br />

11. – 12. Jh., H. 19,3 cm. Inv.-Nr. F 91,35.<br />

Dekore mit Papierschablonen oder Engobemalerei (Abb.<br />

7) produzierten. Die Bandbreite des Seladonsteinzeugs<br />

der Longquan-Öfen wird beispielhaft durch die Kanne<br />

(Abb. 8) und die mit einer dicken, zartblauen Glasur versehene<br />

Vase im archaisierenden Stil (Abb. 9) repräsentiert.<br />

Auch das südliche Porzellan aus Jingdezhen, Provinz<br />

Jiangxi, <strong>ist</strong> in der Kölner Sammlung durch herausragende<br />

Beispiele vertreten (Abb. 10). Die Öfen von Jingdezhen<br />

entwickelten sich ab der Yuan-Zeit (1279-1368) zum Zentrum<br />

der kaiserlichen Porzellanmanufakturen.<br />

Das Gemälde ‚Nächtliche Ausschweifungen des Staatssekretärs<br />

Han Xizai‘ (Abb. 11) belegt eindrucksvoll die<br />

hohe Wertschätzung, die die Oberschicht keramischen<br />

Produkten entgegen brachte. Das Bild eines anonymen<br />

Malers stammt vermutlich aus dem 12. Jahrhundert,<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

38 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 9: Vase, Steinzeug, Longquan-Öfen,<br />

Provinz Zhejiang, 11. – 12. Jh., H. 16,6 cm.<br />

Inv.-Nr. F 86,206.<br />

Abb. 10: Untersetzer, Porzellan, Jingdezhen-Öfen, Provinz Jiangxi,<br />

11. – 12. Jh., H. 7,6 cm, D. 12 cm. Inv.-Nr. F 76,11.<br />

wobei es sich laut Inschrift um die Kopie eines älteren<br />

Gemäldes aus der Hand eines Akademiemalers des 10.<br />

Jahrhunderts handelt. Der Staatssekretär Han Xizai trägt<br />

eine hohe zylindrische Beamtenkappe mit rückwärtigem<br />

Zipfel und wird in einer Reihe von Szenen bei vielfältigen<br />

nächtlichen Vergnügungen gezeigt: Musikalische Darbietungen<br />

schöner Frauen bei Wein und erlesenen Speisen,<br />

Tanzdarbietungen schöner Frauen, ein Damenorchester,<br />

dazwischen Einblicke in luxuriös ausgestattete Himmelbetten<br />

als versteckte Hinweise auf erotische Abenteuer.<br />

Die vor dem Tagesbett des Palastsekretärs reichlich aufgetragenen<br />

Weinkannen, Schalen, Untersätze und Anbieteschalen<br />

mit Speisen weisen verblüffende Ähnlichkeit<br />

mit Stücken der Kölner Sammlung auf. Das Gemälde<br />

macht deutlich, dass die chinesische Gelehrten- und<br />

Beamtenelite spätestens seit dem 10. Jahrhundert ke-<br />

Abb. 11: „Nächtliche Ausschweifungen des Staatssekretärs<br />

Han Xizai“, Kopie eines Gemäldes von dem Akademiemaler<br />

Gu Hongzhong (10. Jh.), China, vermutlich 12. Jh., Querrolle,<br />

Farben auf Seide, 28,7 x 335,5 cm, Palastmuseum Beijing.


amische Produkte als<br />

Symbole verfeinerten<br />

Lebensstils kultivierte.<br />

Man schätzte ihre ästhetische<br />

Qualität<br />

und ihren Charakter,<br />

der sich in Form,<br />

Glasur und Dekor<br />

ausdrückte. Als<br />

Sammelobjekt<br />

nachgefragt und<br />

vom Kaiserhof als<br />

Tributgeschenk<br />

weitergereicht,<br />

hielt die Keramik<br />

Einzug in die <strong>Kunst</strong>.<br />

Neben dem eigenen<br />

Sammlungsbestand<br />

und den Dauerleihgaben<br />

der Sammlung<br />

Ludwig präsentiert das<br />

Museum in der Sonderausstellung<br />

Feuer und Erde<br />

außerdem sensationelle<br />

Grabfiguren einer Kölner<br />

Privatsammlung,<br />

die hier erstmalig der<br />

Öffentlichkeit vorgestellt<br />

werden. Die Stücke<br />

stamen aus dem 6. bis 8. Jahrhundert<br />

und führen dem Betrachter die<br />

kosmopolitische Kultur der Tang-Dynastie<br />

(618-907) leibhaftig vor Augen. Die Hofdame<br />

(Abb. 12), die entsprechend dem Schönheitideal der ersten<br />

Hälfte des 8. Jahrhunderts mit üppigen Körperformen<br />

und exotischer Hochfrisur aufwartet, könnte dem<br />

Gemälde ‚Palastkonzert‘ (Abb. 13) entsprungen sein,<br />

das Hofmusikantinnen der späten Tang-Zeit beim entspannten<br />

Genuss von Wein (oder Tee) zeigt. Die atemberaubenden<br />

Kamele mit sogdischen Reitern (Abb. 14<br />

und 15) ebenso wie das tanzende Dressurpferd (Abb.<br />

16) geben Einblick in den regen Handels- und Kulturaustausch<br />

über die Seidenstraße, die China mit seinen<br />

westlichen Nachbarn verband und für die Blüte des<br />

weltoffenen Tang-Reiches verantwortlich war. Nicht<br />

weniger spektakulär <strong>ist</strong> der äußerst seltene Zivilbeamte<br />

(Abb. 17), der aus der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts<br />

datiert. Mit einer Höhe von 140 cm erreicht er fast Le-<br />

Abb. 12: Hofdame, Irdenware, kaltbemalt, H. 77 cm, China,<br />

Shaanxi oder Henan Provinz, Tang-Dynastie, 7. oder 8. Jh.,<br />

Privatsammlung Köln.<br />

bensgröße. In technischer Hinsicht setzt er die Tradition<br />

der Terrakotta-Armee des Ersten Kaisers fort, wobei<br />

die besondere Herausforderung darin bestand, einen<br />

so großen Hohlkörper stufenweise von unten nach<br />

oben aus mehr oder weniger feuchten Lagen von Ton<br />

aufzubauen und unbeschadet zu brennen. Der separat<br />

geformte Kopf ebenso wie Nase, Ohren, Gewandagraffe<br />

und Schuhspitzen wurden jeweils in keramischen Modeln<br />

vorgefertigt, appliziert und individuell überarbeitet.<br />

Die Grabfiguren des 7. und 8. Jahrhunderts wurden<br />

dagegen me<strong>ist</strong> komplett aus modelgeformten Einzelelementen<br />

zusamengesetzt.<br />

Am Ende der Ausstellung findet der Besucher eine große<br />

Vitrine zum Thema „Kopie, Imitation und Fälschung“<br />

Abb. 13: „Palastkonzert“, anonymes Gemälde im Stil des<br />

Hofmalers Zhou Fang (730 – 800), vermutlich 9. Jh. ,Hängerolle,<br />

Farben auf Seide, H. 48,7 cm x B. 69,5 cm, Palastmuseum<br />

Teipei.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

39


(Abb. 18), die Gelegenheit bietet, das in der Ausstellung<br />

gewonnene Wissen zu testen und die Unzulänglichkeiten<br />

der Fälschungen zu identifizieren. Dong Xiaoming, Direktor<br />

der <strong>Kunst</strong>akademie Shenzhen, war bereit, für den<br />

Katalog eine Kalligraphie als Frontispiz zu schreiben. Sein<br />

Werk gibt den Titel Feuer und Erde in einer modernen kalligraphischen<br />

Interpretation wieder. Zugleich dient es als<br />

transparentes rotes Logo für die Ausstellung. Wir danken<br />

Dong Xiaoming, dass er für das Kölner Museum, aber<br />

auch für die Frühkeramik Chinas, diese Brücke in die<br />

zeitgenössische chinesische <strong>Kunst</strong> geschlagen hat.<br />

Das Museum dankt seinem Fördererkreis, ohne dessen<br />

großzügige Unterstützung dieses Ausstellungsprojekt<br />

nicht realisierbar gewesen wäre. Außerdem danken wir<br />

Professor Henrik Hanstein, der Roswitha Pollack, die Expertin<br />

für chinesische Keramik im <strong>Kunst</strong>haus Lempertz,<br />

von ihrer Arbeit fre<strong>ist</strong>ellte, um die erste Rohüberset-<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

40 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 14: Kamel mit Packsattel und fremdländischem Reiter,<br />

Irdenware, kaltbemalt, H. 80 cm, China, Shaanxi oder Henan<br />

Provinz, Tang-Dynastie, 7. oder 8. Jh., Privatsammlung Köln.<br />

Abb. 15: Kamel mit fremdländischem Reiter, Irdenware,<br />

kaltbemalt, H. 99 cm, China, Shaanxi oder Henan Provinz,<br />

Tang-Dynastie, 7. oder 8. Jh., Privatsammlung Köln.<br />

zung der Katalogeinträge vom Englischen ins Deutsche<br />

zu besorgen. Das Bankhaus Sal. Oppenheim trug großzügig<br />

zur Druckfinanzierung bei und setzt mit dieser<br />

Partnerschaft eine bald 100-jährige Tradtition fort.<br />

Ausstellung des Museums für Ostasiatische <strong>Kunst</strong>:<br />

Feuer & Erde: Chinesische Frühkeramik im Museum für<br />

Ostasiatische <strong>Kunst</strong><br />

18. Oktober 2008 bis 26. April 2009<br />

Autorin:<br />

Dr. Adele Schlombs<br />

Direktorin des Museums für Ostasiatische <strong>Kunst</strong> Köln


Abb. 16: Tanzendes Dressurpferd, Irdenware, kaltbemalt,<br />

H. 74 cm, China, Shaanxi oder Henan Provinz, Tang-Dynastie,<br />

7. oder 8. Jh. Privatsammlung Köln.<br />

Fire and earth: early Chinese Ceramics in<br />

the Museum of east asian art Cologne<br />

early Chinese ceramics (c. 4000 B.C. - 1400 A.D.) represent<br />

one of the major areas of collecting of the<br />

Cologne Museum of east Asian Art, which in 2009<br />

will celebrate its centenary. Jiena Huo, graduate of<br />

Beijing university specialized in Chinese ceramics,<br />

engaged in sifting, selecting and systematically<br />

recording the collection. the result is a selection<br />

of 214 objects, which are for the first time presented<br />

in a coherent format in the exhibition “Fire<br />

and earth”. in addition, the exhibition contains<br />

long-term loans of the ludwig collection as well<br />

as spectacular funerary figures of a private collection<br />

in Cologne. the exhibition is accompanied by<br />

a German / english catalogue: “Fire and earth: early<br />

Chinese Ceramics in the Museum of east Asian Art<br />

Cologne”.<br />

Abb. 18: Blick in die Vitrine zum Thema „Kopie, Imitation<br />

und Fälschung“.<br />

Abb. 17: Figur eines Zivilbeamten, Irdenware, kalt<br />

bemalt, H. 140 cm, Nordchina, Nördliche Qi-Dynastie,<br />

6. Jh. Privatsammlung Köln.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

41


„spurensuche“ – ein interkulturelles<br />

lern- und Ausstellungsprojekt<br />

von Peter Mesenhöller<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

42 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Mit der neueröffnung des rautenstrauch-<br />

Joest-Museums – Kulturen der Welt im<br />

herbst 2009 wird auch der Museumsdienst<br />

Köln neue Wege beschreiten. Um ethnologische<br />

lerninhalte vermitteln zu können,<br />

wird ein eigens dafür konzipiertes Juniormuseum<br />

sich an der erfahrungswirklichkeit<br />

der jungen Klientel orientieren und die Besucher<br />

behutsam an den themenparcours des<br />

‚großen‘ hauses heranführen. am Beispiel<br />

von fünf Protagon<strong>ist</strong>en aus fünf ländern –<br />

deutschland, türkei, Japan, Kanada und<br />

Sierra leone – wird erfahr- und be-greifbar,<br />

welche Feste und Feiern Kinder und Jugendliche<br />

in anderen Kulturen auf ihrem Weg<br />

zum erwachsenwerden erleben. im Kooperationsprojekt<br />

„Spurensuche“ planen 28<br />

Jugendliche die eröffnungsausstellung zu<br />

diesem Juniormuseum (abb. 1).<br />

Kulturelle Vielfalt entdecken.<br />

Das Photo <strong>ist</strong> leider unscharf. Also: noch einmal. Es <strong>ist</strong><br />

gar nicht so einfach, in einer dunklen Synagoge zu photographieren,<br />

schon gar nicht, wenn die Personen, die auf<br />

das Bild sollen, nicht stillhalten – Rabbiner eingeschlossen<br />

(Abb. 2). Es <strong>ist</strong> aber auch nicht einfach, sich als Chr<strong>ist</strong> in einer<br />

Moschee zurechtzufinden, als Hindu im Dom oder als<br />

Muslim in einer Synagoge. Doch für alle 28 Schülerinnen<br />

und Schüler der „Hauptschule Nürnberger Straße“ aus<br />

Köln-Kalk gilt: Es <strong>ist</strong> relativ einfach, sich in den Museen<br />

zu bewegen. Auch wenn man sie vielleicht das erste Mal<br />

betritt, oder gar das erste Mal auf der linken Rheinseite<br />

unterwegs <strong>ist</strong>. Was machen 28 Jugendliche zwischen 13<br />

und 15, bewaffnet mit Photoapparaten, in den Museen<br />

der Stadt Köln? Sie suchen Spuren. Spuren ihrer eigenen<br />

Kultur, der ihrer Klassenkameraden oder ihrer Freunde.<br />

Seit April 2008 realisiert der Museumsdienst Köln in Kooperation<br />

mit der VHS Köln das Projekt „Spurensuche“,<br />

gefördert vom Institut für Internationale Zusammenarbeit<br />

des Deutschen Volkshochschulverbandes. Die<br />

Schülerinnen und Schüler aus dem sozialen Brennpunkt<br />

erarbeiten eine Dokumentation über landes- und religionsspezifische<br />

Feste. Sie entdecken die kulturelle Vielfalt<br />

Kölns, die in vielen Stadtvierteln spürbar, in den Geschäften<br />

geradezu greifbar <strong>ist</strong>. Für die Jugendlichen <strong>ist</strong><br />

das im Grunde kein Problem. 30% von ihnen haben einen<br />

Migrationshintergrund.<br />

Den Museen der Stadt Köln kommt dabei eine besondere<br />

Rolle zu: Sie sind neutrale Orte der Begegnung,<br />

und sie vermitteln das ‚Fremde‘ – das Fremde in der eigenen<br />

wie der zeitlich und räumlich weiter entfernten<br />

Kultur. Zwischen April und Juni 2008 besuchten die<br />

Schüler der Klasse 7b im zweiwöchentlichen Turnus


das Kölnische Stadtmuseum, das Rautenstrauch-Joest-<br />

Museum (Abb. 3), das Museum Schnütgen und das Museum<br />

für Ostasiatische <strong>Kunst</strong>. Mit Hilfe des Museumsdienstes<br />

informierten sie sich über die Grundlagen der<br />

fünf großen Weltreligionen – Chr<strong>ist</strong>en- und Judentum,<br />

Islam, Hinduismus und Buddhismus. Es blieb so kein<br />

‚totes‘ Schulwissen: Unmittelbar danach ging es in reli-<br />

Abb. 1: „Das Photo zeigt unsere Klasse mit unserer Lehrerin<br />

Frau Kirwald vor dem Kölnischen Stadtmuseum. Es war der<br />

erste Erkundungsgang unserer ‚Spurensuche‘.“<br />

giöse Einrichtungen wie in den Tempel der afghanischen<br />

Hindu-Gemeinde Köln-Mühlheim (Abb. 4 und 5), in die<br />

Synagoge Roonstraße (Abb. 6), in die Selimiye Moschee<br />

in Niederkassel (Abb. 7) und in den Hohen Dom.<br />

Besuche in einschlägigen Geschäften und Interviews mit<br />

den Inhabern boten Einblick in den Alltag. Die Jugendlichen<br />

hielten ihre Eindrücke in Text und Bild fest. Dabei<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

43


Abb. 2: „Ups, verwackelt! An diesem Tag waren wir in der Syn-<br />

agoge an der Roonstraße in der Kölner Innenstadt, wo uns ganz<br />

viele Fragen gestellt wurden. Im Hintergrund sieht man die<br />

Menora und den Thoraschrein.“<br />

kam Unterstützung von zwei künstlerischen Betreuern.<br />

Die Beschäftigung in den Museen, die Besuche an religiösen<br />

Orten, der Geschäftsbummel – in anschließenden<br />

Diskussionen reflektierten die Schülerinnen und Schüler<br />

ihre Eindrücke, schärften ihre Wahrnehmung und brachten<br />

ihren eigenen Lebenshintergrund ein.<br />

Im Winter 2008/09 startet die zweite Projektphase. Die Jugendlichen<br />

kehren an die Orte zurück und dokumentieren<br />

gezielt einzelne Feste. Dabei kommen ihnen die Kenntnisse<br />

aus einem Photoworkshop zugute. Im Frühjahr 2009<br />

setzen sie das Material und ihre eigenen Kenntnisse in eine<br />

Ausstellung um, die zur Eröffnung des neuen Juniormuseums<br />

zu sehen sein wird. Die Klasse kuratiert also die eigene<br />

Sicht der Dinge. Zugleich lernt sie, was Museum und Ausstellung<br />

eigentlich bedeuten: Objekte auswählen, Texte<br />

schreiben, die Hängung konzipieren, an Werbung denken,<br />

die Eröffnung organisieren. Die Schülerinnen und Schüler<br />

machen vielleicht nur eine einzige Ausstellung in ihrem<br />

Leben. Aber sie lernen, was Teamarbeit, Zielorientierung<br />

und öffentliches Auftreten bedeuten. Und sie waren auf<br />

jeden Fall schon einmal in den Museen, in einem Tempel,<br />

einer Kirche und einer Moschee.<br />

Autor:<br />

Peter Mesenhöller<br />

Museumsdienst Köln<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

44 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 3: „Im Rautenstrauch-Joest-Museum steht in einem<br />

kleinen Raum ein Durga-Altar. Herr Mesenhöller hat uns viel<br />

über den Hinduismus erzählt – es gibt mehr als 3000 Götter!<br />

Den Altar fanden wir wegen der Farben ziemlich kitschig.“<br />

‘City Scouts’: exhibiting Cultural diversity<br />

in Cologne’s new Juniormuseum<br />

in spring 2008, a group of twenty-eight 7 th form<br />

students at Cologne’s Hauptschule Nürnberger<br />

Strasse (secondary modern school), aged between<br />

13 and 15 years, started an extracurricular project<br />

entitled ‘City scouts’ which will eventually lead to<br />

an exhibition at Cologne’s new Juniormuseum,<br />

when it opens in 2009. ‘City scouts’ has been developed<br />

by the Museumsdienst Köln (educational<br />

service) in cooperation with Cologne’s Volkshochschule<br />

(Adult education Centre) to induct a young<br />

clientele to Cologne’s rich cultural heritage and diversity.<br />

the students were invited to visit a number<br />

of selected museums where they gained basic insights<br />

into aspects of ‘other’ cultures and religions.<br />

While these teaching units usually took place in the<br />

morning, the afternoons were filled with visits to<br />

various secular and religious places such as shops,<br />

migrant clubs, the local synagogue, mosque, Hindu<br />

temple etc., where the students ‘applied’ their<br />

knowledge by interviewing the shopkeeper, rabbi<br />

or priest. Accompanied by museum educators and<br />

two art<strong>ist</strong>s, the students were encouraged to document<br />

their visits photographically. in early 2009,<br />

the students will edit this documentation in order<br />

to create an exhibition on culture-specific festivals<br />

in Cologne. they will, thus, curate their own<br />

perception of the city’s cultural diversity and learn<br />

what museum work is all about.


Abb. 4: „Im Tempel der afghanischen Hindu-Gemeinde in<br />

Mühlheim hat uns der Leiter des Kulturvereins viel über Shiva,<br />

Vishnu und Brahma erzählt. Das Wandbild zeigt die Göttin<br />

Durga mit ihrem Reittier, dem Tiger.“<br />

Abb. 6: „Auf dem Bild sind Pascal und Tobias zu sehen, die sich<br />

im Hof der Synagoge mit Maria unterhalten. Beide Jungen<br />

tragen die typische Kopfbedeckung kippa.“<br />

Abb. 5: „Das Plakat fanden wir an einer Bushaltestelle. Dennis<br />

und andere Schüler haben vor dem afrikanischen Hintergrund<br />

eine indische Gottheit nachgestellt. Sie hatte acht Arme!“<br />

Abb. 7: „Hier waren wir mit unserer Türkisch-Lehrerin in der<br />

Selimiye Moschee in Niederkassel. Wir haben uns dort<br />

umschauen dürfen. Wir mussten alle unsere Schuhe aus- und<br />

ein frisches Paar Socken anziehen. Muslime beten immer in<br />

Richtung Mekka.“<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

45


Köln Postkolonial<br />

von Marianne Bechhaus-Gerst<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

46 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

„Köln Postkolonial“ <strong>ist</strong> ein ausstellungsprojekt<br />

von „KopfWelten – gegen rassismus<br />

und intoleranz e.V.“ und Studierenden der<br />

afrikan<strong>ist</strong>ik der Universität zu Köln in Kooperation<br />

mit dem Kölnischen Stadtmuseum.<br />

die in die Sammlung des Kölnischen<br />

Stadtmuseums auf Zeit integrierte Sonderausstellung<br />

soll ein wenig bekanntes Kapitel<br />

Kölner, deutscher und transnationaler<br />

Geschichte ‚erfahrbar‘ machen.<br />

ein lokalh<strong>ist</strong>orisches Projekt der<br />

erinnerungsarbeit.<br />

Die deutsche Kolonialvergangenheit <strong>ist</strong> in der Öffentlichkeit<br />

lange Zeit kaum präsent gewesen. Nach allgemeiner<br />

Ansicht war sie kurz, unerheblich und fand ein<br />

– aus deutscher Sicht – unrühmliches Ende. Wenn man<br />

an diesen Zeitabschnitt erinnert, dann häufig auf eine<br />

romantisierende Art und Weise. Dabei war die Aneignung<br />

der überseeischen Gebiete von Gewalt bestimmt<br />

und prägt noch heute unser Verhältnis zur sogenannten<br />

‚Dritten Welt‘.<br />

Seit vielen Jahren wird Kölner Geschichte intensiv erforscht<br />

und auch populär aufbereitet. In den Geschichtsbüchern<br />

zu Köln kommt die koloniale und neokoloniale<br />

Vergangenheit der Stadt aber kaum vor. Dabei kann man<br />

von Köln als der „Kolonialmetropole des Westens“ sprechen,<br />

die in ihrem kolonialen Engagement den Metropolen<br />

Hamburg oder Berlin nicht nachstand. Zahlreiche<br />

Kölner Familien und Unternehmen waren am „kolonialen<br />

Projekt“ des Deutschen Reichs beteiligt. Auch nachdem<br />

Deutschland mit dem Ende des Ersten Weltkriegs die<br />

Kolonien verloren hatte, setzte man sich in Köln für die<br />

Rückgewinnung und – nach 1933 – für ein afrikanisches<br />

Großreich als Siedlungsgebiet für das deutsche „Volk<br />

ohne Raum“ ein.<br />

Abb. 1: Collage aus Motiven des kolonialen Köln: Links oben der<br />

Kölner Zoo, eine Gründung der Kolonialzeit und Aufführungsstätte<br />

von Völkerschauen; Rechts oben: Aufnahme der Völkerschautruppe<br />

„Die Amazonen von Dahomey“, die häufig in Köln<br />

auftrat; Mitte links: Hermann von Wissmann, ein äußerst<br />

brutal vorgehender kolonialer Eroberer, den die Kölner zum<br />

Helden stilisierten und dessen Grab noch heute auf dem<br />

Melatenfriedhof zu finden <strong>ist</strong>; Mitte rechts: koloniale Straßennamen<br />

in Köln-Ehrenfeld; Links unten: rass<strong>ist</strong>isches Sammelbild<br />

der Firma Stollwerck; Rechts unten: Aufnahme von der<br />

Deutschen Kolonialausstellung 1934 in Köln.


Durch die Ausstellung Köln Postkolonial soll ein wenig<br />

bekanntes Kapitel Kölner, deutscher und transnationaler<br />

Geschichte ‚erfahrbar‘ gemacht und das Interesse<br />

der Kölnerinnen und Kölner daran geweckt werden.<br />

Der Begriff ‚postkolonial‘ im Titel der Ausstellung soll<br />

dabei nicht zeitlich verstanden werden.<br />

Er bezieht sich vielmehr darauf, dass unsere eigene<br />

Gesellschaft, ebenso wie die der ehemals kolonisierten<br />

Länder, vom Kolonialismus geprägt <strong>ist</strong>. Deshalb<br />

begnügt sich postkoloniale Erinnerungsarbeit nicht<br />

damit, auf die Vergangenheit zu schauen. Köln <strong>ist</strong> eine<br />

internationale Stadt, in der Menschen vieler Nationen<br />

nicht immer problemlos zusammenleben. Unser<br />

Umgang mit dem tatsächlichen oder vermeintlichen<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

48 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 2: Postkarte der Völkerschautruppe des Nayo (J. C.) Bruce.<br />

Bruce machte sich früh von seinem deutschen Völkerschauunternehmer<br />

unabhängig und tourte mit seiner Truppe durch<br />

Europa. Mehrfach machte das Unternehmen Station in Köln.<br />

Fremden <strong>ist</strong> stark geprägt von Bildern, Stereotypen<br />

und Vorurteilen, die noch aus der Kolonialzeit stammen.<br />

Gerade über diese Zeit, die viele H<strong>ist</strong>oriker heute<br />

als maßgeblich für den Nationalsozialismus ansehen,<br />

<strong>ist</strong> öffentlich nur wenig bekannt. Ein wichtiger<br />

Teil von Erinnerungsarbeit besteht darin, h<strong>ist</strong>orische<br />

Fakten zugänglich zu machen, allgemeinverständlich<br />

aufzubereiten und das Verständnis der Menschen –<br />

quer durch die Generationen – für die gemeinsame<br />

Geschichte mit den von der Kolonisation betroffenen<br />

Ländern zu fördern. Es geht um grundlegende Fragen<br />

des Umgangs mit Menschen anderer Kulturen und<br />

Gesellschaften, mit den ‚Fremden‘ in unserer Stadt<br />

sowie um eine Auseinandersetzung mit den Bildern in<br />

unseren Köpfen.


Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum:<br />

Köln Postkolonial. Ein lokalh<strong>ist</strong>orisches Projekt der<br />

Erinnerungsarbeit<br />

22. November 2008 bis 21. Februar 2009<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.koeln-postkolonial.de<br />

www.kopfwelten.org<br />

Autorin:<br />

Prof. Dr. Marianne Bechhaus-Gerst<br />

Institut für Afrikan<strong>ist</strong>ik<br />

Universität zu Köln<br />

Abb. 3: Im März 1903 wurden acht Mitglieder der Völkerschautruppe<br />

im Kölner Dom getauft. Wie dieser Auszug aus dem<br />

Taufreg<strong>ist</strong>er zeigt, erhielten die Togoer deutsche Vornamen.<br />

Jedem Täufling stand ein Kölner Pate zur Seite.<br />

Post-Colonial Cologne – a Memory Work<br />

project in local h<strong>ist</strong>ory<br />

Köln Postkolonial is an exhibition project by the<br />

anti-rac<strong>ist</strong> group KopfWelten – gegen Rassismus<br />

und Intoleranz e.V. with students of African<br />

studies at the university of Cologne, in co-operation<br />

with the Kölnisches Stadtmuseum. the feature<br />

exhibition, integrated for a period in the<br />

Museum’s permanent collection, aims to render<br />

tangible a little-known chapter of Cologne’s,<br />

German and transnational h<strong>ist</strong>ory.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

49


<strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek –<br />

ein Dokumentationszentrum zur <strong>Kunst</strong><br />

von Elke Purpus<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

50 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

die <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek der Stadt<br />

Köln, die vielen in Köln nur durch die beiden<br />

lesesäle im Museum ludwig und im Museum<br />

für angewandte <strong>Kunst</strong> bekannt <strong>ist</strong>, somit<br />

auch nur mit Büchern und Zeitschriften verbunden<br />

wird, hat sich zu einem dokumentationszentrum<br />

zur <strong>Kunst</strong> entwickelt, das einen<br />

internationalen Vergleich nicht scheuen<br />

muss.<br />

durch die besondere Kölner Situation <strong>ist</strong> „…die<br />

ausrichtung der Bibliothek auf ein dokumentationszentrum<br />

der bildenden <strong>Kunst</strong> des 20. Jahrhunderts<br />

in Köln vorgegeben.“ 1<br />

So formulierte es schon in den 1970er Jahren der damalige<br />

Direktor der <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek (KMB)<br />

der Stadt Köln. Zu den Besonderheiten zählte er die<br />

Sammlung Ludwig und die Zentrierung des <strong>Kunst</strong>markts<br />

auf Köln. Eine weitere wichtige Entscheidung auf diesem<br />

Weg war auch die damalige Zusammenlegung der KMB<br />

mit dem Rheinischen Bildarchiv (RBA).<br />

Dokumentationszentren zur <strong>Kunst</strong> verfügen selbstverständlich<br />

über eine eigene Bibliothek, aber auch über<br />

eine Vielzahl anderer Materialien, die sie der Öffentlichkeit,<br />

der Forschung zur Verfügung stellen. So <strong>ist</strong> in der<br />

<strong>Kunst</strong>wissenschaft Bildmaterial von besonderer Bedeutung.<br />

Und für Arbeiten über die Moderne und der Gegenwartskunst<br />

spielen auch so genannte Kleinschriften eine<br />

besondere Rolle. Denn bevor über einen Künstler eine<br />

monographische Publikation erscheint, hat er sich schon<br />

an zahlreichen Gruppenausstellungen beteiligt, kann auf<br />

Einzelausstellungen verweisen, und seine Werke wurden<br />

von verschiedenen Sammlern und Sammlungen angekauft.<br />

Diese Aktivitäten sind nur durch Zeitungsartikel<br />

und Kleinschriften (Einladungskarten, Informationsblätter<br />

etc.) nachzuweisen. Doch sind diese Materialien oft<br />

sehr selten, da sie so genannte ‚Verbrauchsmaterialien‘<br />

sind. Ein Dokumentationszentrum jedoch, dessen Sammlungsschwerpunkte<br />

auf der <strong>Kunst</strong> der Moderne und der<br />

Gegenwart liegen, sammelt diese Schriften, und legt damit<br />

eine Quellensammlung von hohem Wert an.<br />

Ein Dokumentationszentrum bemüht sich, durch eine<br />

enge Zusammenarbeit mit <strong>Kunst</strong>- und Kultureinrichtungen,<br />

all diese Materialien an die Einrichtung zu holen<br />

und alles zusammen an einem Ort und heute verstärkt<br />

auch über das Internet weltweit der Öffentlichkeit und


Forschung zur Verfügung zu stellen. Von Vorteil <strong>ist</strong> dabei<br />

eine eigene Publikationsreihe, in der über die eigenen<br />

Bestände, Aktivitäten und über die Forschungen mit den<br />

Materialien der Einrichtung publiziert werden kann. Die<br />

i nstitutiO n l iterA turB estA n D P HOt OBestA n D KleinsCHriF tenB estA n D<br />

Getty Research Institute, Los Angeles 900.000 Bände 2.000.000 Fotos (zu <strong>Kunst</strong> und Architektur) Special Collections<br />

<strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek der<br />

Stadt Köln<br />

Museum of Modern Art, New York<br />

Research Resources<br />

Bibliothèque Centre Pompidou, Paris<br />

Public references<br />

Tate Gallery, London<br />

Tate Research<br />

Museo Nacional Centro de Arte Reina<br />

Sofia Biblioteca<br />

393.000 Bände - ca. 750.000 Negative<br />

- ca. 25.000 Color-Dias<br />

Abb. 1: Homepage der <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek<br />

(www.museenkoeln.de/kmb).<br />

<strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek (Abb. 1) entspricht dieser<br />

Beschreibung und wie ein Vergleich mit internationalen<br />

Dokumentationseinrichtungen zur <strong>Kunst</strong> zeigt, <strong>ist</strong> sie diesen<br />

Einrichtungen durchaus ebenbürtig:<br />

- ca. 184.000 Zeitungsausschnitte<br />

- ca. 75.000 Kleinschriften (Einladungskarten,<br />

Informationsblätter etc.)<br />

300.000 Bände Zehntausende von Photos Sammlung von Archivmaterialien<br />

350.000 Bände (öffentlich) Photosammlung Zeitungsausschnittsammlung<br />

180.000 Bände ca.100.000 Photos Sammlung unveröffentlichter Dokumente<br />

110.000 Bände Photosammlung Ca. 40.000 Zeitungsartikel und zahllose<br />

Kleinschriften<br />

Quelle: Websites der jeweiligen einrichtungen<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

51


literaturbestand<br />

Die <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek (KMB) verfügt über<br />

ca. 393.000 Medien, davon 6.500 Zeitschriften, wovon<br />

800 im aktuellen Abonnement gehalten werden. Gesammelt<br />

wird Literatur zur <strong>Kunst</strong> vom Mittelalter bis zur Gegenwart.<br />

In ihren Sammelschwerpunkten „<strong>Kunst</strong> des 20.<br />

und 21. Jahrhunderts“, „Bildle<strong>ist</strong>ungen der Photographie<br />

und des Films“ und „<strong>Kunst</strong> der BeNeLux-Länder“ wird die<br />

Bibliothek in der Literaturerwerbung von der Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt. Eine Evaluierung<br />

der DFG hat 2003 ergeben, dass die Bibliothek in<br />

ihren Sammelschwerpunkten über einen Unikatbestand<br />

in Deutschland von 45 % verfügt – sicherlich der Grund,<br />

weswegen viele Nutzer immer wieder sagen, niemand<br />

komme an der <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek der Stadt<br />

Köln vorbei, der über moderne <strong>Kunst</strong> und Gegenwartskunst<br />

arbeite. Ein Grund für diesen einmaligen Bestand<br />

<strong>ist</strong> der seit vielen Jahren kontinuierlich betriebene Literaturtausch.<br />

Denn wenn der Bestand der Bibliothek im Jahr<br />

um die 8.000 bis 10.000 Bände wächst, <strong>ist</strong> nur ein Drittel<br />

davon gekauft. Für den Literaturtausch stellen das<br />

Museum Ludwig, das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation<br />

Corboud und das Museum für Angewandte <strong>Kunst</strong><br />

der <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek regelmäßig, die anderen<br />

Museen nach ihren Möglichkeiten, Kataloge und<br />

Publikationen zur Verfügung. Auch das Kölner Museums-<br />

Bulletin <strong>ist</strong> in den Schriftentausch einbezogen. Diese<br />

werden dann mit über 1000 internationalen Kultureinrichtungen<br />

gegen deren Kataloge und Publikationen<br />

getauscht.<br />

Zusätzlich bekommt die Bibliothek von vielen Galerien<br />

Publikationen geschenkt, denn gerade Galerien sind interessiert<br />

daran, ihre Künstler im Bestand der Bibliothek<br />

zu wissen. Aber auch viele Privatpersonen (Sammler,<br />

Wissenschaftler, <strong>Kunst</strong>interessierte) schenken der KMB<br />

<strong>Kunst</strong>bücher, wenn sie sie nicht mehr für ihren eigenen<br />

Hausgebrauch benötigen. Hieraus spe<strong>ist</strong> sich z.B. auch<br />

der Bestand der über 45.000 Auktionskataloge, deren<br />

Abonnements schon bei der ersten Sparwelle der Stadt<br />

Köln in den 1980er Jahren abbestellt werden mussten.<br />

Kleinschriftenbestand<br />

Das sogenannte ‚<strong>Kunst</strong>archiv‘ beinhaltet zwei Arten von<br />

Schriften: Die Zeitungsausschnittsammlung und die Sammlung<br />

der Kleinschriften (Einladungskarten, Informationsblätter<br />

oder auch Materialien, die zu einer <strong>Kunst</strong>veranstaltung<br />

verteilt wurden). Von den 1950er bis in die 1980er Jahre hatte<br />

die Bibliothek einen Zeitungsausschnittdienst beauftragt,<br />

aus über 30 nationalen und internationalen deutschsprachigen<br />

Zeitungen alle Artikel zur <strong>Kunst</strong> herauszuschneiden<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

52 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

oder zu kopieren. In der KMB wurden diese Zeitungsausschnitte<br />

sorgfältig auf Din A4-Blätter geklebt und nach einer<br />

Grobsystematik in Din A4-Leitz-Ordnern abgeheftet. Insgesamt<br />

sind es ca. 184.000 Zeitungsartikel zur <strong>Kunst</strong>. Neben<br />

den thematischen Ordnern sind von ganz besonderem Interesse<br />

die Bestände zu einzelnen Künstlern, die immerhin allein<br />

schon ca. 40 Prozent der Ordner ausmachen. Sie stehen<br />

den Nutzern im Lesesaal des Museum Ludwig zur Einsicht<br />

zur Verfügung.<br />

Die Sammlung der Kleinschriften umfasst ca. 75.000<br />

Schriften, von den 1950er Jahren bis in die Gegenwart. Sie<br />

sind jedoch nur bis in die 1980er Jahre hinein erschlossen<br />

(ca. 25.000). Diese sind nach den Namen der Künstler sortiert<br />

in Din A4-Leitz-Ordnern abgeheftet. Zu jeder Kleinschrift<br />

ex<strong>ist</strong>iert ein Erschließungsblatt, das nach dem Namen<br />

des Künstlers abgeheftet <strong>ist</strong>. Zusätzlich sind u. a. die<br />

ausstellende Institution, der Titel der Ausstellung oder<br />

Veranstaltung und der Umfang vermerkt. Diese Erschließungsblätter<br />

stehen den Nutzern im Lesesaal im Museum<br />

Ludwig zur Verfügung. Bei Interesse kann die entsprechende<br />

Kleinschrift im Original eingesehen werden. Im<br />

letzten Jahr konnte eine Halbtagsstelle wiederbesetzt<br />

werden, die die aktuellen Kleinschriften katalogisiert und<br />

somit für die Öffentlichkeit verfügbar macht. 2<br />

Photobestand<br />

Eine weitere Abteilung der KMB <strong>ist</strong> das Rheinische Bildarchiv<br />

(RBA), eines der vier größten öffentlichen Bild-/<br />

Negativarchive in Deutschland zu <strong>Kunst</strong> und Architektur.<br />

Ursprünglich gegründet als Abteilung des Rheinischen<br />

Museums (daher auch der Name), war es von Anfang an<br />

Aufgabe der hauseigenen Photographen, die <strong>Kunst</strong> in den<br />

Kölner Museen und in deren Auftrag darüber hinaus zu<br />

dokumentieren. Zwei Drittel des Bestandes der 750.000<br />

Negative beziehen sich ausschließlich auf <strong>Kunst</strong> (Dokumentation<br />

von <strong>Kunst</strong>werken, <strong>Kunst</strong>veranstaltungen<br />

und Ausstellungen). 3 Die Hauptauftraggeber der Photographen<br />

sind die Kölner Museen und die eigene Einrichtung,<br />

d.h. die <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek mit dem<br />

Rheinischen Bildarchiv selbst. Die Kölner Museen beauftragen<br />

die Photographen mit allen Aufnahmen, ob zur<br />

photographischen Dokumentation von Ausstellungen<br />

und Veranstaltungen oder zur Aufnahme der Objekte in<br />

ihren Einrichtungen für die Bestandsdokumentation und<br />

die Veröffentlichung in Publikationen.<br />

Neben der Museumsdokumentation werden die Kontakte<br />

der <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek zu Sammlern,<br />

Galerien, Künstlerverbänden und Künstlern immer wichtiger.<br />

So können <strong>Kunst</strong>werke dokumentiert werden, die


sich nicht in öffentlichen <strong>Kunst</strong>- und Kultureinrichtungen<br />

befinden, aber genauso für die <strong>Kunst</strong>wissenschaft von<br />

Bedeutung sind. Hierbei kommt der KMB der Standort<br />

Köln mit seinen herausragenden Museen, mit seinen<br />

<strong>Kunst</strong>messen wie der ART Cologne oder der Freien <strong>Kunst</strong>szene,<br />

Galer<strong>ist</strong>en und Künstlern zugute. Köln <strong>ist</strong> mit seiner<br />

vielfältigen Galerienlandschaft, den Messen und den<br />

zahlreichen hier ansässigen Künstlern nach wie vor eine<br />

aktuelle <strong>Kunst</strong>stadt. <strong>Kunst</strong> in Köln zu dokumentieren bedeutet,<br />

einen Querschnitt des aktuellen <strong>Kunst</strong>schaffens<br />

in Deutschland zu erfassen.<br />

Aber die Photographen des RBA dokumentieren nicht<br />

nur selbst. In einem Dokumentationszentrum zur <strong>Kunst</strong><br />

ergeben sich durch die verschiedenen Sammlungsmaterialien<br />

bzw. bei deren Einwerbung Synergien. So werden<br />

die guten Kontakte zu Galerien und Künstlern, die Publikationen<br />

für den Bestand der KMB zur Verfügung stellen,<br />

auch genutzt, um Photos zur <strong>Kunst</strong> einzuwerben. Künstler<br />

und Galerien stellen ihre photographischen <strong>Kunst</strong>dokumentationen<br />

der KMB zur Verfügung, die dann über<br />

das RBA wieder der Öffentlichkeit verfügbar gemacht<br />

werden. Dieser Schritt <strong>ist</strong> erst durch Digitalisierung möglich<br />

geworden, denn vorher wäre er allein schon wegen<br />

der Materialkosten (um Duplikate von den jeweiligen Negativen<br />

und Ektachromen anzufertigen) unbezahlbar gewesen.<br />

Heute bekommt die KMB CDs mit Photoaufnahmen<br />

oder auch leihweise Ektachrome, die dann im RBA<br />

digitalisiert werden. So können die Künstler und Galerien<br />

zeitnah bzw. parallel die Photos weiter verwenden, während<br />

sie zeitgleich der Forschung und Öffentlichkeit verfügbar<br />

gemacht werden. Durch diese photographischen<br />

<strong>Kunst</strong>dokumentationen wird Bildmaterial von <strong>Kunst</strong> geschaffen,<br />

ohne das kunstwissenschaftliche Forschungen<br />

z.B. im Bereich der Moderne nicht denkbar sind.<br />

Die <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek dokumentiert heute<br />

allein durch ihre monographische Literatur – Sammelschriften,<br />

Lexika, thematische Kataloge und Bücher zu<br />

mehreren Künstlern gar nicht eingerechnet – Informationen<br />

zu 36.000 Künstlern, durch die Kleinschriften<br />

zu über 12.000 Künstlern und durch die Photos zu über<br />

10.000 Künstlern.<br />

Öffentliche Verfügbarkeit der Bestände<br />

Die <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek <strong>ist</strong> ein zentraler<br />

Dienstle<strong>ist</strong>er für die städtischen Kölner Museen und<br />

darüber hinaus die öffentliche Dokumentationseinrichtung<br />

zur <strong>Kunst</strong> der Stadt Köln. Daher <strong>ist</strong> die öffentliche<br />

Zugänglichkeit der Bibliothek ein entscheidender Faktor.<br />

Als Präsenzbibliothek <strong>ist</strong> die direkte Nutzung zwar auf<br />

die beiden Lesesäle der Einrichtung eingeschränkt, diese<br />

sind jedoch für alle kostenlos zugänglich. Ein Angebot,<br />

das nicht nur von Kölnern genutzt wird, sondern weit<br />

darüber hinaus. Wie die <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek<br />

überhaupt immer mehr zu einer zentralen Dokumentationseinrichtung<br />

zur <strong>Kunst</strong> in NRW wird, da die Nutzer ganz<br />

selbstverständlich aus Bonn, Düsseldorf und weiterer<br />

Entfernung nach Köln kommen, um die Bestände der KMB<br />

zu nutzen. Neben einer guten fachlichen Beratung in den Lesesälen<br />

nutzt die KMB die EDV mit ihren hervorragenden<br />

Möglichkeiten, um die Verfügbarkeit der Bestände für<br />

die Forschung und die Öffentlichkeit zu verbessern. Ein<br />

Service, der in den nächsten Jahren weiter ausbaut werden<br />

soll.<br />

Der gesamte Literaturbestand (mit Ausnahme eines<br />

Teils der Auktionskataloge) <strong>ist</strong> über den Online-Katalog<br />

(www.museenkoeln.de/kmb/katalog, Abb. 2) im Internet<br />

weltweit recherchierbar. Um auch auf diese Bestände<br />

regional und international besser hinzuweisen,<br />

<strong>ist</strong> der Katalog der Bibliothek Teil verschiedener Bibliotheksverbünde,<br />

wie der KoelnBib (www.koelnbib.de),<br />

des Verbundes der Bibliotheken in NRW (okeanos-www.<br />

hbz-nrw.de) und des artlibraries-net (www.artlibraries.net,<br />

Abb. 3), einem Zusammenschluss international<br />

herausragender Bibliotheken zur <strong>Kunst</strong>. Um die Verfügbarkeit<br />

der Literaturbestände zu erweitern, hat die<br />

Bibliothek einen Dokumentlieferdienst eingerichtet.<br />

Dieser bezieht sich zunächst nur auf Zeitschriftenaufsätze<br />

und <strong>ist</strong> über Subito (www.subito-doc.de), dem<br />

zentralen Dokumentlieferdienst wissenschaftlicher Bibliotheken<br />

aus Deutschland, Österreich und der Schweiz,<br />

Abb. 2: Onlinekatalog der <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek im<br />

Internet (www.museenkoeln.de/kmb/katalog).<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

53


nutzbar. Hierfür wurde von der Bibliothek ein Buchscanner<br />

angeschafft, mit dem Aufsätze aus Zeitschriften digitalisiert<br />

werden, um sie dem Besteller dann online auf seinem<br />

PC zu Hause bzw. am Arbeitsplatz zu Verfügung zu<br />

stellen. Im nächsten Jahr soll der Dokumentlieferdienst<br />

auf gedruckte Literatur in jeder Form erweitert werden:<br />

Dann können Aufsätze aus Büchern, Ausstellungskatalogen<br />

etc. digital und online bestellt werden.<br />

Zu den Photobeständen wird in den Lesesälen, insbesondere<br />

im Lesesaal des Museums für Angewandte<br />

<strong>Kunst</strong>, fachlich beraten. Hier wird den Nutzern nicht nur<br />

inhaltlich zu den Beständen Auskunft erteilt, sondern<br />

auch bei der Recherche geholfen. Ein Teil der Photobestände<br />

(ein knappes Drittel) steht über den Bildindex<br />

(www.bildindex.de, Abb. 4) der Öffentlichkeit im<br />

Internet zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um die<br />

digitalisierte Mikrofichesammlung, mit der dieser Teil<br />

der Bestände seit den 1980er Jahren öffentlich verfügbar<br />

gemacht worden war. Zur Zeit wird an einem Projekt<br />

zur Digitalisierung aller Ektachrome (Großdias in<br />

Farbe) gearbeitet, ebenso an einem eigenen Internet-<br />

Modul. Hierüber soll, unter der Internetadresse www.<br />

rheinisches-bildarchiv.de, der bisher digital verfügbare<br />

Photobestand des Rheinischen Bildarchivs im Internet<br />

separat recherchierbar sein. Über die Künstlerrecherche<br />

<strong>ist</strong> zusätzlich eine gemeinsame Recherche nach Literatur<br />

und Photographie geplant (Abb. 5).<br />

Trotz aller positiver Entwicklungen der KMB hinsichtlich<br />

der Verfügbarkeit der verschiedenen Materialien mittels<br />

EDV, <strong>ist</strong> die räumliche Unterbringung ein immer größer<br />

werdendes Problem. Die Einrichtung <strong>ist</strong> auf vier Stand-<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

54 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

Abb. 3: Internetseite des Artlibraries.net (www.arlibraries.net).<br />

Abb. 4: Internetseite des Bildindex, über den die Photos<br />

des Rheinischen Bildarchivs recherchiert werden können<br />

(www.bildindex.de).<br />

orte in Köln verteilt, und in den Lesesälen sehen die Nutzer<br />

mittlerweile nur noch jeweils einen kleinen Teil der<br />

Bestände, vergleichbar einem Eisberg, von dem nur ein<br />

Sechstel über der Wasseroberfläche sichtbar <strong>ist</strong>.<br />

Das <strong>Kunst</strong>archiv, die Sammlung der Kleinschriften,<br />

kann der Öffentlichkeit schon heute nicht mehr vollständig<br />

zur Verfügung gestellt werden. Im letzten<br />

Jahr mussten für den Lesesaal im Museum Ludwig alle<br />

Zeitschriften aus den umliegenden Magazinen ausgelagert<br />

werden, um dort überhaupt noch Bücher<br />

‚zugriffsnah‘ lagern zu können. Täglich sind ein, oft<br />

auch schon zwei Kollegen mit kleinen Transportwagen<br />

zwischen den verschiedenen Standorten unterwegs,<br />

damit die Leser zumindest innerhalb von 24 Stunden die<br />

gewünschten Bücher bekommen. Der jetzige Platz wird<br />

noch gerade bis Ende 2011 reichen, dann wird entweder<br />

wieder ein weiteres Außenlager angemietet werden<br />

müssen, wodurch weitere Bestände den Nutzern entzogen<br />

werden, oder aber es wird die Möglichkeit einer<br />

zentralen Unterbringung für das gesamte Dokumentationszentrum<br />

zur <strong>Kunst</strong>, der <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek<br />

der Stadt Köln gefunden. Dies wäre eigentlich<br />

die einzig vernünftige Lösung, damit die Öffentlichkeit<br />

endlich alle Materialien an einem Ort zugängig hat und<br />

damit die <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek ihre Ressourcen<br />

nicht mehr für überflüssige log<strong>ist</strong>ische Planungen<br />

einsetzen muss.<br />

Anmerkungen<br />

1 A. Schug: <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek, unveröffentl.<br />

Manuskript (Köln 1970) 14.<br />

2 Diese Sammlung der Kleinschriften kann in keiner Weise einen<br />

Anspruch auf Vollständigkeit erheben, denn für die Erweiterung <strong>ist</strong>


Abb. 5: Mögliches Rechercheergebnis zu dem Künstler George<br />

Brecht in den Beständen der <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek.<br />

Es werden angezeigt: Photos von Werken (hier ‚Scrabble‘ im<br />

Museum Ludwig), Photos zu Veranstaltungen zum oder vom<br />

die <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek darauf angewiesen, dass die<br />

Kulturinstitutionen ihr die Kleinschriften zusenden bzw. dass viele<br />

einzelne Privatpersonen, die diese Schriften selbst zugesandt<br />

bekommen und/oder bei ihren Besuchen in Kultureinrichtungen<br />

mitnehmen, sie wiederum der KMB zur Verfügung stellen.<br />

3 Das übrige Drittel sind Architekturaufnahmen und Reportagen<br />

von herausragenden Veranstaltungen in Köln. Bis in die 1940er Jahre<br />

haben die Photographen des RBA regelmäßig das Stadtbild Kölns und<br />

– im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung des Provinzialverbandes<br />

– Baudenkmäler im Rheinland photographisch dokumentiert.<br />

Heute beruht die Stadtbilddokumentation hauptsächlich auf der<br />

Übernahme der Aufnahmen des Kölner Stadtkonservators und der<br />

Photobestände externer Photographen.<br />

Autorin:<br />

Dr. Elke Purpus<br />

Direktorin <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek Köln<br />

Künstler (hier zur Eröffnung der Heterospektive im Museum<br />

Ludwig 2005), Bücher und Kleinschriften zum Künstler (hier:<br />

Zeitungsausschnitt und Materialien, die zu den Veranstaltungen<br />

der Heterospektive im Museum Ludwig verteilt wurden).<br />

<strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek –<br />

a documentary-Centre on art<br />

the City of Cologne’s <strong>Kunst</strong>- und Museums-<br />

bibliothek / Art and Museum library, long known<br />

to many only in the shape of the two reading<br />

rooms at the Museum ludwig and the Museum<br />

für Angewandte <strong>Kunst</strong> respectively and thus<br />

associated only with books and journals, has<br />

developed into a documentary-centre on art and<br />

well stands comparison with its counterparts on<br />

an international level.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

55


Kuchen Statt KoKS.<br />

Profi Statt Prominent.<br />

KomPetenz Kontra KliSchee.<br />

Gut, wenn Ihre Werbeagentur international Erfolge<br />

feiert. Besser, wenn sie dort erfolgreich <strong>ist</strong>, wo Sie<br />

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Muttergottes in der Rosenlaube (Detail), Stefan Locher, um 1440-1442 · Wallraf-Richartz-Museum, Obenmarspforten, 50667 Köln<br />

»<strong>Kunst</strong> <strong>ist</strong> <strong>rätselhaft</strong>.«<br />

Maria mit Kind – hat man schon<br />

gesehen. Stimmt, aber wer nur<br />

etwas genauer hinsieht, hat viel<br />

zu entdecken. Zum Beispiel:<br />

Erdbeeren. Sie gelten als Symbol<br />

der jungfräulichen Geburt,<br />

da sie gleichzeitig blühen und<br />

fruchten. Und wofür steht das<br />

Blau oder das Gold oder die Einhornbrosche<br />

oder Pfauenfedern<br />

oder...<br />

Als Lochner die „Madonna im<br />

Rosenhag“ malte, war die Symbolik<br />

klar. Und heute?<br />

<strong>Kunst</strong>, wie geht das? Und was hat das mit mir zu tun?<br />

Antworten und mehr gibt‘s in unseren zahlreichen Veranstaltungen.<br />

www.museenkoeln.de/meseumsdienst/mpg


58<br />

Die Goldene tafel aus st. ursula<br />

im Museum schnütgen<br />

von Hiltrud Westermann-Angerhausen<br />

Ursprünglich war die goldene tafel von<br />

St. Ursula eine monumentale Goldschmiedearbeit,<br />

die zusammen mit den reliquienschreinen<br />

der heiligen Ursula und des heiligen<br />

aetherius gegen 1170 für die romanische<br />

Ursulakirche geschaffen wurde.<br />

rund ein Jahrhundert später wurde das<br />

Werk als antependium in den hochaltar<br />

im neu erbauten gotischen Chor der Kirche<br />

eingesetzt. Wir wissen nicht, warum die<br />

kostbaren Silberreliefs in um 1430 durch<br />

schwarze Umrissmalereien auf Goldgrund<br />

ersetzt worden sind. <strong>ist</strong> die neue darstellung<br />

der Muttergottes mit dem Kind zwischen<br />

heiligen eine Wiederholung des ursprünglichen<br />

Bild programms? das <strong>ist</strong> nur eine der<br />

vielen offenen Fragen in der komplizierten<br />

Geschichte des Werkes.<br />

dieser Beitrag <strong>ist</strong> dem andenken an dietrich<br />

Kötzsche gewidmet, der am 20. Januar 2008<br />

verstorben <strong>ist</strong>.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

Vorüberlegungen für ein notwendiges<br />

Forschungsprojekt.<br />

Die Ursulatafel im Museum Schnütgen (Abb. 1-4) <strong>ist</strong> ein<br />

vielschichtiges Denkmal, das Kölner Kirchen-, <strong>Kunst</strong>- und<br />

Museumsgeschichte spiegelt. Auf uns gekommen <strong>ist</strong> es<br />

in einem mehrfach veränderten Zustand, der das höchst<br />

bewegte Schicksal des Objektes ahnen lässt. Bisher hat<br />

sich die <strong>Kunst</strong>geschichte vornehmlich mit dem Platz der<br />

romanischen Bestandteile der großen Tafel, der wunderbaren<br />

Grubenschmelze, innerhalb der Kölner Goldschmiedekunst<br />

des 12. Jahrhunderts beschäftigt. 1 Aber<br />

welchen Ort dieses repräsentative und kostbare Objekt<br />

bei seiner Entstehung um 1160 in der Ursulakirche hatte,<br />

warum die Tafel 2 im 15. Jahrhundert grundlegend verändert<br />

wurde, und wie eingreifend die Restaurierungen<br />

des 19. Jahrhunderts gewesen sind, <strong>ist</strong> erst ansatzweise<br />

untersucht, vielleicht auch nicht letztlich zu klären. Viele<br />

der offenen Fragen könnten aber in einen neuen Zusammenhang<br />

gestellt werden, seitdem zwei nah verwandte<br />

Denkmäler der Kölner Goldschmiedekunst der Romanik<br />

vor kurzem eingehend erforscht und restauriert wurden.<br />

Die berühmten Kuppelreliquiare im Berliner <strong>Kunst</strong>gewerbemuseum<br />

und im Londoner Victoria and Albert Museum<br />

sind mit den Emails der Ursulatafel sowie einer größeren<br />

Gruppe von emaillierten Kölner Goldschmiedearbeiten<br />

der Romanik eng verwandt. 3 Auch bei der grundlegenden<br />

Restaurierung der Aachener Schreine 4 und zuletzt auch<br />

des Siegburger Annoschreins 5 <strong>ist</strong> umfangreiches Wissen<br />

gesammelt worden, das nun auch auf die Ursulatafel anwendbar<br />

wäre. Deshalb plant das Museum Schnütgen<br />

eine gründliche Untersuchung der Ursulatafel. Das wird<br />

viele Mittel und vor allem die Zusammenarbeit verschiedener<br />

Fachleute erfordern. Im Vorfeld werden deshalb


Abb. 1: Mittelteil der Goldenen Tafel von St. Ursula<br />

mit Chr<strong>ist</strong>us und Maria und musizierenden Engeln<br />

(Ausschnitt aus Abb. 2).


60<br />

hier alte und neue Fragen zur wechselhaften Geschichte<br />

dieser monumentalen romanischen Goldschmiedearbeit<br />

mit gotischer Malerei zusammengestellt. Diese Fragen<br />

betreffen Geschichte und materielle Beschaffenheit der<br />

Tafel mit ihren offensichtlichen Schäden. Alle Oberflächen,<br />

die Malerei, die Emails und die verschiedenen Beschläge<br />

des Rahmenwerks bedürfen zwingend der Säuberung<br />

und konservatorischen Sicherung. Zugleich stehen<br />

auch Funktion und Geschichte der Tafel innerhalb der Ursulakirche<br />

seit ihrer Entstehung um 1160 zur Debatte, also<br />

kunsth<strong>ist</strong>orische, ikonographische und liturgiegeschichtliche<br />

Fragen.<br />

Die Holztafel trägt ein Rahmengerüst, das wesentlich<br />

durch teilvergoldete Grubenschmelze mit mehrfarbig in<br />

einer Grube ausgeschmolzenen Blattmustern und vergoldeten<br />

Zierle<strong>ist</strong>en mit Modelmustern geprägt <strong>ist</strong> (Abb. 1,<br />

3, 4). Sie gehören zum Besten, was die romanische Kölner<br />

Goldschmiedekunst hervorgebracht hat. 6 Innerhalb<br />

eines Rahmens sind drei gleich breite, hochrechteckige<br />

Felder durch Emailplatten, gemusterte Pastiglia-Streifen<br />

und gestanzte Metallborten definiert. Die beiden äußeren<br />

Felder sind durch ebenso geschmückte, schmalere<br />

Ornamentbänder noch einmal horizontal geteilt. Diese<br />

waagerechten Linien durchstoßen die breiten vertikalen<br />

Trennstreifen des Mittelfeldes und berühren einen länglichen<br />

Vierpass, der zwar fast so breit aber nicht so hoch<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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Abb. 2: Goldene Tafel von St. Ursula,<br />

Goldschmiederahmen Köln, um 1170,<br />

Malereien Anfang 15. und Anfang 19. Jahrhundert,<br />

H 114 cm, B 218 cm, T 12 cm, Museum Schnütgen Köln.<br />

<strong>ist</strong> wie dieses Feld. Oben und unten <strong>ist</strong> der Vierpass deshalb<br />

durch zwei dünnere Trennstreifen mit dem äußeren<br />

Rahmen verbunden. So <strong>ist</strong> das Zentrum durch eine kreuzförmige<br />

Teilung der gesamten Fläche zugleich hervorgehoben<br />

und verspannt. Die Seitenfelder sind mit zwei<br />

mal drei Bogenstellungen übereinander gefüllt. Die zwölf<br />

entstehenden Bildfelder waren ursprünglich wohl mit figürlichen<br />

Reliefs, wahrscheinlich mit Silbertreibarbeiten,<br />

gefüllt. Nach gängiger Meinung war der zentrale Vierpass<br />

einem Chr<strong>ist</strong>usbild im Typus der Majestas Domini vorbehalten,<br />

mit den vier apokalyptischen Wesen in den Zwickelflächen<br />

des Mittelfeldes. Als wahrscheinlichste Ergänzung<br />

des Chr<strong>ist</strong>usbildes hätte dann in den zwölf seitlichen<br />

Bogenstellungen das Kollegium der Apostel seinen Platz<br />

gehabt. Ob aber dieser Zustand der Tafel im 12. Jahrhundert<br />

wirklich bestanden hat, <strong>ist</strong> eine der Fragen, um die<br />

es hier geht.<br />

Die Tafel wurde zu Beginn des 15. Jahrhunderts grundlegend<br />

verändert. An die Stelle der wahrscheinlich aus Silber<br />

getriebenen kostbaren Figuren traten elegante, schwarze<br />

Umrissmalereien vor fein gepunztem Goldgrund. Im<br />

Zentrum thront die Gottesmutter mit dem Jesuskind, in<br />

den Zwickeln von vier musizierenden Engeln begleitet. In<br />

den Bogenfeldern sind Heilige versammelt, die sämtlich<br />

in Köln verehrt wurden, darunter rechts unten die Heilige<br />

Ursula mit zwei ihrer Gefährtinnen. 7 Welchen Platz hatte


Abb. 3: Linke Seite der Goldenen Tafel mit Andreas, Paulus<br />

und Petrus (oben), Cordula, Pinnosa und Ursula (unten).<br />

dieses Werk in der bewegten Geschichte der Ursulakirche,<br />

die vor der Ankunft der Reliquien der Heiligen Drei Könige<br />

1164 zu den Hauptwallfahrtsorten in Köln gehörte?<br />

Wir wissen, dass ein erster kleiner Kult- und Gedächtnisbau<br />

des 4. Jahrhunderts (Abb. 5) in einem Gräberfeld am<br />

Rande der römischen Stadt an der nördlichen Ausfallstraße<br />

bestand, der mit den Mitteln des Clematius zu Beginn<br />

des 5. Jahrhunderts erweitert und verschönert wurde.<br />

In der berühmten Clematiusinschrift, seit 1886 in der<br />

Südwand des gotischen Chores eingemauert, ermahnt<br />

Clematius, senatorischen Ranges und aus dem Osten<br />

des Reiches stammend, die Nachwelt, den Ort zu ehren,<br />

und niemanden darin zu beerdigen außer den heiligen<br />

Jungfrauen, die hier ihr Blut in Chr<strong>ist</strong>i Namen vergossen<br />

hätten. 9 Die lebendige Verehrung dieser Kölner Märtyrerjungfrauen<br />

zeigt sich zu Beginn des 9. Jahrhunderts<br />

mit namentlichen Nennungen in Texten für den Gottesdienst.<br />

10 Beim Normannenüberfall von 881 wurde die<br />

Kirche der heiligen Jungfrauen schwer beschädigt. Das<br />

führte 922 zu einer faktischen Neugründung. Erzbischof<br />

Hermann I. (889-924) hat damals die Kanonissen von<br />

Gerresheim in St. Ursula etabliert, welche aus ihrem rheinabwärts<br />

gelegenen Kloster nach einem Ungarneinfall<br />

in das befestigte Köln geflohen waren und die Reliquien<br />

des heiligen Hippolytus mitgebracht hatten. 11 Wichtig für<br />

unseren Zusammenhang <strong>ist</strong> eine unvollständig erhaltene<br />

Abb. 4: Rechte Seite der Goldenen Tafel mit Sixtus, Laurentius<br />

und Nikolaus (oben), Severinus, Hippolytus und Kunibertus<br />

(unten).<br />

Urkunde von 911. Dort wird die Kirche „ad sanctam Mariam<br />

et ad XI milia virginum“ 12 genannt, das Marienpatrozinium<br />

stand also jedenfalls vor Neugründung des Stiftes<br />

922 im Vordergrund.<br />

Im 10. Jahrhunderts wird der Anfang der Ursulalegende in<br />

einem Predigttext fassbar. Die Betonung der Tugenden<br />

und Verdienste der ganzen Jungfrauenschar in der Predigt<br />

spricht dafür, dass sie im Auftrag der adeligen Kanonissen<br />

entstanden <strong>ist</strong>, die sich ab 922 neu im Ursulastift<br />

eingerichtet hatten. Parallel dazu entsteht die erste<br />

Passio, also die förmliche Erzählung des Martyriums der<br />

heiligen Ursula. Sie <strong>ist</strong> Erzbischof Gero (969-976) gewidmet<br />

und hat den märchenhaften Beginn: „fuit in tempore<br />

pervetusto.“ 13<br />

Der Grund, warum aus ursprünglich elf bald 11.000 Jungfrauen<br />

geworden waren, hängt vielleicht mit einem ,Lesefehler‘<br />

14 und dem spektakulären Massenfund ,ursulanischer‘<br />

Reliquien 15 zusammen. Letztlich war er durch<br />

den Konflikt des Kaisers Heinrich IV. mit seinem Sohn<br />

Heinrich V. ausgelöst worden, in dessen Verlauf Heinrich<br />

V. Köln mit einer Belagerung bedrohte. 16 Das Jahr 1106<br />

zwang die Stadt also dazu, ihre Befestigungen für die drohende<br />

Belagerung zu verstärken. Es begann die erste wesentliche<br />

Erweiterung des alten römischen Mauerringes,<br />

der Köln bis dahin geschützt hatte. In die Erweiterung<br />

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wurden nördlich des Domes die bisher außerhalb der römischen<br />

Stadtmauer gelegenen Pfarreien Kunibert und<br />

Ursula einbezogen. Dass man hier bei den umfangreichen<br />

Bodenarbeiten für die neuen Mauern auf viele römische<br />

Gräber stieß, war eigentlich kein Wunder, da die Römer<br />

ihre Toten extra muros zu bestatten pflegten. Aber im<br />

Verständnis der Zeit wurde die massenhafte Aufdeckung<br />

von Gebeinen durchaus als wunderbar angesehen. Der<br />

Abb. 5: Grundrisse der Kirchenbauten von St. Ursula vom<br />

4. bis zum 9. Jahrhundert.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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Abb. 6: Zwickel mit goldgrundigem<br />

Email von den seitlichen Bogenstellungen<br />

der Ursulatafel.<br />

Ort neben der Kirche wurde als ager ursulanus bekannt,<br />

und alle Knochen und Körper, die gefunden wurden, umgehend<br />

als – hochbegehrte – Reliquien verehrt. 17<br />

Die Geschichte des nun ausbrechenden ,Reliquienfiebers‘<br />

gehört zum wesentlichen Hintergrund für die Bau-<br />

und <strong>Kunst</strong>geschichte von St. Ursula im 12. Jahrhundert.<br />

Besonders berühmt <strong>ist</strong> die Vision des heiligen Norbert<br />

von Xanten, der eigentlich auf der Spur der Märtyrerreliquien<br />

von St. Gereon war, aber 1121 auch von den „heiligen<br />

Bodenschätzen“ bei St. Ursula träumte. 18 Das führte<br />

zu mehreren ge<strong>ist</strong>lichen Grabungskampagnen durch das<br />

Stift selbst 19 mit einem Höhepunkt „ge<strong>ist</strong>licher Archäologie“<br />

in den Jahren zwischen 1155 und 1164 unter den Äbten<br />

Gerlach und Hartbern von Deutz. Diese Grabung, von<br />

Theoderich, dem Kustos des Deutzer Heribertsklosters<br />

gewissenhaft dokumentiert, sollten der legendären Gesellschaft<br />

der heiligen Ursula viele Namen hinzufügen. 20<br />

Leider gibt es gerade für diese aufregenden Zeiten kaum<br />

Quellen über die Bautätigkeit in Kloster und Kirche, aber<br />

zwischen 1135 und 1160 hat die Äbtissin Gepa es offenbar<br />

vermocht, die Finanzen des Klosters weitgehend zu stabilisieren.<br />

21 Auch <strong>ist</strong> belegt, dass sie kostbare Gewänder<br />

und silberne Gerätschaften für den Gottesdienst in der<br />

Kirche stiftete. Aber die wertvolle Ursulatafel, der Schrein<br />

des heiligen Aetherius, des legendären Bräutigams der<br />

Ursula, und deren eigener Schrein werden weder für die<br />

Regierungszeit der Gepa noch ihrer Nachfolgerin Clementia<br />

(1174-1204) erwähnt, ebenso wenig ein Schrein für die<br />

Reliquien des heiligen Hippolytus. 22 Diese Denkmäler, die<br />

ja die Hauptheiligen der Ursulakirche im Gottesdienst vergegenwärtigten,<br />

waren im späteren 12. Jahrhundert sicher<br />

Höhepunkte in der Einrichtung des romanischen Chores.<br />

Er wurde um die Mitte des 12. Jahrhunderts – also kurz vor<br />

der mutmaßlichen Entstehung der Tafel und der Schreine<br />

um 1160-1170 – fertig gestellt. 23


Die Emails der Ursulatafel 24 (Abb. 6) werden allgemein am<br />

Anfang jener Goldschmiedearbeiten gesehen, die zwischen<br />

dem Schrein des heiligen Heribert um 1160 und dem<br />

Wirken des Nikolaus von Verdun in Köln um 1190 entstanden<br />

(Abb. 7-8). Aber welchen Sinn und welche Wirkung diese<br />

<strong>Kunst</strong>werke innerhalb des Kirchenraums im 12. Jahrhundert<br />

hatten, <strong>ist</strong> bisher selten diskutiert worden. 25 Das liegt<br />

daran, dass der romanische Chor der Kirche nur im Grundriss<br />

überliefert <strong>ist</strong>. Gerade deshalb wäre es aber interessant<br />

zu wissen, welche Rolle diese als Gruppe konzipierten<br />

Goldschmiedearbeiten in der Liturgie des Ursulastiftes von<br />

der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts bis ins 13. Jahrhundert<br />

gespielt hatten. Der lange Altarraum des romanischen<br />

Chores (Abb. 9) war für die fünf ge<strong>ist</strong>lichen Kanoniker<br />

Abb. 7: Aetheriusschrein, Köln, um 1170, Dachaufsicht,<br />

St. Ursula, Köln.<br />

Abb. 8: Kuppelreliquiar, Köln um 1170-80, Dachaufsicht,<br />

London.<br />

Abb. 9: Grundriss der Ursulakirche im 12. Jahrhundert.<br />

Rekonstruktion von H. Mühlberg.<br />

des Stiftes eigentlich zu groß, und die Kanonissen haben<br />

immer die Emporen der Kirche genutzt. 26 Der Chor<br />

bot also viel Platz für eine bedeutsame Inszenierung der<br />

Schreine für Ursula und ihre Gefährten. Allerdings <strong>ist</strong> für<br />

das 12. Jahrhundert nicht einmal die exakte Position des<br />

Hochaltares rekonstruierbar, und deshalb können wir über<br />

die damalige Aufstellung und Funktion der Ursulatafel<br />

nichts sagen. Die Frage, ob sie als Antependium oder Retabel<br />

im romanischen Chor gedient hat, taucht mehrfach<br />

in der Literatur auf, ohne dass sie eindeutig beantwortet<br />

werden könnte. 27 Bezeugt <strong>ist</strong> darüber hin aus in den Quellen<br />

um 1322 ein umfangreiches Fundament am westlichen<br />

Ende des Chores für einen – damals schon alten – Kreuzaltar,<br />

der in unmittelbarer Nähe zu den elf T-förmig angeordneten<br />

Grabkammern für die Ursulanischen Reliquien<br />

stand. Auch dieser Kreuzaltar könnte für die repräsentative<br />

Verehrung der Reliquien genutzt worden sein, nicht<br />

zuletzt, weil er von den Nonnenemporen aus gut einsehbar<br />

war. 28<br />

Dennoch muss offen bleiben, ob die Ursulatafel zur Zeit<br />

ihrer Entstehung an einem weiter östlich gelegenen<br />

Hauptaltar oder als Schmuck des Kreuzaltares am Eingang<br />

des Chorbereiches gestanden hat. Im Zusammenhang<br />

mit den zeitgleich oder wenig später entstandenen<br />

Schreinen könnte man die Tafel eher als Antependium<br />

denn als Retabel sehen, vorausgesetzt die Schreine waren<br />

schon im 12. Jahrhundert hinter dem Altar erhöht,<br />

wie es dann seit dem späteren 13. Jahrhundert der Fall<br />

war. 29 Die Verortung der Denkmäler als funktionierendes<br />

Ensemble innerhalb des romanischen Chores<br />

bleibt weiterhin ein Thema für die Frömmigkeits- und<br />

Liturgiegeschichte.<br />

Der Grund für unsere Unkenntnis über den romanischen<br />

Chor <strong>ist</strong> der noch bestehende Folgebau. Der lichte<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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Abb. 10: Innenansicht des gotischen Chors von St. Ursula (1930).<br />

Chor der Gotik (Abb. 10) hat den romanischen Vorgänger<br />

in doppelter Länge übertroffen. 30 Diese neue Architektur<br />

mit den großen Fenstern und Strebepfeilern<br />

<strong>ist</strong> als gläserner Schrein für die Ursulanischen Reliquien<br />

in der Art der 1248 geweihten Pariser Sainte-Chapelle<br />

konzipiert und wurde möglicherweise 1287 vollendet. 31<br />

In diesem Chor wurde bei der Beseitigung der barocken<br />

Altaraufbauten im 19. Jahrhundert der alte gotische Altarblock<br />

freigelegt. Dahinter waren (Abb. 11) die drei<br />

Schreine von Ursula, Aetherius und Hyppolitus in einem<br />

gotischen Holzgehäuse aufgestellt. 32 In diesen beeindruckenden<br />

Altaraufbau war die Ursulatafel integriert.<br />

Der steinerne Altarblock <strong>ist</strong> von einer zarten Arkatur mit<br />

Blendmaßwerk umgeben. An der Front fand sich diese<br />

Arkadenstellung bei der Aufdeckung jedoch nur an den<br />

Ecken (Abb. 12). Der Leerraum in der Mitte entspricht<br />

genau der Breite der Ursulatafel. 33 Hier also war sie rund<br />

100 Jahre nach ihrer Entstehung zwischen der Chorweihe<br />

um 1287 und der barocken Umgestaltung um 1640<br />

an prominenter Stelle neu eingesetzt. Erst in diesem<br />

Zeitraum wurde sie mit Sicherheit als Antependium<br />

benutzt. Nach 1640 wechselte sie wiederum ihren Ort,<br />

um der barocken Umgestaltung des Hochaltars Platz zu<br />

machen.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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Zu dieser Zeit hatte sich das Erscheinungsbild der Tafel<br />

aber schon grundlegend geändert. Am Anfang des 15.<br />

Jahrhunderts waren nämlich die silbernen, vielleicht<br />

teilvergoldeten Reliefs, die wir als originale Füllung des<br />

kostbaren Rahmengerüstes annehmen dürfen, durch<br />

Malereien ersetzt worden. Wir wissen nicht, warum<br />

das wertvolle Metall gegen ein wohlfeileres, wenn auch<br />

kostbar erscheinendes Bildmedium ausgetauscht wurde.<br />

Aber man sollte in Erinnerung behalten, dass teure<br />

kirchliche Ausstattungsstücke immer auch Kapitalanlagen<br />

gewesen sind.<br />

Das gemalte gotische Bildprogramm der Ursulatafel,<br />

in der Generation vor Stefan Lochner entstanden und<br />

dem Me<strong>ist</strong>er des Darmstädter Gereonsaltares zugeschrieben,<br />

34 hat die thronende Gottesmutter mit dem<br />

Kind als Zentrum, umgeben von Engeln und Heiligen.<br />

Es wurde bisher jedoch überwiegend angenommen,<br />

dass die figürlichen Silberbilder der Ursulatafel im 12.<br />

Jahrhundert chr<strong>ist</strong>ologisch ausgerichtet waren. 35 Zwölf<br />

Felder zu Seiten einer durch den Vierpass gleichsam<br />

vorgegebenen ,Majestasformel‘ in der Mitte sprechen<br />

in der Tat für Vergleiche mit Werken wie dem wenig<br />

früher entstandenen Großkomburger Antependium, 36<br />

das den thronenden Chr<strong>ist</strong>us inmitten der vier apokalyptischen<br />

Wesen im Kollegium der zwölf Apostel zeigt.<br />

Auch viele bemalte oder geschnitzte Antependien des<br />

12. Jahrhunderts von Skandinavien bis nach Spanien haben<br />

dieses Bildprogramm.<br />

Dennoch lohnt die erneute Frage nach einem von Anfang<br />

an marianischen Bildprogramm für die Ursulatafel,<br />

für das es im 12. Jahrhundert durchaus eine Tradition<br />

Abb. 12: Gotischer Altarblock nach Entfernung der barocken<br />

Ausstattung.


gab. Sicher hatte die Wirkung der Umrissmalereien auf<br />

zierlich gepunztem Goldgrund in der Wertung des frühen<br />

15. Jahrhunderts eine hohe repräsentative Qualität.<br />

Ihre optische Kostbarkeit dürfte für damalige Betrachter<br />

dem Wert des romanischen Rahmenwerks durchaus<br />

entsprochen haben und kann nicht als wohlfeiler Ersatz<br />

für die originalen Silberreliefs abgetan werden. Mehr<br />

spricht für die Annahme, dass man am Anfang des 15.<br />

Jahrhunderts die ganze Tafel in ihrer Ursprungsgestalt,<br />

also auch mit einen von vornherein nicht chr<strong>ist</strong>ologischen<br />

Bildprogramm erneuern und überliefern wollte.<br />

Oder anders: Welchen Grund hätte es gegeben, das<br />

Bildprogramm der Tafel zu ändern, wenn man doch ihre<br />

ursprüngliche Erscheinung und Substanz mit dem ,altmodischen‘<br />

Rahmenwerk des 12. Jahrhunderts offenbar<br />

erhalten wollte? 37 ,Programmtreue‘ bei in großen Abständen<br />

erneuerten Bilderzyklen <strong>ist</strong> aber im Mittelalter<br />

eher die Regel als die Ausnahme. 38 Solche Programmtreue<br />

wäre im 15. Jahrhundert weniger überraschend als<br />

ein auch liturgisch schwerwiegender Paradigmenwechsel<br />

an einem zentralen Ort der Ursulakirche. Die selbstverständliche<br />

Annahme Franz Bocks, dass „die ehemals<br />

als Basreliefs getriebenen heiligen Figuren ... mit den<br />

vorliegenden gemalten Figuren der Wahl und Anordnung<br />

nach identisch gewesen sein dürften“, 39 sollte<br />

deshalb doch noch einmal überdacht werden. Vor diesem<br />

Hintergrund kann man auch Anton Legners Beobachtung<br />

weiterdenken, der die gemalten Figuren „wie<br />

Abb. 11: Gotische Altarsituation<br />

nach 1287 in<br />

St. Ursula, nach Rahtgens<br />

1934 (vgl. Anm. 27).<br />

Abbilder von Statuetten gotischer Goldschmiede“ 40<br />

empfand. Die Umrissmalereien vor gepunztem Goldgrund<br />

stehen der in dieser Zeit zu hoher Blüte kommenden<br />

Grisaillemalerei sehr nahe, und bei der Grisaillemalerei<br />

geht es ja in der Tat um die Vergegenwärtigung<br />

einer <strong>Kunst</strong>gattung, nämlich der Skulptur, mit den Mitteln<br />

einer anderen, nämlich der Malerei. 41 Schon die<br />

Wahl der malerischen Technik bewe<strong>ist</strong>, dass der Ersatz<br />

der Silberreliefs durch die Goldgrund-Malerei ein Akt<br />

der bewussten Ergänzung und Renovierung und keine<br />

,Umdekorierung‘ war. Wenn wir renovare im mittelalterlichen<br />

Sinne verstehen, dann meint dies sicher nicht<br />

eine beliebige Wahl zwischen möglichen ikonographischen<br />

Optionen, sondern die zugleich materielle<br />

und inhaltliche Wiederherstellung des guten alten Zustandes.<br />

42<br />

Beschaffenheit und Alter der Heiligennamen auf dem<br />

Rahmen der Tafel können vielleicht durch eine erneute<br />

konservatorische Untersuchung geklärt werden, 43<br />

aber die vorhandenen Namen passen ikonographisch<br />

gut nachvollziehbar zu den im 15. Jahrhundert dargestellten<br />

Heiligen. Sie waren bis 1640 mit dem Hochaltar<br />

verbunden, der ab etwa 1287 mit der Tafel geschmückt<br />

war. Warum sollten diese Heiligen nicht schon vor 1287<br />

hier präsent gewesen sein? Wichtig für das Gesamtprogramm<br />

<strong>ist</strong> in dieser Frage auch das früh bezeugte<br />

Marienpatrozinium der Ursulakirche, das erst im Lauf<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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der Zeit hinter das Ursulapatrozinium zurücktrat. Damit<br />

wird die Darstellung einer thronenden Muttergottes<br />

mit Chr<strong>ist</strong>us im Zentrum der Tafel und am zentralen<br />

Ort der Kirche fast zwingend. 44 Die weite Verbreitung<br />

des Motivs der ,Marienmajestas‘ oder der ,Regina Angelorum‘<br />

im 12. Jahrhundert bedarf gerade im Rheinland<br />

keines ausführlichen Nachweises. 45 Vieles spricht also<br />

dafür, dass die Ursulatafel von Anfang an kein chr<strong>ist</strong>ologisches,<br />

sondern immer schon ein marianisches Zentrum<br />

hatte. Zudem hat ein zentrales Bild der Muttergottes<br />

mit Chr<strong>ist</strong>us am oder über dem Altar einen eminent<br />

eklesiologischen und euchar<strong>ist</strong>ischen Bezug und we<strong>ist</strong><br />

auf das Corpus Mysticum der Kirche hin. 46<br />

Auch die Gruppierung von viermal drei Heiligenbildern<br />

in den Seitenfeldern (vgl. Abb. 3 und 4) erscheint<br />

in diesem Kontext sinnvoll. Zu den Apostelfürsten Petrus<br />

und Paulus, die heraldisch rechts an vornehmster<br />

Stelle stehen, wird im oberen linken Viertel traditionell<br />

der Petrusbruder Andreas gesellt. Ebenfalls zur Rechten<br />

der Gottesmutter steht unter den Aposteln Ursula<br />

mit den beiden Jungfrauen, die seit ältester Zeit zu den<br />

engsten Gefährtinnen der Heiligen zählen, Cordula und<br />

Pinnosa. 47 Auf der anderen Seite sind die Dreiheiten<br />

nicht so klar definiert. Oben steht zufolge der Namensbeischriften<br />

Nikolaus der Gottesmutter am nächsten,<br />

zusammen mit Laurentius und Sixtus, unten folgen Severinus,<br />

Hippolytus und Kunibertus. Bedenkt man aber,<br />

dass Hippolytus von Rom seit der Spätantike aufgrund<br />

der Legende zusammen mit Papst Sixtus und dem Diakon<br />

Laurentius verehrt wurde, da er doch als der Kerkerme<strong>ist</strong>er<br />

des heiligen Laurentius galt, und von diesem<br />

bekehrt, den Märtyrertod starb, 48 so wäre die Zusammenstellung<br />

des Hippolytus mit Sixtus und Laurentius<br />

sinnvoller als zwischen Kunibert und Severin. Für die herausgehobene<br />

Position des Nikolaus gegenüber Petrus<br />

könnte aber auch von Bedeutung sein, dass der in der<br />

Ursulakirche vorhandene Nikolausaltar sich in direktem<br />

Bezug zum Ursulagrab im Nordquerarm der Kirche befindet,<br />

das dort seit dem 11. Jahrhundert verehrt wurde. 49<br />

Unabhängig von der Position einzelner Heiliger sind<br />

im Bildprogramm der Ursulatafel auf jeden Fall Kölner<br />

Altar- Pfarr- und Stadtpatrone vergegenwärtigt. Damit<br />

wird eine von Köln bis nach Rom zurückreichende<br />

Tradition 50 der Blutzeugen, Apostel, Missionare und<br />

Lehrer der Kirche vor Augen geführt. Eine solch repräsentative<br />

Vergegenwärtigung von Heiligen in genau<br />

den Jahrzehnten, in denen Köln zu einem ganz Europa<br />

bewegenden Fundort „Heiliger Leiber“ geworden war,<br />

macht im Epizentrum dieser Reliquienerhebungen 51<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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guten Sinn und würde noch einmal für die Identität des<br />

gemalten gotischen Figurenprogramms mit demjenigen<br />

des 12.Jahrhunderts sprechen.<br />

Es scheint, als habe der Konvent von St. Ursula bemerkenswert<br />

oft vor dem Domkapitel einprägsame Formulierungen<br />

für die kostbare Präsentation seiner Reliquien<br />

gefunden. Der romanische Chorbau von St. Ursula wurde<br />

im 12. Jahrhundert etwa zeitgleich mit den goldenen<br />

Schreinen der Heiligen, ihrer Gefährten und der Ursulatafel<br />

vollendet – die Arbeiten am Dreikönigenschrein<br />

begannen erst nach 1189, als Nikolaus von Verdun das<br />

Klosterneuburger Altarretabel vollendet hatte. Das gotische<br />

Chorhaus von St. Ursula als Megaschrein für die<br />

Reliquien wurde Ende des 13. Jahrhunderts geweiht –<br />

die Weihe des ungleich prächtigeren aber funktionsgleichen<br />

Domchores war 1322. Aus der Versammlung von<br />

Heiligen auf der Ursulatafel, gemalt in der Generation<br />

vor Stefan Lochner, lässt sich mit aller Vorsicht zudem<br />

eine gewisse Vorstufe für das Programm eines anderen,<br />

allerdings nicht kirchlichen, sondern städtischen Repräsentationsbildes<br />

herauslesen, das seit dem 15. Jahrhundert<br />

zum Inbegriff des „Kölner Stadtheils“ geworden<br />

<strong>ist</strong>. Rund 30 Jahre nach den Malereien der Ursulatafel<br />

Abb. 13: Th. Cranz / A. Wegelin: Innenansicht<br />

von St. Ursula nach Osten mit klassiz<strong>ist</strong>ischem<br />

Kreuzmonument, um 1840.


schafft Stefan Lochner mit seinem ursprünglich für die<br />

Ratskapelle bestimmten ,Dombild‘ eine großartige und<br />

neue Vergegenwärtigung der Gesellschaft von Kölner<br />

Märtyrern zu Seiten der Muttergottes. Was im Altarbild<br />

der Rathauskapelle als die Zusammenschau der Kölner<br />

Stadt- und Schutzpatrone visualisiert wurde, hatte am<br />

Hochaltar in St. Ursula womöglich schon seit dem 12.<br />

Jahrhundert und bezogen auf das Stift eine Tradition.<br />

Wenn die Ursulatafel in ihrer gotischen Gestalt wirklich<br />

ein romanisches Bildprogramm überliefert, dann<br />

wäre sie eine bemerkenswert frühe Vorläuferin des<br />

Lochner’schen ,Dombildes‘ als Vergegenwärtigung der<br />

Salus Populi Coloniensis. 52<br />

Zurück zur materiellen Geschichte der Ursulatafel: Im 17.<br />

Jahrhundert hatte sie wiederum einen neuen Platz am<br />

neu eingerichteten Kreuzaltar als eigentlichem Gemeindealtar<br />

am Westende des Chores gefunden. 53 Leider<br />

kennen wir diesen Zustand nur aus schriftlichen Quellen.<br />

Als der Kölner Stadtbaume<strong>ist</strong>er Johann Peter Weyer<br />

1838 die aquarellierten Zeichnungen 54 vom Inneren der<br />

Kirche anfertigen ließ (Abb. 13), war der ,alte‘, nämlich<br />

der barocke Kreuzaltar schon wieder verschwunden,<br />

um einem Kreuzmonument in klassiz<strong>ist</strong>ischer Manier zu<br />

weichen, an dem die Ursulatafel keinen Platz mehr hatte.<br />

Über ihr Schicksal in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

schreibt Franz Bock in seinem Buch Das heilige<br />

Köln nicht ohne eine gewisse kritische Tendenz gegenüber<br />

seinem berühmten Vorgänger in der <strong>Kunst</strong> des Sammelns:<br />

„Das vorliegende Antependium hat ehemals wie<br />

verlautet, dem Pfarraltar der St. Ursulakirche zur Zierde<br />

gereicht, der nach Aussage von Augenzeugen noch zu<br />

Abb. 14: Rückansicht<br />

der Ursulatafel.<br />

Zeiten des ehemaligen Ursulastiftes [also vor der Säkularisierung]<br />

unmittelbar am Eingange des Hochaltares,<br />

umgeben von Abschlussgittern, errichtet war. Als nun<br />

zu Anfang dieses Jahrhunderts die ebengedachte Kirche<br />

einer sogenannten Verschönerung im Inneren zu<br />

bedürfen schien, und die betreffenden Arbeiten unter<br />

Leitung und Führung von Wallraf ausgeführt und vollendet<br />

worden, soll Wallraf in Anerkennung um seine desfallsigen<br />

Bemühungen die vorliegende „palla d’oro“ als<br />

Geschenk erhalten haben“. 55<br />

In der Geschichte der Ursulatafel beginnt nun die Zeit,<br />

in dem das Werk zum Museumsobjekt mit langer und<br />

wirrer Restaurierungsgeschichte mutiert. Petra Mandt<br />

hat sie aus dem Blickwinkel der frühen Gemälderestaurierungen<br />

am Wallraf-Richartz-Museum dargestellt; 56<br />

darauf wird hier zurück gegriffen. In den vielfältigen<br />

und teils verzweifelten Bemühungen, die chaotischen<br />

Wallraf’schen Sammlungen zu ordnen und zu sichern,<br />

taucht 1829 in einer L<strong>ist</strong>e von sieben restaurierungsbedürftigen<br />

Objekten die Tafel an dritter Stelle auf, dabei<br />

<strong>ist</strong> von 17 Paneelen die Rede, es ging also nur um die<br />

Umrissmalereien auf Goldgrund. Viel kann damals nicht<br />

erreicht worden sein, denn 1840 wird mit dem schon öfter<br />

für die Sammlung tätigen Genter Maler A. Lorent ein<br />

Vertrag zur Reinigung, Ergänzung und „Neuvergoldung<br />

der Gründe“ geschlossen. Zur Ergänzung der Metallteile<br />

und der Emails zog man 1841 noch den Goldarbeiter C.<br />

Kramer heran, der zufolge seines Kostenvoranschlages<br />

aber die Emails nur „beimalen“ wollte, so dass der damals<br />

noch amtierende Leiter der Sammlungen De Noel<br />

den Auftrag erhielt, nach „ächter Emaille“ zu suchen.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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68<br />

Abb. 15: Museale Aufstellung der Ursulatafel in St. Cäcilien<br />

ab 1956.<br />

Ob das Resultat dieser Suche nur die drei in einem Pilaster<br />

im unteren rechten Viertel der Tafel eingesetzten<br />

Emailplättchen sind, wird bei der angestrebten neuen<br />

Erforschung der Tafel zur Debatte stehen. Offenbar war<br />

Lorent mit der Arbeit nicht vorangekommen, denn 1843<br />

geht sie nach dem Protokoll der damaligen Sitzung der<br />

Museumskommission an den Vergolder Josef Reinders.<br />

Nahe am Geschehen <strong>ist</strong> an diesem Punkt August Reichensperger,<br />

der Edward von Steinle am 27.Februar 1844<br />

schreibt: „... einen für mich höchst erfreulichen Zuwachs<br />

hat Köln in der Person unsers alten Ramboux erhalten.<br />

Wir sind sehr viel zusammen und ich lerne ihn immer höher<br />

schätzen... Im Museum hat er schon gehörig herumgewühlt<br />

und in der Rumpelkammer über 200 Bilder entdeckt,<br />

die er für recht wertvoll hält. Dann hat er auch ein<br />

prachtvolles Antependium glücklich den Harpyienkrallen<br />

eines Restaurateurs, der bereits in seiner Weise daran herumzufegen<br />

begonnen hatte, entrissen und sich selbst an<br />

die Herstellung begeben, die nun schon halb vollendet <strong>ist</strong><br />

und zeigt, was Ramboux in diesem Fache vermag und was<br />

die alte <strong>Kunst</strong> von ihm zu hoffen hat.“ 57<br />

Unklar bleibt, ob Reinders der von Reichensperger verdächtigte<br />

„Restaurateur“ gewesen <strong>ist</strong>, aber deutlich wird,<br />

dass der 1844 bestallte neue Leiter der Sammlungen,<br />

der Trierer Maler Johann Anton Ramboux (1790-1866),<br />

sich nun ausführlich der Malereien auf der Ursulatafel<br />

angenommen hat. Über das Ergebnis äußert sich Rei-<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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Abb. 16: Museale Aufstellung der Ursulatafel in St. Cäcilien<br />

ab 1977.<br />

chensperger 1850 positiv im Kölner Domblatt. Die<br />

Tafel wurde in die als Ausstellungsraum genutzte Kölner<br />

Ratskapelle verbracht und blieb ein Sorgenkind,<br />

was offenbar mit den schlechten klimatischen Bedingungen<br />

dort zusammenhing. Obwohl Bock 1858 die<br />

Wiederherstellungsarbeit von Ramboux lobt und auch<br />

auf den (wohl nicht geringen) Anteil der neu gemalten<br />

Partien vor allem in den Gesichtern eingeht, 58 konstatiert<br />

Ramboux 1863 in einem Brief, das Antependium<br />

sei „allenthalben geborsten an seinen verschiedenen<br />

Stellen“. Wiederum scheint es hier vornehmlich um die<br />

Malerei zu gehen. Die Schäden, so Petra Mandt, ergaben<br />

sich aus dem Aufbau des Malereiträgers: „Wie die<br />

Untersuchung der Tafel (durchgeführt 1966) 59 zeigte,<br />

setzte sie sich aus acht senkrecht angeordneten Einzelbrettern<br />

(Abb. 14) zusammen. Die so entstandene<br />

Eichenholztafel wurde mit Leinwand überzogen und<br />

grundiert. Die Vergoldung der Vorderseite, auf die<br />

dann die Malerei aufgetragen wurde, umfasst nur die<br />

sichtbaren Flächen. Die Tafel <strong>ist</strong> durch das schwere,<br />

aufgesetzte Rahmenwerk, die Säulenordnung und den<br />

Außenrahmen arretiert. Ein Arbeiten der Einzelbretter<br />

bei klimatischen Schwankungen wirkte sich so direkt<br />

auf die Brettfugen aus“. 60 Ein Jahr später vermerkt Ramboux<br />

in seinem Handexemplar des Gemäldekatalogs:<br />

„Nr. 85 zur Zeit wieder hergestellt, indem die Hälfte<br />

daran ermangelte.“ Auf die wertvollen Beobachtungen<br />

von Petra Mandt zu den (kunst)h<strong>ist</strong>orischen Vorbildern,


Abb. 17: Museale Aufstellung der Ursulatafel in St. Cäcilien<br />

seit 2003.<br />

die Ramboux bei seinen Ergänzungen vor Augen gewesen<br />

sein können, wird man für eine vertiefte technologische<br />

Untersuchung der Malereien mit Gewinn zurückgreifen<br />

können.<br />

Bringen wir aber zunächst die Museumsgeschichte<br />

der Tafel aus dem 19. Jahrhundert in die Gegenwart.<br />

Offenbar seit den 1890er Jahren wurde die Tafel „als<br />

Überweisung aus städtischem Besitz“ 61 im 1882 neu gegründeten<br />

<strong>Kunst</strong>gewerbemuseum der Stadt Köln aufbewahrt.<br />

Dokumentiert <strong>ist</strong> das für das Jahr 1900 durch<br />

einen knappen Eintrag in den Inventarbüchern des Museums<br />

für Angewandte <strong>Kunst</strong>: „überwiesen vom Wallraf-Richartz-Museum“.<br />

62 Dem Eintrag folgt in der Zeile<br />

darunter ohne Datum in anderer Schrift: „Überwiesen<br />

an das Schnütgen-Museum.“ Im um 1930 handgeschriebenen<br />

Inventar unseres Hauses gibt es zwar keine Bestätigung<br />

dieses Umzuges, aber in feiner Sütterlinschrift<br />

<strong>ist</strong> dort wiedergegeben, was Eduard Firmenich-Richartz<br />

1916 vorwurfsvoll, nostalgisch und ungenau über die<br />

Tafel zu sagen hatte: „Seit 1640 hatte das Werk des Fredericus<br />

Coloniensis (um 1175) dort auf dem Hochaltar<br />

gestanden, nun gab man es leichten Sinnes fort, da es<br />

in vierzehn Stücke auseinanderfiel. Die Tafelbilder, die<br />

schon lange die leeren Nischenöffnungen für Bronzestatuetten<br />

bedeckten, wurden bei einer Reparatur 1841<br />

fast ganz erneuert“. 63 Der seitherige Befund spricht aber<br />

dafür, dass etwa vorhandene „leere Nischenöffnungen“<br />

durch den rückwärtigen Einsatz der achtteiligen Eichentafel<br />

für die Goldgrundmalereien nicht verdeckt,<br />

sondern wahrscheinlich zur Gänze ersetzt worden sind,<br />

auch hier bleibt viel zu klären.<br />

In der Zeit des Inventareintrages war die Tafel kurz in<br />

Fritz Wittes neusachlich eingerichtetem Schnütgen Museum<br />

in Deutz zu sehen, ehe das Haus im Zweiten Weltkrieg<br />

geschlossen wurde. Im neu eröffneten Museum in<br />

St. Cäcilien <strong>ist</strong> die Ursulatafel seit 1956 von Westen nach<br />

Osten gewandert. In der ersten Einrichtung durch Hermann<br />

Schnitzler war sie im nördlichen Emporenanraum<br />

(Abb. 15) etwa in Blickhöhe vor einer Wand präsentiert.<br />

Bei der Neueinrichtung durch Anton Legner 1977 wurde<br />

sie an zentraler Stelle inmitten des Chorraumes durch<br />

die niedrige Anbringung vor einem blockartigen Sockel,<br />

der auf der Rückseite ebenfalls für die Präsentation eines<br />

– textilen – Antependiums genutzt wurde, eindeutig als<br />

Antependium interpretiert (Abb. 16). 64 Mit dem Blick auf<br />

die Erweiterungsflächen des Museums, die 2009 neben<br />

dem neuen Rautenstrauch-Joest-Museum eingeweiht<br />

werden, wurde der Ursulatafel schon bei der Renovierung<br />

und Neueinrichtung der Cäcilienkirche 2003 ein<br />

erhöhter Platz in der Hauptapsis gegeben. Davor, auf<br />

einem beweglichen, von Markus Schilling entworfenen<br />

Altar, der zweimal im Jahr für die Messfeier benutzt<br />

wird, liegt der romanische Einband für das karolingische<br />

Evangeliar, das zu den größten Schätzen des Museums<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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70<br />

zählt. Die Emailplättchen des Buchdeckels sind mit den<br />

größeren Emails der Ursulatafel nächst verwandt. 65 Das<br />

Zentrum <strong>ist</strong> ein vergoldetes, aus Silber getriebenes Bild<br />

des thronenden Chr<strong>ist</strong>us, das die ursprüngliche Mitte<br />

der Ursulatafel vorstellbar macht. Zwei Objekte der<br />

Sammlung stehen so in einem sich gegenseitig erhellenden<br />

liturgischen, didaktischen und kunsth<strong>ist</strong>orischen<br />

Zusammenhang. Als glänzender Blickpunkt <strong>ist</strong> die Tafel<br />

fast von überall her sichtbar. Dennoch kann sie auch aus<br />

der Nähe und auf Augenhöhe betrachtet werden (Abb.<br />

17). Sie <strong>ist</strong> nicht nur aus diesem besucherfreundlichen<br />

Grund hoch aufgerichtet worden, sondern auch, um die<br />

Frage nach der ursprünglichen Funktion – Antependium<br />

oder Retabel? – lebendig zu halten.<br />

Aus der bewegten Geschichte der Ursulatafel bleiben<br />

viele Fragen für die geplante Untersuchung. Sie werden<br />

nicht nur über die mittelalterlichen Veränderungen Aufschluss<br />

geben, sondern auch wesentlich zur Geschichte<br />

des Restaurierungswesens im 19. Jahrhundert beitragen.<br />

Im Laufe der Säuberungs- und Sicherungsarbeiten<br />

wird sich auch unsere Kenntnis der weitgehend undokumentierten<br />

Techniken vertiefen, die im 20. Jahrhundert<br />

angewandt wurden. Jedenfalls hat sich dies bei allen<br />

Objekten herausgestellt, die seit 2001 in unserer durch<br />

viele Patenschaften finanzierten Restaurierungskampagne<br />

durchgeführt worden sind.<br />

Drei Hauptfelder der Untersuchung zeichnen sich ab: Zunächst<br />

eine vertiefte Analyse der Malereien des 19. und<br />

des 15. Jahrhunderts, dann die technische Untersuchung<br />

aller Holzbestandteile, der achtteiligen Eichentafel, welche<br />

die Malereien trägt, und ebenso des Rahmens für die<br />

romanischen Schmuckbeläge, über dessen Alter bisher<br />

keine Angaben gemacht werden können. Schließlich<br />

geht es um die Schmuckbeläge selbst: Hier sind Säuberung<br />

und Sicherung der Oberflächen ebenso unerlässlich<br />

wie bei den Malereien. Sind die großen Emailzwickel der<br />

Bogenstellungen noch an ihren ursprünglichen Orten?<br />

Nicht immer sitzen sie passgenau nebeneinander, und für<br />

den systematischen Versatz der goldgrundigen und blaugrundigen<br />

Emails – der Zwickel wie auch der recheckigen<br />

Emailplättchen – ergibt sich kein schlüssiges Muster.<br />

Für die aus Modeln geschlagenen Metallstreifen, deren<br />

Motive sich auch auf anderen Kölner Goldschmiedearbeiten<br />

des 12. Jahrhunderts finden, <strong>ist</strong> die mittelalterliche<br />

Entstehung nicht überall klar, und ob die besonders gefährdeten<br />

Pastiglia-Plättchen, die zwischen den Emails<br />

sitzen, wirklich neuere Ergänzungen sind, sollte bei allem<br />

Respekt für das Augenmaß und die Erfahrung früherer<br />

Gelehrter ebenfalls geprüft werden. 66<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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Alle diese Fragen können nur in Zusammenarbeit mit<br />

verschiedenen Fachleuten geklärt werden, ja ihre Beantwortung<br />

erfordert ein regelrechtes Forschungsprojekt,<br />

nicht nur zur besseren Kenntnis, sondern vor allem zur<br />

dringend notwendigen Sicherung der Ursulatafel. Beispielhaft<br />

sind die Arbeiten, die für die Kuppelreliquiare in<br />

Berlin und London oder in Aachen und Köln für die großen<br />

Reliquienschreine initiiert werden konnten. Das Museum<br />

Schnütgen sieht sich in der Pflicht zur gewissenhaften Bewahrung<br />

dieses Hauptwerkes der Kölner Kirchen-, <strong>Kunst</strong>-<br />

und Museumsgeschichte und bemüht sich um die Mittel<br />

und die Fachleute, um ein solches Projekt möglichst bald<br />

zu beginnen.<br />

the golden panel of St. Ursula in the<br />

Museum Schnütgen<br />

the golden panel of st. ursula was conceived as<br />

a monumental piece of goldsmithing together<br />

with the reliquary shrines of st. ursula and st.<br />

Aetherius around 1170 for the romanesque<br />

church of st. ursula in Cologne. A century later,<br />

the panel was integrated into the decoration of<br />

the high altar in the newly-built gothic choir as<br />

an antependium. We do not know why, around<br />

1430, the less expensive black outline paintings<br />

on gold ground were put in the place of the<br />

original silver repoussé figures within the original<br />

richly enamelled framework of the panel. the<br />

painted Virgin with the Child among saints we<br />

see now might well repeat the original pictorial<br />

programme, although common opinion usually<br />

sees her as a replacement of an earlier representation<br />

of Chr<strong>ist</strong> enthroned among the Apostles.<br />

this is only one of many open questions posed<br />

by the complicated h<strong>ist</strong>ory and extremely fragile<br />

conservational state of the object, which is to<br />

undergo an in-depth analysis and conservation<br />

requiring the cooperation of experts from several<br />

disciplines in the near future.


Anmerkungen<br />

1 Zuletzt hat dies mit me<strong>ist</strong>erlicher Gründlichkeit Dietrich Kötzsche<br />

getan, in dessen fruchtbaren Gelehrtenleben die Erforschung der<br />

romanischen Kölner Schatzkunst ein Leitmotiv war. Seit der Mitarbeit<br />

an Band 2 des Katalogwerkes „Rhein und Maas“ – A. Legner (Hrsg.):<br />

Rhein und Maas. <strong>Kunst</strong> und Kultur, 800-1400, Bd. 2: Berichte,<br />

Beiträge und Forschungen zum Themenkreis der Ausstellung und des<br />

Katalogs (Köln 1973) – hat die Verfasserin von D. Kötzsche lernen<br />

dürfen. Das <strong>ist</strong> ein fortdauernder Prozess, der auch jenseits eines<br />

lebendigen Austauschs den Namen von D. Kötzsche in die eigene<br />

Arbeit und die des Museum Schnütgen eingeschrieben hat.<br />

2 Die Tafel (Inv.-Nr. G 564) wird hier bewusst nicht als Antependium<br />

bezeichnet, weil sie in dieser Funktion erst seit dem 13. Jahrhundert<br />

eindeutig belegt <strong>ist</strong>. Vgl. zu diesen hier nur angerissenen Fragen V.<br />

Fuchß: Das Altarensemble. Eine Analyse früh- und hochmittelalterlicher<br />

Altarausstattungen (Weimar 1999). – J. Gardener: Ante et<br />

super Altare. From Antependium to Altarpiece, in: E. Emmerling/C.<br />

Ringer (Hrsg.): Das Aschaffenburger Tafelbild. Studien zur Geschichte<br />

der Tafelmalerei des 13. Jahrhunderts (München 1996). – H.<br />

Westermann-Angerhausen: Stw. „Antependium“, in: Lexikon des Mittelalters,<br />

Bd.1, Sp. 693-694.<br />

3 D. Kötzsche: Die Kuppelreliquiare in Berlin und in London und ihr<br />

Umkreis, in: D. Kötzsche/L. Lambacher (Hrsg.): Höhepunkte<br />

romanischer Schatzkunst. Die Kuppelreliquiare in London und Berlin<br />

und ihr Umkreis, Ausst.-Kat. <strong>Kunst</strong>gewerbemuseum der Staatlichen<br />

Museen zu Berlin 2006 (Berlin 2006) 21-36, bes. 28. Lothar<br />

Lambacher danke ich herzlich für guten und hilfreichen Gedankenaustausch<br />

zur Ursulatafel.<br />

4 Zu den Aachener Schreinen vgl. H. Lepie: „Schimmernd in Gold...<br />

und leuchtend von kostbaren Steinen“. Projekte in der Goldschmiedewerkstatt<br />

des Aachener Domes (Aachen 2001). – D. P. Wynands:<br />

Der Aachener Marienschrein (Aachen 2000). – Domkapitel Aachen<br />

(Hrsg.): Der Schrein Karls des Großen (Aachen 1998).<br />

5 Vorerst L. Becks: Der Siegburger Annoschrein in Restaurierung<br />

(Köln 2002). – In Vorbereitung: Marc Steinmann: Der Siegburger<br />

Annoschrein (Die großen Reliquienschreine des Mittelalters,<br />

Bd. III, Deutscher Verein für <strong>Kunst</strong>wissenschaft).<br />

6 Immer noch unverzichtbar: O. von Falke/H. Frauberger: Deutsche<br />

Schmelzarbeiten des Mittelalters (Frankfurt 1904). – F.Mütherich: Die<br />

Ornamentik der rheinischen Goldschmiedekunst in der Stauferzeit,<br />

Diss. Berlin 1940 (Würzburg 1941) 24. – Weiterhin H. Schnitzler<br />

(Hrsg.): Das Schnütgen-Museum. Auswahlkat.<br />

(4. Aufl. Köln 1968), Nr. 26, 28-29. –A. Legener (Hrsg.): Ornamenta<br />

Ecclesiae. <strong>Kunst</strong> und Künstler der Romanik, Bd. 1-3, Ausst.-Kat.<br />

Schnütgen-Museum der Stadt Köln 1985 (Köln 1985) Bd. 2, 348 mit<br />

der älteren Literatur (M. Seidler). – A. Legner: Rheinische <strong>Kunst</strong> und<br />

das Schnütgen Museum (Köln 1991) 188-190 mit Quellen des 19. Jh. –<br />

A. Wilberg: Goldschmiedekunst des Mittelalters. Me<strong>ist</strong>erwerke im<br />

Schnütgen-Museum Köln (Köln 1998) 20-23. – A. Legner: Kölner<br />

Heilige und Heiligtümer. Ein Jahrtausend europäischer Reliquienkultur<br />

(Köln 2003) 209-210. – D. Täube/H. Westermann-Angerhausen<br />

(Hrsg.): Das Mittelalter in 111 Me<strong>ist</strong>erwerken aus dem Museum<br />

Schnütgen (Köln 2003) 126 (U. Bock). – Kötzsche (Anm. 3) 28.<br />

7 Oben rechts stehen Andreas, Paulus und Petrus, darunter Pinnosa,<br />

Cordula und Ursula, gegenüber oben Nikolaus, Laurentius und Sixtus,<br />

darunter Severinus, Hyppolitus und Kunibertus.<br />

8 Zur Baugeschichte mit der älteren Literatur vgl. K. Künstler-Brandstetter:<br />

St. Ursula, Stiftskirche, in: Kölner Kirchen und ihre Ausstattung,<br />

Bd. 2 (=Colonia Romanica XI, 1996) 208-224. – S. R<strong>ist</strong>ow:<br />

Frühes Chr<strong>ist</strong>entum im Rheinland. Die Zeugnisse der archäologischen<br />

und h<strong>ist</strong>orischen Quellen an Rhein, Maas und Mosel. Jahrbuch des<br />

Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz 2006<br />

(Münster 2007).<br />

9 Zur Clematiusinschrift vgl. W. Schmitz: Zum Ursprung der<br />

Ursulalegende: Die Inschrift des Clematius, in: W. Rosen/L. Wirtler<br />

(Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. 1: Antike und<br />

Mittelalter (Köln 1999). – W. Schmitz/E. Wirbelauer: Theoderich, das<br />

Benediktinerkloster in Köln-Deutz und die Legende der heiligen<br />

Ursula, in: Colonia Romanica XIV, 1999, 67-76. – Nach wie vor W.<br />

Levison: Das Werden der Ursula-Legende, in: Bonner Jahrbücher 132,<br />

1927, 110-121.<br />

10 G. Wegener: Geschichte des Stiftes St. Ursula in Köln. Veröffentlichungen<br />

des Kölnischen Geschichtsvereins Bd. 31 (Köln 1971) 24, mit<br />

der älteren Literatur. – Vgl. auch F.-G. Zehnder: St. Ursula. Legende –<br />

Verehrung – Bilderwelt (Köln 1987).<br />

11 Wegener (Anm. 10) 34-49, bes. 40. – Legner (Anm. 6) 210-211.<br />

12 Wegener (Anm. 10) 34.<br />

13 „Es war einmal vor langer Zeit ...“ Wegener (Anm. 10) 24-28; zur<br />

Ursulalegende und ihren literarischen Wurzeln vgl. zuletzt: Henry<br />

Mayr-Harting: Church and Cosmos in Early Ottonian Germany. The<br />

View from Cologne (Oxford 2007) 132 und 199-200.<br />

14 Levison (Anm. 9) 42.<br />

15 Schmitz/Wirbelauer (Anm. 9) 67-76.<br />

16 Wegener (Anm. 10) 54-56.<br />

17 Schmitz/Wirbelauer (Anm. 9) 67-76 ausführlich zu der ge<strong>ist</strong>lichh<strong>ist</strong>orischen<br />

Bemühung um die Identifikation der Reliquien. – Wegener<br />

(Anm. 10) 53-56.<br />

18 Wegener (Anm. 10) 55. – Vita Norberti, MG SS XII, 682. – Vgl.<br />

auch Schmitz/Wirbelauer (Anm. 9) Anm. 26.<br />

19 Schon vor 1121 erfolgte eine Translation von drei heiligen Leibern<br />

nach Waulsort bei Namur, vgl. Translatio trium virginum Coloniensium<br />

Walciodorensis (MGH SS XXX 2 (1934) 1372-1383 (hrsg. v. W.<br />

Levison).<br />

20 Vgl. zuletzt W. Schmitz: Mittelalterliche Inschriften auf dem ager<br />

ursulanus in Köln. Antike Inschriften im Licht mittelalterlicher<br />

Märtyrerverehrung, in: D. Boschung/S. Wittekind (Hrsg.): Pers<strong>ist</strong>enz<br />

und Rezeption. Weiterverwendung, Wiederverwendung und Neu-<br />

interpretation antiker Werke im Mittelalter (Wiesbaden 2008) 218-23.<br />

21 Wegener (Anm. 10) 57–59.<br />

22 Zur „Verschönerung“ der Ursulakirche durch Wallraf und dem<br />

Hippolytusschrein, einer „völligen Neuschöpfung in gotischen<br />

Formen“ vgl. S. Czymmek: Vom „<strong>Kunst</strong>garten Gottes“. Schicksale des<br />

alten Kölner Kircheninventars im 19. Jahrhundert, in: H. Kier/ U. Krings<br />

(Hrsg.): Stadtspuren, Bd. 4, Köln: Die romanischen Kirchen in der<br />

Diskussion 1946/47 und 1985 (Köln 1985) 328.<br />

23 K. Künstler: St. Ursula. Der Kirchenbau des 12. Jahrhunderts und<br />

seine Ausgestaltung bis zum Zweiten Weltkrieg, in: H. Kier/U. Krings<br />

(Hrsg.): Stadtspuren, Bd. 1. Die romanischen Kirchen von den<br />

Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg (Köln 1984) 523-545, insbes.<br />

530.<br />

24 Vgl. Anm. 6 und jetzt zu den Emails der Tafel ausführlich:<br />

Kötzsche/Lambacher (Anm. 3) 89-91.<br />

25 Zur ungeklärten Aufbewahrung und Aufstellung der Schreine C.<br />

Kosch: Kölns Romanische Kirchen. Architektur und Liturgie im<br />

Hochmittelalter (Regensburg 2000) 80. – Weiterhin Künstler (Anm.<br />

23) 521 und diess.: St. Ursula. Der Kirchenbau des 12. Jahrhunderts<br />

und seine Ausgestaltung bis zum Zweiten Weltkrieg, in: ebd. 530, zur<br />

völlig neuen (und unklaren) Situation im Neubau des 12. Jahrhunderts,<br />

dem die ältere Anordnung der elf symbolischen Heiligengräber<br />

im letztlich noch spätantik geprägten Chor zum Opfer fiel, was eben<br />

in der Phase der ‚Erhebungen‘ die neue Verortung und Darstellung<br />

der Reliquien notwendig machte. – Zu den Emails vgl. Anm. 3.<br />

26 Kosch (Anm. 25) 76–78.<br />

27 J. Braun: Der chr<strong>ist</strong>liche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung,<br />

Bd. 1 (München 1924) 292-293, geht mit Bestimmtheit von<br />

einem Altarretabel aus. – Ebenso L. Arntz/H. Neu/H. Rahtgens/H.<br />

Vogts (Bearb.): Die <strong>Kunst</strong>denkmäler der Stadt Köln, Bd. 2.3: Die<br />

kirchlichen Denkmäler der Stadt Köln, St. Ursula (Düsseldorf 1934)<br />

47, wo ein Funktionswandel vom Retabel zum Antependium<br />

angenommen wird. – Vgl. zusammenfassend auch: Künstler-Brandstetter<br />

(Anm. 8) 209.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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72<br />

28 Kosch (Anm. 25) 75. – Künstler-Brandstetter (Anm. 8) 530. Dank<br />

an Brigitte Kaelble für die Diskussion dieses Problems.<br />

29 Ob die Tafel auch an einem romanischen Altar vor der gotischen<br />

Hochaltaltarsituation mit den Schreinen zusammen – damals nur<br />

Ursula und Aetherius, oder auch schon mit Hippolytus zusammen?<br />

– in Funktion war, hat Seidler zumindest angenommen; vgl.<br />

Ornamenta Ecclesiae (Anm.6) Bd. 2, 348. – Kosch (Anm. 25) 80 lässt<br />

dagegen offen, ob die Schreine vor der Aufstellung hinter dem<br />

gotischen Altar auch früher schon ähnlich aufgestellt waren oder in<br />

der Sakr<strong>ist</strong>ei verwahrt wurden.<br />

30 So die Sondagen von 1988/89; vgl. K. G. Beuckers: Köln. Die<br />

Kirchen in gotischer Zeit (Köln 1998) 312.<br />

31 Künstler (Anm. 25) 530-531 mit Anm. 51.<br />

32 Künstler (Anm. 25) 532-533.<br />

33 Künstler-Brandstetter (Anm. 8) 212.<br />

34 Zur Malerei zuletzt A. Wilberg: Goldschmiedekunst des<br />

Mittelalters. Me<strong>ist</strong>erwerke im Schnütgen-Museum Köln (Köln 1998)<br />

20-21. – F.-G. Zehnder in: R. Wallrath (Hrsg.): Vor Stefan Lochner. Die<br />

Kölner Maler von 1300-1430. Ausst.-Kat. Wallraf-Richartz-Museum<br />

Köln 1974 (Köln 1974) 103. – Ders.: Werkgruppen in Köln um 1400,<br />

in: Vor Stefan Lochner. Die Kölner Maler von 1300-1430. Ergebnisse<br />

der Ausstellung und des Kolloquiums (Köln 1977) 106-117.<br />

35 Exemplarisch H. Schnitzler (Anm. 6) Nr. 26, 29: „den ursprünglichen<br />

Schmuck bildeten getriebene Figuren der Majestas Domini mit<br />

den vier Wesen und den Aposteln“. – Vgl. auch Anm. 6.<br />

36 Legner (Anm. 6) 188. – A. Riolini-Unger (Bearb.): Suevia Sacra<br />

Frühe <strong>Kunst</strong> in Schwaben. Ausst.-Kat. Städtische <strong>Kunst</strong>sammlungen<br />

Augsburg 1973 (Augsburg 1973) Nr. 123, 141-143 (H. Müller).<br />

37 Zur Zusammensetzung der Holzbestandteile der Tafel vgl. weiter<br />

unten und P. Mandt: Gemälderestaurierungen am Wallraf-Richartz-<br />

Museum in den Jahren 1824-1890. Ein Beitrag zur Restaurierungsgeschichte<br />

im 19. Jahrhundert, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch XLVII/XLIX,<br />

1987-88, 299-333, insbes. 308-313 mit Abb. 6.<br />

38 Ein Kölner Beispiel zur Programmtreue: die Relation von neuen<br />

Bildprogrammen und übertragenen Altarpatrozinien aus dem alten in<br />

den gotischen Dom, vgl. U. Brinkmann/R. Lauer: Die mittelalterlichen<br />

Glasfenster des Kölner Domes, in: H. Westermann-Angerhausen<br />

(Hrsg.): Himmelslicht. Europäische Glasmalerei im Jahrhundert des<br />

Kölner Dombaus (1248-1349), Ausst.-Kat. Schnütgen-Museum der<br />

Stadt Köln (Köln 1998) 23-35. – Vgl. auch die Integration der früheren<br />

Verglasung in das gotische Verglasungsprogramm des Straßburger<br />

Münsters (freundlicher Hinweis von Brigitte Kurmann-Schwarz); für<br />

St. Ursula gibt leider der liber ordinarius in dieser Frage wenig<br />

Aufschluss; vgl. G. Wegener: Der Ordinarius des Stiftes St. Ursula in<br />

Köln, in: Aus kölnischer und rheinischer Geschichte. Festgabe für<br />

Arnold Gütsches zum 65. Geburtstag. Veröffentlichungen des<br />

Kölnischen Geschichtsvereins, Bd. 29 (Köln 1969) 115-132.<br />

39 F. Bock: Das Heilige Köln (Leipzig 1858) Abschnitt 69, 4.<br />

40 Es handelt sich nicht um ‚Goldgrisaillen‘, denn die eigentliche<br />

Modellierung der Figuren geschieht im wesentlichen nicht durch die<br />

Umrisse und die sparsame Faltengebung in schwarzer Farbe, sondern<br />

durch die feine Punzierung des Goldgrundes, die der (allerdings stark<br />

übergangenen) Linienmalerei folgt und sie vertieft. Vgl. Legner<br />

(Anm. 6) 188: „In schwarzer Konturmalerei mit viel Punzierung auf<br />

goldenem Grund wirken die Figuren zugleich wie Abbilder von<br />

Statuetten gotischer Goldschmiede, Flachmalerei anstelle des einst<br />

Dreidimensionalen“.<br />

41 Vgl. hierzu D. Täube: Monochrome gemalte Plastik. Entwicklung,<br />

Verbreitung und Bedeutung eines Phänomens niederländischer<br />

Malerei (Essen 1991).<br />

42 Ähnlich verfuhr man, wenn auch in wesentlich geringerem<br />

Umfang, als das große Emailwerk des Nikolaus von Verdun in<br />

Klosterneuburg mit gotischen Tafeln ergänzt wurde; für die<br />

Erinnerung an diesen Präzedenzfall Dank an Lothar Lambacher.<br />

43 Mandt (Anm. 37) hat sich vornehmlich mit den gotischen<br />

Malereien und ihrer Ergänzung beschäftigt, sie gibt – wie Legner, vgl.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

unten Anm. 48 – die Namen nicht korrekt wieder. Zu ihrer sehr<br />

gründlichen Auswertung der Quellen des 19. Jahrhunderts für die<br />

malerische Wiederherstellung der Tafel durch Ramboux vgl. S. 67f.<br />

44 Vgl. Wegener (Anm. 10). – Künstler-Brandstetter (Anm. 8) 209:<br />

„Dass die Tafel mit dem romanischen Hochaltar in Verbindung zu<br />

bringen <strong>ist</strong>, steht aufgrund ihrer aufwendigen und wertvollen<br />

Ausführung außer Frage.“<br />

45 Zum Marienpatrozinium vgl. Anm. 11, zu frühen Antependien<br />

bzw. Retabeln mit einer zentralen ‚Marienmajestas‘ (Regina<br />

Angelorum) mit begleitenden Engeln vgl. Franz Rademacher: Die<br />

Regina Angelorum in der <strong>Kunst</strong> des frühen Mittelalters (Düsseldorf<br />

1972) 99-108, besonders die sehr ähnliche Komposition am<br />

Sarkophag des heiligen Junianus in St. Junien bei Limoges, Abb. 112,<br />

und vor allem den ‚Goldenen Altar‘ von Lisbjerg (Kopenhagen,<br />

Nationalmuseum) mit der thronenden Maria zwischen Engeln im<br />

ähnlich aufgebauten Antependium (Ebd., Abb. 103). – Zu Lisbjerg<br />

vgl. jetzt ausführlich K. B. Aavitsland: Ornament and Iconography.<br />

Visual Orders in the Golden Altar from Lisbjerg, Denmark, in: K. B.<br />

Aavitsland und M. C. Stang (Hrsg.): Ornament and Order. Essays on<br />

Viking and Northern Medieval Art for Signe Horn Fuglesang<br />

(Trondheim 2008). – Auch P. Grinder-Hansen: Nordens gyldne<br />

billeder fra ældre middelalder (Copenhagen 1999) 25-77. – E. de la<br />

Fuente Pedersen: Majestas Mariae. Lisbjergalterets ikonografi og<br />

motiviske forbilleder, in: Ico, 2, 1988, 12-30. – Allerdings fällt es<br />

schwer, vor 1300 Beispiele für musizierende Engel als Begleiter der<br />

Gottesmutter zu finden, wie sie jetzt die Madonna umgeben; vgl. LCI,<br />

Bd. 1, Sp. 640 (K. A. Wirth). Dagmar Täube danke ich für die<br />

Diskussion dieser ikonographischen Schwierigkeit.<br />

46 Dank an Brigitte Kurmann-Schwarz für Diskussion und wertvolle<br />

Hinweise, bes. auf: D. E. Ehresmann: Medieval Theology of the Mass<br />

and the Iconography of the Oberwesel Altarpiece, in: Zeitschrift für<br />

<strong>Kunst</strong>geschichte 60, 1997, 200-226.– Vgl. auch J. Holladay: The<br />

Iconography of the High Altar in Cologne Cathedral, in: Zeitschrift für<br />

<strong>Kunst</strong>geschichte 52, 1989, 472-498, zum Bildprogramm des<br />

Dom-Hochaltares, das auf Maria zugeschnitten <strong>ist</strong> als „vehicle of the<br />

incarnation“ und als Hinweis auf die euchar<strong>ist</strong>ische Präsenz Chr<strong>ist</strong>i<br />

auf dem Altar. – Zum Dom-Hochaltar jetzt K. Hardering: Der<br />

Hochaltar im Kölner Dom im Mittelalter, in: Zurückgewonnen für den<br />

Kölner Dom. Die Heilige Katharina vom Hochaltar und ein Pleurant<br />

vom Grabmal des Erzbischofs Wilhelm von Gennep. Kulturstiftung<br />

der Länder, Patrimonia 329, 2008, 6-29.<br />

47 Nach neuerlicher Autopsie steht neben Ursula und Cordula im<br />

linken unteren Dreierfeld nicht Mimosa – Legner (Anm. 10) 188 –<br />

sondern Pinnosa.<br />

48 Vgl. Legner ( Anm. 10) 210-211 mit Anm. 490.<br />

49 Kosch (Anm. 25) 80 und Abb. 74.<br />

50 Zur Funktion, Verehrung und Bildtradition von Stadtpatronen mit<br />

vielen übertragbaren Hinweisen auf die Bildkonstanz von Pfarr- oder<br />

Altarpatronen vgl.: T. Diederich: Stadtpatrone an Rhein und Mosel,<br />

in: Rheinische Vierteljahresblätter 58, 1994, 25-68. – Zu den in St.<br />

Ursula verehrten Heiligen, abgesehen von der Jungfrauenschar,<br />

bieten weder H.-J. Kracht/J. Torsy: Reliquiarium Coloniense (Siegburg<br />

2003), noch: G. Wegener (Anm. 38) Hinweise. – Toni Diederich und<br />

Joachim Oepen danke ich für anregende Diskussion und Hilfe.<br />

51 Auf das entsprechende „intuitive Geschichtsbewusstsein“, das<br />

den Reliquienerhebungen und Namensbestimmungen des 12.<br />

Jahrhunderts zugrunde lag, weisen Schmitz/Wirbelauer (Anm. 9) 72<br />

deutlich hin. – Nochmals zur mittelalterlichen Interpretation der<br />

‚Reliquienfunde‘: Schmitz (Anm. 20) bes. 225-236.<br />

52 W. Schmid: Stefan Lochners Altar der Stadtpatrone. Zur<br />

Geschichte eines kommunalen <strong>Kunst</strong>werks, in: Wallraf-Richartz-<br />

Jahrbuch LVIII, 1997, 257-284.<br />

53 Künstler (Anm. 25) 539.<br />

54 J. P. Weyer: Kölner Altertümer (Köln 1993) Bd.1, 45 (II, 5) und<br />

Bd. 2 (Gottfried Stracke).<br />

55 Bock (Anm. 39) 6. – Legner (Anm. 10) 188 erwähnt ohne


Nachweis: „Im Jahr 1810 wurde der desolat gewordene Altarvorsatz<br />

Wallraf ,im kläglichen Zustand‘ überantwortet“.<br />

56 Vgl. zur Geschichte der Tafel seit dem Übergang in Wallrafs Besitz<br />

ausführlich: Mandt (Anm. 37) 307-313 mit der Angabe aller zu Rate<br />

gezogenen Archivalien. Diese Darstellung wird hier resümiert.<br />

57 Zitiert nach Legner (Anm. 10) 188. – Vgl. auch A. M. von Steinle/A.<br />

Reichensperger in ihren gemeinsamen Bestrebungen für die<br />

chr<strong>ist</strong>liche <strong>Kunst</strong>. Aus ihren Briefen geschildert durch A. M. von<br />

Steinle. Vereinsschrift der Görres-Gesellschaft (Köln 1890) 3.<br />

58 Bock (Anm. 39) Fußnote auf S. 5.<br />

59 Die undokumentierte Untersuchung stand offenbar im<br />

Zusammenhang mit der Ramboux gewidmeten Ausstellung: Johann<br />

Anton Ramboux – Maler und Konservator, Ausst.-Kat. Wallraf-<br />

Richartz-Museum Köln 1966 (Köln 1966).<br />

60 Mandt (Anm. 37) 309.<br />

61 IX. und X. Jahresbericht des <strong>Kunst</strong>gewerbemuseums 1895 und<br />

1900 (Köln 1901) 11-12.<br />

62 Freundliche Auskunft von Gerhard Dietrich, Museum für<br />

Angewandte <strong>Kunst</strong>, Köln.<br />

63 E. Firmenich-Richartz: Die Brüder Boisserée, Bd. 1: Sulpiz und<br />

Melchior Boisserée als <strong>Kunst</strong>sammler, ein Beitrag zur Geschichte der<br />

Romantik (Jena 1916) 32. – Die „vierzehn Stücke“ beziehen sich<br />

vielleicht auf die bei Mandt erwähnte Restaurierungsl<strong>ist</strong>e von 1829<br />

und die dort genannten 17 Paneele; Mandt (Anm. 37) 308 mit Anm.<br />

57.<br />

64 Legner (Anm. 6) 191.<br />

65 Vgl. zuletzt L. Lambacher in: Kötzsche/Lambacher (Anm. 3) 94,<br />

Nr. 16.<br />

66 Bock (Anm. 39) 5: „Der äußere flache Rand in einer Breite von fünf<br />

Centimeter nimmt stellenweise eine Anzahl von emaillierten<br />

Plättchen auf, die mit getriebenen, vergoldeten Kupferblechen<br />

vormals abwechselten oder mit größeren Filigranbändern, welche<br />

durch den Schmuck von gefassten Edelsteinen gehoben wurden.“. –<br />

Falke-Frauberger (Anm. 6) 38: „Das Antependium <strong>ist</strong> allerdings vom<br />

Zustand völliger Erhaltung weit entfernt, da alles, was daran an<br />

Edelmetall war, also die figürlichen Fülltafeln und der mit den<br />

Schmelzplatten des Rahmens wechselnde Edelsteinbesatz schon im<br />

13. Jahrhundert [an dessen Ende v. Falke die Malereien datierte; Anm.<br />

d. Verf.] wieder entfernt worden sind.“<br />

Autorin:<br />

Prof. Dr. Hiltrud Westermann-Angerhausen<br />

Direktorin des Museum Schnütgen Köln<br />

Abb. 18: Detail der Goldenen<br />

Tafel von St. Ursula:<br />

musizierender Engel<br />

(Ausschnitt aus Abb. 2).


74<br />

„schatzkammer des Wiederaufbaus“ –<br />

Der nachlass des Architekten Karl Band<br />

von Jochen Roessle<br />

im h<strong>ist</strong>orischen archiv der Stadt Köln läuft<br />

seit September 2007 ein Projekt, dessen Ziel<br />

es <strong>ist</strong>, den im archiv vorhandenen nachlass<br />

des Kölner architekten Karl Band (1900-1995)<br />

für die wissenschaftliche Forschung zu erschließen.<br />

dieser umfangreiche Bestand bildet<br />

einen hochbedeutenden Fundus, da Karl<br />

Band einer der wichtigsten Protagon<strong>ist</strong>en<br />

des Wiederaufbaus der Stadt Köln in den<br />

1950er und 1960er Jahren war. im nachlass<br />

Karl Band finden sich auch Pläne zu mehreren<br />

Projekten des architekten eduard endler<br />

(1860-1932), mit dem er ende 1930/anfang<br />

1931 eine Partnerschaft einging. daher umfasst<br />

der Bestand auf fast einzigartige Weise<br />

ein Jahrhundert Kölner architekturgeschichte<br />

– von 1888 bis 1995.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

architektur im h<strong>ist</strong>orischen archiv der<br />

Stadt Köln.<br />

Das H<strong>ist</strong>orische Archiv der Stadt Köln, das durch seine<br />

Jahrhunderte währende lückenlose Überlieferung das<br />

größte kommunale Archiv Deutschlands <strong>ist</strong>, bewahrt<br />

unter seinen vielen Schätzen auch 56 Nachlässe von<br />

Architekten. Damit besitzt es die umfangreichste Architektur-Sammlung<br />

Nordrhein-Westfalens, deren Bedeutung<br />

sich in den Namen der vertretenen Baume<strong>ist</strong>er<br />

spiegelt. So finden sich unter anderem Dominikus Böhm,<br />

Gottfried Böhm, Wilhelm Riphahn, Eugen Blanck, Erich<br />

Schneider-Wesseling, Theodor Teichen und Karl Band.<br />

Nicht alle diese Nachlässe sind schon in vollem Umfang<br />

für die Forschung zugänglich, da sie vor der Benutzung<br />

erst archivisch aufbereitet werden müssen. Generell <strong>ist</strong><br />

darauf hinzuweisen, dass zwar einerseits klar strukturierte<br />

und systematisch geordnete, andererseits aber<br />

auch teilweise zusammenhanglos abgelegte Architektennachlässe<br />

in das städtische Archiv gelangen. Es liegt<br />

daher auf der Hand, dass so manches Depositum vorerst<br />

nicht genutzt werden kann. Die notwendigen Arbeiten,<br />

die u. a. das Sortieren, Ordnen, Verzeichnen und Signieren<br />

umfassen, können also je nach Zustand und Umfang<br />

des überlassenen Materials sehr zeitintensiv sein. Dennoch<br />

<strong>ist</strong> es ein vorrangiges Bestreben des H<strong>ist</strong>orischen<br />

Archivs, diese Bestände der Öffentlichkeit zur Verfügung<br />

zu stellen. In diesem Zusammenhang läuft nun<br />

seit September 2007 ein Projekt, dessen Ziel es <strong>ist</strong>, den<br />

Nachlass eines der wichtigsten Protagon<strong>ist</strong>en des Wiederaufbaus<br />

der Stadt Köln, des Kölner Architekten Karl<br />

Band (1990-1995), für die wissenschaftliche Forschung zu<br />

erschließen.


der architekt Karl Band – leben und Werk<br />

Es ex<strong>ist</strong>iert ein von Band handschriftlich verfasster Lebenslauf<br />

(datiert 28.11.1984) 1 , der ein aufschlussreiches,<br />

persönliches Bild der Lebensstationen des Architekten<br />

liefert, so wie der Baume<strong>ist</strong>er selbst sie für wichtig und<br />

erwähnenswert hielt:<br />

Vater Wilhelm Heinrich Band, geboren Köln den 5.7.1855,<br />

gestorben 12.05.1919.<br />

Sohn von Johann Band, Musiker in Köln, der das Bandoneum<br />

erfand<br />

verheiratet mit Amalie Welter, Tochter des Malers Michael<br />

Welter (Ausmalung St. Kunibert Köln, Saal der Wartburg,<br />

St. Godehard in Hildesheim Kirchen in Hannover und Ostpreußen)<br />

Chefarchitekt bei Hermann Pflaume (Banken und Villen<br />

der führenden Kölner Industriellen und Bankherren).<br />

Selbständig ab 1890, Bankhaus Stein, Ausbau der Villen Stein<br />

und von Schwarzenstein, Häuser Leiden, Mehrhaupt, für die<br />

Colonia usw. Größere Grabstätten Melaten.<br />

Karl Friedrich Heinrich Band in Köln 8.11.1900 geboren<br />

Abb. 1: Karl Band: Düren, St. Anna, Nordwestansicht<br />

(Schaubild), undatierter Wettbewerbsentwurf, um 1950/52,<br />

H<strong>ist</strong>orisches Archiv der Stadt Köln, Best. 1673 P121/2.<br />

Abitur Apostelgymnasium, Studium Archäologie und<br />

<strong>Kunst</strong>geschichte in Bonn (Clemen, Winter, Worringer usw.)<br />

dann Architektur in Karlsruhe (Billing, Läuger, Sutter, Gruber,<br />

von Teuffel) Dipl. Ing. und Regierungsbaume<strong>ist</strong>erexamen.<br />

Bei Hans Schumacher, Fabricius, Kerschgens, Schreiterer und<br />

Below.<br />

Wettbewerb Altstadtsanierung Köln ein 1. Preis, Kirchenneubauten<br />

und Kircheninstandsetzungen in Köln und in der Eifel.<br />

1931 assoziiert mit Eduard Endler, der bereits 1932 verstarb.<br />

Zu Beginn des 2. Weltkrieges zur Rettung der h<strong>ist</strong>orischen<br />

Kirchen freigestellt.<br />

1945, 29. Juni Denkschrift zum Wiederaufbau Kölns, darin<br />

Anregung zu Fußgängerzone usw.<br />

Berufener Stadtverordneter zum 17.1.1946<br />

gewählter Stadtverordneter bis 1960 (Planungsausschuß,<br />

Hochbauausschuß, Liegenschaftsausschuß, Kulturausschuß)<br />

Tätigkeit als Privatarchitekt in Köln: Wiederaufbau Gürzenich<br />

gemeinsam mit Professor Rudolf Schwarz auf Grund<br />

1. Preise des Wettbewerbs<br />

Wiederaufbau des alten Rathauses auf Grund 1. Preis des internationalen<br />

Wettbewerbs (Preisgericht 8./9.V.1961)<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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75


76<br />

Abb. 3: Karl Band: Köln, Tankstelle Neusser Str.,<br />

West- und Nordansicht, nicht realisierter Entwurf, 1949,<br />

H<strong>ist</strong>orisches Archiv der Stadt Köln, Best. 1673 P26/1.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

Abb. 2: Karl Band: Troisdorf, St. Hippolytus, Seitenansicht,<br />

nicht realisierter Entwurf, 1961, H<strong>ist</strong>orisches Archiv der<br />

Stadt Köln, Best. 1673 P130/17.


In Köln und Umgebung, sowie in NRW-Westfalen und Rheinpfalz<br />

wurden von dem Büro neugebaut bzw. wiederaufgebaut<br />

rd. 150 Kirchen.<br />

Mitglied der Wiederaufbaugesellschaft Köln (Band, Riphahn,<br />

Schwarz)<br />

34 Hallen- und Industriebauten<br />

70 Jugendheime, Altenheime<br />

Club- und Studentenheime<br />

10 Tankstellen<br />

5 Apotheken<br />

145 Ein- und Mehrfamilienhäuser<br />

Siedlungen, Kaufhäuser, Läden<br />

12 Klöster<br />

13 Krankenhäuser<br />

6 Gutshäuser<br />

34 Repräsentative Bauten, Baudenkmäler<br />

(ohne Kirchen, ohne Gürzenich u. Rathaus)<br />

16 Schulen<br />

12 Gaststätten und Hotels<br />

7 Städtebauliche Entwürfe<br />

4 Banken und Versicherer<br />

26 Kindergärten<br />

38 Pfarrhäuser<br />

Man nahm teil an 55 Wettbewerben und erhielt<br />

8 erste Preise<br />

einen zweiten Preis<br />

einen vierten Preis<br />

einen Ankauf<br />

Man beschickte sechs Ausstellungen<br />

Man war ehrenamtlich tätig 7 x BDA + Rh. Verein<br />

2 x Mitglied des Gutachterausschusses<br />

Man war Preisrichter 6 x<br />

Schiedsrichter 1 x<br />

Ehrenrichter 1 x<br />

im Vorstand des Diözesanmuseums Ksk<br />

Denkschrift über die kriegsbedingten Schäden an den h<strong>ist</strong>orischen<br />

Baudenkmälern von Köln und Bewertung der verursachten<br />

Schäden (für die amerikanische Besatzungsbehörde)<br />

Auszeichnungen:<br />

Gregoriusorden<br />

Kallendresserorden<br />

Ehrenmitglied d. Chr<strong>ist</strong>. <strong>Kunst</strong>verein Köln Aachen<br />

[Maschinenschriftlicher Nachtrag und Ergänzungen:]<br />

Dipl. Ing. 1924<br />

Zum Regierungsbaume<strong>ist</strong>er ernannt 30.06.1930 (da nie im<br />

Staatsdienst auch nicht Rgbmst. a.D.)<br />

Da das Jahr der romanischen Kirchen Köln zu Ende geht und<br />

sich die Denkmalpflege den Kranz selbst gewunden hat, sind<br />

die Architekten, die sich vor Ort um die Erhaltung der Bauten<br />

bemühten, fast kaum erwähnt worden. Deshalb habe ich bei<br />

den Kölner Kirchen die von mir bisher betreuten romanischen<br />

Bauten [auf einer ehemals beiliegenden l<strong>ist</strong>e] unterstrichen.<br />

Es wäre vielleicht bemerkenswert, dass ich in den letzten<br />

fünf Jahren bei Reisen durch Süddeutschland, Frankreich und<br />

die Schweiz fast 200 romanische Kirchen besucht und bearbeitet<br />

habe.<br />

Mein privates Interesse:<br />

Übersetzung spätrömischer Dichter und die Spuren des Gallorömischen<br />

Kaiserreiches in Köln und Trier.<br />

Karl Band<br />

Köln, den 2.10.1985<br />

Karl Band verstarb fast genau zehn Jahre später, am 6.<br />

Oktober 1995. Es <strong>ist</strong> anzumerken, dass sich die Zahlen,<br />

die Band nennt, offensichtlich auf ausgeführte Projekte<br />

beziehen. Kleinere Umbauten und Restaurierungen sowie<br />

nicht ausgeführte Planungen scheinen nach dem<br />

heutigen Kenntnisstand des im H<strong>ist</strong>orischen Archiv lagernden<br />

Materials nicht vollständig einbezogen worden<br />

zu sein. So <strong>ist</strong> auch erklärbar, dass die Zahl der vom Architekturbüro<br />

Band erstellten Planungen deutlich höher <strong>ist</strong><br />

als von Band angegeben. Diese ungewöhnlich hohe Zahl<br />

an Projekten erklärt sich dadurch, dass das Büro Band, das<br />

spätestens ab Anfang 1953 im eigens entworfenen Wohn-<br />

und Bürohaus in der Kunibertsklostergasse 3 beheimatet<br />

war, ein verhältnismäßig großes Unternehmen gewesen<br />

<strong>ist</strong>, dem auch der Sohn, Gero Band, bis zu seinem frühen<br />

Tod 1983 in leitender Funktion angehörte. Teilweise<br />

umfasste der Planungsstab bis zu zehn Architekten und<br />

Bauleiter gleichzeitig. Eine vom langjährigen Mitarbeiter<br />

Bands, dem Architekten Karl Heinz Schlösser aufgestellte<br />

L<strong>ist</strong>e, umfasst alle ehemaligen über die Jahre im Büro<br />

tätigen Mitarbeiter und nennt über 90 Namen. 2 Darunter<br />

finden sich allein 35 Personen, die Architekten/innen bzw.<br />

Bauleiter waren. Wichtige Mitarbeiter waren u. a. Rudolf<br />

Kligge, Ludwig Roszyk, Hans Schilling, Karl-Heinz Schlösser<br />

und Eugen Weiler.<br />

Die Abbildungen geben einen kleinen Einblick in das<br />

Schaffen Bands und die teils hohe gestalterische Qualität<br />

der Planungen.<br />

Der Kirchenbau, der den Schwerpunkt des Werkes von<br />

Karl Band bildet, <strong>ist</strong> durch zwei Entwürfe vertreten. Der<br />

Entwurf für St. Anna in Düren (Abb. 1), der weder datiert<br />

noch signiert <strong>ist</strong>, trägt nur die für Wettbewerbsteilnah-<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

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78<br />

men Bands typische Kennziffer 081100 (Geburtsdaten<br />

Bands). Er dürfte Anfang der 1950er Jahre entstanden sein,<br />

da der dann nach Plänen von Rudolf Schwarz ausgeführte<br />

Bau 1954-1956 errichtet wurde. Die Planung Bands sieht<br />

einen Ziegelbau vor, dessen dominantes Element ein<br />

reich durchfensterter Glockenturm auf quadratischem<br />

Grundriss <strong>ist</strong>, von dem aus sich die vier durch Lisenen gegliederten<br />

Raumteile (Chor, Schiff und Querflügel) entwickeln.<br />

Während Chor und Schiff nur durch ein schmales<br />

Fensterband unterhalb des Dachansatzes beleuchtet<br />

werden, sind die Stirnseiten der beiden Querflügel durch<br />

Glasbausteine aufgelöst.<br />

Die Planung für die Hippolytuskirche in Troisdorf stammt<br />

von 1961-1964 und betrifft die dann auch von Band durchgeführte<br />

Erweiterung einer im Wesentlichen 1865 errichteten<br />

neugotischen Kirche. Eine der ersten Planungen<br />

dieser Erweiterung, die um 1961 entstanden sein dürfte<br />

(Abb. 2), sah einen völligen Neubau vor, der nur den<br />

Turmstumpf des Altbaus als Portalvorhalle am Turm übernahm.<br />

Die Außenwände des Kirchensaals waren durch vier<br />

große von Betonrahmen gefasste Ziegelfelder gegliedert,<br />

über denen segmentbogenförmige Fenster angeordnet<br />

sind, welche auch die Dachlandschaft rhythmisieren. Der<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

Abb. 4: Karl Band: Köln-Altstadt, Wohn- und<br />

Geschäftshaus Trankgasse/Bahnhofsvorplatz<br />

(sog. „Deichmannhaus“), Loggia,<br />

undatierter Entwurf, um 1946,<br />

H<strong>ist</strong>orisches Archiv der Stadt Köln,<br />

Best. 1673 P50/1.<br />

dann schließlich ausgeführte Bau kam weitgehend einem<br />

Neubau gleich, der einzelne Elemente des Vorgängers<br />

(Apsiden und Turm) teils verändert übernahm.<br />

Ein weiterer interessanter Aspekt des Werkes von Band<br />

sind die Entwürfe für Tankstellen. Die frühe Planung einer<br />

Esso-Tankstelle an der Neusser Straße in Köln von 1949<br />

zeigt eine relativ große Anlage mit einem verglasten Vorderbau,<br />

dessen Seiten abgerundet sind und an den sich<br />

im hinteren Bereich die Räume der Werkstatt angliedern<br />

(Abb. 3). Zu beiden Seiten des Vorbaus finden sich gleich<br />

gestaltete geneigte Vordächer, unter denen die Zapfsäulen<br />

angeordnet sind.<br />

Einen breiten Raum im Schaffen Bands nehmen die Wohn-<br />

und Geschäftshäuser ein, die überwiegend auf Kölner<br />

Stadtgebiet entstanden. Hier finden sich sowohl Wiederaufbauten<br />

kriegsbeschädigter Häuser als auch vollständige<br />

Neubauten. Der sicher bedeutendste Wiederaufbau<br />

bildet in diesem Zusammenhang das sogenannte Deichmannhaus<br />

(Trankgasse/Bahnhofvorplatz), das durch seine<br />

exponierte Lage gegenüber dem Dom und dem Haupteingang<br />

des Bahnhofes bis heute ein wichtiger Baustein des<br />

Stadtbilds <strong>ist</strong>. Band war sowohl mit der Beseitigung der<br />

Kriegsschäden als auch mit der Erhöhung des Baus um ein


Abb. 5: Karl Band: Köln-Altstadt, Wohn- und Geschäftshaus<br />

Wassmer, Chr<strong>ist</strong>ophstr. 43, undatierte Schrägsicht, um 1949,<br />

H<strong>ist</strong>orisches Archiv der Stadt Köln, Best. 1673 P94/15.<br />

fünftes und sechstes Obergeschoss beauftragt (Planung<br />

von 1946 bis 1953). Diese Erhöhung fügt sich u. a. durch<br />

die Zurücksetzung der neuen Obergeschosse harmonisch<br />

in den 1913 von Heinrich Müller-Erkelenz errichteten Altbau<br />

ein. Die Gestaltung der Loggia zur Trankgasse (Abb.<br />

4) stammt von 1949 und zeigt zwischen den Pfeilern neben<br />

den flachen Schaukästen interessante Ausblicke auf<br />

den Dom, die der Architekt als ein Gestaltungselement in<br />

seine Planung einbezieht.<br />

Ein vollständiger Neubau <strong>ist</strong> dagegen das Wohn- und Geschäftshaus<br />

Wassmer in der Chr<strong>ist</strong>ophstraße 43, dessen<br />

Planung von 1948-49 stammt. Der Entwurf, der in seinen<br />

wesentlichen Elementen ausgeführt wurde, zeichnet sich<br />

durch eine Fassade aus, die durch rechteckige und quadratische<br />

Elemente rasterförmig gegliedert <strong>ist</strong> (Abb. 5).<br />

Durch Rücksprünge, Vorkragungen, Durchdringungen<br />

und vorgeblendete würfelförmige Balkone wird der Baukörper<br />

aufgelockert und gewinnt eine hohe architektonische<br />

Qualität.<br />

Eine weitere Facette im Werk des Architekten stellen<br />

die Planungen von Restaurants oder Gaststätten dar.<br />

So findet sich bei der zwar undatierten, aber vermutlich<br />

zwischen 1949 und 1953 entstandenen Neubauplanung<br />

des Café Nüsser am Heumarkt 45 auch eine Innenansicht<br />

(Abb. 6), die die Raumaufteilung veranschaulicht. Die<br />

verschiedenen Elemente (Verkaufstheke, Treppe und Empore)<br />

werden durch ihre aufeinander abgestimmten Formen,<br />

durch Schwung und Gegenschwung, so miteinander<br />

kombiniert, dass ein harmonischer Innenraum entsteht.<br />

Er enthält durch diese Bewegung einen auffälligen Gegensatz<br />

zu den statischen Elementen der Rundpfeiler und<br />

vermittelt dadurch eine reizvolle innere Spannung.<br />

Diese Beispiele geben nur einen kleinen Einblick in das<br />

Schaffen von Karl Band und seiner Mitarbeiter. Die große<br />

Bandbreite seiner architektonischen Tätigkeit, die er auch<br />

in seinem Lebenslauf deutlich betont, <strong>ist</strong> tatsächlich kennzeichnend,<br />

verdeutlicht aber auch, dass er in Köln eine<br />

zentrale Figur im Wiederaufbaugeschehen der 1950er<br />

und 1960er Jahre war.<br />

der nachlassbestand 1673 (Karl Band) im<br />

h<strong>ist</strong>orischen archiv<br />

Dass sich der Nachlass dieses Baume<strong>ist</strong>ers in fast vollständiger<br />

Weise im H<strong>ist</strong>orischen Archiv der Stadt Köln<br />

befindet, <strong>ist</strong> keine Selbstverständlichkeit, wie man viel-<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

79


80<br />

leicht vermuten könnte, sondern auf die Initiative und<br />

Ausdauer der städtischen Archivare zurückzuführen.<br />

Der damalige Leiter des H<strong>ist</strong>orischen Archivs, Prof. Dr.<br />

Hugo Stehkämper, wandte sich erstmals im Dezember<br />

1986 mit der Bitte um Überlassung von Akten und<br />

Plänen an den damals schon hochbetagten Karl Band.<br />

Er wies darauf hin, dass dadurch dessen Arbeit für die<br />

Nachwelt gesichert wäre und verhindert würde, dass<br />

er und sein Werk in Vergessenheit geraten. Band hielt<br />

damals die Abgabe der Akten nicht für sinnvoll, da er<br />

sie noch ständig benutzen würde. 3 1992 4 und 1993<br />

richtete Direktor Stehkämper erneut diesbezügliche<br />

Anfragen an Karl Band, dessen Bedeutung für Köln er<br />

1993 so formulierte:<br />

Sehr geehrter, lieber Herr Band,<br />

bitte verübeln Sie es mir nicht, dass ich Sie wieder einmal<br />

wegen der Unterlagen anspreche, die sich über Ihre bedeutsame<br />

Planungs- und Bautätigkeit besonders nach dem<br />

Kriege angesammelt haben. Diese Unterlagen müssen unbedingt<br />

für alle Zukunft erhalten bleiben. Sie enthalten unersetzliche<br />

Auskünfte über den Wiederaufbau Kölns nach<br />

dem Kriege, der mit Ihrem Namen eng verbunden <strong>ist</strong>. 5<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

Abb. 6: Karl Band:<br />

Köln-Altstadt, Heumarkt 45,<br />

Innenansicht des Café Nüsser,<br />

undatierter Entwurf, um 1949/53,<br />

H<strong>ist</strong>orisches Archiv der Stadt Köln,<br />

Best. 1673 P95/1.<br />

Im September 1993 lehnte Band endgültig ab. 6 Dennoch<br />

unternahm der Nachfolger Stehkämpers, Dr. Everhard<br />

Kleinertz, im Mai 1995 7 und nach dem Tode Bands im Dezember<br />

1995 8 erneute Versuche, den Nachlass zu sichern.<br />

Nach neuerlichen Anfragen 1997 9 und 1999 10 bei den ehemaligen<br />

Mitarbeitern Bands, Hans Schilling und Rudolf Kligge,<br />

konnte das H<strong>ist</strong>orische Archiv schließlich im Jahr 2001<br />

bzw. Ende 2007 fast alle Teile des Nachlasses übernehmen.<br />

Damit war im Dezember 2007 ein 21 Jahre andauerndes Bemühen<br />

um den Nachlass des Architekten Karl Band glücklich<br />

beendet. 11<br />

die Bearbeitung des nachlasses im h<strong>ist</strong>orischen<br />

archiv<br />

Seit Anfang September 2007 wird der Nachlass des Architekten<br />

(vom Autor) bearbeitet. Bearbeiten heißt auch<br />

in diesem konkreten Fall zuvorderst die Verzeichnung des<br />

Bestandes und erst im Nachgang und nur in besonderen<br />

Fällen eine nähere kunstwissenschaftliche Beschäftigung<br />

mit dem Einzelthema. Mit anderen Worten: Es <strong>ist</strong> nicht die<br />

Aufgabe des H<strong>ist</strong>orischen Archivs, den Bestand zu erforschen,<br />

sondern ihn in einen Zustand zu versetzen, der es<br />

zukünftigen Forscherinnen und Forschern gestattet, mit


dem Material zu arbeiten. Da sich der Planbestand in ständiger<br />

Benutzung durch das Büro befand, war er bei der<br />

Übernahme relativ gut geordnet. Ein Inhaltsverzeichnis<br />

war vorhanden und folgendermaßen gegliedert (der Unterpunkt<br />

VII war nicht besetzt und entfällt daher):<br />

I. Schulen<br />

II. Tankstellen<br />

III. Wohn- und Geschäftshäuser + Altstadt<br />

IV. Kirchen – auswärtig<br />

V. Kirchen – Köln<br />

VI. Klöster<br />

VIII. Fabriken – Werkstätten<br />

IX. Wohnhäuser<br />

X. Kindergärten, Jugendheime, Studentenheime,<br />

Altersheime, Behindertenheime<br />

XI. Details<br />

XII. Krankenhäuser<br />

XIII. Allgemein<br />

XIV. Stadtplanung<br />

XV. Banken, Versicherungen, Bürogebäude<br />

XVI. Wettbewerbe + Planungen [Rathaus]<br />

XVII. Rollen Gürzenich<br />

XVIII. Veröffentlichungspläne<br />

Abb. 7: Eduard Endler: Frankfurt a.M., Frauenfriedenskirche,<br />

Schrägsicht, undatierter Entwurf, um 1927,<br />

H<strong>ist</strong>orisches Archiv der Stadt Köln, Best. 1673 P135/6.<br />

Der Umfang des Nachlasses Karl Band lässt sich bis heute<br />

nicht genau beziffern und wird erst bei Arbeitsende (voraussichtlich<br />

Mitte/Ende 2010) feststehen. Dennoch können einige<br />

Angaben gemacht werden:<br />

Der Planbestand, der einer der umfangreicheren im H<strong>ist</strong>orischen<br />

Archiv <strong>ist</strong>, umfasst 32 laufende Regalmeter. Im Einzelnen<br />

sind das 974 Planrollen. Nach den bisherigen Erfahrungen<br />

von einem Jahr Bearbeitung zeigt sich, dass pro Rolle<br />

der Mittelwert von 29 enthaltenen Plänen angenommen<br />

werden kann. Daraus ergibt sich eine hochgerechnete Gesamtzahl<br />

von über 28.000 Einzelplänen. Dabei <strong>ist</strong> allerdings<br />

deutlich darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine<br />

Hochrechnung handelt, die nur bedingt aussagekräftig <strong>ist</strong>.<br />

Es <strong>ist</strong> aber mit großer Sicherheit davon auszugehen, dass<br />

zwischen 26.000 und 30.000 Pläne des Büros Band im H<strong>ist</strong>orischen<br />

Archiv vorhanden sind. Zum Planbestand kommen<br />

sodann noch die ebenfalls im Haus vorhandenen Akten hinzu,<br />

die ca. 22 laufende Regalmeter umfassen.<br />

Die archivische Aufarbeitung eines solchen Bestandes<br />

<strong>ist</strong> sehr aufwendig und umfasst folgende (stark vereinfacht<br />

dargestellte) Schritte: Zuerst werden die Pläne den<br />

Planrollen entnommen und entrollt, was oft durchaus<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

81


82<br />

Abb. 8: Eduard Endler: Viersen-Rahser, St. Notburga,<br />

Südwestansicht, undatierter Wettbewerbsentwurf, um 1925,<br />

H<strong>ist</strong>orisches Archiv der Stadt Köln, Best. 1673 P212/18.<br />

problematisch sein kann. Nach einer intensiven Begutachtung<br />

auf Schäden und einer Vorsortierung des Materials<br />

wird jeder einzelne Plan schriftlich erfasst, wobei<br />

jeweils die Signatur, der Maßstab, die Datierung, die Art<br />

des Planes (z. B. Zeichnung oder Pause) und die jeweilige<br />

Darstellung notiert werden. Dadurch entsteht ein Einzelblattverzeichnis,<br />

das schlussendlich jeden einzelnen<br />

Plan des Büros Band schnell auffindbar macht. Anschließend<br />

werden die Pläne signiert und dann in geordneter<br />

Folge in großformatigen Mappen flach abgelegt. Parallel<br />

dazu wird jedes Projekt mit einer speziellen Archiv-<br />

Software erfasst, die nach Abschluss der Arbeiten das<br />

Findbuch des Bestandes bildet. Dieses Findbuch <strong>ist</strong> im<br />

eigentlichen Sinne das Ziel der Nachlassverzeichnung.<br />

Es enthält alle einzelnen Projekte mit Signaturen und<br />

weiterführenden Angaben und verfügt über eine Konkordanz<br />

und verschiedene Indizes, die die spätere Nutzung<br />

ermöglichen.<br />

der „nachlass im nachlass“ –<br />

Baume<strong>ist</strong>er eduard endler (1860-1932)<br />

Ein durchaus interessanter Aspekt des Nachlasses, der<br />

durch die Bearbeitung ins Blickfeld rückte, war die Zusammenarbeit<br />

von Eduard Endler und Karl Band Anfang der<br />

1930er Jahre. Eduard Endler studierte Architektur an der<br />

Universität Hannover und war von 1883 an im Büro von Chr<strong>ist</strong>oph<br />

Hehl in Hannover beschäftigt. Nachdem er seit 1888<br />

in Köln bei Heinrich Johann Wiethase tätig war, eröffnetet er<br />

um 1893 ein eigenes Büro in Köln. Das Zentrum seines Schaffens<br />

bildete der katholische Kirchenbau im Rheinland. 12<br />

Die beiden Architekten gingen Ende 1930/Anfang 1931<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

eine Sozietät ein. Während für Band der<br />

Vorteil einer solchen Verbindung in dem<br />

Renommee Endlers als Kirchenbaume<strong>ist</strong>er<br />

lag, dürfte für den damals schon über<br />

70jährigen Endler der Punkt ausschlaggebend<br />

gewesen sein, seinem Sohn und vorgesehenen<br />

Nachfolger, Clemens Endler,<br />

einen talentierten Partner an die Seite zu<br />

stellen. Das Büro Endlers, in das Band eintrat,<br />

befand sich in der Worringer Str. 6, in<br />

der nördlichen Neustadt Kölns. Hier war im<br />

Keller das Firmenarchiv untergebracht, das<br />

nach dem Tode von Eduard (21. Mai 1932)<br />

und dem folgenden Eintritt Clemens Endlers<br />

weiter Bestand hatte. Da das Haus im<br />

Zweiten Weltkrieg zwar beschädigt wurde,<br />

der Keller mit dem Archiv jedoch weitgehend<br />

verschont blieb, kann es nicht überraschen,<br />

dass Planmaterial Eduard Endlers im<br />

Archiv Band überlebt hat. Bisher haben sich<br />

51 Projekte aufgefunden. 13 Die ältesten Planungen Endlers<br />

stammen von 1888 und reichen bis in das Jahr 1932.<br />

Sie zeigen sehr anschaulich den Wandel Endlers vom h<strong>ist</strong>or<strong>ist</strong>ischen<br />

Bauen hin zu modernen Formen der ‚Neuen<br />

Sachlichkeit’, wobei aber auch beide Stilrichtungen zeitlich<br />

parallel zu beobachten sind. Ein gutes Beispiel dafür<br />

sind die Planungen der Frauenfriedenskirche in Frankfurt<br />

a. M. (Abb. 7) und von St. Notburga in Viersen-Rahser<br />

(Abb. 8). Die Entwürfe für die Frauenfriedenskirche,<br />

die im Rahmen eines Wettbewerbs um 1927 entstanden<br />

seien dürften, zeigen eine sehr sachliche Architektur mit<br />

klaren Linien. Einzelne geometrische Formen wie Kubus<br />

und Zylinder sind miteinander kombiniert, die Bauornamentik<br />

auf ein Minimum reduziert. Im deutlichen Gegensatz<br />

dazu steht die Planung für Viersen-Rahser, die<br />

Mitte der 1920er Jahre entstand – also fast zeitgleich <strong>ist</strong>.<br />

Hier dominieren neobarocke Formen, die vom Auftraggeber<br />

eindeutig gefordert wurden und den Entwurf als<br />

spät h<strong>ist</strong>or<strong>ist</strong>isch kennzeichnen. 14<br />

Dass der ursprüngliche Umfang des Firmenarchivs von<br />

Eduard Endler sicherlich größer war, liegt auf der Hand.<br />

Es steht zu vermuten, dass entweder im Zuge der Aufräumungsarbeiten<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg oder<br />

aber während des Umzugs in das neue Büro Kunibertsklostergasse<br />

3 nur diejenigen der alten Planungen übernommen<br />

wurden, die eventuell noch gebraucht wurden<br />

oder anderweitig interessant erschienen. Dennoch haben<br />

wir es diesem Umstand zu verdanken, dass für zukünftige<br />

Forscher kostbares Quellenmaterial erhalten<br />

blieb.


Bedeutung des nachlasses Karl Band für<br />

die architekturgeschichte der Stadt Köln<br />

Eine durchaus berechtigte Frage wäre, ob sich der für<br />

die Verzeichnung und Nutzbarmachung betriebene Aufwand<br />

denn überhaupt lohnt. Dazu <strong>ist</strong> anzumerken, dass,<br />

relativ neutral betrachtet, Karl Band weder international<br />

noch national zu den herausragenden Vertretern seiner<br />

Zunft zählte, die heute auch gern als ‚Star-Architekten‘<br />

bezeichnet werden. Dennoch muss man deutlich festhalten,<br />

dass er für die Region vor allem als Kirchenbaume<strong>ist</strong>er<br />

Bedeutung hat. Für Köln <strong>ist</strong> er einer der wichtigsten Protagon<strong>ist</strong>en<br />

des Wiederaufbaus der Stadt, da er von der ersten<br />

Stunde an wieder vor Ort tätig war. Er hinterließ fast<br />

in jedem Stadtteil seine Spuren, wobei er vor allem in der<br />

so wichtigen Innenstadt massiv präsent <strong>ist</strong>. Neben dem<br />

Wiederaufbau vieler bedeutender Kirchen verdeutlichen<br />

zwei Aufträge besonders anschaulich die hohe Qualität<br />

seiner Architektur und die gleichzeitige Wertschätzung<br />

durch seine Zeitgenossen: zum einen der Wiederaufbau<br />

des Gürzenich, den er zusammen mit dem Architekten<br />

und Leiter der Wiederaufbauplanung Rudolf Schwarz von<br />

1951 bis 1955 durchgeführt hat und – in besonderer und<br />

herausragender Weise – der Wiederaufbau des 1972 vollendeten<br />

Kölner Rathauses, mit dem er beauftragt wurde.<br />

Bislang <strong>ist</strong> das Werk von Karl Band relativ wenig erforscht.<br />

15 Einer der Hauptgründe dafür dürfte darin zu<br />

suchen sein, dass der ungeheure Materialfundus bisher<br />

kaum genutzt werden konnte. Dies wird sich durch die<br />

nun begonnene Verzeichnung des Nachlasses ändern<br />

und sicherlich dazu führen, dass für die Architekturgeschichte<br />

des Rheinlands und der Stadt Köln in Zukunft<br />

neue wichtige Erkenntnisse zu gewinnen sind.<br />

Anmerkungen<br />

1 Der Lebenslauf stammt aus den Unterlagen des langjährigen<br />

Mitarbeiters des Architekturbüros Band, Herrn Architekten Karl Heinz<br />

Schlösser. Er wird im Folgenden vollständig zitiert.<br />

2 Die L<strong>ist</strong>e wurde dem Autor freundlicherweise von Herrn Karl Heinz<br />

Schlösser zur Verfügung gestellt und befindet sich in Kopie in den<br />

Akten des Bestandes HAStK Best. 1673 (Karl Band).<br />

3 HAStK Best. 1673, Schriftverkehr. Aktennotiz vom 2. Dezember<br />

1986 über ein Gespräch mit Karl Band, das am 20. November 1993<br />

stattfand.<br />

4 Ebda. Aktennotiz vom 10. Februar 1992.<br />

5 Ebda. Schreiben Stehkämper – Band vom 04. Mai 1993.<br />

6 Ebda. Schreiben Band – Stehkämper vom 24. September 1993.<br />

7 Ebda. Schreiben Kleinertz – Band vom 31. Mai 1995.<br />

8 Ebda. Schreiben Kleinertz – Kligge vom 4. Dezember 1995.<br />

9 Ebda. Schreiben Kleinertz – Schilling vom 7. Oktober 1997.<br />

10 Ebda. Schreiben Kleinertz – Kligge vom 26. August 1999.<br />

11 Einige wenige Pläne sind beim Architekturbüro „Band Nachfolger<br />

– Leyhausen/Kratzheller“ verblieben, da sie für aktuelle Projekte<br />

benötigt werden, können aber möglicherweise nach Abschluss der<br />

jeweiligen Arbeiten ebenfalls dem Bestand hinzugefügt werden.<br />

12 A. M. Lennartz: Der Architekt Eduard Endler 1860-1932, Diss.<br />

(Aachen 1984). – W. Hagspiel: Köln – Marienburg. Bauten und<br />

Architekten eines Villenvorortes – einschließlich der Villengebiete<br />

von Bayenthal, Stadtspuren – Denkmäler in Köln 8, 2 Bde. (Köln<br />

1996) Bd. 2, 824.<br />

13 Stand September 2008.<br />

14 Es handelt sich um ein Projekt, das in einer den Plänen beiliegenden<br />

dreiseitigen Erläuterungsschrift (undat., ohne Unterschrift)<br />

erklärt wird (Best. 1673 P212/1). Hier wird mehrfach auf Vorgaben<br />

des Auftraggebers hingewiesen. Vermutlich waren es Wettbewerbsentwürfe,<br />

was auch den hohen Aufwand bzw. die herausragende<br />

Qualität einiger Pläne dieses Projektes erklären würde.<br />

15 Auswahlbibliographie mit weiterführenden Literaturangaben<br />

siehe Hagspiel (Anm. 12) Bd. 2, 790-791. – D. Schmitz: Karl Band und<br />

der Kirchenbau. Drei Beispiele aus seinem umfangreichen Werk, in:<br />

Rheinische Heimatpflege, Jg. 27, Heft 4, 1990, 260-266. – U. Krings:<br />

Das „H<strong>ist</strong>orische Rathaus“ – heute. Stadtspuren – Denkmäler in Köln<br />

26 (Köln 2000) 581-597.<br />

Autor:<br />

Dr. Jochen Roessle<br />

H<strong>ist</strong>orisches Archiv der Stadt Köln<br />

the treasury of reconstruction – the<br />

estate of Cologne architect Karl Band at<br />

the h<strong>ist</strong>orical archives of the City of Cologne<br />

since september, 2007, the H<strong>ist</strong>orisches Archiv at<br />

Cologne has been running a project whose aim<br />

is to make the estate of Cologne architect, Karl<br />

Band, which is part of its holdings, accessible to<br />

scholarly research.<br />

the very full holding of some 28 000 plans constitutes<br />

a resource of prime significance for the architectural<br />

h<strong>ist</strong>ory of the city of Cologne, since<br />

Karl Band (1900-1995) was one of the most important<br />

and most often commissioned protagon<strong>ist</strong>s<br />

of Cologne’s post-war reconstruction from<br />

the 1950s to the 1960s. Besides his repairing and<br />

restoring many large churches in the city, the<br />

reconstruction of the Gürzenich building (with<br />

rudolf schwarz) and the reconstruction of/new<br />

building for Cologne’s town Hall highlight the<br />

architect’s eminence.<br />

Band’s estate also includes plans for several<br />

projects by fellow-architect eduard endler<br />

(1860-1932), with whom he entered into a partnership<br />

in late 1930/early 1931. thus the holding<br />

numbered 1673 at the H<strong>ist</strong>orisches Archiv comprises<br />

a unique span, a century of architectural<br />

h<strong>ist</strong>ory from 1888 to 1995.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

83


84<br />

Conrad Fiedler und irene Koppel<br />

als venezianisches Hirtenpaar?<br />

von Nicole Hartje-Grave<br />

der zur Künstlergruppe der deutsch-römer<br />

zählende Maler hans von Marées schuf zu<br />

Beginn seines ersten aufenthalts in italien<br />

um 1868 das Gemälde ‚ekloge‘. dieses Bild<br />

gehört seit 1930 zum Bestand des Wallrafrichartz-Museums<br />

& Fondation Corboud<br />

gibt in mehrfacher hinsicht rätsel auf:<br />

handelt es sich um eine darstellung von<br />

adam und eva oder um die Portraits von<br />

Bekannten des Malers in der rolle venezianischer<br />

hirten? Und was bedeutet in diesem<br />

Zusammenhang der titel ‚ekloge – hirtengedicht‘?<br />

Zur Klärung dieser Fragen sind<br />

nicht nur Überlegungen über Marées‘ erste<br />

erfahrungen mit italienischer renaissancemalerei<br />

hilfreich; auch die Bewertung der<br />

neuen autobiographischen deutung seines<br />

Schaffens sowie eine wiederentdeckte<br />

Vorzeichnung führen zur entschlüsselung<br />

des poetischen Bildes. 1<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

das Kölner Gemälde ‚ekloge‘ von hans von<br />

Marées zwischen autobiographischer deutung<br />

und antiker hirtendichtung.<br />

In unmittelbarer Nachbarschaft von Werken der in der<br />

<strong>Kunst</strong>geschichte als Deutsch-Römer bekannten Maler<br />

Anselm Feuerbach und Arnold Böcklin befindet sich im<br />

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud auch<br />

das <strong>rätselhaft</strong>e Gemälde ‚Ekloge’ (Abb. 1) von Hans von<br />

Marées (1837-1887). 2 Das Bild hat weder im Rahmen von<br />

Ausstellungen zur <strong>Kunst</strong> des 19. Jahrhunderts noch in<br />

der Marées-Literatur, größere Beachtung gefunden. 3<br />

Dazu dürfte die auf den ersten Blick nur schwer zu deutende<br />

Darstellung eines nackten Paares ohne einen erkennbaren<br />

Zusammenhang beigetragen haben sowie<br />

die auffallend dunkle, wenig ansprechende Malerei,<br />

die einzelne Bereiche des Bildes in verschwommenes<br />

Dunkel taucht. Die Tatsache aber, dass sich das Bild auf<br />

eine Darstellung des ‚Sündenfalls‘ von Palma Vecchio<br />

bezieht, eine autobiographische Deutung zulässt und<br />

auf der Grundlage einer bisher unbekannten Zeichnung<br />

Marées‘ im Berliner Kupferstichkabinett entstanden <strong>ist</strong>,<br />

macht es zu einem spannenden Exempel kunsth<strong>ist</strong>orischer<br />

Betrachtung.<br />

Der erste Blick fällt auf den hoch gewachsenen, athletischen<br />

Mann rechts, der den Betrachter von oben herab<br />

prüfend anschaut. Er <strong>ist</strong> nur mit einem roten Lendentuch<br />

bekleidet und lehnt seitlich an einer hüfthohen Mauer.<br />

An demselben Mauervorsprung steht links eine junge<br />

unbekleidete Frau mit venezianischer Haartracht; in der<br />

rechten Hand hält sie eine große Frucht, möglicherweise<br />

einen Apfel. Das Paar nimmt deutlich Abstand voneinander,<br />

<strong>ist</strong> aber durch die Blickrichtung der Frau und die<br />

Schrittstellung des Mannes aufeinander bezogen. Die im


Abb. 1: Hans von Marées: Ekloge (Hirtenlied), um 1868,<br />

Öl auf Leinwand, 100 x 75 cm, Wallraf-Richartz-Museum &<br />

Fondation Corboud, Inv.-Nr. 2412.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

85


Hintergrund befindlichen Bäume haben ebenfalls trennende<br />

und zugleich verbindende Wirkung. So markieren<br />

die Baumstämme zwar die Grenze zwischen den Figuren,<br />

die Baumkronen hinterfangen aber beide Köpfe. Die Figuren<br />

sind in ein warmes, abendliches Licht getaucht, in<br />

dem die Frau besonders hell hervortritt. Ihre Erscheinung<br />

<strong>ist</strong> dem Frauentypus venezianischer Renaissancegemälde,<br />

etwa von Tizian, verwandt. Auch die warme, tiefe Farbigkeit<br />

mit Rot-, Grün- und Brauntönen erinnert an die<br />

venezianische Malerei des frühen 16. Jahrhunderts, vor<br />

allem an die Landschaftsidyllen von Giorgione. Tatsächlich<br />

hatte sich Marées mit der Malerei des venezianischen<br />

Cinquecento intensiv auseinandergesetzt.<br />

Als Marées um 1868 das Gemälde ‚Ekloge‘ schuf, befand<br />

er sich bereits seit vier Jahren in Italien, vornehmlich in<br />

Rom und Florenz. Am Beginn seines Aufenthalts stand<br />

die knapp zweijährige Tätigkeit für den Grafen Adolf<br />

Friedrich von Schack (1815-1894), in dessen Auftrag er in<br />

den Museen in Rom und Florenz Kopien nach alten Me<strong>ist</strong>ern<br />

anfertigte. Schack hatte gemeinsam mit Franz von<br />

Lenbach den Plan entwickelt, eine große Sammlung von<br />

Altme<strong>ist</strong>erkopien anzulegen, um Hauptwerke der italienischen<br />

und spanischen Malerei gegenwärtig zu haben.<br />

Zwischen 1864 und 1877 kamen so 85 Kopien zustande,<br />

deren Vorbilder in erster Linie die Werke Tizians und<br />

andere Venezianer waren: „Am me<strong>ist</strong>en war unser Augenmerk<br />

auf die großen Venezianer gerichtet,“ schrieb<br />

Schack, „denen nach langer Vernachlässigung in unserer<br />

Zeit mit Recht wieder die allgemeine Beachtung zuteil<br />

wird.“ 4 Für die zeitgenössischen Maler galt die dunkeltonige<br />

Malerei der Venezianer und Spanier ebenfalls als<br />

besonders nachahmungswürdig.<br />

Als Marées im Oktober 1864 im Auftrag von Schack<br />

eine Kopiertätigkeit aufnahm, war er ein seit 1853 tätiger,<br />

ausgebildeter Maler und hatte mit Werken wie ‚Die<br />

Schwemme‘, ‚Rast der Diana‘ und bemerkenswerten<br />

Portraits bereits ein beachtliches Frühwerk geschaffen.<br />

Die Umstände waren daher zum damaligen Zeitpunkt<br />

ungewöhnlich. Das Kopieren nach Vorbildern war üblicherweise<br />

ein Teil der Ausbildung an den Akademien und<br />

eine Aufgabe für junge, angehende Maler, die sich im<br />

Nachschaffen die künstlerischen Bildmittel der Vorlagen<br />

aneigneten. Zum Zeitpunkt seiner Abreise war Marées<br />

schon fast 28 Jahre alt und hatte sich mit militärischen<br />

Idyllen einen eigenen unverwechselbaren Stil angeeignet<br />

und erste Anerkennung gefunden. Dennoch war er<br />

dem Grafen Schack dankbar für diesen Auftrag, denn er<br />

war zum damaligen Zeitpunkt nicht nur völlig mittellos,<br />

sondern auch künstlerisch ohne Orientierung: „Da Marées<br />

hier in einer verzweiflungsvollen Lage war und wirk-<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

86 WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

lich am Rande des Untergangs stand“, schreibt Schack<br />

am 2. November 1884 an Lenbach, „habe ich mich entschlossen,<br />

ihn gleichfalls nach Rom reisen zu lassen. Ich<br />

verhehle mir freilich nicht, dass das Resultat bei ihm noch<br />

nicht so völlig sicher <strong>ist</strong>, wie bei Ihnen; denn während Sie<br />

bei Ihrer Abreise von München schon als bedeutender<br />

Künstler dastanden, <strong>ist</strong> Marées doch noch Anfänger.“ 5<br />

Schack sah in seinem Kopierauftrag aber auch eine Möglichkeit<br />

zur Förderung des Künstlers, denn „ich glaube“,<br />

schrieb er, „dass das Kopieren zur Ausbildung seines eigenen<br />

viel versprechenden Talentes beitragen würde<br />

und ließ ihn deshalb nach Rom reisen.“ 6<br />

Im Oktober 1864 fuhr Marées auf Wunsch seines neuen<br />

Auftraggebers nach Rom, wo er mit Lenbach und Feuerbach<br />

zusammentraf und später auch Arnold Böcklin begegnete.<br />

Tief beeindruckt von der durch Antike, Renaissance<br />

und Barock geprägten Stadt, begann er gleich mit<br />

der Arbeit. Bis zum Herbst 1865 entstanden insgesamt<br />

vier Kopien, die ‚Madonna mit dem heiligen Petrus‘ nach<br />

Palma Vecchio, die ‚Anbetung der Hirten‘ nach Tizian<br />

und das ‚Reiterbildnis König Philipps IV.‘ nach Velázquez<br />

sowie die weitgehend eigenständige Wiederholung nach<br />

Raffaels ‚Donna Velata‘. Mit Ausnahme des Bildes nach<br />

Palma sind alle Kopien von Marées keine wörtlichen Wiederholungen,<br />

sondern Neuinterpretationen oder Varianten<br />

der Vorbilder. Anders als Lenbach begriff Marées den<br />

Organismus seiner Vorbilder und schuf schöpferische<br />

Kopien. So wundert es kaum, dass er Schack gegenüber<br />

schon bald sein eigenes Interesse signalisierte: „Ich werde<br />

die hiesige <strong>Kunst</strong> in einer solchen Weise auszubeuten<br />

suchen, dass sie mich nicht allein belehrt, sondern auch<br />

zu eigenen Thaten inspiriert.“ 7 Schon kurz darauf gab<br />

er das Kopieren auf, und es kam zum Bruch mit Schack.<br />

Auch wenn er sich dadurch seiner finanziellen Ex<strong>ist</strong>enz<br />

beraubte und zunächst in eine ernsthafte künstlerische<br />

Krise geriet, sollte sich die Auseinandersetzung mit der<br />

venezianischen <strong>Kunst</strong> des Cinquecento als richtungsweisend<br />

herausstellen. Wie es die im Anschluss entstandenen<br />

Bilder ‚Ekloge‘ und die ‚Römischen Landschaften‘<br />

zeigen, hatte er mit einem Schlag alles Anekdotische und<br />

Genrehafte abgelegt und durch die Wahl allgemeingültiger,<br />

zeitloser Motive und eine tiefe rot-braune Farbigkeit<br />

zu seinem Stil gefunden.<br />

Zum Zeitpunkt der Entstehung der ‚Ekloge‘ um 1868 war<br />

Marées über das reine Kopieren Alter Me<strong>ist</strong>er hinaus.<br />

Dass er sich aber weiterhin von Werken Tizians und Giorgiones<br />

inspirieren ließ, dokumentieren die ‚Abendliche<br />

Waldszene‘ und die ‚Villa Borghese‘, die sich beide auf<br />

Vorbilder Tizians beriefen, sowie die ‚Ekloge‘, für deren


Thema und Komposition er sich wahrscheinlich mit dem<br />

damals Giorgione zugeschriebenen Bild ‚Adam und Eva‘<br />

(Abb. 2) auseinandersetzte. 8 Auffallend verwandt zu<br />

diesem heute Palma Vecchio zugeschriebenen Bild im<br />

Herzog Anton Ulrich-Museum sind das Kompositionsschema<br />

der beiden im Vordergrund platzierten Akte und<br />

vor allem das Motiv der linken, in die Hüfte gestemmten<br />

Hand. Vergleichbar sind auch die Haltung der Frau, ihr im<br />

venezianischen Cinquecento verbreiteter Gesichtstypus<br />

sowie der horizontale Himmelsstreifen, der auf beiden<br />

Bildern im Laubwerk der linken Bildhälfte sichtbar wird. 9<br />

Durch seine Orientierung an Palmas ‚Adam und Eva‘ oder<br />

einer ähnlichen Darstellung des Sündenfalls kommt der<br />

neuen autobiographischen Deutung des Paares durch<br />

Gerd Blum besondere Brisanz zu.<br />

Blum bringt die ‚Ekloge‘ in Zusammenhang mit Marées‘<br />

langjährigem Mäzen Conrad Fiedler (1841-1895), einem<br />

Abb. 2: Palma Vecchio: Adam und Eva,<br />

um 1520-22, Öl auf Leinwand, 202 x 152 cm,<br />

Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum,<br />

Inv.-Nr. 453.<br />

vermögenden Privatgelehrten und <strong>Kunst</strong>theoretiker,<br />

der sich wie zuvor schon Marées Ende des Jahres 1867 in<br />

die unglücklich verheiratete Irene Koppel verliebt hatte.<br />

10 Wie aus Tagebucheintragungen und Briefen hervorgeht,<br />

intensivierte sich der Kontakt zwischen Fiedler<br />

und Irene Koppel schon rasch, so dass er Hoffnung<br />

schöpfte, andererseits aber Zweifel und Unentschlossenheit<br />

empfand, die ihn daran hinderten, sie endgültig<br />

an sich zu binden. Im Februar 1868 notierte er in sein<br />

Tagebuch: „Wir setzten uns ins Gras ans Ufer des kleinen<br />

Sees und führten Gespräche, wie ich sie noch nie<br />

mit einer Frau geführt habe; und dieses Weib muß Frau<br />

eines anderen sein; und doch würde ich diese, so wie sie<br />

<strong>ist</strong>, nicht zur Frau wünschen.“ 11 Im März des Jahres heißt<br />

es weiter, „wie eigentlich kompliziert <strong>ist</strong> das Verhältnis<br />

zwischen uns dreien, und welche Gefühle liegen zu Grunde?<br />

Wäre es nicht Pflicht für mich zu entsagen, und mich<br />

gänzlich fern zu halten?“ 12<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

87


Auf der Grundlage des ehemals in Dresden befindlichen<br />

Portraits von Fiedler und der im Von der Heydt-Museum<br />

aufbewahrten Portraitzeichnung (Abb. 3) sieht Blum<br />

nun zu Recht in dem männlichen Protagon<strong>ist</strong>en der ‚Ekloge‘<br />

ein idealisiertes Portrait Fiedlers und „dessen von<br />

Skrupeln und Unentschlossenheit gekennzeichneten<br />

Beziehung zu Irene Koppel“. 13 Wie Blum ausführt, wird<br />

bei der weiblichen Gestalt, die für Irene Koppel einsteht,<br />

eine Frucht in der Hand hält und auf Fiedler blickt, das<br />

Verführungsmotiv des ursprünglich religiösen Sujets<br />

auf eine individuelle Konstellation aus Marées‘ persönlichem<br />

Umkreis hin umgedeutet. Das komplexe Verhältnis<br />

von Zuwendung, Abwendung und Unschlüssigkeit<br />

zeigt klare Parallelen zu Fiedlers Reflexionen über<br />

seine Beziehung zu Irene Koppel, in denen sich Liebe<br />

und Begehren mit Zweifeln und Appellen an die eigene<br />

Selbstbeherrschung mischen. Marées hat mit diesem<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

88 WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

Abb. 3: Hans von Marées: Bildnis Conrad Fiedler,<br />

1878, Rötel auf gelblichem Papier, 34,7 x 29 cm,<br />

Von der Heydt-Museum Wuppertal, KMV 1951-52/11.<br />

Abb. 4: Hans von Marées: Flötenbläser und Frau,<br />

um 1866/67, 26,3 x 30,3 cm, Ble<strong>ist</strong>ift auf hellbraunem Papier,<br />

Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Nr. 77.<br />

Bild also recht unverschlüsselt einen Kommentar zum<br />

Verhältnis zwischen Fiedler und Irene Koppel gemalt<br />

und zugleich ein Portrait des emotionalen Zustandes<br />

seines Freundes geschaffen. Dass er Irene Koppel dabei<br />

– im Unterschied zu späteren Darstellungen – nicht mit<br />

portraitähnlichen Zügen ausstattete, sondern ihr ein<br />

typisiertes tizianeskes Aussehen verlieh, dürfte mit der<br />

Diskretion gegenüber dem Ehepaar Koppel und Fiedler<br />

zu begründen sein.<br />

Durch die Frucht in der Hand der Frau, ihren Blick zum<br />

männlichen Protagon<strong>ist</strong>en und den zentral im Bild<br />

platzierten Baum <strong>ist</strong> das Thema des Sündenfalls angedeutet,<br />

wird aber nicht, wie bei späteren Zeichnungen,<br />

etwa im Museum Oskar Reinhart in Winterthur und<br />

im <strong>Kunst</strong>museum Basel, explizit dargestellt. 14 Das Sujet<br />

des Bildes bleibt für den unbeteiligten Betrachter


Abb. 5: Arnold Böcklin: Die Klage des Hirten,<br />

1865/66, Öl auf Leinwand, 137,9 x 100,4 cm,<br />

Bayerische Staatsgemäldesammlungen München,<br />

Schack-Galerie, Inv.-Nr. 11 535.<br />

letztlich offen. Dass Marées die Darstellung anfangs<br />

völlig anders angelegt hatte und aus seinen frühen<br />

ländlichen Idyllen entwickelte, belegt eine kürzlich<br />

erstmals veröffentlichte Ble<strong>ist</strong>iftzeichnung (Abb. 4) im<br />

Berliner Kupferstichkabinett. Sie illustriert nicht, wie<br />

man auf den ersten Blick vermuten könnte, das Thema<br />

des Sündenfalls, sondern gehört zu einer Serie früher<br />

Idyllen mit Darstellungen von Flöten spielenden Hirten,<br />

Lautenspielern und Orangenpflückern.<br />

Anregung für diese bukolischen Gruppen boten, außer<br />

den ‚Ländlichen Konzerten‘ von Tizian, vor allem die römischen<br />

Hirtenszenen von Arnold Böcklin (1827-1901).<br />

Hierbei <strong>ist</strong> die frühe ‚Klage des Hirten‘ (Abb. 5) von 1866<br />

in der Schack-Galerie von besonderem Interesse, da<br />

Marées sie gesehen haben dürfte, als Böcklin 1865/66<br />

in Rom daran arbeitete.<br />

Abb. 6: Hans von Marées: Flötenspieler, um 1866/67,<br />

Ble<strong>ist</strong>ift über schwarzem Stift, grau laviert,<br />

mit Pinsel weiß gehöht, auf braunem Papier, 29,2 x 13,3 cm,<br />

München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 1913:32.<br />

Aufgrund seiner Vorliebe für griechische Dichtung<br />

wählte Böcklin für die ‚Klage des Hirten‘ eine Episode<br />

aus der dritten Idylle des Theokrit, nach der der Hirte<br />

Daphnis seine Liebe zur Nymphe Amaryllis beklagt, die<br />

ihn verlassen hat. Ausgehend von dem seitlich gegen<br />

die Mauer gelehnten Hirten mit einer Panflöte schuf<br />

Marées die schöne Ble<strong>ist</strong>iftzeichnung eines stehenden<br />

jungen Mannes an einem Baum (Abb. 6), der zwar<br />

nur auf einer einfachen Blockflöte spielt, aber sonst in<br />

der seitlichen Haltung, der Stellung der überkreuzten<br />

Beine und der Modellierung mit Böcklin identisch <strong>ist</strong>.<br />

Als nächsten Schritt erweiterte Marées den einzelnen<br />

‚Flötenspieler‘ um eine unbekleidete, weibliche Figur<br />

auf der anderen Seite des Baumes (Abb. 7), die – wie<br />

Amaryllis bei Böcklin – mit gesenktem Kopf dem Spiel<br />

ihres Gefährten lauscht. Aus dieser Szene mit einem<br />

Hirten und einer Nymphe entwickelte Marées die all-<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

89


90<br />

Abb. 7: Hans von Marées: Flötenspieler und Frau,<br />

um 1868, Ble<strong>ist</strong>ift auf weißem Papier, 32,5 x 26 cm,<br />

Bayerische Staatsgemäldesammlungen,<br />

Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 1913:31.<br />

gemeine Konstellation der Berliner Zeichnung ‚Flötenbläser<br />

und Frau‘ (Abb. 4), die das Paar nun bekleidet<br />

zeigt, ihre Bestimmung aber offen lässt. 15 Diese Ble<strong>ist</strong>iftzeichnung<br />

dürfte unmittelbar vor der Ausführung<br />

des Kölner Bildes ‚Ekloge‘ entstanden sein und dieses<br />

vorbereiten. Dafür spricht vor allem die Figur des<br />

Mannes mit dem seitlich gebundenen Lendentuch und<br />

der in die Hüfte gestützten linken Hand. Die Haltung<br />

mit Stand- und Spielbein <strong>ist</strong> identisch. Marées hatte<br />

sich für die ‚Ekloge‘ also auch mit Böcklins Hirtenbild<br />

auseinandergesetzt. Interessant <strong>ist</strong> nun, dass Hermann<br />

Prell oder schon Artur Volkmann als Vorbesitzer<br />

des Bildes und langjähriger Begleiter Marées‘ diese<br />

Bezugnahme offenbar bekannt war, und er ihm daher<br />

nach der griechischen Hirtendichtung den Titel ‚Ekloge<br />

– Hirtengedicht‘, gab.<br />

Die spannende Genese des Bildes ‚Ekloge‘ dokumentiert<br />

eindrucksvoll Marées‘ Arbeitsweise gegen Ende des ersten<br />

Aufenthalts in Italien. Ausgehend vom Bildthema<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

Abb. 8: Hans von Marées: Goldenes Zeitalter II,<br />

1880-83, Mischtechnik auf Holz, 185,5 x 149,5 cm,<br />

Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek,<br />

Inv.-Nr. 7861.<br />

des musizierenden Hirten in südlicher Landschaft bei<br />

Böcklin, entwickelte er die Komposition eines nackten<br />

Paares, dem er durch Anlehnung an eine venezianische<br />

Darstellung von Adam und Eva eine neue Bedeutungsebene<br />

beimaß. Verbot und Verführung des Sündenfalls<br />

übertrug er schließlich konkret auf die von Zweifeln und<br />

Entsagung geprägte Liaison Conrad Fiedlers mit Irene<br />

Koppel. Welche Bedeutung Darstellungen von Paaren<br />

zwischen Annäherung und Verlangen sowie Abschied<br />

und Trennung für Marées‘ Schaffen haben, zeigt auch<br />

die frühe ‚Abendliche Waldszene‘ und die Konstellation<br />

links im berühmten ‚Orangenbild‘ sowie die beiden Fassungen<br />

des ‚Goldenen Zeitalters‘ (Abb. 8) in München.<br />

Das Wiederkehren dieses Motivs bis hin zum Mittelbild<br />

der ‚Werbung‘ lässt sich möglicherweise auch mit Episoden<br />

aus Marées‘ eigenem Leben begründen. So fühlte er<br />

sich ebenfalls anfangs von Irene Koppel angezogen und<br />

warb später um seine ehemalige Schülerin Melanie Tauber,<br />

konnte sich aber nie entscheiden, eine Frau dauerhaft<br />

an sich zu binden.


Conrad Fiedler and irene Koppel as a<br />

Venetian shepherd and shepherdess?<br />

the German painter and draughtsman Hans von<br />

Marées (1837-1887) was a leading representative<br />

of the late nineteenth-century art<strong>ist</strong>ic return to<br />

renaissance and Antique models. After being<br />

trained at the Berlin Academy, Marées worked<br />

for several years as a free-lancing painter in Munich,<br />

together with Wilhelm leibl and Franz von<br />

lenbach. in 1864, Adolph Friedrich Graf von<br />

schack commissioned lenbach and Marées<br />

to travel to italy, primarily to copy Old Master<br />

paintings for him. Over the next two years, Marées<br />

created four copies of paintings by Palma<br />

Vecchio, titian and raphael. these, however,<br />

were not so much painstaking reproductions of<br />

the originals, but rather the evidence of an independent<br />

exploration of the subjects. By copying<br />

Old Master paintings, especially titian, Marées<br />

learned the use of rich colour, a new sense of<br />

composition and a new range of subject-matter.<br />

At the end of Marées’s first stay in italy in 1868,<br />

he painted the Ekloge, today in the Wallrafrichartz-Museum<br />

in Cologne and the subject<br />

of the art-h<strong>ist</strong>orical research of this article. the<br />

Cologne picture demonstrates the preoccupation<br />

with Venetian renaissance painting such as<br />

Palma Vecchio’s Adam and Eve; it also shows his<br />

knowledge of Arnold Böcklin’s pastoral scenes.<br />

the two-figure Ekloge scene can finally be<br />

regarded as portraits of the art<strong>ist</strong>’s patron<br />

Conrad Fiedler and the latter’s love, the unhappily<br />

married irene Koppel.<br />

Anmerkungen<br />

1 Für Anregungen und kritische Hinweise danke ich Herrn Dr. Götz<br />

Czymmek, Köln, und Herrn Prof. Dr. Gerd Blum, Münster.<br />

2 Das unbezeichnete Gemälde blieb nach Fertigstellung zunächst<br />

im Besitz des Malers. Um 1873/74 schenkte er es Nikolaus<br />

Kleinenberg, Messina, dem ehemaligen Mitarbeiter des Gründers<br />

der Zoologischen Station in Neapel Anton Dohrn, der es dem<br />

langjährigen Marées-Schüler Artur Volkmann überließ. In der<br />

Sammlung Hermann Prells, ab 1909, erhielt es den Titel ‚Ekloge’.<br />

3 Vgl. zum Bild: J. Meier-Graefe: Hans von Marées. Sein Leben und<br />

Werk, Bd. II (München und Leipzig 1909), Bd. I und III (1910) 108,<br />

131-132, Nr. 132. – U. Gerlach-Laxner: Hans von Marées, Katalog<br />

der Gemälde (München 1980) 98-99, Nr. 82. – C. Lenz (Hrsg.): Hans<br />

von Marées, Ausst.-Kat. Bayerische Staatsgemäldesammlungen<br />

München, Neue Pinakothek (München 1987) 218, Nr. 28. – G. Blum:<br />

Hans von Marées. Autobiographische Malerei zwischen Mythos<br />

und Moderne (Berlin/München 2005) 54-61 sowie G. Finckh/N.<br />

Hartje-Grave: Hans von Marées, Ausst.-Kat. Von der Heydt-Museum<br />

Wuppertal (Wuppertal 2008) 33-35, Kat. 21.<br />

4 A. F. von Schack: Meine Gemäldesammlung, nebst einem<br />

Anhang, enthält ein vollständiges Verzeichnis der Gemäldesammlung<br />

nach Nummern (Stuttgart 1891) 6. Aufl., 249.<br />

5 Zit. nach H. Rott, in: R. Baumstark (Hrsg.): Lenbach. Sonnenbilder<br />

und Porträts, Ausst.-Kat. Bayerische Staatsgemäldesammlungen<br />

München, Neue Pinakothek und Schack-Galerie (München<br />

2004) 61.<br />

6 Schack (Anm. 4) 278-279.<br />

7 Marées in einem Brief an den Grafen Schack am 12. Mai 1865.<br />

Zit. nach J. Meier-Graefe (Anm. 3) III, 8.<br />

8 Palma Vecchios Gemälde galt bis 1832 als ein Werk Giorgiones.<br />

9 Motiv und Komposition des Palma-Bildes sind der ‚Ekloge’ zwar<br />

sehr ähnlich, dennoch <strong>ist</strong> es eher unwahrscheinlich, dass Marées<br />

das Gemälde gesehen hat, da es sich seit 1767 in herzoglichem<br />

Besitz in Braunschweig befindet. Das Bildschema und der<br />

tizianeske Frauentypus sind aber klare Indizien, dass er sich an<br />

einem venezianischen Bild dieser Art, wahrscheinlich an einer<br />

Darstellung des Sündenfalls, orientierte.<br />

10 Blum (Anm. 3) 54-61.<br />

11 Zit. nach Blum (Anm. 3) 57.<br />

12 Zit. nach Blum (Anm. 3) 58.<br />

13 Blum (Anm. 3) 54.<br />

14 Vgl. zur ersten und zweiten Fassung des Adam und Eva-Themas<br />

bei Marées: Meier-Graefe (Anm. 3) II, 372-374, Nr. 507-510.<br />

15 Vgl. zu dieser und zur vorausgegangenen Zeichnung G.<br />

Scheffler: Hans von Marées. Zeichnungen. Eigener Bestand,<br />

Ausst.-Kat. Staatliche Graphische Sammlung München (München1987)<br />

19-20, Nr. 5-6.<br />

Autorin:<br />

Dr. Nicole Hartje-Grave<br />

Von der Heydt-Museum Wuppertal<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />

91


„Wir wollen etwas tun...“<br />

von Richard Kreidler<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

92 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

September 2008 konnte der „arbeitskreis<br />

Wallraf-richartz-Museum & Fondation<br />

Corboud und Museum ludwig“ auf 30 Jahre<br />

erfolgreiche ehrenamtliche tätigkeit in den<br />

beiden häusern und ihren Sonderausstellungen<br />

zurückblicken. die Mitglieder haben<br />

es sich zur aufgabe gemacht, die Schätze<br />

der Museen durch regelmäßige öffentliche<br />

Führungen kompetent zu erschließen bzw.<br />

zu vertiefen. etwa 40 damen und herren erarbeiten<br />

sich systematisch in wöchentlichen<br />

seminarartigen Sitzungen mit eigenen referaten,<br />

diskussionen oder Führungen die<br />

umfassenden Bestände alter, moderner wie<br />

aktueller exponate nach kunstgeschichtlichen<br />

Kriterien. im Mittelpunkt steht dabei<br />

die gründliche auseinandersetzung mit den<br />

einzelobjekten, mit dem Ziel, diese den Besuchern<br />

allgemeinverständlich zu vermitteln.<br />

der arbeitskreis wird dabei ständig<br />

von einem <strong>Kunst</strong>h<strong>ist</strong>oriker und Museumspädagogen,<br />

den abteilungsleitern der Museen<br />

sowie den Kuratoren der Sonderausstellungen<br />

begleitet.<br />

dreißig Jahre „arbeitskreis Wallraf-richartz-<br />

Museum & Fondation Corboud und Museum<br />

ludwig“.<br />

Noch vor Beginn ihrer expansiven Phase war 1965<br />

durch Günther Ott das „Außenreferat der Museen der<br />

Stadt Köln“ – der spätere Museumsdienst Köln – gegründet<br />

worden, ein aus heutiger Sicht zukunftsweisender<br />

Schritt, die Bevölkerung in verschiedener Form die<br />

vielfach unbekannten Inhalte aller städtischer Museen<br />

nach kunst- und kulturpädagogischen Methoden zu vermitteln.<br />

Abgesehen von den Kontakten zu den bis dato<br />

weitgehend museumsabstinenten Schulen, war es rasch<br />

gelungen, unterschiedlichste Erwachsenenkreise für<br />

regelmäßige geführte Museumsbesuche zu gewinnen.<br />

Breite Öffentlichkeitsarbeit, an Amerika orientiert, war<br />

neben der Wissenschaft ein wesentliches Anliegen des<br />

damaligen Generaldirektors Prof. Dr. Gert von der Osten,<br />

da gerade <strong>Kunst</strong>sammlungen in den Wohlstandsjahren<br />

dahinzudämmern drohten. Doch einige äußerst aufgeschlossene<br />

Kölnerinnen wollten sich nicht mit der nur<br />

passiven Rolle des Zuhörens begnügen, sondern selbst<br />

aktiv werden: Sie beabsichtigten, ihr Wissen als Multiplikatoren<br />

in der Bevölkerung durch Führungen oder museumsbezogene<br />

Vorträge einzusetzen. Vielen Mitbürgern<br />

waren die Museen unbekannt, andere Interessen standen<br />

im Vordergrund. Im Übrigen gehörte es zum Ge<strong>ist</strong><br />

der 1970er Jahre, dass sich allenthalben diverse private<br />

Gruppierungen, unabhängig von den hergebrachten<br />

Institutionen, für wichtige öffentliche Anliegen aktiv


einzusetzen begannen. Das aufklärerisch-emanzipatorische<br />

Denken der Zeit zielte darauf, durch Wissen auf<br />

breiter Basis herkömmliche Werte, Institutionen und<br />

Strukturen ‚durchsichtig‘ zu machen, zu ‚hinterfragen‘.<br />

Nur einige Zeitgenossen – am wenigsten wohl die Mehrzahl<br />

der Profis - haben in der Anfangsphase des „Arbeitskreises<br />

Museum“ daran geglaubt, dass sich diese Initiative<br />

bis heute in der immer breiteren Sparte musealer<br />

Vermittlungsarbeit über drei Jahrzehnte erfolgreich<br />

behaupten würde. Entscheidend war, dass sowohl der<br />

neue Generaldirektor der Kölner Museen, Gerhard Bott,<br />

als auch der Leiter des Außenreferats, Jürgen Rohmeder,<br />

das bisher unbekannte Angebot ehrenamtlicher Kräfte,<br />

regelmäßig öffentliche Führungen zu übernehmen, lebhaft<br />

begrüßten und unterstützten. Die wissenschaftlichpädagogische<br />

Koordinierung und Vorbereitung wurde<br />

einem hauptamtlichen Mitarbeiter des Außenreferates<br />

als Teil seiner Aufgaben anvertraut, womit die ehrenamtlichen<br />

Impulse anerkannt wurden. Noch heute <strong>ist</strong> der<br />

Museumsdienst wichtiger Partner dieses Arbeitskreises<br />

sowie der ihm nachfolgenden Gründungen in anderen<br />

städtischen Museen. Fachwissenschaftliche Begleitung<br />

und Schulung sind nach wie vor selbstverständlich. Die<br />

Mitglieder verzichteten auf jegliche Honorierung, auf<br />

die Besucher kamen neben dem Eintritt keine Führungsgebühren,<br />

wie vielerorts üblich, hinzu.<br />

Abb. 1: „30 Jahre Arbeitskreis Wallraf-Richartz-Museum &<br />

Fondation Corboud und Museum Ludwig“,<br />

Feier am 23.September 2008 im Hause Brügelmann, Köln.<br />

In der Geschichte der Kölner Museen und ihrer Attraktivität<br />

<strong>ist</strong> bis heute der hohe Einsatz von Sammlern, Stiftern<br />

und Förderern nicht wegzudenken. Sie haben durch<br />

ihr Mäzenatentum die Voraussetzungen für Umfang und<br />

Rang der Sammlungen geschaffen. 1976 wurde, damals<br />

noch im Gebäude des Wallraf-Richartz-Museums, An<br />

der Rechtschule, der gesamte, durch die Schenkung<br />

Ludwig erheblich erweiterte Bestand der <strong>Kunst</strong> des 20.<br />

Jahrhunderts als selbständiges Museum Ludwig gegründet.<br />

Zehn Jahre später bezogen beide Institutionen den<br />

Neubau zwischen Dom und Rhein. Inzwischen <strong>ist</strong> der Arbeitskreis<br />

in der dritten Heimstatt des Wallraf-Richartz-<br />

Museums & Fondation Corboud, die er sich gründlich<br />

erarbeitete, tätig. Der immer dringendere Vermittlungsauftrag<br />

hatte nun nicht zuletzt durch wachsende<br />

Besucherzahlen, ergänzt durch den freiwilligen Einsatz<br />

von Kölner <strong>Kunst</strong>- und Museumsfreunden, gleichsam als<br />

‚pädagogisches Mäzenatentum‘ neben der materiellen<br />

Förderung, eine neue Komponente der Mitverantwortung<br />

hinzugewonnen. Ehrenamtliche Aktionen blieben<br />

damals im Gegensatz zu heute noch unprämiert. Die<br />

nicht-institutionelle Vermittlungsarbeit hat nicht unerheblich<br />

zum Verständnis kultureller Werte und Inhalte<br />

und zur nicht immer unangefochtenen Akzeptanz der<br />

Institution ‚Museum‘ beigetragen. Für einen erweiterten<br />

Besucherkreis wurde der Museumsbesuch zur<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

93


Selbstverständlichkeit. Die Teilnahme an einer gelungenen,<br />

thematisch attraktiven Führung konnte falscher<br />

Scheu, Angst vor lähmender Müdigkeit entgegenwirken,<br />

ebenso Unverständnis, ja aggressive Ablehnung im Bereich<br />

der Moderne abbauen helfen. Den Teil der Besucher,<br />

für den das Museum „als ein Ort der gesteigerten<br />

Werkerfahrung“ (J. Spinola) und der Allgemeinbildung<br />

unangefochten geblieben war, bewegte vermehrtes<br />

Wissens- und Informationsbedürfnis in die Museen,<br />

die seit den späten 1960er Jahren auf unerwartetes Interesse<br />

in der Bevölkerung stießen. Dank <strong>Kunst</strong>handel<br />

und Sonderausstellungen sah sich Köln zur ‚<strong>Kunst</strong>stadt‘<br />

berufen. Dem Wunsch, „etwas zu verstehen“, der auch<br />

oft für alte <strong>Kunst</strong> gilt, wusste der ‚Vermittler‘ durch eine<br />

angemessene Erläuterung von Fakten, <strong>Kunst</strong>formen,<br />

Inhalten und Entstehungsbedingungen zu begegnen.<br />

Es war nicht mehr selbstverständlich, dass Objekte für<br />

sich selber sprechen. Sehen, Wahrnehmen, glücklichenfalls<br />

Genießen, <strong>ist</strong> bei der Aufnahme von <strong>Kunst</strong> engstens<br />

mit (Bildungs-)Wissen verbunden. Unsicherheit besteht<br />

beim Publikum vor allem bei den Inhalten herkömmlicher<br />

Ikonographie und Ikonologie, sodann auch bei<br />

künstlerspezifischen Inhalten, Ausdrucksqualitäten und<br />

Formen. Doch wer fühlte sich solch anspruchsvoller Vermittlungsarbeit<br />

im Medium der Führung, an die sich oft<br />

Gespräche anschließen, wirklich gewachsen? Abgesehen<br />

von zu vermehrendem Wissen und dem Vertrautwerden<br />

mit den Kölner Beständen brachten die Übernahme einzelner<br />

Führungstermine und die Qualifizierung durch die<br />

Präsenz bei den wöchentlichen, zwe<strong>ist</strong>ündigen Arbeitssitzungen<br />

Verpflichtungen mit sich, ohne die Ehrenämter<br />

nicht durchgehalten werden können.<br />

Sowohl der Wille, Teile der Öffentlichkeit mit alter und<br />

neuer <strong>Kunst</strong> vertraut zu machen wie die Freude, selbst<br />

Erarbeitetes weiterzugeben, haben maßgeblich zur<br />

Kontinuität des Arbeitskreises beigetragen. Auch wenn<br />

durch Publikumserfolge einzelne Führungsthemen sich<br />

mitunter wiederholen konnten, so war es doch die unerschöpfliche<br />

Fülle an Inhalten und <strong>Kunst</strong>formen vom<br />

Mittelalter bis heute, die die Fleiß- und Wissbegier der<br />

Teilnehmerinnen, zu denen später auch Herren traten,<br />

immer wieder erneut anspornten. Alle neuen Mitglieder<br />

standen zu Anfang vor der Frage nach der Bereitschaft,<br />

sich durch ausführliche Referate in den Arbeitssitzungen<br />

mit Themen zu beschäftigen, aus denen eine Führung<br />

erwachsen konnte. Rhetorische Fähigkeiten, schon<br />

vorhandenes, breites kunstgeschichtliches Interesse<br />

und der Wille, sich mit den großen oder spezielleren<br />

Themenkreisen nachhaltig, d. h. nach kunstwissenschaftlichen<br />

Gesichtspunkten und Methoden über das<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

94 aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

rein Hobbymäßige zu befassen, bilden eine gute Basis<br />

für Qualifizierung und Anerkennung – vielleicht auch<br />

der unerfüllte Traum eines <strong>Kunst</strong>geschichtsstudiums.<br />

Ästhetische Sensibilität, reine Bege<strong>ist</strong>erung sind gute<br />

Voraussetzungen, legitimieren aber nicht öffentliche<br />

Auftritte. Das Sensorium für h<strong>ist</strong>orisch-kritische Zusammenhänge<br />

bzw. deren Studium rechtfertigten bei der<br />

Gründung die Bezeichnung „Arbeitskreis“. Das erfordert<br />

geduldige Vertiefung in Fachliteratur und neue Informationsquellen,<br />

Exzerpieren, Formulieren des eigentlichen<br />

Vortrags – alles verbunden mit gründlichem Sehen und<br />

Beschreiben der Objekte. Es hat den Verfasser immer<br />

wieder beeindruckt, zu welch hervorragenden Ergebnissen<br />

‚lebenslängliches Lernen‘, neben oder nach Familie<br />

und Beruf, bei den Mitgliedern führen kann.<br />

Wie auch immer motiviert, es war ein teils angstvoll erlebtes<br />

Wagnis, Referat oder Führung vor kritischen Hörern<br />

zu übernehmen und sich der Diskussion zu stellen.<br />

Die Freude an lebhafter, allgemein verständlicher Sprache,<br />

die sich vom Katalog-Deutsch unterscheidet, wird<br />

vom Publikum als belebend empfunden.<br />

Die Annäherung an aktuelle <strong>Kunst</strong> schlägt neue Wege<br />

der Argumentation ein. Die Vorbereitung erwartet breite,<br />

vorbehaltlose Orientierung unter Zuhilfenahme neuer<br />

Medien und Aufgeschlossenheit gegenüber weltweiten<br />

Tendenzen. Veränderte komplexe Form- und Wertvorstellungen,<br />

wie sie gerade im Museum zur Diskussion gestellt<br />

werden, verlangen neue Wahrnehmungsformen.<br />

So wird der Betrachter am aktuellen ästhetischen Prozess<br />

partizipieren. Auch der Arbeitskreis kann zu bislang<br />

unbekannten Ansprüchen einer aktuellen ‚Wirkungsästhetik‘<br />

beitragen. Neben dem Einsatz technischer Medien<br />

während der Führungen wird das gut informierte<br />

Eintreten für das Ungewohnte durch die Mitglieder des<br />

Arbeitskreises gewährle<strong>ist</strong>en, dass sich die Besucher im<br />

Museum auf die Zukunft bewegen und neue Erlebnisqualitäten<br />

kennenlernen, auch wenn vor Urteilen Zurückhaltung<br />

geboten <strong>ist</strong>. Der Kosmos der Kölner <strong>Kunst</strong>museen<br />

reicht vom Mittelalter bis heute. Im Vergleich und in der<br />

Reibung an seinen oft konträren Dimensionen liegt der<br />

besondere Reiz, sich ihn dauerhaft anzueignen und ihm<br />

neue Freunde zu gewinnen.<br />

Autor:<br />

Dr. Richard Kreidler<br />

früher Museumsdienst Köln


at thirty: the arbeitskreis Wallrafrichartz-Museum<br />

& Fondation Corboud<br />

and Museum ludwig<br />

in september, 2008, this study group was<br />

able to look back on thirty years of successful,<br />

honorary activity at the two museums and<br />

their special exhibitions. the members of the<br />

Arbeitskreis have pledged themselves to provide<br />

the public with qualified access to the treasures<br />

in the museums in regular guided visits, be it as<br />

a first encounter or a deeper exploration of partially<br />

familiar fields. in subject these tours are<br />

geared both to provide general art-h<strong>ist</strong>orical<br />

orientation and to illuminate more specific aspects<br />

of art<strong>ist</strong>ic content and forms of expression.<br />

the tours, which are open to the public free of<br />

charge, are a well-received option on Wednesday<br />

afternoons and sunday mornings.<br />

Abb. 2: Vormittagsführung des Arbeitskreises WRM/ML in<br />

der Ausstellung „Rubens in Italien“ in der <strong>Kunst</strong>halle Köln;<br />

Titelblatt „Bulletin der Museen der Stadt Köln 2/1978“.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

aUSStellU n G en U nd aKt U elleS<br />

95


96<br />

impressum<br />

Kölner MuseumsBulletin<br />

Berichte, Forschungen und Aktuelles aus den<br />

Museen der stadt Köln<br />

Heft 3/2008<br />

issn 0933-257X<br />

© Museen der Stadt Köln, Museumsdienst Köln<br />

Verwendung der Texte und Photos nur mit schriftlicher<br />

Genehmigung gestattet.<br />

Der Oberbürgerme<strong>ist</strong>er<br />

Museen der stadt Köln, Museumsdienst Köln<br />

HerA usG e B er:<br />

Matthias Hamann<br />

r e DAKtiO n :<br />

Beate schneider, ulrich Bock<br />

telefon: 0221- 221 23467; Fax: 0221- 221 27621<br />

AnzeiG en:<br />

Museumsdienst Köln und<br />

MWK zimmermann & Hähnel GmbH<br />

elisenstr. 24 · 50667 Köln<br />

tel. 0221-1234 35 oder 0221-82009-10<br />

Fax 0221-82009-25<br />

Mail: anzeigen@mwk-koeln.de<br />

Media-unterlagen als download unter<br />

www.mwk-koeln.de<br />

GestA ltunG :<br />

udo Bernstein, bfgn.de<br />

MWK zimmermann & Hähnel GmbH, Köln<br />

DruCK:<br />

asmuth druck + crossmedia, Köln<br />

t itel:<br />

Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Blick in die<br />

westliche Enfilade der neugestalteten Mittelalterabteilung.<br />

C OPYriGHtnACHWeis:<br />

S. 19: Banco de México Diego Rivera & Frida Kahlo Museums Trust / VG Bild-<br />

<strong>Kunst</strong>, Bonn 2008; S. 20, Abb. 2: Musée Rodin, Paris; S. 20, Abb. 3: Sylvia<br />

Korving; S. 21, Abb. 4: Colección Carmen Thyssen-Bornemisza en depósito<br />

en el Museo Thyssen-Bornemisza / VG Bild-<strong>Kunst</strong>, Bonn 2008; S. 21, Abb. 5:<br />

VG Bild-<strong>Kunst</strong>, Bonn 2008; S. 22: bpk / RMN / Philippe Migeat / VG Bild-<strong>Kunst</strong>,<br />

Bonn 2008; S. 23: MBA Lyon / VG Bild-<strong>Kunst</strong>, Bonn 2008; S. 24: bpk /<br />

Nationalgalerie / SMB / VG Bild-<strong>Kunst</strong>, Bonn 2008; S. 25: Frederick R.<br />

Weisman Art Museum, University of Minnesota, Minneapolis / VG Bild-<strong>Kunst</strong>,<br />

Bonn 2008; S. 26: VG Bild-<strong>Kunst</strong>, Bonn 2008; S. 27: 1997 Eames Office, LLC;<br />

S. 29: Shirley Berman; S. 30: George Adams Gallery, New York; S. 47:<br />

KopfWelten – gegen Rassismus und Intoleranz e.V.<br />

Kölner MuseuM s - Bulletin 3|2008<br />

iMPreSSUM<br />

P H O t O n ACHWeis:<br />

Jörg P. Anders: S. 24, Abb. 8; Galería Arvil: S. 19; art2art Circulating Exhibitions:<br />

S. 26; nach: Barnhart, Richard M. et al.: Three Thousand Years of Chinese Painting<br />

(New Haven, London, Beijing 1997) 113: S. 38; Sammlung Bechhaus-Gerst: S. 48;<br />

Collection of Shirley Berman: S. 29; Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz: S. 88,<br />

Abb. 4; Anna Silvia Bins: S. 45, Abb. 6; nach: J. Braun, Das chr<strong>ist</strong>liche Altargerät in<br />

seinem Sein und in seiner Entwicklung (München 1932) Taf. 91, Abb. 344<br />

(Neuruppin, Pfarrkirche): S. 14, Abb. 6 (Kreuz); nach: Colonia Romanica XI, 2 (1968)<br />

208: S. 64; nach: G. Finckh / N. Hartje-Grave: Hans von Marées, Ausst.-Kat. Von der<br />

Heydt- Museum Wuppertal (Wuppertal 2008) 34: S. 87; Jack Fulton: S. 30, Abb. 3;<br />

Dorothea Goeser, Köln: S. 93; Anna Halprin: S. 31; nach: C. Heilmann (Hrsg.): „In uns<br />

selbst liegt Italien“. Die <strong>Kunst</strong> der Deutsch-Römer, Katalog der Ausstellung im Haus<br />

der <strong>Kunst</strong>, München (München 1987) 194: S. 89, Abb. 5; Thorsten Kellermann. S. 43,<br />

45, Abb. 4 u. 7; nach: H. Kier / U. Krings (Hrsg.): Stadtspuren – Denkmäler in Köln,<br />

Bd. 1: Die Romanischen Kirchen von den Anfängen bis zum Zweiten Weltkrieg<br />

(1984) 529, Fig. 264 u. 533, Fig. 267: S. 63 u. 65; diess.: Stadtspuren – Denkmäler in<br />

Köln, Bd. 3: Die Romanischen Kirchen im Bild (1984) 383: S. 64; Tessa Knapp: S. 44,<br />

Abb. 3; Köln, Archiv des Dom-pfarramtes: S. 49; Köln, Hauptschule Nürnberger<br />

Straße“, Schüler der Klasse 7b: S. 44, S. 45; Köln, H<strong>ist</strong>orisches Archiv: 75-82; Köln,<br />

Museum Schnütgen: S. 14, Abb. 8, S. 59, S. 60, S. 61, S. 64, 68-69; KopfWelten – gegen<br />

Rassismus und Intoleranz e.V.: S. 47; Sylvia Korving: S. 20, Abb. 3; R. Krischel<br />

und T. Nagel: Photomontagen für S. 14, Abb. 6-8, S. 15, Abb. 9; nach: C. Lenz<br />

(Hrsg.): Hans von Marées, Ausst.-Kat. Bayerische Staatsgemäldesammlungen<br />

München, Neue Pinakothek (München 1987) 275: S. 90, Abb. 8; Lisa Law: S. 33;<br />

London, Victoria and Albert Museum: S. 62; Lyon, Musée des Beaux-Arts: S. 23;<br />

Philippe Migeat: S. 22, Abb. 6; Minneapolis, Frederick R. Weisman Art Museum,<br />

University of Minnesota: S. 25, Abb. 9; New York, George Adams Gallery: S. 30,<br />

Abb. 29; Adam Rzepka: S. 20, Abb. 2; nach: G. Scheffler: Hans von Marées.<br />

Zeichnungen. Eigener Bestand, Ausst.-Kat. Staatliche Graphische Sammlung<br />

München (München 1987) 78-79: S. 89, Abb. 6, S. 90, Abb. 7; Sammlung Ströher,<br />

Darmstadt: S. 21, Abb. 5; nach: National Palace Museum Taipei (Hrsg.): Blossoming<br />

Through the Ages: Women in Chinese Art and Culture from the Museum Collection<br />

(Taipei 2003), 34 f.: S. 39; Colección Carmen Thyssen-Bornemisza en depósito en el<br />

Museo Thyssen- Bornemisza: S. 21, Abb. 4; nach: Johann Peter Weyer: Kölner Alter-<br />

thümer, Köln 1993, Tafel II, 5: S. 66; Wuppertal, Von der Heydt-Museum: S. 88, Abb. 3.<br />

Alle anderen Abbildungen: Rheinisches Bildarchiv, Köln (M. Albers, H. Buchen, M.<br />

Mennicken, W. F. Meier, B. Schlier, A. Wagner, S. Walz<br />

Wir danken unseren Partnern für die<br />

finanzielle Unterstützung:<br />

Freunde des Wallraf-richartz-Museums und des<br />

Museums ludwig<br />

Gesellschaft für Moderne <strong>Kunst</strong> am Museum ludwig<br />

Archäologische Gesellschaft e.V.<br />

Gesellschaft für Völkerkunde Köln e.V.<br />

OVerstOlzenGesellsCHAFt –<br />

Förderer des Museums für Angewandte <strong>Kunst</strong><br />

Fördererkreis des Museums für Ostasiatische <strong>Kunst</strong><br />

PrO Arte MeDii AeVi –<br />

Freunde des Museum schnütgen e.V.<br />

Freunde des Kölnischen stadtmuseums e.V.<br />

Freunde der <strong>Kunst</strong>- und Museumsbibliothek<br />

der stadt Köln e.V.<br />

Museumspädagogische Gesellschaft e.V.<br />

abonnement:<br />

Das Kölner Museums-Bulletin erscheint dreimal jährlich.<br />

Für € 25,00 können sie die zeitschrift abonnieren.<br />

Wir senden ihnen das Heft regelmäßig nach Hause,<br />

weitere Kosten entstehen nicht. Der einzelpreis beträgt:<br />

€ 8,50 pro Heft. Anfragen und schriftliche Bestellungen<br />

richten sie bitte an den<br />

Museumsdienst Köln<br />

richartzstraße 2-4 | 50667 Köln<br />

museumsdienst@stadt-koeln.de


VAN HAM<br />

<strong>Kunst</strong>auktionen<br />

Im Uhrzeigersinn:<br />

Sigmar Polke (*1941)<br />

Ohne Titel | 1999 | 199,5 x 150 cm<br />

Schätzpreis: € 120.000<br />

Ergebnis: € 275.000<br />

Walter Peterhans (1897–1960)<br />

„Stilleben mit schwebendem Ei“<br />

Datiert um 1930 | 20,2 x 21,3 cm<br />

Schätzpreis: € 6.500<br />

Ergebnis: € 71.000<br />

Internationaler Auktionsrekord<br />

für diesen Künstler<br />

Bedeutende Sammlung silberner<br />

Tapersticks aus Luxemburger<br />

Privatbesitz<br />

London | Silber<br />

Schätzpreis: € 12.000<br />

Ergebnis: € 26.000<br />

Carlo Maratta (1625–1713)<br />

Flora | Öl auf Leinwand<br />

128 x 100 cm<br />

Schätzpreis: € 40.000 - 60.000<br />

Ergebnis: € 213.000<br />

Jugendstil-Collier de Chien<br />

Gelbgold | Prasem | Quarzaggregat<br />

Flussperlen | Korallperlen | USA<br />

Um 1900 | Schätzpreis: € 9.000 -<br />

12.000 | Ergebnis: € 11.000<br />

Musealer Münzdeckelbecher<br />

Silber | H. 28,5 cm | Ca.2440g | Hamburg<br />

| Datiert 1695 | Tobias Fölsch<br />

(Völsch) 1690–1707 Me<strong>ist</strong>er | Schätzpreis:<br />

€ 20.000 | Ergebnis: € 137.500<br />

Ihre <strong>Kunst</strong> erzielt Höchstpreise!<br />

Dekorative <strong>Kunst</strong> | 18. Februar 2009 | Vorbesichtigung: 14. – 16. Februar 2009<br />

Alte <strong>Kunst</strong> | 15. Mai 2009 | Vorbesichtigung: 8. – 12. Mai 2009<br />

Europäisches <strong>Kunst</strong>gewerbe & Schmuck | 14. + 16. Mai 2009<br />

Vorbesichtigung: 8. – 12. Mai 2009<br />

Moderne & Zeitgenössische <strong>Kunst</strong> | 27. + 28. Mai 2009<br />

Vorbesichtigung: 21. – 25. Mai 2009<br />

Photographie | 28. Mai 2009 | Vorbesichtigung: 21. – 25. Mai 2009<br />

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Informationen | Termine | Online-Kataloge: www.van-ham.com | Mo–Fr 10–18 h | Sa 10–16 h | So 11–16 h<br />

Schönhauser Straße 10 – 16 | 50968 Köln | Tel + 49 (0)221 · 92 58 62- 0 | Fax + 49 (0)221 · 92 58 62- 4 | E-Mail info@van-ham.com


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Contemporary Galleries<br />

1301 PE, Los Angeles<br />

Adamski, Aachen/Berlin<br />

Akinci, Amsterdam<br />

Aye, Beijing<br />

ASPN, Leipzig<br />

Laura Bartlett, London<br />

Blanket, Vancouver<br />

Bleich-Rossi, Vienna<br />

BQ, Cologne<br />

Broadway 1602, New York<br />

Daniel Buchholz, Berlin/Cologne<br />

Bugdahn & Kaimer, Düsseldorf<br />

Gisela Capitain, Cologne<br />

Charim, Vienna<br />

China Art Objects, Los Angeles<br />

Columns, Seoul<br />

Cosar HMT, Düsseldorf<br />

Chantal Crousel, Paris<br />

Dogenhaus, Leipzig<br />

Heinrich Ehrhart, Madrid<br />

Frank Elbaz, Paris<br />

Fahnemann, Berlin<br />

Fiebach & Minninger, Cologne<br />

Figge von Rosen, Cologne<br />

Sixfriedrich Lisaungar, Munich<br />

Klaus Gerrit Friese, Stuttgart<br />

Hilario Galguera, Mexico City<br />

Gentili, Prato<br />

Vera Gliem, Cologne<br />

GMG, Moscow<br />

Bärbel Grässlin, Frankfurt<br />

M&J Guelman, Moscow<br />

Haishangshan, Beijing<br />

Hammelehle & Ahrens, Cologne<br />

Häusler, Munich<br />

Ernst Hilger Contemporary, Vienna<br />

Heinz Holtmann, Cologne<br />

Hotel, London<br />

I-20, New York<br />

Michael Janssen, Berlin<br />

Annely Juda, London<br />

Galleri K, Oslo<br />

Mike Karstens, Münster<br />

Kevin Kavanagh, Dublin<br />

Karma International, Zurich<br />

Ben Kaufmann, Berlin<br />

Dennis Kimmerich, Düsseldorf<br />

Kleindienst, Leipzig<br />

Bernhard Knaus, Frankfurt<br />

Sabine Knust, Munich<br />

Konzett, Graz/Vienna<br />

Koraalberg, Antwerp<br />

Nicolas Krupp, Basel<br />

L.A. Galerie Lothar Albrecht, Frankfurt<br />

La Citta, Verona<br />

Laden für Nichts, Leipzig<br />

Landschaftskunst, Hamburg<br />

Gebr. Lehmann, Dresden<br />

Linn Luehn, Cologne<br />

Brigitte March, Stuttgart<br />

Miguel Marcos, Barcelona<br />

Hans Mayer, Düsseldorf<br />

Mirko Mayer, Cologne<br />

Mezzanin, Vienna<br />

Mother’s Tankstation, Dublin<br />

Mot International, London<br />

Chr<strong>ist</strong>ian Nagel, Berlin/Cologne<br />

Nächst St. Stephan, Vienna<br />

Mihai Nicodim, Los Angeles<br />

Anna Nova, St. Petersburg<br />

Alexander Ochs, Berlin/Beijing<br />

Priska Pasquer, Cologne<br />

Rupert Pfab, Düsseldorf<br />

Karl Pfefferle, Munich<br />

Plan-B, Cluj<br />

Tanja Pol, Munich<br />

Red Gate, BeiJing<br />

Redling Fine Art, Los Angeles<br />

Thomas Rehbein, Cologne<br />

Rental Gallery, New York<br />

Ritter Zamet, London<br />

Rosenfeld, Tel Aviv<br />

Ruzicska/Weiss, Düsseldorf<br />

Scheffel, Bad Homburg<br />

Aurel Scheibler, Berlin<br />

Brigitte Schenk, Cologne<br />

Schmidt Maczollek, Cologne<br />

Schnittraum/Lutz Becker, Cologne<br />

Sutton Lane, London/Paris<br />

T-293, Naples<br />

Elisabeth & Klaus Thoman, Innsbruck<br />

Wilma Tolksdorf, Frankfurt/Berlin<br />

VAN HORN, Düsseldorf<br />

Nicola von Senger, Zurich<br />

Ursula Walbröl, Düsseldorf<br />

Wallspace, New York<br />

Michael Werner, Cologne/New York<br />

Wetterling, Stockholm<br />

Michael Wiesehöfer, Cologne<br />

Eva Winkler, Frankfurt<br />

Workplace, Gateshead<br />

Susanne Zander, Cologne<br />

Thomas Zander, Cologne<br />

Zinger Presents, Amsterdam<br />

Modern/Post-War Galleries<br />

Aussereuropäische <strong>Kunst</strong> Dierking, Cologne<br />

Baukunst, Cologne<br />

Benden & Klimczak, Cologne/Viersen<br />

Berinson, Berlin<br />

Boisserée, Cologne<br />

Valerie Carberry, Chicago<br />

Johannes Faber, Vienna<br />

Fahnemann, Berlin<br />

Fischer <strong>Kunst</strong>handel & Edition, Berlin<br />

Klaus Gerrit Friese, Stuttgart<br />

Wolfgang Gmyrek, Düsseldorf<br />

Grossetti, Milan<br />

Haas, Zurich/Berlin<br />

Hachme<strong>ist</strong>er, Münster<br />

Marianne Hennemann, Bonn<br />

Henze & Ketterer, Wichtrach/Bern<br />

Ernst Hilger, Vienna<br />

Hoffmann, Friedberg<br />

Annely Juda, London<br />

Koch, Hannover<br />

Dorothea van der Koelen, Mainz/Venice<br />

Lahumière, Paris<br />

Levy, Hamburg<br />

Löhrl, Mönchengladbach<br />

Marie-José van de Loo, Munich<br />

Ludorff, Düsseldorf<br />

Jörg Maaß, Berlin<br />

Maulberger, Munich<br />

Hans Mayer, Düsseldorf<br />

Hubertus Melsheimer, Cologne<br />

Moderne, Silkeborg<br />

Neher, Essen<br />

Georg Nothelfer, Berlin<br />

Orangerie-Reinz, Cologne<br />

Priska Pasquer, Cologne<br />

Remmert und Barth, Düsseldorf<br />

Rieder, Munich<br />

J.P. Ritsch-Fisch, Strasburg<br />

Margarete Roeder, New York<br />

Rothe, Frankfurt<br />

Sage, Paris<br />

Salis & Vertes, Salzburg/St. Moritz/Zürich<br />

Schlichtenmaier, Grafenau<br />

Schönewald Fine Arts, Düsseldorf<br />

Schwarzer, Düsseldorf<br />

Simonis, Düsseldorf<br />

Springer & Winkler, Berlin<br />

Staeck, Heidelberg<br />

Walter Storms, Munich<br />

Hans Strelow, Düsseldorf<br />

Taguchi, Tokyo<br />

Thomas, Munich<br />

Utermann, Dortmund<br />

Edith Wahlandt, Stuttgart<br />

Michael Werner, Cologne/New York<br />

Partial L<strong>ist</strong> as of November 2008

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