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Was heißt hier arm? (pdf) - Bildung trifft Entwicklung

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Einführung<br />

Einführung<br />

Die Weltgemeinschaft steht vor einer<br />

ungeheuren Herausforderung: Die Zahl<br />

der Armen ist in den letzten Jahrzehnten<br />

immer weiter gestiegen und hat<br />

sich seit Anfang der 80er Jahre mehr als<br />

verdoppelt. Über eine Milliarde Menschen<br />

(ca. die Hälfte von ihnen sind<br />

Kinder und Jugendliche!) haben weniger<br />

als einen US Dollar (in lokaler<br />

Kaufkraft) täglich zum Überleben zur<br />

Verfügung. Im Jahre 2000 hat sich die<br />

internationale Staatengemeinschaft auf<br />

dem Millenniumsgipfel das Ziel gesetzt,<br />

die Anzahl der Menschen, die in extremer<br />

Armut leben, zu halbieren. Die<br />

Bundesregierung beschloss ihren Beitrag<br />

dazu im April 2001 mit dem Aktionsprogramm<br />

2015.<br />

(vgl. www.aktionsprogramm2015.de)<br />

Armutsbegriff<br />

Armut bedeutet mehr als Geldmangel.<br />

Zwar wird der Grenzwert von 1 US$<br />

pro Person pro Tag zur statistischen Berechnung<br />

von absoluter Armut weltweit<br />

herangezogen, dies sagt aber noch<br />

nicht viel über die Lebensbedingungen<br />

der betroffenen Menschen aus.Wenn<br />

weniger als 1400 Kcal pro Person pro<br />

Tag zur Verfügung stehen, spricht man<br />

von kritischer Armut, die umso schlimmer<br />

ist, wenn auch die Fähigkeit, ein<br />

Einkommen zu erwirtschaften, gar<br />

nicht gegeben ist, wie bei Kindern,Alten<br />

und Kranken.Armut ist „multidimensional“<br />

zu verstehen. Sie umfasst<br />

nach den Leitlinien des <strong>Entwicklung</strong>sausschusses<br />

DAC der OECD 2001 wirtschaftliche,<br />

soziale, kulturelle und politische<br />

Aspekte (vgl.VENRO 2001, S. 24<br />

und „das Weltdorf“ in B 6). So geht es<br />

bei materieller und sozialer Absicherung<br />

um Ernährung, eine menschenwürdige<br />

Unterkunft, Gesundheit, <strong>Bildung</strong>smöglichkeiten<br />

und Zugang zu<br />

sauberem <strong>Was</strong>ser. Darüber hinaus umfasst<br />

der erweiterte Armutsbegriff die<br />

nicht vorhandenen Chancen politischer<br />

Mitwirkung, die Gefahr staatlicher<br />

Übergriffe und Willkür bis hin zur<br />

Verletzung von Menschenrechten. Es<br />

gibt praktisch keine Schutzmechanis-<br />

men, die sie gegen Unsicherheiten,<br />

wirtschaftliche Risiken, Katastrophen,<br />

Kriminalität u.ä. schützen, so dass Arme<br />

besonders verletzbar sind.Arme leben<br />

im sozio-kulturellen Bereich oft nicht<br />

als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft<br />

und erfahren Ausgrenzung. Eine<br />

Umfrage der Weltbank fragte 60.000<br />

Menschen unter der Armutsgrenze, was<br />

diese selbst als besonders schlimm an<br />

ihrer Situation empfanden. Nebeneffekte<br />

wie Demütigung, Unsicherheit<br />

oder das Gefühl des Ausgeliefertseins<br />

wurden manchmal als gravierender eingeschätzt<br />

als das Problem, kein Geld in<br />

der Tasche zu haben.<br />

Diese sozio-psychologischen Phänomene<br />

sind bereits bei relativer Armut festzustellen,<br />

die sich in der BRD daran<br />

misst, ob jemand weniger als die Hälfte<br />

dessen zur Verfügung hat, was im Landesdurchschnitt<br />

an Pro-Kopf-Einkommen<br />

zur Verfügung steht. Dies be<strong>trifft</strong><br />

beispielsweise 2003 in der BRD 12 %<br />

der Bevölkerung.Von 550.000 Obdachlosen<br />

waren 1999 24 % Frauen und<br />

23% Kinder und Jugendliche. Im Europa<br />

der 25 gibt es heutzutage 68 Millionen<br />

relativ ärmere Menschen (für die<br />

EU gelten 60 % des Durchschnittseinkommens<br />

als Maßstab). Jedes dritte<br />

Kind in Osteuropa lebt nach UNICEF-<br />

Angaben in Armut.<br />

„Angst vor der Armut“ lautete die Titelseite<br />

des SPIEGEL (Nr. 34 vom 16.8.04).<br />

Hier hieß es: „Wohlfahrtsverbände melden<br />

eine steigende Anzahl von Obdachlosen<br />

und Bettlern; immer mehr Bundesbürger<br />

rutschen immer länger in die<br />

Sozialhilfe ab; die Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten<br />

schwindet. (…) In<br />

den Metropolen breiten sich in ganzen<br />

Stadtvierteln ‚slumartige Zustände' aus.<br />

(…) Nicht nur die Zahl der Armen<br />

wächst, immer größer wird auch der<br />

Abstand zu den Wohlhabenden der Republik.<br />

In den vergangenen Jahren sind<br />

die Reichen reicher und die Armen ärmer<br />

geworden, zeigt eine neue Analyse<br />

des Statistischen Bundesamtes. Danach<br />

stieg das durchschnittliche Nettogeld-<br />

vermögen des reichsten Viertels gegenüber<br />

dem ärmsten vom Achtfachen auf<br />

das Zwanzigfache“ (S. 24 f.).Weltweit<br />

klafft die Schere zwischen Arm und<br />

Reich noch stärker auseinander: die<br />

reichsten 5% der Weltbevölkerung besitzen<br />

114 mal so viel wie die ärmsten<br />

5%!<br />

Armutsbekämpfung<br />

Spätestens seit dem Weltsozialgipfel<br />

1995 in Kopenhagen genießt die Armutsbekämpfung<br />

große Aufmerksamkeit.<br />

Die konkreten Programme müssen<br />

von einer breiten Öffentlichkeit unterstützt<br />

und getragen werden, denn es<br />

handelt sich dabei einerseits um Unterstützungsprogramme<br />

im Süden und andererseits<br />

um globale Strukturmaßnahmen,<br />

die auch das Leben im Norden<br />

unmittelbar betreffen. So wird auf der<br />

Internetseite des Aktionsprogramms<br />

2015 u.a. folgendes ausgeführt:<br />

„In der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

gibt es ein neues Denken, das sich auch<br />

im Aktionsprogramm 2015 widerspiegelt.<br />

<strong>Entwicklung</strong>spolitik ist heute ein<br />

Element globaler Strukturpolitik. Das<br />

Aktionsprogramm 2015 zielt auf die<br />

Veränderung von internationalen Strukturen,<br />

Strukturen in den Partnerländern<br />

und Strukturen in Deutschland, Europa<br />

und anderen Industrieländern.Wir leben<br />

in einer immer stärker vernetzten,<br />

globalen Welt.Wir „chatten“ mit Menschen,<br />

die Tausende von Kilometern<br />

entfernt von uns leben.Wir bereisen<br />

fremde Kontinente. Dennoch wird die<br />

Frage „Armut, was geht das uns an?“<br />

auch heute noch häufig gestellt. Die<br />

Folgen der weltweiten Armut – zerstörte<br />

Umwelt oder vermehrte Konflikte –<br />

wirken sich global aus und gefährden<br />

auch unsere Zukunft. Kriege machen<br />

jahrelange Anstrengungen im Kampf<br />

gegen Armut zunichte. Krisen und Konflikte<br />

lassen sich selten lokal begrenzen.<br />

Sie berühren damit auch unsere<br />

Interessen von Sicherheit und Stabilität.<br />

Die Not anderer ist uns nicht<br />

gleichgültig. Solidarität und Humanität<br />

bewegen uns, im Kampf gegen die Ar-

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