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Was heißt hier arm? (pdf) - Bildung trifft Entwicklung

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<strong>Was</strong> <strong>heißt</strong> <strong>hier</strong> <strong>arm</strong>? | Anregungen zur entwicklungspolitischen <strong>Bildung</strong>sarbeit des DED mit Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern<br />

Afghanistan<br />

Übung B 7. „Armut ist illegal!“ Seite 42<br />

Interviews: <strong>Was</strong> sind für Sie Zeichen für Armut? <strong>Was</strong> sind Ihre Ängste,<br />

Ihre dringlichsten Wünsche?<br />

(von Florian Weigand)<br />

„Es gibt viele Zeichen von Armut. Ich will daher nur einige nennen.<br />

Ich bin zum Beispiel zerstreut und passe nicht mehr gut auf mich<br />

auf. Ich werde nachlässig, ziehe mich unordentlich an und rasiere<br />

mich nicht mehr. Ich werde leicht ärgerlich, wenn Freunde mich<br />

und meine Familie kritisieren, obwohl ich das später bereue. Ich entferne<br />

mich immer mehr von meinem sozialen Umfeld. Ich will mich<br />

nicht mehr mit der Familie und den Verwandten unterhalten, ich<br />

will nur allein sein. Ich werde unfreundlich gegenüber allen.All das<br />

habe ich schon erlebt. Ich war davon bereits einmal psychisch<br />

krank. Es gibt viele Gründe, warum ich so geworden bin.Wir besitzen<br />

kein eigenes Haus, haben kaum genug Einkommen für die Miete.Als<br />

ich Student war, hatte ich nicht einmal Geld für die Busfahrkarte<br />

und bin zu Fuß zur Universität gegangen.Außerdem leiden wir<br />

alle in Afghanistan unter den Folgen der Kriege und ausländischen<br />

Attacken.<br />

In Afghanistan gibt es noch immer Kriegsgefahr,Armut, Migration<br />

und eine schlechte wirtschaftliche <strong>Entwicklung</strong>.Aus diesen Gründen<br />

habe ich Angst, dass viele Afghanen in ihrem rückständigen<br />

Land keinen guten Arbeitsplatz finden können. Sie müssen daher als<br />

ungelernte Arbeiter in ihrem Heimatland oder im Ausland eine Stelle<br />

suchen, um für ihre Familien Geld zu verdienen.Andernfalls bleiben<br />

sie hungrig. Deswegen sterben manche sogar an Unterernährung<br />

und vielen anderen Krankheiten. Ich wünsche mir ein gutes Verhältnis<br />

zu meinen Freunden, der Familie, den Verwandten und zu meinem<br />

sozialen Umfeld. Ich wünsche mir außerdem ein gutes Leben<br />

für alle Armen, eine stabile Sicherheit, effektiven Wiederaufbau, eine<br />

starke zentrale Regierung und wirtschaftlichen Aufschwung. Das<br />

könnte alle Probleme der Menschen lösen.“<br />

(Yama Afif, 28, Bankangestellter, lebt in Kabul, geboren in Parwan)<br />

<br />

„Nicht weiter studieren zu können, das bedeutet für mich Armut.<br />

Ich bin daher oft ungeduldig, ärgerlich und unfreundlich. Ich will<br />

dann mit niemandem mehr sprechen, auch nicht mehr mit meiner<br />

Familie. Ich leide oft unter Schlafstörungen. Ich habe jetzt keine<br />

Angst mehr vor Armut. Meine Familie leidet nicht mehr Hunger und<br />

meine Geschwister sind erwachsen. Früher hat mich Armut sehr gequält<br />

– mit Hunger und Krankheit. Ich bin darüber sogar für eine<br />

Zeit psychisch krank geworden.Während des Bürgerkriegs (1992 -<br />

96) habe ich einmal 2 Monate lang nicht geschlafen.Am Tage habe<br />

ich außer Haus gearbeitet, in der Nacht Tüten geklebt.Angst hab ich<br />

keine mehr. Ich habe mich an solche Probleme gewöhnt. Ich meine,<br />

sie sind Gaben Gottes an uns und wir können nichts dagegen tun.<br />

Ich habe viel Schreckliches gesehen und will nicht alles erzählen.<br />

Manchmal denke ich, das Leben hat keine Perspektive.“<br />

(Hasib Mir Sulaiman, 25, arbeitet als Sprachlehrer für Dari in Kabul)<br />

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