16.06.2013 Aufrufe

Hermann Herf - Welthaus Bielefeld

Hermann Herf - Welthaus Bielefeld

Hermann Herf - Welthaus Bielefeld

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

CAJAMARCA: Gold tötet Kleinbauern<br />

Umweltkrieg in den Anden: Eine Mine in Peru nimmt den Bauern ihre Wasserreserven<br />

<strong>Hermann</strong> <strong>Herf</strong><br />

9.10.2012<br />

Die größte Goldmine Lateinamerikas, Yanacocha, im Norden Perus in der Region Cajamarca soll<br />

erweitert werden. Das nordamerikanische Bergbauunternehmen Newmont Mining Corporation mit<br />

Sitz in Denver, Colorado, USA will durch Investitionen von ca. 4,8 Milliarden US-$ in den nächsten 10<br />

Jahren durch das Bergbauprojekt Conga die größte Goldmine der Welt schaffen.<br />

»Sie verseuchen mit Zyanid das Erdreich und nehmen uns das gesamte Wasser«, sagen die Bauern,<br />

die langjährige bittere Erfahrungen mit<br />

unzähligen Umweltsünden der bestehenden<br />

Mina Yanacocha gemacht haben. In den 90er<br />

Jahren wurde durch den damaligen<br />

Präsidenten Alberto Fujimori, der nun in Lima<br />

wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />

seit einigen Jahren im Gefängnis sitzt, das<br />

Bergbauunternehmen Newmont angelockt,<br />

in der Region von Cajamarca in den<br />

Goldbergbau zu investieren. 10 Jahre<br />

Steuerbefreiung und sonstige<br />

Wasser ist Leben<br />

Foto: Ofelia Vargas Cerna<br />

Vergünstigungen waren das Lockmittel.<br />

Miteigentümer zu 5% der Mine Yanacocha ist<br />

die IFC (International Finance Corporation), eine Suborganisation der Weltbank. Versprochen wurden<br />

Arbeitsplätze und eine nachhaltige Entwicklung der Region um Cajamarca.<br />

Die Lagune Mamacocha soll durch das Bergwerk Conga<br />

verschwinden.<br />

Foto: Ofelia Vargas Cerna<br />

und nachhaltige Versorgung mit Wasser zu sorgen, glaubt kaum noch jemand.<br />

Aber davon ist nach wie vor nichts zu spüren.<br />

Da die Mine im Tagebau unter Einsatz von<br />

vielen Maschinen und unter teilweisen<br />

automatisierten Abläufen betrieben wird,<br />

wurden relativ wenige Arbeitsplätze<br />

geschaffen. Auch 15 Jahre nach Eröffnung der<br />

Mine Yanacocha zählt die Region um<br />

Cajamarca nach wie vor zu den ärmsten<br />

Perus. Der versprochene Reichtum blieb aus.<br />

Auf der anderen Seite fürchten viele<br />

Menschen in Cajamarca, besonders die<br />

betroffenen Bauern, um ihre Wasserreserven.<br />

Den Versprechungen des<br />

Bergbauunternehmens, für eine langfristige<br />

1


Die Bauern schützen die Lagune Perol vor Zerstörung durch den Bau des Bergwerks Conga.<br />

Foto: Ofelia Vargas Cerna<br />

Die Neuerschließung der Mine Conga liegt in dem ökologisch empfindlichen Gebiet der „Páramos“,<br />

das ist ein weitverzweigtes System von vielen Lagunen in 4000 m Höhe, die wie ein Schwamm die<br />

Feuchtigkeit halten und damit die Wasserversorgung der umliegenden Täler sichert. Geplant sind vier<br />

Seen trocken zu legen, davon bei zweien das Erdreich abzutragen und der Goldgewinnung<br />

zuzuführen und die anderen beiden als Abraumhalde zu missbrauchen.<br />

Die Bauern der betroffenen Gebiete und die Menschen in Cajamarca protestieren schon seit<br />

Monaten gegen dieses Vorhaben. Der jetzige Präsident Ollanta Humala, der noch im Wahlkampf<br />

versprochen hatte bei der Frage „Gold oder Wasser“, sich für Wasser zu entscheiden, brach sein<br />

Wahlversprechen und spricht nun von „Gold und Wasser“. Den sich immer weiter ausbreitenden<br />

Protesten versuchte er durch Ausrufung des Ausnahmezustandes zu begegnen. Es kam und kommt<br />

immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen und gewaltsamer Unterdrückung der Proteste.<br />

Angeheuerte "Sicherheitsdienste" bespitzeln Kritiker, bedrohen sie und schlagen als Kampftruppen<br />

auf protestierende Bauern ein. „Gold tötet Menschen“ bewahrheitet sich hier leider unmittelbar, da<br />

bereits eine ganze Reihe von demonstrierenden Menschen von Polizei, Militärs und<br />

Sicherheitskräften getötet wurde.<br />

Im September dieses Jahres erklärte das Unternehmen Newmont, dass es das Projekt Conga<br />

aussetzen würde, bereitet aber weiterhin den Umbau der Lagunen vor, so dass die Bauern nichts<br />

davon glauben und die Proteste fortgeführt werden.<br />

Das Gewinnen von Gold findet heutzutage im modernen Tagebau statt. Dazu werden riesige Flächen<br />

mit Plastikfolien ausgekleidet, anschließend ganze Berge abgetragen, versetzt, zermalmt und auf die<br />

Folien geschüttet. Abraumhalden von mehreren hundert Metern Höhe sind hierbei keine Seltenheit.<br />

Computergesteuert durchsickert Cyansäure die Gesteinsmassen. Aus dem entstehenden<br />

2


Säuregemisch, welches sich auf der Folie sammelt, werden in einem mehrstufigen chemischen<br />

Prozess die Goldspuren herausgewaschen. Nach der Werbung des Bergbauunternehmens läuft all<br />

dies in einem geschlossenen Kreislauf ab. Es wird nur wenig Wasser verbraucht und es geraten keine<br />

Chemikalien in die freie Natur.<br />

Reiterstaffeln der Bauern verteidigen ihr Land<br />

Foto: Ofelia Vargas Cerna<br />

Aber es liegt auf der Hand, wenn die Erdoberfläche in Hunderten von Hektar mit Plastikfolie<br />

hermetisch versiegelt wird, sich hierdurch das Bach- und Wassersystem dauerhaft verändert. Genau<br />

das tritt ein: viele Quellen sind versiegt, viele Bäche liegen trocken und die Wasserqualität wird<br />

nachweisbar schlechter, weil entgegen aller Beteuerungen wahrscheinlich doch Chemikalien<br />

austreten. Man braucht keine empfindliche Nase zu haben, um den Geruch der Cyansäure in den<br />

offenen Sammelbecken zu riechen. Vieles davon verdunstet und beeinträchtigt damit die Gesundheit<br />

der dort lebenden Menschen. Die schweren Gesteinsmassen drücken auf die Folie und erzeugen<br />

hierin Risse, wie ich bei einem Besuch im Jahre 2011 mit eigenen Augen gesehen habe.<br />

Die Frauen von Bambamarca bei der Besetzung der Lagune Perol<br />

Foto: Ofelia Vargas Cerna<br />

Außerdem liegt die Mine in einem<br />

Erdbebengebiet und für die<br />

Haltbarkeit der Folien werden vom<br />

Hersteller 20 Jahre angegeben. Und<br />

was passiert danach? Diesbezüglich<br />

gibt es kein Risikomanagement. Was<br />

passiert, wenn es einen Überlauf<br />

hochgiftiger Cyanidreste gibt? Ein<br />

schwerwiegender Unfall mit dem<br />

Verschütten großen Mengen<br />

Quecksilber durch ein<br />

Subunternehmen im Dorf<br />

Choropampa vor einigen Jahren<br />

wurde systematisch verschleiert. Die<br />

Bewohner und Bewohnerinnen des<br />

Dorfes warten heute noch auf Entschädigung. Mittlerweile sind viele von ihnen an den Folgen des<br />

Quecksilberunfalls gestorben.<br />

3


Als das Unternehmen Newmont seine Kostenrechnung zur Rentabilität der Yanacocha-Mine machte<br />

lag der Goldpreis bei ca. 250 US-$ pro Unze. In der Zwischenzeit liegt er um 1800 US-$. Es wurden<br />

gewaltige Gewinne erzielt, die aber vom Staat nicht entsprechend abgeschöpft wurden. Bei diesen<br />

Preisen lohnt sich der Goldabbau bereits ab 0,4 bis 1 Gramm Goldgehalt pro Kubikmeter Gestein.<br />

„Legen Sie 10% ihrer Ersparnisse in Gold an, dann sind Sie auf der sicheren Seite.“, so oder ähnlich<br />

lauten Investitionsempfehlungen von Banken und Geldanlageberatern. Keiner fragt dabei aber,<br />

woher das Gold kommt und wie es abgebaut wird. Von der Jahresgoldproduktion weltweit wird nur<br />

ein sehr kleiner Anteil von der Industrie benötigt. Fast alles geht in die Spekulation und das<br />

Anfertigen von Schmuck!<br />

Deutsche Bürger<br />

haben im 2. Quartal<br />

2010 über 44 Tonnen<br />

Gold gekauft 1 . Das<br />

entspricht rund 2 Mrd.<br />

Euro die hier in die<br />

Tresore gelegt werden.<br />

Mit 2 Mrd. Euro wird<br />

aber der Druck auf die<br />

Goldfirmen immer<br />

grösser die Produktion<br />

auszuweiten. 44<br />

Tonnen Gold entspricht<br />

ungefähr der<br />

Jahresproduktion von<br />

Auf dem Weg zur Lagune Azul<br />

Yanacocha. Das heißt:<br />

Foto: Ofelia Vargas Cerna<br />

Wir hier in Deutschland<br />

unterstützen durch den Kauf von Gold die Zerstörung der Lebensgrundlage vieler Menschen. 44<br />

Tonnen Gold ist ein recht überschaubarer Würfel von rund 2 m Kantenlänge. Bei 0.4 Gramm Gold pro<br />

Tonne Gestein stellt aber der Abraum, auf LKWs verteilt, eine Schlange dar, die immerhin rund 2 Mal<br />

um die Welt reicht!<br />

Ist es da nicht besser von schmutzigem Gold zu reden? Ohne Gold können wir leben, aber nicht ohne<br />

Wasser! 2<br />

1 Nach Kajo Aicher „ Ohne Gold kann man leben, ohne Wasser nicht” beim Treffen der Gruppen der<br />

Cajamarcasolidarität vom 1. bis 3.10.2010 in Freiburg<br />

2 Die Gruppe FOKUS e.V. – Perusolidarität im <strong>Welthaus</strong> <strong>Bielefeld</strong> arbeitet zur Bergbauproblematik im<br />

Allgemeinen und speziell zu Peru. Sie ist Mitträger der Bergwerkskampagne Bergwerk Peru – Reichtum geht,<br />

Armut bleibt. In diesem Ordner finden Sie auch die Selbstdarstellung der Kampagne.<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!