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Ukiyo-e - Kunsthandel Klefisch

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Dies ist besonders zu erkennen am Dichter und Schriftsteller Carl Einstein, Autor des<br />

Heftes „Der Frühere Japanische Holzschnitt“ (in 16 Bänden der kleinen, aber berühmten<br />

Serie „Orbis Pictus“, herausgegeben von dem Berliner Ernst Wasmuth), das zu<br />

Beginn der 1920er Jahre erschien und einen der entscheidenden Beiträge zur ästhetischen<br />

Aufwertung der „primitiven“ <strong>Ukiyo</strong>-e darstellte.<br />

Es war kein Zufall, dass Einstein seinen Fokus eher auf die „Primitiven“ als auf Kiyonaga<br />

und Utamaro richtete, wie es die Impressionisten taten, oder auf Hiroshige,<br />

ebenso wie auf Van Gogh, weil die härteren Graphiken von den „Primitiven“ in größerem<br />

Umfang zu dem herben und kantigen Stil Ernst Ludwig Kirchners und Erich<br />

Heckels – beide großartige Holzschnitzer - vergleichbar waren. Und Einstein - auf<br />

solch einer Linie der Wiederentdeckung von „Primitivität“ als zentrales Element der<br />

„Modernität“ - hatte bereits vollständig die Skulptur afrikanischer Stämme in seinem<br />

anderen Heft „Negerplastik“ (München 1915) aufgewertet, was zudem einen Eckstein<br />

expressionistischer Betrachtungsweise darstellte.<br />

Wir müssen deshalb schließen, dass die Tendenz der Behauptung in Bezug auf<br />

Ideologisierung der Interpretation von <strong>Ukiyo</strong>-e in einer europäischen ästhetischen<br />

Verschlüsselung ein Phänomen über den hypothetischen Unterschied zwischen französischer<br />

und deutscher Tradition hinaus darstellt, das allen Wissenschaftlern gemein<br />

ist. Diese Tendenz kann bei fast allen Wissenschaftlern ab dem Ende des 19. Jahrhunderts<br />

festgestellt werden. Es ist außerdem möglich, seltenere gegenteilige Folgen<br />

der Einmischung des speziellen <strong>Ukiyo</strong>-e-Charakters in der europäischer Kunstgeschichte<br />

– beispielsweise die wiederholten Vergleiche von Botticelli mit Utamaro<br />

in der Berenson’schen Abhandlung von Yukio Yashiro - herauszustellen.<br />

Wir müssen hervorheben, dass die französische literarische Kultur die erste war, die<br />

„klassizistische“ Vorurteile gegenüber Erotik in der Kunst über Bord warf. Der Weg,<br />

geöffnet von Baudelaire und Goncourt, wurde im 20. Jahrhundert von den Surrealisten<br />

weiter verfolgt, während Georges Bataille seine extremen Schlussfolgerungen<br />

in der Zusammenfassung seiner Bücher „L’erotisme“ (1957) und – kurz vor seinem<br />

Tode – „Les larmes d’Eros“ (1961) erreichte. Ich hatte keine Gelegenheit, etwa um<br />

1970 herum, Richard Lane – mit dem ich einen regen Briefwechsel pflegte - zu fragen,<br />

ob er auch, wie ich selbst, über den Anreiz, den ich durch die französische Literatur<br />

empfing, für Shunga Interesse entwickelte. Für Lane, der ein aufmerksamer<br />

Leser der Romane von Ihara Saikaku war, kam der Anreiz wahrscheinlich direkt von<br />

der Rolle der erotischen Literatur des <strong>Ukiyo</strong>-e: Im Jahre 1956 war er der Herausgeber<br />

einer englischen Ausgabe von Saikakus Roman „Five women who loved love“,<br />

übersetzt von W. Theodor de Bary und herausgegeben von Rutland.<br />

Roger Keyes hat bereits mit seiner üblichen Tiefe der Analyse hervorgehoben, dass<br />

sich entlang französischer Tradition eine Kritik des <strong>Ukiyo</strong>-e entwickelt hatte, die er<br />

die „deutsche Tradition“ nannte (R. Keyes: Klaus J. Brandt’s Hosoda Eishi, in: Andon,<br />

Bulletin of the Society of Japanese Arts and Crafts).

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