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Loch, schöpft Wasser, kann es jedoch<br />

nicht trinken. Erst beim<br />

vierten Versuch vermag sie das<br />

Schlammwasser zu trinken, damit<br />

wir es heute, jetzt in dieser<br />

Stunde trinken können. Abt Benedikt<br />

Müntnich vom Kloster<br />

Maria Laach schreibt im Zusammenhang<br />

mit dem Widerwärtigen<br />

in der Nachfolge des hl. Benedikt:<br />

«Es versteht sich von<br />

selbst, dass solches Dienen mit<br />

Widerwärtigem verbunden ist,<br />

wie die Fusswaschung im Abendmahlssaal<br />

auch keine angenehme<br />

Handlung war. Dienen nach<br />

dem Beispiel Christi hat immer<br />

diese Dimension des Niedrigen,<br />

wie der Bericht des Johannesevangeliums<br />

zeigt: Jesus «stand<br />

vom Mahl auf, legte sein Gewand<br />

ab (von je her ein Symbol<br />

Glaube<br />

der Selbsterniedrigung) und umgürtete<br />

sich mit einem Leinentuch.<br />

Dann goss er Wasser in<br />

eine Schüssel und begann, den<br />

Jüngern die Füsse zu waschen<br />

und sie mit dem Leinentuch abzutrocknen».»<br />

Lässt sich diese Szene nicht in<br />

Lourdes wieder und wieder sehen<br />

– bis heute. Bernadette hat<br />

sich in die Schule von Jesus<br />

Christus rufen lassen. Widerwärtigkeiten<br />

galt es sozusagen am<br />

Laufmeter zu ertragen, doch es<br />

waren Widerwärtigkeiten die<br />

Rosen tragen. Wie heisst es so<br />

treffend: Geduld bringt Rosen –<br />

aber auch diese haben Dornen!<br />

Doch dabei gilt es eines zu beachten.<br />

Wir können Widerwärtiges<br />

niemals von uns selbst heraus<br />

ertragen. Es ist einzig und allein<br />

die Kraft Christi, die uns dazu<br />

verhilft. Auch dafür scheint mir<br />

Bernadette nun wirklich ein<br />

leuchtendes Beispiel zu sein. Des<br />

weiteren erkennen wir klar, dass<br />

wir in diese Fähigkeit hineinwachsen<br />

müssen und es auch<br />

können. Benedikt wie auch Bernadette<br />

lehren uns die Widerwärtigkeiten<br />

als eine Sache des<br />

Alltags. Das Klosterleben wie<br />

auch unseren Dienst an der Wallfahrt<br />

– sei es als Pilger oder als<br />

Helfer – werden oft mit einem<br />

gewissen Enthusiasmus begonnen.<br />

Aber dann wird es auf einmal<br />

alltäglich, normal und wir<br />

erfahren, dass das Zusammenleben,<br />

das gemeinsame Wallfahren,<br />

der Dienst am Nächsten gar<br />

nicht so leicht ist. Wer sich aber<br />

diesem Alltag stellt, der wächst in<br />

der Liebe und dem wird das Herz<br />

weit, wie es an Bernadette und<br />

Benedikt geschehen ist.<br />

9<br />

Es ist sicherlich gut, ja sehr gut,<br />

wenn wir heutzutage gegenüber<br />

gezielten Demütigungen und eigenem<br />

Klein-Sein-Wollen vorsichtig<br />

geworden sind. Doch<br />

sollten wir – und das zeigt gerade<br />

auch Lourdes – nicht vergessen,<br />

dass die biblisch-geistliche<br />

Tradition der Widerwärtigkeit<br />

gewissermassen als «Ort» der<br />

Gottesbegegnung verstanden<br />

werden darf. Bei Benedikt stehen<br />

sie ganz klar im Kontext der<br />

Gottsuche. Er schreibt: «Man<br />

achte genau darauf, ob der Novi-<br />

«Ein Beispiel habe<br />

ich euch gegeben, damit<br />

auch ihr so handelt,<br />

wie ich an euch<br />

gehandelt habe.»<br />

ze wirklich Gott sucht, ob er Eifer<br />

hat für den Gottesdienst, ob<br />

er bereit ist zu gehorchen und<br />

ob er fähig ist, Widerwärtiges zu<br />

ertragen.» Und bei Bernadette<br />

genau so. Dazu sei vielleicht<br />

nochmals an die erste Erscheinung<br />

erinnert. Françoise Vayne<br />

schreibt: «Bei der ersten Begegnung<br />

schien ‹Aquero› Bernadette<br />

das Wenige nehmen zu wollen,<br />

was sie zu kennen glaubte, ihr<br />

Kreuzzeichen! Sie konnte es<br />

nicht einmal mehr machen. Und<br />

dabei musstest du schon auf so<br />

viel verzichten.» Doch dann<br />

schenkte sie dir – durch die Widerwärtigkeit<br />

hindurch – ein<br />

neues Kreuzzeichen. «Es ist so<br />

schön, so gross und eindringlich,<br />

dass es deine erste stille Predigt<br />

war, die das Herz derjenigen veränderte,<br />

die es sahen.»

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